Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Ich bin dem Kollegen dankbar, dass er deutlich gemacht hat, dass Panik eigentlich niemanden nützt und sie in der Regel – das ist allgemeine Erfahrung – zu völlig überzogenen Reaktionen herausfordert und zu völlig überzogenen Forderungen führt, die keinem helfen. Ich hatte auch den Eindruck, dass sich die GRÜNEN einen Teilbereich herausgegriffen haben. Es wurde das Jahr 2003, das bekanntlich Besonderheiten aufwies, die niemand schönreden will, herausgegriffen, um sich im Punkt der Klimaveränderung wieder vorn zu positionieren.
Meine Damen, meine Herren, ich will auf die Botschaften des Waldzustandsberichts verweisen und zum Teil daraus zitieren. Die Botschaften lauten wie folgt:
1. Der Vitalitätszustand unserer Wälder wird durch die jahrzehntelangen Schadstoffeinträge, aber auch durch Faktoren wie extreme Witterung, biotische Schaderreger, auf lange Dauer beeinflusst. Das müssen wir so festhalten.
2. Über eine Reihe von Maßnahmen haben wir in den vergangenen Jahrzehnten beachtliche Erfolge in der Luftreinhaltung erzielt. Die Minderung der Emissionen spiegelt sich bisher nur beschränkt im Zustand der rheinland-pfälzischen Wälder wider. Auch das ist richtig und müssen wir so feststellen.
3. Die Emissionsminderung gilt es international fortzusetzen – nicht nur im Kleinen –; denn nur dort sind Erfolge wirksam, wenn man die erste Botschaft wirklich ernst nimmt.
4. Eine erfolgreiche Umweltpolitik misst sich auch am Grad der Umsetzung von Energieeinsparmaßnahmen, am Grad der Umsetzung von effizienter Technik und am Grad des Beitrags der erneuerbaren Energien am Energieverbrauch. Ich füge allerdings hinzu und will sehr deutlich bemerken, dass dies auch unter Einbeziehung der Betrachtung des Grundlastersatzes geschehen muss. Wir werden an anderen Stellen über erneuerbare Energien diskutieren. Deshalb will ich das heute nicht in besonderer Weise ausführen. Wer das aus dem Auge verliert – Grundlastersatz –, der handelt mitunter auch an der falschen Stelle. Frau Ministerin, ich hätte mir gewünscht, dass man auf diesen Teil des Berichts einen besonderen Akzent gesetzt hätte.
(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht um Schadstoffe und nicht um die Kapazität von Kraftwerken!)
Meine Damen und Herren, was kann ich dem Bericht weiter entnehmen? Unter den Baumarten weist das Buchenholz erneut Probleme auf, die auf stark versauerten Böden auftreten. Da wir das heute in Plenum nicht vertiefen können, sollten wir uns vielleicht etwas intens iver dem Punkt widmen, was man aus rheinlandpfälzischer Sicht außer der verstärkten Kalkung, der man nur zustimmen kann, weiteres tun kann.
Bei der Eiche ist beispielsweise eine merkliche Erholung festzustellen. Das, was durch das besondere Jahr 2003 dort befürchtet wurde, ist nicht eingetreten. Auch das gilt es festzuhalten. Bei Fichte und Kiefer zeigt sich der Kronenzustand fast unverändert. Nach dem Bericht haben entgegen der Erwartungen die Folgewirkungen des Extremsommers 2003 insgesamt keine weitere gravierende Verschlechterung des Waldzustands in Rheinland-Pfalz nach sich gezogen.
Meine Damen und Herren, bemerkenswert ist die Fes tstellung – auch darüber sollten wir meiner Meinung nach im Ausschuss diskutieren –, dass beispielsweise im Jahr
2004 Insektenfraß in 46 % aller Eichen festgestellt wurde. Übrigens ist bei allen Baumarten, die sich in hohen Schadensklassen befinden, ein starker Insektenfraß vorzufinden.
Auch dieser Frage sollten wir uns einmal separat widmen. Was kann man tun? Reicht das aus, was man im Moment tut? Ich möchte das nur in Frageform dahinstellen. Hier gibt es Ansätze, die wir in Rheinland-Pfalz erfüllen können und denen wir uns widmen müssen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Rheinland-Pfalz haben wir auf rund 40 % der Landesfläche Wald. Die Waldfläche beläuft sich insgesamt auf ca. 800.000 Hektar. Außer dem Staatswald gibt es Kommunalwald in der Hand von mehr als 1.800 Gemeinden und Privatwald mit etwa 300.000 Privatwaldbesitzern. Bereits aus diesen allgemeinen Angaben wird deutlich, dass Wald in Rheinland-Pfalz eine Angelegenheit ist, die meiner Meinung nach alle Bürgerinnen und Bürger angeht.
Trotz der optimistischen Namensgebung „Waldzustandsbericht“ müssen wir im Auge behalten, dass es sich um die Schäden am Wald insgesamt handelt. Dies ist auch der Inhalt des Berichts, der seit 1984 den Kronenzustand der Waldbäume nach einem repräsentativen Verfahren erfasst.
Meine Damen und Herren, die Faktoren Witterung, Schadstoffeinfluss und Schadinsekten sind maßgeblich für den Gesundheitszustand des Waldes. Nach dem heißen und für die Pflanzenorganismen belastendem Jahr 2003 hat der Witterungsverlauf in diesem Jahr dem Wald – das kann man ruhig sagen – gut getan. Durch die relativ feuchte und kühle Witterung ist es nicht zu der befürchteten Borkenkäferentwicklung gekommen, die zunächst befürchtet werden musste. Sie hätte außer zu einer weiteren Schädigung der Vitalität der Bestände durch hohen Schadholzanfall auch zu gravierenden negativen wirtschaftlichen Folgen für die öffentlichen und privaten Waldbesitzer geführt. Zum Glück hat sich der Schadholzanfall mit ungefähr 200.000 Festmetern – das muss man so sagen – noch in Grenzen gehalten.
Meine Damen und Herren, von zentraler Bedeutung ist aber der dritte Faktor, nämlich die Schadstoffentwicklung. Der Kfz-Verkehr erzeugt allein zwei Drittel der Stickoxide. Der Ammoniumstickstoffeintrag stammt zu 80 % aus Tierhaltung und zu 20 % aus der Düngung in der Landwirtschaft.
Die Wirkungen auf den Gesundheitszustand der Baumkronen sind im Großen und Ganzen so, wie sie bereits für 2003 beobachtet und beschrieben worden sind, nämlich ohne gravierende Verschlechterung und ebenso ohne durchgreifende Verbesserung. Der Kollege Fuhr hat es richtig dargestellt. Das ist ein Prozess, der sich nicht innerhalb von einem Jahr, zwei oder drei Jahren abspielt, sondern sich über viele Jahre, zum Teil über Jahrzehnte fortschreibt.
Meine Damen und Herren, allerdings geben die stark voneinander abweichenden Schäden bei den einzelnen Baumarten doch zu denken. Ich greife die Buche heraus – auch das wurde schon gesagt –, die sich in der Schadstufe 2 bis 4 – das ist eine deutliche Schädigung – um 13 % verschlechtert hat. Im Blick behalten müssen wir, dass Stickoxide und Ammoniumstickstoffe nur gering abgenommen haben und immer noch die kritische Grenze für die Waldböden deutlich überschreiten.
Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit den Waldschäden verdient eine bekannte Eigenschaft von Wäldern besondere Bedeutung. Der Wald reagiert nicht sofort, nicht von einem auf das andere Jahr. Schäden, wie zum Beispiel die erwähnten Mangan-Flecken im Holz der Buche, sind das Ergebnis langjähriger Versauerung der Waldböden.
Über Strategien für eine Verbesserung des Waldzustands werde ich im zweiten Teil meiner Rede sprechen.
Ich freue mich, weitere Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Mitglieder der Turngemeinschaft 1878 Lahnstein e. V. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Befürchtungen, dass die extrem heißen und trockenen Witterungsverhältnisse des Jahres 2003 sowie die dazukommende Ozonbelastung zu einer erheblichen Steigerung der Waldschäden in 2004 führen könnten, hat sich nicht bestätigt. Das ist die erste gute Nachricht.
Herr Dr. Braun, genau dazu stehe ich. Es ist nicht ein Erfolg. Allerdings hatten wir befürchtet, dass wir vor dem Hintergrund der Ergebnisse im letzten Jahr und der
enormen Stressfaktoren in diesem Jahr weitere Steigerungen haben. Fakt ist auch, dass die Witterungsverhältnisse im Frühjahr dazu beigetragen haben, dass sich die Situation quer über alle Baumarten – man muss die einzelnen Baumarten betrachten – stabilisiert hat.
Herr Dr. Braun, insofern habe ich nichts zurückzunehmen, nichts zu korrigieren, sondern im Gegenteil zu bestätigen, genau wie ich es in der Pressekonferenz dargestellt habe.
Der zweite Punkt – das ist die weniger gute Nachricht, zu der ich auch stehen muss – ist, dass wir im Wald zunehmend Langzeitschäden bemerken, die zu ernster Sorge Anlass geben und alles andere als beruhigend sind. Wir merken heute, dass der Wald so etwas wie ein Langzeitgedächtnis für Schadstoffeinträge hat. Es handelt sich um Anreicherungen im Boden, die über Jahre wirken und erst in den letzten Jahren zu echten sichtbaren Schädigungen am Holz mit Auswirkungen auf die Holzqualität geführt haben.
Man kann sagen, die Natur stellt uns ihre eigene Rechnung. Wir müssen uns mit diesem Phänomen ökologisch und auch ökonomisch auseinander setzen.
In den 90er-Jahren hat es aufgrund der ersten Versauerungsperiode eine montane Vergilbung gegeben. Sie erinnern sich vielleicht daran. In den Mittelgebirgslagen wurden vor allem Fichten schnell gelb und haben ihre Nadeln verloren. Der Hintergrund dafür war gewesen, dass durch die Säureeinträge vor allem wichtige Spurenelemente für den Baum aus dem Boden ausgetrieben worden sind und Magnesium gefehlt hat.
Wir sind dem Problem dahin gehend begegnet, dass wir magnesiumhaltige Kalke ausgebracht haben. In den letzten Jahren haben wir etwa 90 Millionen Euro in die Waldkalkung investiert. Das sind Kosten, die uns die Umwelt abfordert und die anderswo verursacht werden.
Das jetzige Phänomen, das wir in diesem Jahr zum ersten Mal auch wissenschaftlich fundiert und wissenschaftlich abgesichert entdeckt und analysiert haben, ist die Rotfleckigkeit des Buchenholzes. Die Buchenhölzer sind für das Waldbild in Rheinland-Pfalz an vielen Stellen und auch ökonomisch bestimmend. Buchen sind nun einmal ganz hochwertige Furnierhölzer. Es ist ein hochwertiges Schneideholz insbesondere für die Möbelindustrie. Wir mussten feststellen, dass gerade die Holzkäuferfirmen mit Hinweis auf die roten Flecken das Holz nicht mehr abgenommen haben. Dies hatte zur Folge, dass wir es in minderwertigere Marktsegmente, wie Gestell- und Verpackungsware, absetzen mussten. Das ist nicht das Ziel einer hochwertigen und anspruchsvollen Forstwirtschaft.
Die Ursachen sind analysiert. Wir haben die Forschung beauftragt. Die Forschungsergebnisse wurden von mehreren Instituten bestätigt. Es handelt sich dabei um eine Mangananreicherung im Holz, die zu diesen roten Flecken führt. Diese hängt damit zusammen, dass dort, wo versauerte Standorte sind, Calcium und Magnesium ausgewaschen werden und dafür Mangan in die Pflanze
Ich nenne diese beiden Symptome noch einmal, weil sie erhebliche Auswirkungen haben. Ich kann heute nicht sagen, ob wir Mittel und Wege finden, um dieser Ernährungsstörung zu begegnen. Wir werden auch noch einmal die Wirkungen von Kalkungen erforschen und untersuchen lassen, ob es ein Mittel gibt, um gegen die Störungen anzugehen oder ob wir uns damit abfinden müssen.
Der dritte Punkt, der uns große Sorgen macht, ist, dass mit extremen Witterungsverhältnissen und gestressten Situationen in den Wäldern insgesamt der Insektenbefall enorm zunimmt. Das ist im Wesentlichen ein Grund dafür, dass wir gerade in diesem Jahr bei den Buchen eine sehr frühe Kronenverlichtung hatten, und zwar durch eine Fruktifizierung, das heißt enorme Fruchtaustriebe durch eine hohe Blüte und eine Entlaubung durch die Buchenblattlaus. Weitere Borkenkäfer kennen Sie von anderen Laubbaumarten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe gesagt, die Natur stellt uns ihre Rechnung. Gerade deswegen ist es wichtig, dass wir auch bei der Bewertung der Ursachen und von Energiesystemen, die für diese Entwicklungen im Wald ganz wesentlich verantwortlich sind, auch mit den externen Kosten kalkulieren und sie in die Bewertung von Energiesystemen und Energiearten mit einbeziehen. Diese Rechnung muss volkswirtschaftlich geführt werden, weil wir damit kalkulieren müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bericht gibt Überblicke darüber, dass wir mit 34 % stark geschädigter Bäume keine große Veränderung zum letzten Jahr haben. Die Eiche hat sich noch einmal sehr gut und die Buche erwartungsgemäß nicht erholt. Die Nadelbäume sind weitestgehend gleich geblieben. Im Übrigen ist ein deutlicher Unterschied zum Bund festzustellen.