Die bäuerlichen Betriebe werden nämlich jetzt genau das tun, was erfolgreiche Unternehmen auszeichnet: Sie orientieren sich am Markt und nicht mehr an der Produktprämie. Mit dem so genannten Kombimodell werden nach und nach sämtliche Beihilfen bis zum Jahr 2013 sowohl für Acker- als auch für Grünland in einheitliche Flächenprämien umgewandelt.
Der lange Zeitraum von 2010 bis 2013 ist unseres Erachtens sinnvoll. Die Betriebe erhalten dadurch Planungssicherheit und können entsprechende Anpassungen vornehmen. Gerade Betriebe in ungünstigeren Regionen wie der Westpfalz und der Eifel werden von dieser Reform profitieren. Sie eröffnet mehr Spielräume für unternehmerische Entscheidungen, die Produktion wird sich mehr den jeweiligen regionalen und wirtschaftlichen Bedingungen anpassen, und – dies soll nicht unerwähnt bleiben – durch die Reform wird in besonderem Maß den Anforderungen der Umwelt, des Tierschutzes und der Nahrungsmittelsicherheit Rechnung getragen.
Herr Minister Bauckhage, mir hätte es auch gut gefallen, wenn die Anzahl der Arbeitsplätze in das Kombimodell hätte Einfluss finden können; denn dass bäuerliche Betriebe ausbilden und Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, geht in der Diskussion um den Arbeitsmarkt häufig unter.
Es ist kein Geheimnis, dass wir in unserem Land Betriebe haben, die in der Agrarpolitik eine intensive Begleitung brauchen, um den Umstellungsprozess erfolgreich meistern zu können. Das sagen wir auch zu. Das sind die Milchbetriebe, die durch eine Stützpreissenkung mit niedrigeren Erlösen für Milch und Rindfleisch rechnen müssen. Das sind die Tabakbauern, die auf der einen Seite mit einer Rücknahme von Subventionen und auf der anderen Seite mit einer Erhöhung der Verbrauchsteuern zurechtkommen müssen.
An dieser Stelle darf ich mich auch bei Herrn Ministerpräsident Beck für sein Engagement bedanken, das erheblich zur Abfederung und zeitlichen Streckung der Umsetzung der Beschlüsse beigetragen hat.
Ich meine, dass eine 400-jährige Tradition, die auch das Landschaftsbild in den Regionen prägt, nicht von heute auf morgen verändert werden kann. Das betrifft auch – Frau Kollegin Schneider ist darauf eingegangen – die Zuckerrübenbauern, die sowohl durch die Agrarreform als auch durch die weit reichenden WTO-Beschlüsse gebeutelt werden.
Natürlich haben wir gerade in den westlichen Ländern eine soziale Verantwortung für die ärmeren Länder in der Welt. Wir können nicht einerseits unentwegt Entwicklungshilfe zahlen und andererseits eine eigenständige wirtschaftliche Entwicklung und Beteiligung an den Märkten mit ihren Produkten verhindern. Das ist weder sozial noch liberal noch christlich.
Was wir fordern, sind einigermaßen vergleichbare Bedingungen: Achtung der Menschenrechte, Schutz der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Einhaltung von Umweltstandards, wenigsten einigermaßen oder annähernd. Das sind in der westlichen Welt Selbstverständlichkeiten, die unsere Betriebe, die Produzenten sowie vor- und nachgelagerte Unternehmen monetär belasten.
Eine zurzeit vorgeschlagene Preisminderung – der Herr Minister hat es bereits gesagt – von 37 % und eine Quotenreduzierung um 16 % würden unsere bäuerlichen Betriebe erschlagen.
Wenn ich in einem Beitrittsland, das wir vor kurzem besucht haben, beruhigend höre, dass sie, was die Zuckerrübe betrifft, für uns keine Konkurrenz sind, und im gleichem Atemzug aber gesagt wird, wir setzen auf Zuckerrohr, dann, Herr Minister, Herr Staatssekretär, haben wir noch erhebliche Aufklärungsarbeit bei uns eren östlichen Nachbarn zu leisten.
2.700 Betriebe in unserem Land, die, wie Sie auch erwähnt haben, von der Zuckerrübe leben oder zumindest dadurch einen Einkommensstabilisator für ihre anderen Marktfrüchte hatten, bangen um ihre Existenz, und nicht nur sie, sondern auch die Zuckerfabriken und die dort Beschäftigten haben Angst und Sorgen. Zu Recht, wie ich meine. Wir dürfen sie damit nicht allein lassen.
Was wir künftig aus Brüssel erwarten können, stimmt mich nach der Benennung der neuen Agrarkommissarin nicht gerade positiv und hoffnungsvoll, wenn Frau Fischer Boel voll auf die Handelsliberalisierung durch die WTO setzt. Aber man soll niemanden vorverurteilen. Vielleicht ist sie doch eine gute Europäerin.
Bei allen Reformen darf ein für uns wichtiges Thema nicht hintanstehen. Herr Minister, ich meine die Bürokratie, den Bürokratieabbau. Das muss bei allen Reformprozessen ein wichtiges Thema sein. Sowohl die Behörden als auch insbesondere die bäuerlichen Betriebe müssen endlich von dem überfrachteten Papierkram entlastet werden.
Es ist zu begrüßen, dass einige Einzelbeihilfen zu einem Prämienrecht zusammengefasst werden. Aber vielleicht gehen die Antragstellung und die aufwändige Kontrolle mit weniger Aufwand etwas paxisnäher und transparent.
Den Blick auf unser Land gerichtet kann man sagen, dass sich die Agrarverwaltungsreform bewährt. Die Einkommensentwicklung in den Betrieben muss man allerdings sehr differenziert betrachten. Während die Weinbauenden, die Winzerbetriebe auf der Einkommensskala nach oben zeigen oder gehen, müssen Getreide-, Obst-, Milch- und Schweine haltende Betriebe herbe Verluste verkraften.
Unsere Gesellschaft und unsere Verbraucherinnen und Verbraucher müssen lernen, dass gute Qualität, Nahrungsmittel- und Lebensmittelsicherheit und die Pflege unserer Kulturlandschaft nicht zum Nulltarif zu haben sind.
Abschließend: Wir werden auch bei angespannter Haushaltslage an bestimmten Positionen wie an dem Programm zur Förderung der Junglandwirte und der Kulturlandschaftspflege festhalten.
Heute Abend beim Empfang der Landwirtschaftskammer wird uns Präsident Schartz bestimmt wieder einiges ins Stammbuch schreiben. Das sind wir gewohnt. Wir warten auch förmlich darauf. Ich bin aber auch überzeugt, dass wir im gemeinsamen Engagement mit den Verbänden und den Berufsständen in Rheinland-Pfalz auf gutem Weg sind.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist gut, auch wenn manche von Ihnen nicht gerade sehr spannende und interessierte Gesichter machen, dass wir heute über die europäische Agrarreform reden können.
Es ist deshalb gut, weil sie endlich umgesetzt wird. Es ist ungemein wichtig und richtig, dass die Gemeinsame Agrarpolitik eine neue Ausrichtung bekommt. Die Entkopplung der Prämien von der Erzeugung ist der kons equente Ausstieg – er war wirklich notwendig – aus den Butterbergen und Milchseen und der bezahlten Vernichtung von Lebensmitteln in der Vergangenheit.
Die Bindung der Prämien an die Fläche trägt der Tats ache Rechnung, dass die Landwirtschaft in unserem Land auch die Kulturlandschaft gestaltet und weitergestalten soll. Die Verknüpfung mit Umweltstandards, Tierschutzstandards und Qualitätsstandards ist einer gesellschaftlichen Notwendigkeit geschuldet. Sie wird die Akzeptanz der Agrarförderung deutlich erhöhen. Letztlich wird die Förderung der extensiven Landwirtschaft durch die langfristige Angleichung von Grünlandprämien an die Ackerbauprämien vielen Regionen unseres Bundeslands und deren Betrieben gut tun, weil sie bisher doppelt benachteiligt sind.
Wir haben von dieser Reform große Vorteile für die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz. Unsere Landwirtschaft ist in großen Teil von Grünland und deutlich weniger von intensiver Bewirtschaftung geprägt, als das in anderen Bundesländern und anderen europäischen Ländern der Fall ist.
Damit diese Vorteile genutzt werden können, muss allerdings auch die rheinland-pfälzische Umsetzung der Reformen dazu beitragen, das heißt im Wesentlichen die Gestaltung der Zukunftsinitiative für den ländlichen Raum. Es ist natürlich auch zu begrüßen, dass bei der nationalen Umsetzung der europäischen Agrarreform mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Bundesländern erreicht wurde. Darauf hat Herr Bauckhage bereits hingewiesen. Unterm Strich werden sich die Mittel, die
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, dass wir Herrn Bauckhage vollkommen zustimmen, wenn er von der größten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik seit Bestehen der Europäischen Union spricht. Diese Reform ist im Übrigen unter anderem dem Einsatz der grünen Landwirtschaftsministerin Künast in Brüssel zu verdanken.
Herr Minister, Ihnen fällt es offenbar schwer, dies auszusprechen. Ihre harsche Kritik an der bisherigen EUAgrarpolitik fällt auch auf die Mitgestaltung früherer Bundesregierungen zurück. Wenn ich mich richtig erinnere, haben damals auch Mitglieder der FDP Verantwortung getragen.
Ich stelle fest, dass Sie auf dem grünen Auge blind sind, wenn es Erfolge zu beklatschen gibt, und auf dem gelben Auge blind sind, wenn Kritik zu verteilen ist.
(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Schmitz, FDP: Das mit dem gelben Auge müssen Sie uns noch einmal erklären!)
Wenn der Minister den Einfluss der Landesregierung im Bundesrat bei der Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik herausstellt, dann muss auch gesagt werden, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung maßgeblich dazu beigetragen hat, dass die Übergangszeit bis zur völligen Umsetzung, das heißt der Gleitflug, zu lang geworden ist. Diesen wollen wir gar nicht so lange. Wir hätten die Gleichstellung der Grünlandbetriebe gern schon früher gehabt. Außerdem haben wir Bedenken, ob diejenigen, die wir noch haben, so lange durchhalten. Das bedeutet nämlich für unsere Landwirtinnen und Landwirte, dass die Zugewinne bei den Prämien erst im Jahr 2013 in voller Höhe fließen. Gerade für die Grünlandwirtschaft heißt das, dass sie im Jahr 2015 deutlich weniger bekommen als die Ackerbaubetriebe. Im Jahr 2015 sind das 50 Euro pro Hektar im Verhältnis zu 288 Euro pro Hektar. Das ist ein recht großer Unterschied.
Herr Minister, es erstaunt uns, dass Sie so vehement die neue unternehmerische Freiheit der Landwirtinnen und Landwirte herausstellen. Nennen Sie es in anderen Wirtschaftsbereichen auch unternehmerische Freiheit, wenn die Unternehmerinnen und Unternehmer den größten Teil ihres Einkommens aus staatlichen Prämien beziehen müssen?
Daran ändert auch die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Grundsatz nichts. Markt und unternehm erische Freiheit würde in der Landwirtschaft erst dann hergestellt, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher
echte Preise für Lebensmittel zahlen würden. Die Agrarförderung ist im Grunde genommen nichts anderes als die Subvention der Lebensmittelpreise. Das wissen alle, die damit zu tun haben.
Herr Bauckhage, setzen Sie sich doch mit dafür ein, dass die Lebensmittelpreise eine andere Sprache sprechen!
Es ist natürlich in sich ausgesprochen widersprüchlich, wenn man sagt, die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik gebe den Landwirtinnen und Landwirten die volle unternehmerische Freiheit und es sei gut, dass die Tabakverordnung ausgesetzt worden sei und die Zuckerverordnung später oder anders komme. Es sind in der Tat – das gestehe ich gern zu, und das wollten auch wir – mehr unternehmerische Elemente möglich als früher. Von der vollständigen unternehmerischen Freiheit der Landwirtschaft kann man aber nun wirklich nicht reden.
Zurück zu den Chancen der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft. Um die möglichen Vorteile aus dem Systemwechsel der Prämienzahlung für unsere Landwirtinnen und Landwirte, die gut ausgebildet und motiviert sind, wie wir wissen, auszuschöpfen, sind mehrere Punkte wichtig.
1. Wir – auch die Politik – müssen die Bedingungen der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz akzeptieren, die außer in den Gunsträumen der Oberrheinebene und vielleicht noch in Rheinhessen eher durch klimatische Nachteile, wenig ertragreiche Böden oder Sondersituationen wie an Mittelrhein oder Mosel geprägt ist. Das heißt, wir müssen akzeptieren, dass die Landwirtschaft in RheinlandPfalz nicht mit Großbetrieben in Brandenburg oder mit der industriellen Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen mithalten kann und auch nicht mithalten können muss. Das ist aus unserer Sicht auch keine Katastrophe. Im Gegenteil, das ist gut so.