Protocol of the Session on June 2, 2005

Mit Vogel Strauß und ein paar flotten Sprüchen ist das nicht getan. Auch Ihre Argumentation über die bewusst

seinsändernden Maßnahmen greift nicht, auch wenn man mit bewusstseinsändernden Maßnahmen so seine Erfahrungen hat. Das ist aber ein anderes Thema. Damit ist es nicht getan.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Noch tiefer!)

Entweder man sagt: Wir sind zufrieden mit dem, was wir erreicht haben. Wir haben eine Absenkung von 370 Milliarden Euro auf 346 Milliarden Euro erreicht. Diesen Trend begrüßen wir. Wenn wir noch weiter so ein bisschen nach unten kleckern, dann kann man uns zumindest nicht den Vorwurf machen, dass wir nicht genug tun. – Oder man muss sagen: Das genügt uns nicht. Wir wollen mehr. – Das ist die Linie der Koalition.

Für alle, die die Ohren nicht gewaschen haben, sage ich: Ich bin für eine Signaturkarte, wenn sie mit vertretbarem bürokratischen Aufwand eingeführt wird und wenn sie Pflicht ist. Eine Karte bei denjenigen einzuführen, die sich freiwillig dazu bereit finden, macht keinen Sinn, weil das natürlich diejenigen sind, die nichts zu verbergen haben. Bei diesen Firmen ist das ein unsinniges Stück Plastik. Aber bei denjenigen, die das nicht wollen, ist es notwendig, auch an Pflichtmaßnahmen zu denken.

(Beifall bei FDP und SPD)

Zu dem Punkt „Mehr tun“ gehört nicht nur mehr Kontrolle, sondern auch, noch mehr auf die Gründe einzugehen, die Schwarzarbeit erst ermöglichen. Ich bleibe dabei, dass der Faktor „Mehr tun gegen bürokratische Auswüchse“ eine große Rolle spielt. Es gibt ein prima Beispiel dafür. Nachdem im Jahr 1998 die Regelungen zu den 630-Mark-Jobs wegfielen, die weitgehend erfolglos im Bereich der Minijobs waren, gab es einen Boom, den Minijobs im eigentlichen Sinne eröffnet haben, als man sich wieder auf einfache Regelungen verständigt hat. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass man solche Dinge einfach konstruiert, und zwar für diejenigen, die man motivieren will.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Meine Damen und Herren! Es war offensichtlich, dass Ihnen keine Gegenargumente einfallen, Herr Dr. Schmitz. Wenn bisher keine Vorschläge von der FDP gekommen sind, wie man die Lohnnebenkosten senken kann, und Sie fordern, man müsse die Bürokratie abbauen, dann ist das ein alter Hut. Das sagen Sie immer, wenn Ihnen nichts anderes mehr einfällt. Sie müssen aber auch Vorschläge machen, wie man das tun kann. Das unterlassen Sie aber jedes Mal. Ich halte es nicht für tragfähig, wie Sie argumentieren.

Wir alle wollen die Lohnnebenkosten senken. Wir benötigen aber ernsthafte Vorschläge, um die Lohnnebenkosten senken zu können. Frau Dreyer hat gesagt, dass die rotgrüne Bundesregierung erste Lohnnebenkostensenkungen erreicht hat. Außerdem wurden die Krankenkassen entlastet. Das wurde alles in dieser Legislaturperiode durchgeführt. Die Steigerung der Lohnnebenkosten kommt aus den 16 Jahren Kohl zusammen mit der FDP. Das ist doch eindeutig. Schauen Sie es doch nach. Daher kommt es. Das anderen anzulasten, ohne eigene Vorschläge zu machen, das ist nicht redlich, Herr Dr. Schmitz.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal auf die Zahlen zu sprechen kommen, weil es mir wichtig ist, dass wir über die richtigen Zahlen diskutieren. Der Betrag von 370 Milliarden Euro, der von Herrn Professor Dr. Schneider festgestellt wurde und von anderen übernommen wurde, ist zu hinterfragen. Wenn man die Gegenrechnung macht, käme man insgesamt auf mehr als ein Drittel der Bruttolohn- und Gehaltssumme in Deutschland. Die Bruttolohn- und Gehaltssumme von rund 35,5 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland lag im Jahr 2002 bei rund 998 Milliarden Euro. Wenn man von einer Schwarzarbeitssumme von 370 Milliarden Euro ausgeht, dann hätte man ungeheure Summen. Deswegen will ich noch einmal darauf verweisen. Man muss mit richtigen Zahlen argumentieren. Jede einzelne Arbeit, die in Schwarzarbeit begangen wird – dabei geht es nicht um die Summe –, kostet legale Arbeitsplätze.

(Glocke des Präsidenten)

Wir wollen aber legale Arbeitsplätze haben. Deswegen ist der Versuch der Einführung einer Freiwilligenkarte begrüßenswert, weil wir das Bewusstsein damit ändern können. Ich sage nicht, dass wir damit die Kontrolle verschärfen und verbessern können. Vielleicht können wir aber den Kampf um das Bewusstsein gewinnen. Wenn wir freiwillige Maßnahmen haben wollen, aber nicht immer nur Kontrolle und Bürokratie haben wollen, dann ist das ein wichtiges Argument.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen nun zur Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Josef Keller und Erhard Lelle (CDU), Finanzhilfen des Landes und des Bundes für den Ausbau der Ganztagsschulen in Rheinland-Pfalz – Nummer 2 der Drucksache 14/4119 – betreffend.

Das Wort hat Herr Abgeordneter Keller.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Ankündigung ihres Ganztagsschulpro

gramms im Jahr 2001 gingen Landesregierung und SPD-Fraktion davon aus, dass bauliche Maßnahmen bei der Einrichtung von Ganztagsangeboten die Ausnahme seien und nur nach Prüfung aller Alternativen im Schulbauprogramm des Landes berücksichtigt und bezuschusst werden sollen.

(Hartloff, SPD: Die Welt hat sich weiterentwickelt!)

Nicht nur die CDU war anderer Auffassung. Wir wiesen aber zum Beispiel auf die oft zwingend notwendigen Investitionen vor allem für Mensen und andere Räumlichkeiten hin. Dies geschah ohne nennenswerte Resonanz.

Die Ministerin baute, wie sie sagte, auf die Flexibilität der Schulen, die zum Beispiel so aussehen sollte, dass ein vorhandener Mehrzweckraum in der Mittagszeit als Mensa und vorher und nachher unterrichtlich zu nutzen wäre. Die Realität hat die Ministerin jedoch widerlegt und unsere Auffassung bestätigt.

(Beifall bei der CDU)

Tatsache ist, ohne das Investitionsprogramm des Bundes, aus dem Rheinland-Pfalz fast 200 Millionen Euro erhält, wäre manche Ganztagsschule vorzeitig gescheitert oder gar nicht erst beantragt worden.

(Frau Spurzem, SPD: Gut, dass es diese Bundesregierung gibt!)

Um Falschaussagen vorzubeugen, sage ich: Die CDUFraktion hat in diesem Hause diese Bundesmittel ausdrücklich gelobt.

(Pörksen, SPD: Ach ja!)

Herr Pörksen, eines ist natürlich auch klar: Das sind keine Privatmittel der Bundesregierung, sondern das sind Steuergelder. Deshalb haben wir auch dem Steuerzahler dafür zu danken.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Im Gegensatz zur Landesregierung hatte die Bundesregierung jedoch ein Herz für die finanziell gebeutelten Kommunen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie legte mit den Bundesländern vertraglich fest, dass notwendige Schulbauinvestitionen bis zu 90 % – ich wiederhole, bis zu 90 % – bezuschusst werden können.

Wie verfahren nun die Bundesländer bei der Weitergabe der Bundesmittel? Mecklenburg-Vorpommern fördert zu durchschnittlich 50 %, Rheinland-Pfalz zu 70 %, Sachsen zu 75 %, Bremen deutlich unter 90 %, aber mehr als Rheinland-Pfalz. Die restlichen zwölf Bundesländer – hören Sie zu – fördern alle zu 90 %.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Da passiert auch gar nichts!)

Tatsache ist doch, dass die Bundesmittel den Kommunen und nicht dem Land zustehen.

(Zurufe des Abg. Pörksen, SPD)

Rheinland-Pfalz enthält also den finanzschwachen Kommunen – fast jede Kommune ist mittlerweile durch Bundes- und Landespolitik finanzschwach geworden – fast 40 Millionen Euro vor.

(Beifall bei der CDU – Unruhe bei der SPD)

Der Herr Staatssekretär hat bei der Beantwortung unserer Mündlichen Anfrage erklärt, dass aus den Bundesmitteln auch die Pauschalförderung für die Schulen erfolgt. Gut, das akzeptieren wir.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Großzügig! – Unruhe bei der SPD)

Es sind dann aber immerhin noch 20 Millionen Euro übrig. Das ist Geld, das viele Kommunen zur Verringerung ihres Eigenanteils brauchen könnten. Das interessiert aber die Landesregierung nicht. Sie treibt durch ihre kommunalfeindliche Weitergabepolitik lieber viele Kommunen in eine noch höhere Verschuldung, weil vor Ort – – –

(Zuruf des Abg. Schweitzer, SPD)

Ach, das ist ein Schreihals. Das ist grausam.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Sie treibt durch ihre kommunalfeindliche Weitergabepolitik lieber viele Kommunen in eine noch höhere Verschuldung, weil vor Ort viele Kommunen den berechtigten Investitionsforderungen der Schulen nachkommen. Dabei geht es meistens um notwendige Maßnahmen und selten nur um wünschenswerte Projekte.

Das sind Investitionen, die in diesem Umfang von der Landesregierung und der SPD noch vor wenigen Jahren als nicht notwendig erachtet wurden.

Die kommunalfeindliche Weitergabepolitik der Landesregierung hat aber auch dazu geführt, dass sich manche Kommunen nicht am Ganztagsschulprogramm beteiligt haben, weil sie die 30%ige Kofinanzierung nicht aufbringen konnten.

(Unruhe bei der SPD)