Protocol of the Session on September 8, 2004

2. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen dürfen die nationalen Festlegungen nicht über die EURegelungen hinausgehen.

3. Die Länder müssen auf bereits bestehende Kontrollsysteme zurückgreifen, zum Beispiel in den Bereichen Futter- und Lebensmittelüberwachung, um den Umfang an zusätzlichen Kontrollen möglichst in Grenzen zu halten.

4. Insgesamt ist sowohl für die Landwirte als auch für die Verwaltungen der Aufwand für diese Kontrollen so gering wie möglich zu halten.

Meine Damen und Herren, in diesen Vorschlägen sehe ich einen vernünftigen Brückenschlag zwischen einerseits EU-Recht und andererseits landwirtschaftlicher Praxis.

Die Landesregierung wird alles daran setzen, dass es nicht zu Mehrfachkontrollen ein und derselben Prüfkriterien durch den technischen Prüfdienst „Agrarförderung“ und die Fachrechtskontrollen kommt. Wir werden die Kontrollen so weit wie möglich koordinieren, um einen so

genannten Kontrolltourismus in den Betrieben zu vermeiden. Die EU-Vorgaben verpflichten uns jedoch, zum einen in 5 % aller Fälle die Fördervoraussetzungen vor Ort zu prüfen. Zum anderen müssen die in 19 EURechtsvorschriften der Cross-Compliance-Regelung gemachten Auflagen für jede Vorschrift in mindestens 1 % der Fälle geprüft werden, es ist also eine absolute EU-Vorschrift, eine 5%ige und eine 1%ige Prüfung durchzuführen.

Meine Damen und Herren, welche Auswirkungen auf unsere Landwirtschaft und die Agrarmärkte können wir von dieser EU-Agrarreform erwarten? In ihren neuesten Trendprognosen für die Agrarmärkte erwarten sowohl die Europäische Kommission als auch die OECD gute Marktchancen. Die Entkopplung der Agrarstützung von der Produktion wird die Wettbewerbsverzerrungen auf den Agrarmärkten verringern und damit auch die Einkommen verbessern.

1. Meine Damen und Herren, im Getreidesektor werden – außer bei Gerste – günstige Aussichten auf den Weltmärkten erwartet. Die Exporte sollen von 27 Millionen Tonnen auf 34 Millionen Tonnen im Jahr 2011 ansteigen.

2. Im Rindfleischbereich wird von einer Reduzierung der Erzeugung um etwa bis zu 4 % und einem Preisanstieg um 3 % bis 9 % ausgegangen.

3. Im Milchbereich wird weiterhin eine Ausschöpfung der Milchquoten prognostiziert. Erwartet wird – wie in der Vergangenheit – eine weitere jährliche Milchleistungssteigerung pro Kuh von 1,6 %. Meine Damen und Herren, die Chancen stehen also nicht schlecht. Wir brauchen dazu wettbewerbsfähige und marktorientierte Betriebe, die nachhaltig und Ressourcen schonend wirtschaften.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das machen unsere Betriebe übrigens heute schon und sind damit erfolgreich.

Ein effektives Kostenmanagement in der Innen- und Außenwirtschaft verbunden mit einem kontinuierlichen betrieblichen Wachstum bleiben daher die Eckpfeiler für erfolgreiche Betriebe. Für mich besteht kein Zweifel, wir in Rheinland-Pfalz haben Landwirte mit gut organisierten Betrieben, die schon immer ihre Kosten im Blick hatten. Gerade diesen Unternehmen bietet sich durch diese Reform eine zusätzliche Chance. Ich bin sicher, unsere Landwirte werden diese Chance zu nutzen wissen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, mit der Entkopplung erhalten die Landwirte die Freiheit, selbst über ihre Produktionspalette zu entscheiden. Deshalb wird die Existenz der Betriebe stärker als in der Vergangenheit von den Fähigkeiten der Betriebsfamilien abhängen. Die Anforderungen an das Fachwissen und an unternehmerisches Management werden auch in der Landwirtschaft deutlich zunehmen. Angesichts unserer sehr gut ausgebildeten Landwirte, der hohen Qualität unserer Agrarprodukte und der Nähe zu den Ballungsräumen bin ich mir aber

sicher, die rheinland-pfälzische Landwirtschaft ist in der Lage, sich am Markt zu behaupten.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, die neuen Förderbedingungen werden zugleich zu einer stärkeren Differenzierung der Flächennutzung führen. Das ist völlig klar. Gute Böden werden zur marktorientierten Produktion mit wechselnden Produktionsschwerpunkten genutzt werden können. In den benachteiligten Gebieten werden die Flächen nur bei guter Struktur vergleichsweise extensiv bewirtschaftet werden. Schlecht strukturierte, insbesondere kleinparzellierte und schlecht erschlossene Regionen sowie Grenzertragsflächen werden lediglich am Schluss gepflegt werden.

Deshalb müssen wir die Umstrukturierung der Betriebe und die strukturelle Entwicklung ländlicher Regionen mit wettbewerbsverbessernden Maßnahmen aktiv begleiten und weitergehende Aktivitäten, wie beispielsweise die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Einkommensmöglichkeiten in diesen Räumen, unterstützen. Das werden wir tun.

(Beifall bei FDP und SPD)

Neue Perspektiven sehe ich hier in der Förderung neuer Einkommensquellen jenseits der Nahrungsmittelproduktion, zum Beispiel im Bio-Energiesektor. Wenn diese Potenziale genutzt werden, können sich die Landwirte zusätzliche Standbeine aufbauen und vornehmlich im ländlichen Raum auch dann neue Arbeitsplätze schaffen.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle will ich meine Sorgen zu anstehenden weiteren Reformen nicht verschweigen. Die Europäische Kommission will auch für den Zuckersektor den mit der Agrarreform des vergangenen Jahres eingeschlagenen Kurs fortsetzen. Die Reduzierung des Mindestpreises für Zuckerrüben um insgesamt 37 % in drei Jahren und die Absenkungen der Produktionsquoten um 16 % in vier Jahren übersteigen aber die Anpassungsmöglichkeiten der Betriebe. Der vorgesehene Teilausgleich ändert daran wenig. Den Zuckerrübenbauern drohen hohe Einkommensverluste.

Fest steht, dass die Zuckermarktordnung ohne gewisse Anpassungen langfristig weder dem inneren Druck der Zucker verarbeitenden Unternehmen noch dem äußeren Druck der Welthandelspartner standhält. Nach der Einigung der 147 WTO-Mitgliedstaaten über eine Rahmenregulierung zur laufenden Welthandelsrunde müssen wir die Exportsubventionen zumindest mittelfristig einstellen. Daher ist eine Reform unumgänglich.

Meine Damen und Herren, die Reform der Zuckermarktordnung darf aber nicht zu einem Kahlschlag in der heimischen Zuckererzeugung führen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Sie darf erst nach eingehender Analyse der Möglichkeiten und Auswirkungen und nicht überstürzt durchgeführt werden. Das, was die Milchproduktion für die Höhengebiete bedeutet, ist der Zuckerrübenanbau für die Stand

orte des Marktfruchtbaus im Land: Angesichts seiner Rentabilität ist der Zuckerrübenanbau dort eines der wichtigsten Standbeine der Landwirtschaft. Rund 2.700 rheinland-pfälzische Betriebe mit einer Zuckerrübenanbaufläche von über 22.000 Hektar sind von den Reformvorschlägen unmittelbar betroffen. Die Existenz vieler klein strukturierter Marktfruchtbaubetriebe ist ohne die Zuckerrübe gefährdet.

Für eine Reform der Zuckermarktordnung mit Augenmaß sprechen im Übrigen auch die Interessen der Zucker exportierenden Entwicklungsländer. Bislang haben gerade die AKP-Staaten – afrikanische, karibische und pazifische Staaten – von ihren zu EU-Preisen garantierten Absatzmöglichkeiten auf dem europäischen Markt erheblich profitiert. Gerade diese Staaten haben beim Export von den Marktpreisen erheblich profitiert. Das sind gerade die armen Staaten. Das muss man in aller Klarheit sagen.

Die vorgeschlagenen Preissenkungen würden daher auch dort zu drastischen Einkommenseinbußen führen. Da direkte Ausgleichsmaßnahmen zu Entwicklungsländern nicht vorgesehen sind, wird die Novellierung der EU-Zuckermarktordnung diesen Ländern nicht helfen. Nach den notwendigen Anpassungen muss eine nachhaltige Zuckererzeugung in der EU und in den Entwicklungsländern möglich sein.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Betroffen von den Vorschlägen zur Reform der Zuckermarktordnung sind neben den Landwirten die Zuckerfabriken. Auch hier stehen Arbeitsplätze im ländlichen Raum auf dem Spiel. Die Landesregierung ist sich deshalb mit den Vertretern der rheinland-pfälzischen Zuckerwirtschaft einig: Der Kompromissvorschlag muss in einigen zentralen Punkten nachgebessert werden. Da-rauf müssen wir drängen.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Nur so wird er den Rübenbauern wie der Zuckerindustrie den erforderlichen Anpassungsspielraum verschaffen und damit letztlich eine Zukunftsperspektive eröffnen.

Ich will meine wesentlichen Forderungen zusammenfassen: Die notwendigen Anpassungen dürfen erst nach dem Auslaufen der derzeit gültigen Marktordnung zum 30. Juni 2006 einsetzen. Wenn uns das gelingt, wird die Kurve flacher. Wenn die Kurve flacher ist, werden die Einkommensverluste gestreckt und die Anpassungszeiträume für die Zuckerindustrie und für die Rübenbauern werden besser.

Der Anpassungszeitraum muss über das Wirtschaftsjahr 2008/2009 hinaus gestreckt werden. Die Quotenkürzungen und Preissenkungen müssen deutlich geringer ausfallen. Sie müssen zudem möglichst gleichmäßig über den gesamten Anpassungszeitraum verteilt sein. Nur so kann die Zuckerindustrie und können die Rübenbauern entsprechend reagieren.

Die vorgesehenen Ausgleichszahlungen müssen so ausgestaltet werden, dass sie die Einbeziehung in das Betriebsmodell erlauben. Wir sprechen uns dafür aus,

diese Zahlungen als betriebsindividuellen Zuschlag zu den Flächengrundprämien vorzusehen.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben diese Forderungen in einen gemeinsamen Entschließungsantrag mehrerer Bundesländer eingebracht, über den voraussichtlich in der nächsten Sitzung des Bundesrats abgestimmt wird.

Es besteht kein Zweifel daran, die EU-Agrarreform einschließlich der Verordnungsentwürfe zur Neugestaltung der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums sowie die Vorschläge zur Reform der Zuckermarktordnung werden weit reichende Folgen für den gesamten Agrarsektor und die ländlichen Räume haben. In diesem Zusammenhang stellen sich wichtige Fragen zur Agrarstruktur: Wohin entwickeln sich unsere Landwirtschaft und unsere ländlichen Räume? Wie können wir deren Potenzial voll ausschöpfen?

Für mich ist klar: Grundlage einer erfolgreichen Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz sind unsere qualitativ hochwertigen Agrarprodukte, die ihrem Ruf als Prämienprodukte ohne Einschränkung gerecht werden.

(Beifall bei FDP und SPD)

Hochwertige Produkte auf der Basis einer nachhaltigen und qualitätsorientierten Produktion sind für mich zugleich der beste Verbraucherschutz. Ohne Landwirtschaft können wir unsere vielfältigen Kulturlandschaften nicht erhalten.

(Beifall bei FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ohne wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Unternehmen gibt es keine nachhaltige Bewirtschaftung.

(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD)

Ländliche Räume können ohne Landwirte und Winzer ihre vielfältigen Funktionen nicht erfüllen, aber ich betone auch, die Gesellschaft kann die erwarteten Sonderleistungen der Landwirtschaft wie eine intakte Kulturlandschaft nicht zum Nulltarif haben.

Die Landesregierung wird die Landwirtschaft in ihrem schwierigen Umstrukturierungsprozess unterstützen. Dies werden wir insbesondere mit unseren erfolgreichen investiven Maßnahmen auf einzel- und überbetrieblicher Ebene, den Instrumenten der integrierten ländlichen Entwicklung sowie unseren bewährten Agrarumweltmaßnahmen einschließlich der Ausgleichszulage tun.

Wir wollen die Potenziale der Wertschöpfungskette agrarischer Produkte in Rheinland-Pfalz halten. Dies ist zugleich die Garantie dafür, dass in unseren ländlichen Räumen innovative, anspruchsvolle und hoch qualifizierte Ausbildungs- und Arbeitsplätze angeboten werden können. Mit unserem Zielentwicklungsplan ZIL, Zukunftsinitiative ländlicher Raum, sind wir sehr gut aufgestellt. Im Zeitraum von 2000 bis 2003 haben wir mit einem Bündel von Fördermaßnahmen rund 424 Mil

lionen Euro an Landes-, Bundes- und EU-Mitteln in die Landwirtschaft und den ländlichen Raum investiert.

Unsere Ziele sind richtig gesteckt. Dies belegt auch die Halbzeitbewertung. Sowohl die Schwerpunkte als auch deren finanzielle Ausstattung wurden voll bestätigt. Deshalb werden wir weiterhin die Förderung einzelbetrieblicher Investitionen, die Junglandwirteförderung, die Marktstrukturverbesserung, die ländliche Bodenordnung, die Ausgleichszulage sowie das Förderprogramm umweltschonende Landbewirtschaftung, die die Aushängeschilder unserer Förderpolitik bilden, weiter betreiben.