Protocol of the Session on September 20, 2001

(Glocke der Präsidentin)

Es gäbe noch einige andere Dinge.

Herr Kollege Bischel, kommen Sie bitte zum Schluss.

Herr Kollege Mertes, wenn Sie wollen, bin ich gern bereit, mich jeder Debatte in dieser Richtung zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Zu einer Erwiderung auf diese Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Hartloff das Wort.

Ich antworte auf die Kurzintervention – das sieht die Geschäftsordnung so vor – des Herrn Kollegen Bischel. Sie sprechen die Debatte um den Landtagsdirektor an. Diese haben wir in der letzten Plenarsitzung geführt. Wir haben uns bereits vor den Sommerferien darüber unterhalten. Wir haben eine Regelung gefunden, dass alle Fraktionen ihre Fachleute vorgeschlagen haben, die uns beraten werden, bei der Sie, die GRÜNEN, die FDP und wir mitberaten. Dann werden wir entsprechende Vorschläge gemeinsam miteinander besprechen.

(Zuruf von der CDU)

Wir sind lernfähig. Das ist doch positiv.

(Zuruf von der CDU: Hoffentlich!)

Herr Kollege Bischel, dann ist es ein bisschen eine Eulenspiegelei, wie Sie uns die Sache mit der Stellvertretung unterjubeln wollen. Der Antrag lautet: „Ist der Präsident verhindert, vertritt ihn der Stellvertreter aus der zweitstärksten Fraktion.“ Das ist Ihr Antrag. § 5 der Geschäftsordnung lautet: „Der Präsident und seine Stellvertreter bilden den Vorstand des Landtags.“ Sie wirken dann und dann mit. Es ist parlamentarische Übung, den ersten Stellvertreter von der zweitstärksten Fraktion zu wählen. Das haben wir auch so einstimmig gemacht. Darin kann ich kein Misstrauen untereinander sehen.

Was Sie wollen, ist etwas anderes. Das ist die Stellvertretung durch das jeweilige Mitglied der zweitstärksten Fraktion. Das müssen Sie dann aber auch so sagen.

(Dr. Gölter, CDU: Das ist doch selbst- verständlich! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ach ja! Die andere Geschäftsordnung war immer gültig, und die Stellvertretungen wurden geregelt. Ich habe mir von den stellvertretenden Präsidenten sagen lassen, dass es bei manchen Terminen sehr schwierig sein soll, sich darüber zu einigen, wer den jeweiligen Termin wahrnehmen soll. Das, was Sie bezüglich der zweitstärksten Fraktion sagen, überzeugt nicht.

Alles wird nacheinander abgehakt. Das muss nicht sein, das soll nicht sein.

Herr Bischel, Sie sollen auch auf den dritten Punkt eine Antwort erhalten. Natürlich setzt man sich mit verfassungsrechtlichen Bedenken, die Sie äußern, auseinander. Das ist auch in der Debatte geschehen. Wir haben darüber gesprochen, und das wissen Sie so gut wie ich. Aber es ist doch letztlich auch politisches Geschäft, dass wir darüber streiten und den Streit darüber austragen, was die gute und was die schlechte Lösung ist, was Rechtens und was nicht Rechtens ist. Das haben wir in diesem Punkt getan und werden es auch in weiteren Punkten tun.

Lassen Sie uns gemeinsam an der Geschäftsordnung arbeiten.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat jetzt Herr Abgeordneter Schneiders.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe es vorhin in meinem Bericht zum Ausdruck gebracht und auch Herr Hartloff hat zeitweise betont, dass die bisherige Arbeit geprägt war von dem Bemühen, einen Vorschlag zu unterbreiten, der weitgehend vom Konsens getragen wird. Ich glaube auch, dass es gelungen ist, einige Änderungen zu formulieren, die die Arbeitsweise des Parlaments verbessern und die überdies auch Ausdruck des Selbstverständnisses des Parlaments sind.

Ich möchte nicht auf alle Punkte eingehen. Als Beispiel möchte ich § 30 Abs. 2 der Geschäftsordnung erwähnen. Bisher war dort festgeschrieben: „Ergreift in einer Aussprache ein Mitglied oder ein Beauftragter der Landesregierung länger als 20 Minuten das Wort, so kann danach jede Fraktion für eines ihrer Mitglieder eine entsprechende Redezeit beanspruchen.“

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

In der neuen Regelung soll es heißen: „Überschreitet die Landesregierung bei einer Aussprache die für jede Fraktion vereinbarte Redezeit,“ – das ist etwas anderes als 20 Minuten; meist sind es fünf oder zehn – „so kann jede Fraktion eine entsprechend verlängerte Redezeit beanspruchen.“

Ich denke, dies ist eine Stärkung des Parlaments und berührt das Verhältnis zur Regierung zugunsten des Parlaments. Dies ist eine notwendige und, wie ich finde, richtige Änderung, die möglicherweise auch die Versuchung der Landesregierung zur Abgabe von Regierungserklärungen an der falschen Stelle reduziert.

Meine Damen und Herren, dies gilt auch für die Fes tschreibung der Kurzintervention in § 30 a, die wir bereits Ende der letzten Legislaturperiode modellhaft probeweise praktiziert haben.

Mit Blick auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, die in den meisten Änderungsvorschlägen einvernehmlich war, möchte ich einen weiteren Punkt kurz ansprechen, der nur mit Mehrheit aufgenommen wurde, nämlich die Wertungen bei Großen und Kleinen Anfragen. Ich habe in meinem Bericht bereits angedeutet, dass es bisher Schwierigkeiten in Abgrenzungsfragen gab. Neu soll eine Wertung, allerdings keine unsachliche, zulässig sein. Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beinhaltet die Streichung dieser Empfehlung. Ich meine, wir sollten bei der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses bleiben.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum?)

Um allerdings an dieser Stelle die Redezeit nicht mit der Befassung von zwar wichtigen, aber doch einvernehmlichen Änderungsvorschlägen aufzubrauchen, möchte ich

mich mit den vorliegenden Änderungsanträgen weiter befassen. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht einen Migrationsausschuss vor. Wir waren bisher in den anderen Fraktionen der Auffassung – dies ist auch heute unsere Meinung –, dass Migration, also Zuwanderung, Aufgabe des Innenausschusses ist, da es zum Innenressort gehört. Ich denke, dort ist es gut aufgehoben. Einen besonderen Fachausschuss als Migrationsausschuss brauchen wir nach meinem Dafürhalten nicht.

Das Grundmandat für Sachverständige, das heißt, für Mitglieder, die nicht Abgeordnete in der EnqueteKommission sind, wäre zwar durchaus begrüßenswert gewesen, wenn es denn nicht im Weiteren zu einer Beeinträchtigung der Stärkeverhältnisse der übrigen Fraktionen geführt hätte. Da dies aber eintritt, sollte die Benennung der Sachverständigen wie auch bisher nach dem d’Hondt‘schen Verfahren erfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der CDU fordert eine Regelung in § 5 der Geschäftsordnung, was die Vertretung des Präsidenten bei dessen Verhinderung anbelangt. Herr Kollege Hartloff, es nützt natürlich nichts, wenn Sie auf die bisherige Fassung der Geschäftsordnung rekurrieren wollen; denn diese wollen wir gerade ändern. An dieser Stelle bietet sich genau § 5 mit der Ergänzung eines zweiten Satzes an, die Vertretungsregelung aufzunehmen und als gesetzliche Vorgabe zu regeln.

Dass die zweitstärkste Fraktion in einem Parlament den ersten Vizepräsidenten stellt, ist, wie Kollege Bischel bereits erwähnt hat, die Praxis, die in Deutschland und insbesondere in unserem Bundesland seit eh und je gepflegt wird, ohne dass dies in der Geschäftsordnung des Landtags festgeschrieben war. Wenn wir nun allerdings feststellen, dass die Koalitionsfraktionen von dieser Übung abweichen wollen – dafür gibt es Zeichen –, müssen wir darauf bestehen, dass dieses Problem, damit es zukünftig nicht mehr existent ist, in unserer Geschäftsordnung geregelt wird.

(Beifall der CDU)

Herr Kollege Hartloff, Sie wissen, dass wir ursprünglich in unseren Gesprächen weitergehende Forderungen gestellt haben und eine Reihenfolge der Vizepräsidenten nach der Fraktionsstärke einführen wollten. Wir sind mit unserem Antrag auf die Formulierung in § 7 der Geschäftsordnung des Bundestages zurück gegangen, in dem ebenfalls eine solche Regelung enthalten ist. Dort heißt es: „Ist der Präsident verhindert, vertritt ihn einer seiner Stellvertreter aus der zweitstärksten Fraktion.“ Nichts anderes beinhaltet unser Antrag – Drucksache 14/284 –, den wir Ihnen heute vorgelegt haben.

Im Bundestag existiert diese Regelung, in RheinlandPfalz war dies bisher ungeschriebenes Recht. Wir wollen lediglich ungeschriebenes Recht in die Geschäftsordnung aufnehmen.

Ich möchte in Erinnerung rufen – vielleicht weiß es der eine oder andere Kollege auch noch –, dass es ein früherer SPD-Vizepräsident war, der, als die CDU noch stärkste Fraktion war, sogar in seinem Briefbogen den

Titel „Erster Vizepräsident“ geführt hat: Gerhard Steen, Erster Vizepräsident.

(Staatsminister Zuber: Jawohl! – Dr. Gölter, CDU: Zuber stimmt zu!)

Wir wollen nicht mehr und nicht weniger als die Festschreibung und die Fortsetzung der bisherigen bewährten demokratischen Praxis, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Wenn die Koalitionsfraktionen unserem diesbezüglichen Antrag nicht zustimmen, sehen wir uns allerdings nicht in der Lage, der Geschäftsordnung zuzustimmen. Das wäre schade, weil wir uns in vielen Punkten um Einvernehmlichkeit bemüht haben, meine Damen und Herren. Wir haben des lieben Friedens willen ohnehin schon viele Zugeständnisse gemacht.

So wird unserem Anliegen nicht entsprochen, die Redezeit nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen festzulegen, wie dies im Bundestag ebenfalls gilt. So wird uns erem Anliegen nicht entsprochen, die Redezeit der Regierung auf die Redezeit der Koalitionsfraktionen anzurechnen oder teilweise anzurechnen.

Unserem Anliegen wird nicht entsprochen, Regierungserklärungen zu Beginn einer Legislaturperiode wenigstens acht Tage vorher

(Pörksen, SPD: Wie bitte?)

und normale Regierungserklärungen während der Legislaturperiode mindestens 48 Stunden vorher zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen des Umgangs miteinander wäre dies eine überlegenswerte Sache.

Meine Damen und Herren, Zugeständnisse haben wir genug gemacht, zumal wir nur das festschreiben wollen, was bisher Praxis war. Stimmen Sie unserem Antrag zu, und wir stimmen auch der Geschäftsordnung zu.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile nun der Abgeordneten Frau Grützmacher das Wort.

Meine Damen und Herren! Die hitzige Debatte nach der Mittagspause um die Abwesenheit des Ministerpräs identen und seines Stellvertreters hat noch einmal sehr deutlich gezeigt, dass eine Geschäftsordnung auch direkte Auswirkungen hat. Mit der Geschäftsordnung ist es natürlich wie mit Gesetzen: Eigentlich sollte man sie gar nicht nötig haben. Sie werden immer nur dann herangezogen, wenn selbstverständliche Dinge zu Problemen werden.

Ich glaube, das ist auch immer wieder etwas, was neu austariert werden muss. Es zeigt, dass diese Geschäftsordnung nicht nur die Regeln festlegt, wie die Abgeordneten im Landtag, wie wir miteinander umgehen, sondern sie legt auch fest, wie wir uns in dem Kräfteverhältnis zwischen Parlament und Regierung immer wieder neu austarieren müssen.