Protocol of the Session on February 25, 2005

(Vizepräsidentin Frau Hammer übernimmt den Vorsitz)

Mir ist es wichtig, wie wir zu mehr Zusammenhängen zwischen Vormittag und Nachmittag kommen. Deswegen bin ich ganz vorsichtig, wenn es Vorschläge gibt, die darauf abzielen, den Nachmittag anders zu werten als den Vormittag, auch in Bezug auf die Lehrerinnen und Lehrer.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Anmeldezahlen schwanken, und zwar an allen Schulen. Das ist völlig unabhängig davon, ob es sich um Ganztagsschulen oder andere Schulen handelt. Es gibt immer Verände

rungen bei den Anmeldezahlen. Heute Morgen habe ich Ihnen gesagt, dass die Anmeldezahl bei 117 Schulen sinkt und bei 114 Schulen steigt. In den meisten Fällen kommt es zu geringen Schwankungen. Außerdem gibt es Extreme, die es auf beiden Seiten gibt. Es gibt einerseits einen extrem hohen Rückgang und andererseits einen extrem hohen Zuwachs. Das ist doch eine völlig normale Entwicklung, wenn man auf die Freiwilligkeit eines Angebots setzt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ganztagsschule hat eine große Akzeptanz. Sie hat sie bei Eltern, bei Schülerinnen und Schülern, bei Lehrkräften und bei Schulträgern. Ich musste mich im Land noch nirgendwo dafür rechtfertigen, weshalb ich eine Ganztagsschule eingerichtet habe. Ich muss mich aber mehrmals pro Monat dafür rechtfertigen, weshalb ich noch keine Ganztagsschule eingerichtet habe.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Lelle.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, es geht nicht um fünf Planstellen, sondern es geht um das Prinzip von Klarheit und Wahrheit bei der Haushaltsaufstellung. (Zurufe von der SPD)

Wenn 46 Millionen Euro veranschlagt worden sind, aber nur 19 Millionen Euro ausgegeben werden, dann ist das zu hinterfragen. Wenn man das nicht akzeptiert, dann ist das ein schlechter parlamentarischer Stil.

(Beifall bei der CDU)

Frau Brede-Hoffmann, Sie haben erneut versucht, uns in die Ecke der Gegner der Ganztagsschule zu stellen. Wie Sie wissen, ist das ein untaugliches Mittel. Wir treten genauso wie Sie für die Verwirklichung der Ganztagsschule ein. Ich habe im Übrigen keine Kürzung der Mittel für die Bildung gefordert, sondern die Frage gestellt, was mit den nicht abgeflossenen Mitteln passiert ist. Angesichts der Neuverschuldung ist deshalb die Frage sicherlich erlaubt, ob man damit Schulden abgebaut oder andere Dinge finanziert hat. Darüber werden wir uns sicherlich noch unterhalten.

Frau Morsblech, Ihnen möchte ich entgegnen: Ich habe nicht den Personalschlüssel infrage gestellt.

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Ich würde sogar weiter gehen und sagen: Wir müssen im ländlichen Bereich diese Mindestzahlen sogar gelegentlich nach unten korrigieren, damit wir dort entsprechende Angebote unterbreiten können.

Damit bin ich bei dem Punkt, den der Rechnungshof eingefordert hat und der besondere Kritik hervorgerufen

hat, nämlich bei der Forderung, dass der Einsatz von Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften sowie die Bildung von Lerngruppen auch an wirtschaftlichen Kriterien zu orientieren sind. Dem kann man angesichts der Finanzsituation des Landes im Grundsatz nicht widersprechen. Auch die Bildungspolitik muss sich immer diesem Kriterium stellen.

(Mertes, SPD: Sagen Sie das doch einmal Herrn Keller!)

Frau Brede-Hoffmann, ich betone ausdrücklich – dabei sind wir sicherlich einer Meinung –, dass dabei die pädagogischen Überlegungen natürlich eine entscheidende Rolle spielen müssen.

(Mertes, SPD: Vorrang haben!)

Oder Vorrang haben. Dabei bin ich mit Ihnen einverstanden, Herr Mertes. Das muss so sein. Wenn wir das so beschließen, dann ist das auch Maßgabe.

Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass die Befragung des Rechnungshofs ergeben hat, dass elf von den befragten Schulleitern überhaupt nichts über die Kosten wussten.

Da ist schon zu hinterfragen, ob man ihnen nicht doch mehr Selbstständigkeit zutrauen kann und ihnen die Möglichkeit gibt, dass sie über die Kosten, die sie mit der Einstellung von Kräften verursachen, Bescheid wissen, damit sie entsprechend wirtschaftlich damit umgehen können. Das ist doch die Absicht – so sehe ich das jedenfalls – des Rechnungshofs. In diesem Sinn müssen wir das meiner Meinung nach unterstützen und aufnehmen, ohne gleich wieder zu fordern, die Bildungsmittel zu kürzen. Das wäre der völlig falsche Weg.

(Beifall der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Brede-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Lelle, Sie haben sich offensichtlich mit dem Thema beschäftigt, aber den Bericht des Rechnungshofs doch nicht durchgelesen. Auf Seite 118 können Sie unter der Fußnote 6 genau lesen, dass der Landesrechnungshof aus den Haushaltsrechnungen 2002 und 2003 zitiert, wo genau das, was Sie haben wollen, nämlich der nach Kapiteln aufgelistete Verbrauch des Personalbudgets, nachgelesen werden kann. Nehmen Sie sich die Haushaltsrechnung und lesen Sie nach, was unter welchen Haushaltskapiteln abgeflossen ist. Ich halte es doch für etwas erstaunlich, wenn Sie mehr als die Klarheit der Haushaltsrechnung einfordern.

(Zuruf des Abg. Lelle, CDU)

Sie haben sich dazu verleiten lassen, auf die Ausführungen des Landesrechnungshofs einzugehen und dort die wirtschaftliche Verwendung der Mittel einzuholen.

Herr Kollege, ich lese Ihnen noch einen Satz aus diesem Bericht vor, den ich für ganz bemerkenswert halte. Ich bitte Sie, auf allen künftigen Podiumsdiskussionen, die wir gemeinsam bestreiten, den Lehrerinnen und Lehrern zu sagen, dass sie den Satz des Landesrechnungshofs unterstützen. Da steht nämlich: „Der Rechnungshof hat nicht die Gleichwertigkeit der verschiedenen Gestaltungselemente“ – da ging es darum, ob Arbeit wertiger oder nicht so wertig ist, was eine ganz abenteuerliche Vermutung ist –, „sondern den Zeitaufwand an ungebundener Arbeitszeit für die Vor- und Nachbereitung einzelner Angebote infrage gestellt. Soweit die Wahrnehmung freizeitpädagogischer Aufgaben“ – ich bin froh, dass das Wort dem Rechnungshof dort eingefallen ist; denn vorher spricht er nur von Betreuung – „regelmäßig keinen zusätzlichen Aufwand an ungebundener Arbeitszeit erfordert, sollte dies durch eine reduzierte Anrechnung auf das Unterrichtsdeputat berücksichtigt werden.“ Das steht dann hinten in den Folgerungen. Im Klartext: Der Rechnungshof empfiehlt uns an dieser Stelle – das wäre dann übertragbar –, dass bei Lehrerinnen und Lehrern, die Unterrichtsfächer unterrichten, die regelm äßig keinen zusätzlichen Aufwand an ungebundener Arbeitszeit erfordern (Sport),

(Lelle, CDU: Da haben Sie wirklich keine Ahnung!)

eine reduzierte Anrechnung auf das Unterrichtsdeputat zu berücksichtigen ist. Ich erinnere daran, dass wir diese Diskussion hinter uns haben. Ich habe die Lehrerinnen und Lehrer immer verstanden, die das mit Verve zurückgewiesen haben, weil sie gesagt haben, Gespräche am Rande, die Teilnahme an Konferenzen, die übrigens, Herr Präsident des Landesrechnungshofs, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Ganztagsschulen zu leisten haben, auch wenn sie in Ihren Augen nur ungebundene Tätigkeiten ausüben, Gespräche mit Eltern, Beratung, Beobachtung, Diagnose, Auswertung, Erstellung von Förderplänen und vieles mehr sind Prinzip unserer Ganztagsschulen, sind pädagogische Aufgabe und sind von uns gewollt.

Herr Kollege Wiechmann, dazu gehört übrigens auch, wenn das Mittagessen in Plastikschüsselchen serviert wird, die Beratung dieser Schulen durch das Ministerium und durch die zuständigen Beratungsinstanzen genau dann, wenn etwas schief gelaufen ist.

Wir müssen heute doch nicht so tun, als ob dort, wo Menschen arbeiten – in der Schule arbeiten ausschließlich Menschen und keine Maschinen –, nicht auch Fehler geschehen oder Nachlässigkeiten auftreten würden. Wenn wir hören, dass in einer Schule auf Bierbänken in Plastikpöttchen das Essen ausgegeben wird, ist das zweifelsfrei ein Fehler oder Defizit, an dem gearbeitet wird, indem beraten wird. Auch diese zusätzlichen Gespräche verbrauchen Zeit.

(Glocke der Präsidentin)

Ich wehre mich entschieden dagegen – das möchte ich ganz klar sagen –, die Wertigkeit von Vormittags- und Nachmittagsunterricht an unseren Ganztagsschulen auch noch unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Einsatzes von pädagogischen Fachkräften zu sehen. Das empfinde ich, um es einmal ganz klar zu sagen, als eine Missachtung der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen jeder Qualifikation,

(Glocke der Präsidentin)

die nachmittags in den Ganztagsschulen arbeiten. Ich will es einmal so deutlich formulieren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Wiechmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nur noch einige kurze Anmerkungen. Das meiste ist in dem Zusammenhang schon gesagt worden. Ich teile ausdrücklich auch die Auffassung, die Frau Kollegin BredeHoffmann zuvor deutlich gemacht hat.

Frau Ministerin Ahnen, zur Selbstständigkeit der Ganztagsschule werden Sie von mir sicherlich nie gehört haben, dass ich die jemals kritisiert habe. Sie wissen, dass gerade wir GRÜNE im Hinblick auf die Selbstständigkeit der einzelnen Schulen noch sehr viel weitergehende Forderungen haben. Das wollte ich klar stellen.

Meine Damen und Herren, das Ganztagsangebot an den rheinland-pfälzischen Schulen muss ohne Zweifel auch in der nächsten Legislaturperiode mindestens im gleichen Tempo ausgebaut werden, weil wir es benötigen, weil es eine bildungspolitische Notwendigkeit ist und weil die Ganztagsschule tatsächlich, wenn sie gut gemacht ist, zu einem hervorragenden bildungspolitischen Entwicklungsprojekt werden kann.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das derzeitige und geplante Angebot ist allerdings – das muss man in diesem Zusammenhang auch noch einmal betonen – weder flächendeckend noch deckt es den Bedarf. Derzeit nehmen ganze 4 % der Schülerinnen und Schüler an den allgemein bildenden Schulen des Landes ein solches Ganztagsangebot in Anspruch.

Meine Damen und Herren, wir wollen und müssen darauf achten, dass es auch eine wichtige Aufgabe ist, dieses Ganztagsangebot, das wir alle unterstützen, qualitativ und attraktiv weiterzuentwickeln. Wir müssen uns immer wieder mit den gemachten Erfahrungen auseinander setzen; wir müssen organisatorische Mängel beseitigen, und wir dürfen sie nicht in einem Dauerzustand belassen. Meine Damen und Herren, genau deshalb ist es richtig, dass wir uns auch über die Qualität der Ganztagsangebote unterhalten. Deshalb ist es auch

richtig, dass wir uns hier und heute darüber unterhalten haben.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache angelangt.

Meine Damen und Herren, ich begrüße zunächst weitere Gäste im Landtag, und zwar diesjährige Preisträgerinnen des Ehrenamtspreises „Frauen tun was“ der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratische Frauen sowie Frauen aus der protestantischen Kirchengemeinde Altdorf-Böbingen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)