Protocol of the Session on June 30, 2004

Neben dieser Integration ist in vielen Bereichen das eingeflossen, was der Konvent unter Beteiligung der Länder erarbeitet hat. Ich möchte ausdrücklich denen, die daran mitgearbeitet haben – auch meinem Kollegen Erwin Teufel –, meinen Respekt bekunden für das, was sie aus Sicht der Länder in diese Arbeit mit eingebracht haben.

Meine Damen und Herren, bei der Abgrenzung von Aufgaben und Zuständigkeiten in einer Verfassung gibt es natürlich Interessen nationaler Art, die teilweise auch gegeneinander stehen. Es wäre doch ein zu idealistisches, ein unwirkliches Bild, wenn wir das nicht akzeptieren würden. Dass es Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Stimmengewichtung und anderer Dinge gab, kann man natürlich Spanien oder Polen nachempfinden, weil es für viele Völker auch um das Selbstwertgefühl geht, das sie mit solchen Daten verbinden. Dass es aber am Ende gelungen ist, mit dieser nicht einfachen, aber doch handhabbaren Formel der doppelten Mehrheit und der Mindestzahl von beteiligten Ländern, einen Weg zu finden, ist, wie ich glaube, unter dem Strich ein Erfolg.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich möchte in diesem Zusammenhang zu dem Einwand, dies sei alles sehr kompliziert, ein Wort aufnehmen, das in der Pressekonferenz Herr Bundeskanzler Gerhard Schröder den Journalisten entgegnete, die diesen Einwand gemacht haben.

Ich glaube, es ist in der Tat so, wer von uns spontan in der Lage ist, die Wirkungen und Zusammenhänge des Artikels 104 des Grundgesetzes zu deuten und auseinander zu buchstabieren, der sollte sagen, dass dies zu kompliziert geraten ist. Unsere Verfassung ist wirklich auch nicht unkompliziert. Wie könnte eine Verfassungsgrundlage für 25 bis dahin und weiterhin in weiten Bereichen eigenständige Nationen am Ende einfach daherkommen? Das ist immer ein gutes Ziel, am Schluss muss man aber die unterschiedlichen Interessen zusammenführen. Auch was die Abgrenzungen der Zuständigkeiten angeht, finde ich, sind wir ein gewaltiges Stück nach vorn gekommen.

Erlauben Sie mir, dass ich ein wenig Wasser in den Wein gieße. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir Mehrheitsentscheidungen als das große Ziel hinstellen, sollten wir nicht so tun, als hätten nicht wir Deutschen ein Interesse daran, dass es in einer Reihe von Punkten auch in Zukunft auf absehbare Zeit keine Mehrheitsentscheidungen gibt. Ich habe etwas dagegen, dass wir salbungsvolle Reden halten. Wir haben ein massives Interesse daran, dass nicht einfach Mehrheiten gegen uns gebildet werden können, die sagen, die Deutschen zahlen in dem Maß, wie sie es machen, und über bestimmte Interessen in der Verteilung der Mittel haben sie nicht mitzubestimmen, weil sie überstimmt werden. Dies wird noch auf geraume Zeit ein Thema bleiben müssen.

Wenn wir an die Frage der Abgrenzung von Förderkulissen und den Grundlagen dafür gehen, müssen wir sagen, wir haben doch auch solche Interessen. In diesem Hause haben Sie Aufträge an die Landesregierung beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass bestimmte Fördertatbestände auch in der Zukunft möglich sind. Es war

richtigerweise so; ich stehe zu den Beschlüssen. Wenn wir uns erst einmal in eine Regelung begeben, dass uns diejenigen, die ohne Zweifel meilenweit im wirtschaftlichen Niveau, das bisher erreicht ist, von uns entfernt sind, im Ministerrat dann mit Mehrheitsentscheidungen überstimmen können, dann werden wir alle auf einmal ganz schön verdutzt schauen und werden unseren Leuten sagen, dass wir es ganz so nicht gemeint haben. Also lassen wir die Kirche im Dorf.

Ich glaube, es ist für den derzeitigen Reifegrad dieser Europäischen Union mit den Mehrheitsregelungen, die gefunden worden sind, eine vernünftige Entscheidung getroffen worden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich finde, wir Deutschen können uns auch durchaus darauf berufen, dass es die Bundesrepublik Deutschland war, die am Ende den Knoten durchgeschlagen hat. Drei Mandate in Zukunft im Europäischen Parlament weniger zu haben, die dort auf die Waagschale gelegt worden sind, ist sicherlich für sich genommen nicht schön. Dass dafür aber eine Einigung unter Einbeziehung Polens, Spaniens und anderer erreicht werden konnte und damit die Gemeinschaft entscheidungsfähig gemacht worden ist, rechtfertigt aus meiner Sicht eine solche Entscheidung.

Meine Damen und Herren, die Frage der Präambel ist angesprochen worden. Frau Schmidt, manchmal verschlägt es einem wirklich die Stimme, wenn man aus allem eine parteipolitische kleine Schlängelei machen muss. Ich möchte nur noch etwas in diesem Zusammenhang in Erinnerung rufen. Wenn Sie es mir nicht glauben, dann lesen Sie die Protokolle nach. Dieses Land Rheinland-Pfalz hat gemeinsam mit allen 16 anderen Bundesländern noch in der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag vor einer Woche, also einen Tag vor der Regierungskonferenz, eine Entscheidung herbeigeführt, dass wir die Bundesregierung bitten, noch einmal bei dieser Regierungskonferenz bezüglich eines Gottesbezugs einen Vorstoß zu unternehmen. Der Bundeskanzler und der Bundesaußenminister haben sich dies ausdrücklich zu Eigen gemacht.

(Frau Schmidt, CDU: Aber nicht durchgesetzt! – Heiterkeit bei der SPD)

Aber nicht durchgesetzt! Liebe Frau Schmidt, Sie provozieren es wirklich. Ich möchte Ihnen einmal sagen, wie die Gemengelage wirklich ist. Am Samstag vor einer Woche hatte ich auf dem Katholikentag in Ulm ein Gespräch mit dem, so würden wir bei uns sagen, Vorsitzenden des Zentralverbands der Katholiken in Frankreich. In Frankreich gibt es bei den Katholiken und bei einem Teil der Bischöfe und Erzbischöfe eine völlig andere Haltung, als wir beide sie in dieser Frage einnehmen.

(Frau Schmidt, CDU: Traurig!)

Das ist so. Wie können Sie denn hingehen und sagen, Sie haben es aber nicht durchgesetzt? In Frankreich ist dies eine Verfassungstradition, die eine völlig andere ist.

Am Ende wäre es an diesem Punkt gescheitert. Hätten Sie das in Kauf genommen? Hätte ich es in Kauf genommen? Ich sage: Nein.

(Beifall bei SPD und FDP)

Gehen wir doch nicht so kleinkariert miteinander um.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich sage Ihnen dazu, wenn man über eine solche Frage redet, muss man, auch wenn man selbst christlicher Überzeugung ist und für eine solche Regelung gekämpft hat, immer wissen, dass es Leute gibt, die dies anders sehen.

Es gab einige Vorschläge, über die wir schon geredet haben. Ich habe aber eine solche Regelung vertreten, weil ich glaube, dass es für diejenigen, die einen anderen persönlichen Bezug zu ihrem Leben, zur Gemeinschaft und zu den ethischen Grundlagen der Gemeinschaft haben, als dies Christen haben, es eher vertretbar gewesen wäre zu sagen, wir akzeptieren, dass eine solche Regelung in der Verfassung steht. Deshalb habe ich gesagt, man mutet anderen nicht mehr zu, als man für sich selbst nach seiner Überzeugung in Anspruch nimmt. Dass es aber am Ende nicht möglich war, sollten wir wirklich nicht zur Auseinandersetzung machen, zumal die Regelung, die in der Regierungskonferenz getroffen worden ist, durchaus das Bemühen erkennen lässt, dass die christlichen Wurzeln in diesem Europa eine deutliche Aussage in der Präambel dieser Verfassung auf ihrer Seite haben.

Ich rate es Ihnen nur, ich weiß, dass ich es Ihnen nicht vorsagen kann, ich möchte es auch nicht, aber lassen Sie uns wirklich dieses Spiel beenden. Es ist wirklich zu klein im Karo.

Meine Damen und Herren, ich möchte ein Wort zu den Interessen der Länder sagen. Es war in diesem Europa ein schwieriges Stück, in dem außer den Österreichern, in einer Variante den Belgiern und mit ganz veränderten Vorzeichen vielleicht noch den Spaniern, nur diese Länder, so etwas wie Ansätze oder einen vollen Föderalismus kennen – mit einer wirklichen Eigenstaatlichkeit der Länder allenfalls noch Österreich und wir –, in diesen Verfassungsentwurf Grundlagen hineinzuverhandeln, die den Föderalismus auch in Zukunft als einen lebendigen Teil dieses Gesamteuropas sehen. Insoweit bin ich über die Regelung, die von verschiedenen Kolleginnen und Kollegen angesprochen worden ist, sodass ich es in der Sache nicht noch einmal wiederholen muss, sehr dankbar. Es ist eine Menge erreicht worden. Ich glaube, deutlicher kann man den Gedanken der Subsidiarität in dieser Verfassung nicht verankern. Frühwarnsystem, neue Beratungen in der Kommission und über die unterschiedlichen Bereiche hinweg sind sicher eine faktische Einflussnahme durch eine solche Intervention auch auf die Parlamentsberatungen, wie intensiv immer diese in der einzelnen Frage das Ergebnis beeinflussen können. Wir wissen, teilweise ist es absolut, teilweise in abgestufter Form.

Dann gibt es die Möglichkeit, auch wenn dies nicht wirkt, sich mit dem Klageverfahren zur Wehr zu setzen. Der

Ausschuss der Regionen ist in seinen Funktionen gestärkt worden und hat seinerseits wiederum ein Überwachungsrecht, was die Subsidiaritätsregeln angeht. Ich denke, das ist vom Ansatz her schon eine ganze Menge.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte mit dem Punkt des Frühwarnsystems einen Vorschlag an Sie verbinden, besser gesagt wiederholen, weil ich ihn am 9. Juli vor einem Jahr schon einmal gemacht habe, dass wir nämlich miteinander einen Weg suchen, wie dieses Parlament in die Funktionen dieser Frühwarnsystematik eingebunden werden kann.

Der Deutsche Bundesrat muss sich mit diesen Fragen befassen, wie diese Frühwarnproblematik in der Binnenregelung auf den Weg gebracht werden kann. Wir müssen uns letztendlich noch entscheiden, wie und unter welchen Umständen mit welchen Mehrheiten – ich glaube, mit einfachen Mehrheiten, das ist mein Wille, aber das wird man noch regeln müssen – die zweite Kammer wird entscheiden können, dass von der Klage Gebrauch gemacht wird. Wie wollen wir uns als Kammer positionieren, um diese Frühwarnsystematik auszulösen?

Herr Präsident, an der Stelle, an der dieses Land tangiert ist, schlage ich Ihnen vor, dass wir eine kleine Arbeitsgruppe ins Leben rufen, sobald der Bundesrat so weit ist. So wie wir es in anderen Fragen getan haben, können wir eine Beteiligungsform vorlegen, sodass sich das Parlament und die Landesregierung im Einvernehmen oder durch ihre einzelnen Initiativen in diese neue europäische Möglichkeit einklinken können.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir ein Wort zum weiteren Verfahren. Im Zeitraum bis September wird eine sprachlich-juristische Überarbeitung der Texte vorgenommen. Wir gehen davon aus, dass im Zeitraum von Oktober bis November dieses Jahres die Unterzeichnung des Vertrages erfolgt. Danach beginnt die Ratifizierungsphase. Das bedeutet in Deutschland, dass wir in beiden Kammern jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit dieser Regelung zuzustimmen haben. Die Landesregierung hat sich an diesem Prozess beteiligt. Der bisherigen Debatte habe ich nichts anderes entnommen, als dass wir darauf hinarbeiten, am Ende diese Mehrheiten im Deutschen Bundesrat mit sicherzustellen.

Wir wissen, dass in anderen europäischen Staaten teilweise in der Verfassung Referenden festgelegt sind. Wir wissen, dass andere Referenden angekündigt haben. Ich sage dazu: Ich betrachte dies mit großer Sorge, ob es wirklich gelingt, diesen Prozess beispielsweise in Großbritannien auf das Erreichbare und Erreichte zu konzentrieren, oder ob sich fundamentale Positionen durchschlagen, wie sich das bei Wahlen ausgedrückt hat. Das geschah auch in anderen Ländern und bei uns auch. Ich will das nicht hoffen. Einfacher wird das sicher nicht.

Natürlich kann und darf man die Position vertreten und sagen, lasst uns ein freiwilliges Referendum in

Deutschland machen. Zu Recht ist gesagt worden, wir müssen sicherstellen, dass über das abgestimmt wird, worum es geht. Vielleicht macht es das unterschiedliche Lebensalter aus, aber dort bin ich eher skeptisch.

Ich weiß nicht, ob das mit Optimismus zu beantworten ist oder ob man nicht doch skeptisch sein muss. Sie haben selbst angesprochen, dass seitens der Union auf Bundesebene durch den stellvertretenden Vorsitzenden eine Begleitgesetzgebung verlangt worden ist. In dieser Begleitgesetzgebung soll sichergestellt sein, dass zukünftige Beitritte in diese Europäische Gemeinschaft einer Zweidrittelmehrheit in den Kammern bedürfen. Wir alle wissen, dass es weniger um Bulgarien, sondern um die Türkei geht. Ich will diese Türkeidebatte nicht hören. Wenn Sie wollen, können wir sie führen. Wir haben es schon getan. Ich will dies mit der Frage verbinden, ob Optimismus oder Skepsis bei den Volksbefragungen geboten ist. Ich wünschte es so wie sie auch. Ich wäre mir nicht sicher, ob wir wirklich nach einer emotionalisierten Debatte über den Verfassungstext und nicht über die Frage der Türkei mit ja oder nein abstimmen würden.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP – Zuruf von der SPD)

Ich lasse es so dahingestellt. Ich denke, man muss mit der notwendigen Sensibilität an die Frage herangehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich finde, bei der europäischen Entwicklung sind wir auf einem guten Weg. Wir sollten den Menschen deutlich machen, dass dieses Europa nicht das ist, was es gelegentlich zu sein scheint und worüber wir uns gelegentlich zu Recht, manchmal bzw. häufig aber zu Unrecht ärgern, nämlich ein bürokratischer Moloch. Es ist eine Chance, die uns mit diesem Verfassungsentwurf gefestigter als bisher an die Hand gegeben wird, ein Europa miteinander zu gestalten, um das uns unsere Großeltern, auch wenn sie Franzosen, Italiener oder Briten gewesen wären, beneidet hätten. Es ist eine Chance miteinander eine Zukunft zu gestalten, die dieses Europa in eine Position bringt, und zwar nicht gegen die USA und die Kräfte im pazifischen Raum, sondern gleichwertig mit ihnen an einer friedlichen Welt zu arbeiten.

(Beifall bei SPD und FDP)

Es ist ein Europa, das 60 Jahre nach dem, was man DDay nennt, eine Entscheidung herbeigeführt hat bzw. zu einer Entscheidung fähig zu sein scheint, muss man noch formulieren, bevor die Ratifizierungen abgeschlossen sind. Wir verzichten als Einzelner auf manche uns erer souveränen Rechte, weil wir wissen, dass wir für die Menschen insgesamt ein besseres Ganzes dafür erreichen können. Das geschieht mit Realismus, Grenzziehung und mit diesem Stück Vision, das in dieser Verfassung aus meiner Sicht erkennbar ist. Wenn wir einen Beitrag dazu leisten, dass diese Vision ein Stück Wirklichkeit wird, dann hätten wir unseren Teil geleistet. Wir als Landesregierung haben über diese 16 Monate Konventionsarbeit geleistet und über Wochen und Monate

danach versucht, unseren bescheidenen Beitrag zu leisten, dass aus dem Ganzen etwas Erfolgreiches werden kann.

Vielen Dank. (Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, zu den von der Geschäftsordnung noch verbliebenen zweieinhalb Minuten Redezeit addieren sich weitere zweieinhalb Minuten für die Redner der Fraktionen, sodass allen Fraktionsrednerinnen und -rednern jeweils noch fünf Minuten zur Verfügung stehen. Es spricht noch einmal Herr Abgeordneter Dr. Schiffmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte ausdrücklich an die Schlussfeststellung des Herrn Ministerpräsidenten anschließen. Mit diesem Vertrag über die Verfassung wird ein Teil der europäischen Vision Wirklichkeit. Das ist eine Vision, die unsere Väter gehabt haben. Sie haben aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs politische Konsequenzen gezogen. Diese Verfassung ist ein Schritt auf dem Weg zur Verwirklichung der Gesamtvision. Das wird nicht abschließend sein. Das wird den Prozess weiterbefördern. Das wird die Integration vertiefen.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich das von Ministerpräsident Beck erneuerte Angebot aufgreifen, dass die Landesregierung bereit ist, im innerstaatlichen Verhältnis und im inneren Verhältnis der Verfassungsorgane in Rheinland-Pfalz mit dem Landtag eine Vereinbarung über die Beteiligung des Landtags an dem Subsidiaritätsfrühwarnsystem auszuarbeiten. Ich glaube, wir sind als erstes der deutschen Länder diesen Weg gegangen. Das ist ein ganz wichtiger Schritt. Wir werden darüber zu reden haben, in welcher Form das geschehen soll, ob in einer weiteren Vereinbarung oder ob wir die Regelung in unserer Verfassung über die Beteiligung des Landtags in europapolitischen Fragen ergänzen müssen. Diese Fragen stellen sich auch in Bezug auf das Grundgesetz. Das ist die Frage der europapolitischen Mitwirkung des Bundesrates in diesem System.

Herr Abgeordneter Wiechmann, ich warne an dieser Stelle ausdrücklich davor, dass das Ratifizierungsverfahren dazu genutzt wird, um aus der Sicht des Bundestages und des Bundesrates die Bundesregierung quasi angesichts dieses historischen Projektes einer Europäischen Verfassung quasi in Geiselhaft zu nehmen, indem man Forderungen aufstellt, die so nicht umzusetzen sind. Beispielsweise ist die Forderung aus der CDU zu nennen, dass allein schon der Beschluss der europäischen Gremien über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen einer qualifizierten Mehrheitsentscheidung der deutschen Parlamente bedarf.

Das kann nicht sein. Das Projekt der Europäischen Verfassung ist so groß, dass es an diesen Fragen – wie auch, liebe Frau Kollegin Schmidt, an der Frage, ob jetzt

ein ausdrücklicher Gottesbezug in diese Verfassung aufgenommen wird – nicht scheitern darf.

Ich darf in diesem Haus aber vielleicht doch noch einmal zitieren, über was eigentlich geredet wird, was in der Präambel in der Verfassung steht, die jetzt zum Schluss vereinbart worden ist. Dort heißt es „schöpfend aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen, Demokratie, Gleichheit, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit, als universelle Werte entwickelt haben“. Ich glaube, das ist wirklich nicht nur konsensfähig in Europa, sondern das greift wirklich die tragenden Säulen der europäischen Werteordnung auf und setzt auch ethische Maßstäbe für die Entwicklung.

Ein letzter Punkt: Auch hier ist wieder die Frage eines Referendums angesprochen worden. Ich habe hier den Text der Verfassung, wie er vom Konvent vereinbart worden ist, plus das, was jetzt auf der Regierungskonferenz in Brüssel ergänzend und ändernd beschlossen worden ist. Über welchen Teil dieses komplizierten Werkes mit so vielen Dimensionen, über die hier diskutiert worden ist, wollen Sie eine Abstimmung machen? Ich halte es in dieser Situation schon für gefährlich, dass beispielsweise in Großbritannien angesichts der dortigen Stimmung jetzt aus innenpolitischen Gründen ein Referendum angesetzt worden ist.