Es gab heftige Debatten. Der Bund der Deutschen Industrie hat eine Studie in Auftrag gegeben, die im Landtag diskutiert wurde. Die Zahlen wurden genannt. In dieser Studie, die die Beratungsfirma Arthur D. Little damals vorgelegt hat, hieß es, es könnten tausende, hunderttausende, ja sogar Millionen von Arbeitsplätzen in Europa abwandern oder vernichtet werden, und dadurch könnte auch ein Einbruch des Bruttosozialprodukts von mehr als 2 % bis 5 % in Deutschland verursacht werden.
Der VCI und die europäische Chemieindustrie haben nun eine neue Studie in Auftrag gegeben, die in den letzten Wochen veröffentlicht wurde. Für das Land Rheinland-Pfalz und auch für die Landesregierung ist es
wichtig, diese Studie zur Kenntnis zu nehmen. Ich möchte einmal die Überschrift vorlesen, unter der die Ergebnisse dieser Studie in der Presse behandelt wurden: „Entwarnung bei Chemikalienrichtlinie. Studie der Industrie für Panikmache ad absurdum. Kleinbetrieben drohen Probleme,“ – das ist nach wie vor ein Problem, das ist klar – „Brüssel nicht erstaunt, die Warnungen von Industrievertretern unter der Bezeichnung REACH der heftig diskutierten Neuausrichtung der europäischen Chemikalienpolitik sind weitgehend übertrieben.“ Es heißt weiter: „Weder ist, wie zuvor befürchtet, mit dem Verschwinden von Produkten zu rechnen, noch werden Unternehmen ins Ausland abwandern. REACH verursacht keine heftigen Preiserhöhungen und gefährdet die Wettbewerbssituation der verarbeitenden Industrie in Europa nicht.“
Das sind die Ergebnisse der Studie. Wie gesagt, diese Studie wurde von der Industrie in Auftrag gegeben. Ich hoffe, dass wir nun eine Versachlichung der Diskussion erreichen können.
(Schwarz, SPD: Aber Sie tragen nicht dazu bei! Beschäftigen Sie sich einmal mit dem ursprünglichen Entwurf!)
Natürlich bleiben weitere Probleme, das möchte ich gar nicht verhehlen. Es wird auch weiterhin Probleme für kleinere Betriebe geben, aber auch daran wird gearbeitet. Auf europäischer Ebene gibt es einen gemeinsamen Lösungsvorschlag von Ungarn und Großbritannien. Großbritannien wird im nächsten halben Jahr die Führung der EU-Kommission übernehmen und will versuchen, REACH, also die europäische Chemikalienrichtlinie, zu einem erfolgreichen Ende und zu einer erfolgreichen Umsetzung zu bringen.
Der Vorschlag von Ungarn und Großbritannien lautet, dass nur noch eine Registrierung pro Stoff gefordert werden soll. Das ist eine vernünftige Richtung. Das haben wir immer wieder gesagt.
Dadurch können wir Tierversuche minimieren. Das Bundesumweltministerium arbeitet seit langem daran, dass es eine Marktführerregistrierung gibt.
Ich möchte dies für die Diskussion erklären: Eine Marktführerregistrierung bedeutet, dass die Marktführer die Registrierung vornehmen und die anderen Produzenten sich an den Kosten beteiligen. Das heißt, wir wollen schon seit Jahren nur eine Registrierung pro Stoff. Ich glaube, es ist ein guter Vorschlag, der aus Ungarn und Großbritannien kommt. Wir haben die Chance auf
Verbraucherschutz und auf die Erhaltung zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Diese Chance sollten wir nutzen.
Meine Damen und Herren, ich freue mich über das Interesse an unserer Diskussion bei den Schülerinnen und Schülern des Leistungskurses „Sozialkunde“ des Bischöflichen Angela-Merici-Gymnasiums aus Trier. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Dr. Braun, es ist schon ein dreister Versuch der GRÜNEN,
auch wenn man den Text Ihres Antrages liest: „Schaffung von Arbeitsplätzen durch REACH“, und nun die neuen Studien vorzulegen, die sich natürlich nicht mit dem ursprünglichen „grün“ gefärbten Entwurf auseinander setzen, (Creutzmann, FDP: So ist es!)
der in der Tat für die Arbeitsplätze in diesem Land sehr gefährlich gewesen wäre, meine Damen und Herren.
Lieber Herr Dr. Braun, ginge es nach der Ausgangsposition, so hätte dies in Deutschland tausende von Arbeitsplätzen gekostet. Deshalb war es dringend geboten, dass wir uns seit Jahren intensiv mit diesem Problem auseinander setzen.
Seit der ersten Vorlage des Weißbuchs für Chemikalienpolitik haben sich Sozialdemokraten, unter anderem in diesem Haus, für eine Veränderung dieser Chemikalienrichtlinie und eine konstruktive Diskussion eingesetzt.
Wir haben erfolgreich an der Knüpfung eines Netzwerks auch für positive Veränderungen gearbeitet. Meine Damen und Herren, dieses Netzwerk ist eine Erfolgsgeschichte. Das Ergebnis dieses Engagements ist in der Tat eine realistische Aussicht auf eine vernünftige Kompromisslösung.
Martin Schulz, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Fraktion in Brüssel, sagte, man stehe einer prag
matischen Lösung kurz bevor, und er rechnet damit, dass diese Lösung schon zu Beginn des Jahres 2007 greifen kann.
Meine Damen und Herren, in zahlreichen Veranstaltungen hat die SPD-Fraktion dieses Hauses mit vielen Partnern in Mainz, in Berlin, in Straßburg, in Brüssel und zum Schluss auch in Ludwigshafen ein positives Klima für die Veränderung des ursprünglichen industriefeindlichen Entwurfs, eines Entwurfs, der hätte Arbeitsplätze kosten müssen, geschaffen.
(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Woher kam er denn, der Entwurf? – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Woher kam der Entwurf?)
Seit über fünf Jahren setzen sich Ministerpräsident Kurt Beck und – seit sie im Amt ist – die Umweltministerin Margit Conrad und auch der Wirtschaftsminister gemeinsam mit uns für ein vernünftiges, praktikables und fortschrittliches Chemikalienrecht in Europa ein.
Wenn man die Auflistung der Gespräche und der Aktivitäten des Ministerpräsidenten sieht, dann weiß man, für wie brisant man dieses Thema auch in Rheinland-Pfalz gehalten hat und wie erfolgreich wir jetzt auch in dieser Frage sind. (Beifall bei SPD und FDP)
Meine Damen und Herren, dazu gibt es seit Jahren eine intensive Zusammenarbeit des Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler, der in der Kommission die entscheidenden Impulse hat setzen können und der auch durchgesetzt hat, dass der deutsche Sozialdemokrat Günter Verheugen Industriekommissar geworden und dadurch die Wende möglich geworden ist.
Die erste Stellungnahme von Verheugen war schon konsequent und klar in der Richtung, wie wir das in Deutschland brauchen.
Wesentlicher Bestandteil dieser Erfolgsgeschichte ist die gemeinsam erarbeitete Position mit der Gewerkschaft BCE und dem VCI, die in der so genannten Ludwigshafener Erklärung im Beisein des Bundeskanzlers und des Ministerpräsidenten dann auch öffentlich deutlich gemacht hat, worum es geht.
Vergleicht man den ersten Entwurf mit dem, was heute in Brüssel diskutiert wird, so sind wir unserem von Anfang an angestrebten Ziel entscheidend näher gekommen. Insbesondere die Mengenbegrenzung bei der Registrierung neuer Stoffe ab 100 Tonnen ist zu nennen. Aber immer noch ist der EU-Verordnungsvorschlag zu aufwändig und zu bürokratisch, vor allem für die Belange kleinerer und mittlerer Unternehmen.
Uns ging es immer um das, was auch heute das Wichtigste ist, nämlich einerseits die Gewährleistung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus und andererseits die Förderung von Innovation und Wettbewerb in der Industrie und damit das Verhindern von
Mehr denn je geht es allerdings jetzt um die Auswirkungen der Chemikalienrichtlinie auf die kleinen und mittleren Unternehmen, die es auch zahlreich in RheinlandPfalz gibt. Die Warnungen haben Wirkung gezeigt. Fortschritte sind erkennbar. Günter Verheugen hat sehr klar Stellung bezogen, was ich bereits sagte.
Die Stellungnahme des Industriekommissars entspricht konsequent dem, was Kurt Beck, Margit Conrad und auch wir seit Jahren in dieser Frage vertreten. Vor allem dem deutschen Verbraucher und Arbeitnehmer wird dies zugute kommen.
Aber die Frage der Verhältnismäßigkeit von Risikoausschluss und Aufwand muss weiter überprüft werden. Bei der Beachtung aller fundamentalen Sicherheitsaspekte im Umgang mit Chemikalien muss aber auch die Konkurrenzfähigkeit der Chemischen Industrie beachtet werden.
Ich komme gleich zum Schluss. Unsere gemeinsamen Forderungen bestehen weiterhin, ein Stoff, eine Registrierung, aussagekräftige Grunddatensätze, in der Vorregistrierungsphase Stoffpriorisierung nach Risikomaßstäben, vereinfachte Expositionsbeurteilungen mit Expositionskategorien und Stärkung der Chemikalienagentur. Es ist falsch, lediglich nach den Eigenschaften der Stoffe, aber nicht nach ihrem Nutzen zu bewerten.