Protocol of the Session on June 2, 2005

(Ministerpräsident Beck unterhält sich auf der Regierungsbank mit anderen Mitgliedern der Landesregierung)

Herr Beck, seien Sie bitte einmal ruhig! Gehen Sie auf Ihren Abgeordnetenplatz! Können wir bitte einmal Ruhe haben?

(Beifall der CDU – Unruhe im Hause)

Kümmern Sie sich um die Bildungspolitik! Das ist eine primäre landespolitische Aufgabe. Da könnten wir etwas tun.

Viele Betriebe bilden auch nicht aus aufgrund der erschreckenden Kostensituation. Ich rede nicht nur von der Kostensituation bei der Ausbildung, sondern die Kosten sind in allen Bereichen explodiert, etwa im Bereich der Energiekosten. Dazu könnte ich einiges sagen.

Unternehmen bilden nur dann aus, wenn es die ökonomische Lage irgendwie ermöglicht.

Meine Damen und Herren, man muss sagen, nach sieben Jahren Rotgrün sind Jugendliche in unserem Land nicht nur materiell ärmer geworden, sie sind auch ärmer an Chancen und ärmer an Perspektiven.

(Beifall der CDU – Pörksen, SPD: So eine Art zu diskutieren! – Weitere Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Creutzmann, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweifellos hat sich die Situation für junge Menschen, im kommenden Ausbildungsjahr eine Lehrstelle zu finden, auch in Rheinland-Pfalz leider verschlechtert. Auf 74 freie Stellen kommen in Rheinland-Pfalz 100 Bewerber. Die Anzahl der offenen Stellen ist im Vergleich zum Vorjahr mit einem Minus von 9,9 % rückläufig, während die Zahl der Bewerber um 5,1 % gestiegen ist. 20.000 offene Lehrstellen stehen 27.000 Bewerberinnen und Bewerbern gegenüber.

Betrachtet man innerhalb von Rheinland-Pfalz die regionale Entwicklung, wird deutlich, dass die günstigsten Marktbedingungen in der Mittelrheinregion in Rheinhessen anzutreffen sind. Überdurchschnittlich angespannt ist der Markt in der Süd- und in der Westpfalz, im Raum Neuwied und in der Nahe-Hunsrück-Region. Auf diesen Regionen muss in den kommenden Monaten das größte Augenmerk liegen, um eine signifikante Verbesserung der Ausbildungsplatzsituation zu erreichen.

Herr Kollege Wiechmann, es bringt uns nichts, wenn wir die jungen Menschen anstatt in eine einjährige in eine dreijährige Warteschleife schicken. Das hat keinen Sinn.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch keine Warteschleife!)

Dies bewirkt eine Verzögerung des Problems.

Frau Kollegin Huth-Haage, es bringt auch nichts, über die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu klagen.

(Schmitt, CDU: Aber sie hat doch Recht!)

Aber das bringt doch alles nichts. Es bringt keinen einzigen Ausbildungsplatz für junge Menschen.

Ich möchte einmal den Versuch unternehmen, konstruktiv zu überlegen, wie man noch etwas tun kann. Deswegen darf ich für die FDP-Landtagsfraktion zwei Anregungen geben.

In Ludwigshafen gibt es seit nunmehr sechs Jahren die Ausbildungsplatzinitiative Pfalz GmbH – AiP –, die mit

jährlich 1,5 Millionen Euro 300 Ausbildungsplätze fördert. Voraussetzung für diese Förderung ist, dass die Ausbildungsbetriebe über dem Durchschnitt der letzten drei Jahre zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Die ausbildungswilligen Betriebe können einen Antrag stellen, das Geld wird ihnen dann in jährlichen Raten ausbezahlt, und sofern eine Ausbildung abgebrochen wird, fließen keine Gelder mehr an den Ausbildungsbetrieb.

Da sowohl die Handwerkskammer als auch die Industrie- und Handelskammer in dieses Verfahren eingebunden sind, ist sichergestellt, dass keine weiteren Gelder mehr in Ausbildungsbetriebe fließen, wenn ein Lehrverhältnis während der Ausbildungszeit beendet wird. Die AiP könnte sehr unbürokratisch weitere Ausbildungsplätze bezuschussen mit dem Schwerpunkt in der Süd- und Westpfalz. Die FDP-Landtagsfraktion bittet die Landesregierung, mit dem Vorstand der BASF Gespräche mit dem Ziel aufzunehmen, weitere Ausbildungsplätze mit dem Schwerpunkt Süd- und Westpfalz zu bezuschussen. Dadurch könnten weitere Ausbildungsplätze in einer strukturschwachen Region geschaffen und damit ein Beitrag zur Schließung der noch bestehenden Lehrstellenlücken geleistet werden.

Für den Raum Neuwied und die Nahe-Hunsrück-Region, das heißt, für die nördliche Region unseres Landes, könnte ebenfalls eine Ausbildungsplatzinitiative ins Leben gerufen werden. Es gibt eine, – die AiP von der ich sicher bin, dass sie auch dort helfen könnte. Ob man sie über das ganze Land ausdehnen sollte, muss mit den Betroffenen abgestimmt werden.

Die AiP hat erfolgreich gezeigt, wie zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden können. Trotz dieser Vorschläge hat die FDP-Fraktion nicht die Illusion, dass alle Ausbildungssuchenden auch einen Ausbildungsplatz erhalten werden. Die im letzten Jahr etwa 1.000 nicht vermittelten Ausbildungsplatzbewerber waren nach unserer Kenntnis nicht vermittelbar, weil die schulischen Voraussetzungen nicht gegeben waren oder weil sie nicht vermittlungswillig waren.

Am Tag des Ausbildungsplatzes der Agenturen für Arbeit in Rheinland-Pfalz haben Berufsberater knapp 700 zusätzliche Lehrstellen im Land angeworben. Das begrüßt die FDP ausdrücklich, weil dadurch zusätzliche Angebote den jungen Menschen eine berufliche Perspektive eröffnen.

Nachdenklich macht uns allerdings, wenn es nach Auskunft der Arbeitsverwaltung noch 6.000 freie Lehrstellen in Rheinland-Pfalz gibt. Lehrstellensuchende und – das betone ich insbesondere – auch ihre Eltern sollten alles erdenklich Mögliche tun, dass sich die Jugendlichen schleunigst um einen dieser Plätze bewerben. Dieser Tage war eine Schulklasse der Berufsfachschule Worms zu Besuch im Landtag. Wir haben gefragt: Wie viele haben denn einen Ausbildungsplatz? – Leider haben sich nur drei gemeldet. Eine junge Frau sagte: Ich durfte nicht aus dem Haus hinausgehen, bevor ich meine Stellenbewerbungen hatte. Meine Eltern haben mich dazu gezwungen. Es bedarf auch einer gewissen Mithilfe des Elternhauses. Ich appelliere an dieser Stelle an die El

tern, den jungen Menschen zu helfen, sich um eine Ausbildungsstelle zu bemühen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Staat kann nicht alles machen.

Frau Kollegin Thomas, wenn Ihr Kollege an die Landesregierung appelliert,

(Glocke des Präsidenten – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sie solle Lehrstellen schaffen, kann ich Ihnen nur sagen, die Landesregierung schafft keine einzige Lehrstelle.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eben, das ist doch das Problem!)

Ich werde in der zweiten Runde noch weitere Vorschläge machen, wie wir einen Teil des Problems vielleicht lösen können.

(Beifall der FDP – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Landesregierung schafft keine einzige Lehrstelle, das ist das Problem!)

Herr Staatsminister Bauckhage, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal muss man sagen, dass – – –

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Alles gut ist!)

Das haben Sie gesagt. Es ist natürlich alles besser, als Sie es darstellen, das ist keine Frage, aber es ist nicht alles gut.

Wenn man über die Ausbildungsplatzsituation diskutiert, muss man dabei berücksichtigen, dass man über Jugendliche redet, die unter Umständen nach der Schulentlassung vor der Arbeitslosigkeit stehen. Dies ist eine Situation, die man entsprechend bewerten muss. Es lohnt nicht, wenn man diese Jugendlichen als Vehikel benutzt, um damit politisches Kapital daraus zu schlagen.

(Beifall der FDP und der SPD)

Die Landesregierung tut sehr viel mehr, als Sie glauben. Sie hat selbst in allen Behörden die Ausbildungsplätze enorm erhöht. Sie ist eine Selbstverpflichtung eingegangen. Ich gehe davon aus, dass diese Selbstverpflichtung

von allen Behörden erfüllt wird. Dies ist ein wichtiger Schritt, der Signalfunktion hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat zusammen mit der Wirtschaft sowie mit der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit die Vereinbarung „Rheinland-Pfalz für Ausbildung“ geschlossen. Frau Kollegin Grosse hat dies bereits erwähnt. Dies ist ein Instrument, das auf freiwilliger Basis zustande gekommen ist und das auch bereits entsprechende Wirkung gezeigt hat.

Das kann man übrigens deutlich am Jahr 2004 erkennen. Es ist immer schwierig, zu welchem Zeitpunkt man über was diskutiert. Ich räume gern ein, dass die Situation in diesem Jahr noch einmal eine ganz besondere ist.

Wir hatten im Jahr 2004 Ende Oktober 2.595 nicht vermittelte Bewerber. Ende Dezember waren insgesamt 32.000 vermittelt. Vorhin ist die Zahl gesagt worden, 1.000 Bewerber waren nicht vermittelt.

Man muss bei diesen 1.000 Bewerbern noch einmal differenzieren. Man muss dabei wissen, dass sie teilweise nicht ausbildungsfähig und -willig sind und darüber hinaus zum Teil andere Wege eingeschlagen haben. Ich möchte noch einmal die Zahlen sagen. Von Oktober bis Dezember, also in einem Drei-Monats-Rhythmus, ist die Zahl der Ausbildungsplätze enorm gestiegen. Die Zahl der vermittelten Bewerber ist um über 1.500 zurückgegangen.

Man kann heute nicht so tun, als ob die Welt schon untergegangen wäre, wenn man weiß, dass noch eine ganze Menge Dynamik und Bewegung in der Angelegenheit ist. Das ist übrigens ein Ergebnis des freiwilligen Ausbildungspakts, was ich Ihnen gerade vortrage. Ich glaube, von daher gesehen waren die Ziele richtig. Die rheinland-pfälzische Politik ist richtig, weil wir viele Instrumente zur Verfügung stellen und gemeinsam mit den Kammern verfügbar haben, um den Ausbildungsmarkt entsprechend zu entkrampfen. Ich nenne das jetzt einmal etwas technokratisch. Gemeinsam wurde die „Vereinbarung Rheinland-Pfalz für Ausbildung“ geschlossen. Diese setzt die Ziele des nationalen Ausbildungspakts in Rheinland-Pfalz um und ist Ausdruck des gemeinsamen Willens von Wirtschaft und Politik, jungen Menschen eine Zukunft durch eine Berufsausbildung zu geben.

Das Bündnis hat zahlreiche Verabredungen getroffen, die den Betrieben und den Jugendlichen helfen, zueinander zu kommen. Die Partner haben 2004 große Anstrengungen unternommen, um die Ausbildungsplatzsituation zu verbessern. Diese Anstrengungen waren außerordentlich erfolgreich und haben unserem Optimismus Recht gegeben.

Im Übrigen hat diese Landesregierung, und zwar alle Partner dieser Landesregierung, noch nie für eine Ausbildungsplatzabgabe gestritten, um das in aller Klarheit zu sagen.

(Zuruf der Abg. Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)