Protocol of the Session on June 2, 2005

(Beifall der CDU – Schwarz, SPD: Das ist aber so!)

Man muss in diesem Zusammenhang natürlich auch einmal fragen dürfen, woher diese hohen Kosten in diesen Bereichen kommen. Sind es die Verwaltungskosten? Sind es die Personalkosten, die dort entstehen, oder wo liegen die Gründe? Auch das gehört mit zur Aufarbeitung der Gründe von Schwarzarbeit, meine Damen und Herren.

Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, solange es auch bei uns so ist, dass der Facharbeiter, der in seinem Betrieb für seinen Lohn, den er bekommt, für die Leistung, wenn er sie bei seinem Betrieb bestellt, bis zum Fünffachen dessen bezahlen muss, was er selbst für die Erbringung der gleichen Leistung bekommt, müssen wir uns über die Auswirkungen dieser Geschichte überhaupt nicht mehr wundern. Es gilt also auch in diesem Zusammenhang, nicht nur am Bau darauf zu achten, dass die Vorschriften eingehalten werden. Ich möchte auch ein besonderes Augenmerk noch einmal auf den illegalen Aufenthalt bei uns lenken, weil die sich illegal Aufhaltenden zum Teil auch einer Tätigkeit nachgehen, die weder von deutschem Arbeitsrecht noch von anderen Dingen gedeckt ist. Auch das gehört dazu.

Meine Damen und Herren, ich werde in der zweiten Runde noch einmal darauf zurückkommen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Herr Abgeordneter Dr. Schmitz hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schwarzarbeit ist eine Geißel der Volkswirtschaft. Das ist überhaupt keine Frage. Die Dimension, in der Schwarzarbeit reguläre Arbeit verdrängt und bedroht, ist erheblich. Die Bundeszahlen stehen für ein Arbeitsplatzäquivalent von ca. dreieinhalb Millionen Arbeitsplätzen, um die es da geht. Natürlich ist aber Schwarzarbeit insgesamt auch zum Wirtschaftsfaktor geworden. Das ist die andere Seite der Medaille.

(Hartloff, SPD: Nur die Lobby ist nicht so stark!)

Das relativiert nicht das, was ich zuerst gesagt habe. Sie ist eine Geißel für die Volkswirtschaft, aber ein Großteil der Umsätze beispielsweise von Baumärkten wird nicht mit Firmen gemacht, sondern wird mit Privatleuten gemacht, die – –

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Heimarbeit!)

Offiziell Heimarbeit und Nachbarschaftshilfe.

natürlich überhaupt nichts mit Schwarzarbeit zu tun haben.

(Hartloff, SPD: Die Grenzen sind fließend!)

Aber wir wissen, dass die Grenzen fließend sind. Arbeitsplätze, unabhängig von der Problematik, die wir volkswirtschaftlich momentan haben, sind eine dynamische Größe. Arbeit ist eine dynamische Größe. Sie wird sich immer aufteilen zwischen offizieller Arbeit, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen und Minijobs und dem, was wir unter Schwarzarbeit zusammenfassen. Wir werden diese Problematik nicht ausrotten können. Es wird immer Schwarzarbeit geben, egal was der Staat tut, es sei denn, er senkt seine Sozialversicherungsbeiträge auf null und erhebt null Prozent Steuern. Solange das nicht der Fall ist – dass das eine ziemlich dämliche Vorstellung wäre, ist uns allen klar – wird es Schwarzarbeit geben.

Die Einflussmöglichkeiten des Staates gibt es also nur in zwei Bereichen. Um dafür zu sorgen, dass Deutschland aus einer Mittelposition, was Schwarzarbeit betrifft – im europäischen Umfeld irgendwo eingebettet zwischen Italien und Griechenland auf der einen Seite, der Schweiz und Österreich auf der anderen Seite –, mit immerhin 15,6 % des Bruttoinlandsprodukts – das ist erheblich – weiter seine Position verbessert, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Das eine ist Kontrolle – dazu hat die Sozialministerin schon gesprochen –, und der zweite Weg ist das, was auch alle versuchen, den Staat weiter zurückzunehmen, die Steuerquote weiter zu senken und vor allem das zu machen, was nach meinem Dafürhalten ganz wesentlich für den Aufbau von Arbeitsplätzen ist

und was den Aufbau von Arbeitsplätzen auch ganz wesentlich behindert.

Das ist das Absenken von bürokratischen Aufwendungen, die gerade für kleinere und mittlere Unternehmen erheblich belastend sind und dazu führen, dass manch einer auch aus Schludrigkeit, weil er sich mit der Sache auch nicht so weit befasst hat – er weiß, dass das nicht in Ordnung ist –, aber dann auf die Schnelle auch Aufträge im Bereich der Schwarzarbeit vergibt. Was da zusammenkommt für kleine Firmen, ist gerade für kleine Firmen oft nicht mehr bewältigbar.

Die Sinnhaftigkeit erschließt sich auch nicht in jeder Vorschrift. Das insgesamt führt dazu, dass Schwarzarbeit, die wir hier alle gemeinsam kritisieren, bei vielen dennoch als Kavaliersdelikt wahrgenommen wird: So schlimm ist das nicht, die Hauptsache, überhaupt irgendwelche Arbeiten, und wenn es dann schwarz ist, dann ist das nicht so schlimm.

Was das Zusammenwirken in dem Bekämpfen dieses Phänomens angeht, bin ich mit der Landesregierung überzeugt, es geht nur gemeinsam. Ich füge hinzu, es geht nur auf der Basis von Pflichtkontrollen. Eine Signaturkarte als freiwillige Lösung ist eine Farce. Das muss man sich klarmachen. Eine Signaturkarte funktioniert nur, wenn sie als Pflichtkarte kommt. Dann muss man sich sehr gut überlegen, ob bei dem, was da wieder mit bürokratischem Aufwand verbunden ist und mit Methoden der Kontrolle, die dann sehr schnell eine Dimension erreichen, die wir auch nicht wollen – man kann nicht hinter jeden Arbeitnehmer einen Zollbeamten stellen –, dann nicht die Kollateralschäden wie so oft bei Gutgemeintem ähnlich groß sind wie die positiven Effekte, die man anstößt.

Danke schön.

(Jullien, CDU: Die FDP ist nicht ein- verstanden mit den Ausführungen von Herrn Dr. Schmitz! – Beifall der Abg. Frau Morsblech, FDP – Jullien, CDU: Vereinzelt Beifall!)

Herr Abgeordneter Dr. Braun hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich der SPD zu ihrem Koalitionspartner gratulieren. Wenn sich hier die SPDAbgeordnete hinstellt und sagt, die Signaturkarte ist die Praline dieses Systems, und dann der Koalitionspartner sagt, die Signaturkarte ist doch eine Farce, das ist doch vollkommen klar, dann frage ich mich: Wussten Sie nicht, dass die Mündliche Anfrage heute zur Aussprache gestellt wird, oder was soll uns jetzt hier eigentlich dargestellt werden?

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Soll dargestellt werden, dass die Regierung angeblich handelt? Ich weiß aber jetzt nicht, in welche Richtung. Ist es eine Farce, oder ist es die Praline? Das müssen Sie vielleicht in Ihrer Koalition einmal besprechen.

Meine Damen und Herren, das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt diese Initiative. Wir begrüßen diese Initiative der Landesregierung deswegen, weil wir hoffen, dass sie nicht nur in der Realität, sondern auch im Bewusstsein der Menschen wirken kann. Im Bewusstsein der Menschen muss einiges geändert werden, damit klar wird, dass Schwarzarbeit kein Kavaliersdelikt ist, sondern Schwarzarbeit der Volkswirtschaft, der Allgemeinheit, sozusagen der Solidargemeinschaft, Mittel zum privaten Gebrauch entzieht. Es ist ein Betrug, und es ist insofern eine völlig egoistische Veranstaltung, nicht nur, dass jemand schwarzarbeitet, sondern auch dass jemand schwarz beauftragt.

(Schwarz, SPD: So ist es!)

Genau das ist die Sache, die wir öffentlich diskutieren müssen. Derjenige, der Leute schwarz für sich arbeiten lässt, entzieht der Solidargemeinschaft, den Sozialkassen und der Steuer entsprechend das Geld, die Finanzen, und dafür müssen dann die anderen aufkommen: Meine Damen und Herren, diejenigen, die legal arbeiten. – Genau das ist das Perfide an der Schwarzarbeit: Es bereichert sich jemand an den anderen, die dann dafür aufkommen müssen. – Das fördert natürlich dann auch Arbeitslosigkeit. Meine Damen und Herren, deswegen muss man die Schwarzarbeit hart bekämpfen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Dr. Schmitz, FDP: Wie?)

Herr Dr. Schmitz, ich sage Ihnen erst einmal, wie nicht.

Da gehe ich noch einmal auf eine Aussage des FDPLandesvorsitzenden und Wirtschaftspolitischen Sprechers der Bundestagsfraktion zurück, der gesagt hat, Schwarzarbeit wäre fast schon Notwehr.

Ich weiß, es gab damals auch eine kleine Koalitionskrise. Herr Beck hat damals geantwortet, Schwarzarbeit sei keine Notwehr, und es sei ziemlicher Quatsch, was der Koalitionspartner sage. Es ist auch Quatsch, wenn man das innerhalb einer gesellschaftlichen Diskussion sagt. Wenn man innerhalb einer gesellschaftlichen Diskussion die Schwarzarbeit auch nur minimal rechtfertigt, dann leistet man ihr Vorschub. Das ist unverantwortlich. Wenn sich die FDP von solchen Sprüchen nicht distanziert, dann handelt sie unverantwortlich, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD – Zurufe von der FDP)

Ich möchte aber auch noch einmal zu den Zahlen kommen, die immer wieder genannt werden, die auch das Ministerium in der Kleinen Anfrage, die Frau Grosse im Dezember schon einmal zur Schwarzarbeit gestellt hat, aufgeführt hat, nämlich die 370 Milliarden Euro Umsatz, die mit der Schwarzarbeit gemacht werden. Sie kennen

wahrscheinlich das Papier des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Rheinland-Pfalz, das zur EnqueteKommission „Zukunft der Arbeit“ vorgelegt wurde. Diese Zahl ist durchaus zu hinterfragen. Man muss hinterfragen. Diese Zahl ist viel zu hoch. Das kann eigentlich gar nicht sein. Es müssten 25 Millionen Menschen in der Bundesrepublik voll und ganz arbeiten, um diese 370 Milliarden Euro zu erwirtschaften. Wenn man das einmal gegenrechnet, sieht man, dass man solche Zahlen nicht ungeprüft übernehmen darf.

Herr Wirz, das gilt auch für die Zahl, die Sie genannt haben, 17 Milliarden Euro in Rheinland-Pfalz. Auch diese Zahl kann und wird so nicht stimmen.

Man muss die Diskussion zwar inhaltlich mit Zahlen neu anfüllen, aber die Diskussion, die wir hier führen – ich bin dankbar, dass diese Mündliche Anfrage ausgesprochen wird –, ist wichtig. Ich fordere alle Fraktionen noch einmal auf, auch die FDP, sich von Schwarzarbeit entsprechend zu distanzieren und klarzumachen, dass es keine Notwehr sein kann.

(Kuhn, FDP: Was!)

Meine Damen und Herren, vielmehr ist klarzumachen, dass Schwarzarbeit ein Verbrechen, ein illegales Handeln ist und bekämpft werden muss.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Schmitz, die Maßnahme, die wir ergriffen haben – Sie wissen dies –, war zur Senkung der Lohnnebenkosten die Einführung der Ökosteuer, auch wenn sie unpopulär ist und die FDP nicht versteht, dass dadurch die Arbeitskosten gesenkt werden. Sie hat auch gegriffen.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Es ist uns dadurch gelungen, die Lohnnebenkosten um über 1,5 % Prozentpunkte zu senken. Das könnte natürlich mehr gesenkt werden.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Jullien, wir können gern darüber reden, ob wir die Ökosteuer weiter ausbauen.

Das können wir zur Entlastung der Lohnnebenkosten gern tun, um Arbeit in Deutschland zu schaffen und die Schwarzarbeit zurückzudrängen. Das ist ein wichtiges Zukunftsprojekt.

Ich bin auf Ihre Antworten gespannt, die Sie haben.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, bevor Frau Ministerin Dreyer spricht, freue ich mich, Gäste im Landtag begrüßen zu