Ich spreche nicht von dem Fall, sondern von einem Ende des Moratoriums, das seit 1998 bestand. Man muss es nicht so negativ besetzen.
Wir haben uns im Plenum am 18. März 2004 sehr intensiv mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Verbraucherschutz durch Verzicht auf gentechnichen Einsatz“ befasst. Daraufhin haben wir erneut das Thema im Fachausschuss diskutiert.
Wir haben einstimmig beschlossen, am 15. Juni 2004 eine Anhörung durchzuführen. Ich vertrete die Auffassung, dass wir uns den Sachverstand der Experten einholen und abwarten sollten, bevor wir uns eindeutig positionieren,
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Kiltz, ich erlaube mir, Sie daran zu erinnern, wie es Frau Ebli eben schon getan hat, dass Sie eine Anhörung zur grünen Gentechnik wollten. Wir werden diese Anhörung durchführen. Wir sind uns alle darüber einig gewesen, dass es Sinn macht, erst einmal
Wir haben den Eindruck gewonnen, dass es Ihnen gar nicht mehr darum geht, im Ausschuss die Argumente zu hören, sondern dass Sie schon genau wissen, was Sie hören wollen, und schon Ihre Meinung fertig haben.
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir haben im Gegensatz zu Ihnen eine Position! Die kann man auch mit Experten diskutieren! Was ist das für eine Argumentation?)
Ich möchte Sie bitten, lassen Sie diese Panikmache gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern, dies gerade in deren Interesse.
Wir nehmen die Anhörung und die Experten ernst. Deswegen werden wir uns heute an dieser Debatte nicht beteiligen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst klarstellen, für die FDPLandtagsfraktion genießt der Verbraucherschutz absolute Priorität. Diesem müssen alle weiteren Interessen und Forderungen untergeordnet werden. Ein vorsorgender Gesundheits- und Verbraucherschutz muss für alle Beteiligten im Mittelpunkt stehen. Der Verbraucherschutz ist in Rheinland-Pfalz sehr gut organisiert und befindet sich in guten Händen.
Meine Damen und Herren, in Respekt vor dem von allen Fraktionen im Agrarausschuss beschlossenen Anhörtermin, in Respekt vor den Gutachtern und dem Informationsreichtum, der uns vorgetragen werden wird, werden wir uns von der FDP-Fraktion die notwendige Zeit lassen, bevor wir uns konkret zum Thema „Gentechnik“ äußern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße es ausdrücklich, dass sich der Landtag fraktionsübergreifend dazu bekennt, dass man mit der Komplexität grüner Gentechnik wirklich seriös umgeht und diese Fragestellungen auch in Verbindung mit einer Anhörung noch vertiefend behandelt. Gestatten Sie mir dennoch für die Landesregierung auch vor dem Hintergrund der Fragestellungen, die Frau Kiltz mit dem Antrag „Agrogentechnik: Verbraucherschutz nach dem Fall des EUMoratoriums“ aufgeworfen hat, einiges zu sagen.
Es ist richtig, das De-facto-Moratiorium der Europäischen Union bezüglich des Imports und der Zulassung des Inverkehrbringens von gentechnisch veränderten Organismen ist beendet. Wie Sie wissen, wurde kürzlich Süßmais der Sorte Bt11 von der EU-Kommission zugelassen.
Die Genehmigung gestattet dem Schweizer Agrochemieunternehmen Syngenta den Import des Bt11-Maises. Diese Maissorte enthält ein bakterielles Gen aus dem Bacillus thuringiensis und produziert ein für Insekten giftiges Protein, das so genannte Bt-Toxin. Dadurch wird die Pflanze nicht von Schädlingen wie dem Maiszünsler und dem Maiswurzelbohrer befallen; sie ist insektenres istent. Eine Zulassung für den Anbau in der EU ist beantragt, aber noch nicht erteilt worden.
Seit 1998 ist dies das erste Mal, dass in der Europäischen Union ein gentechnisch verändertes Lebensmittel zugelassen wurde.
Vor dieser Zeit sind allerdings auch schon andere gentechnisch veränderte Pflanzen in der Europäischen Union als Lebensmittel genehmigt worden, zum Beispiel Roundup Ready Sojabohnen von Monsanto oder Bt176Mais von Ciba-Geigy.
Im Rahmen des Zulassungsverfahrens in der EU werden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, unter anderem toxikologische Studien an Versuchstieren, Fütterungsstudien und Untersuchungen zur Allergenität aufgrund von Sequenzanalogien mit bekannten Allergenen.
In das Zulassungsverfahren sind neben der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit auch die nationalen Fachbehörden eingebunden und können gegebenenfalls auch Einwände vorbringen.
Im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens kam die EUKommission zu dem Schluss, dass Bt11-Mais keine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellt und mit herkömmlichem Mais vergleichbar ist. Der Landesregierung liegen keine Daten vor, die diese Bewertung infrage stellen würden.
Durch den jahrelangen Anbau und im Übrigen auch Konsum von Bt11-Mais, zum Beispiel in den Vereinigten Staaten, liegen auch schon Erfahrungen mit dieser Pflanze vor.
Im Übrigen ist der Bacillus thuringiensis, also das Bakterium, aus welchem dieses Gen stammt, auch im ökologischen Landbau als natürliches Insektizid zugelassen.
Der Vollständigkeit halber möchte ich schon anführen: Darüber hinaus sollte ein mögliches Restrisiko von GVO-Pflanzen auch im Vergleich mit durchaus ernst zu nehmenden potenziellen Gefährdungen zum Beispiel durch klassische, systemisch wirkende Pflanzenschutzmittel bewertet werden.
Die Genehmigung zum Inverkehrbringen legalisiert zwar das Verfahren des Inverkehrsbringens, ist aber natürlich keine Garantie für einen wirtschaftlichen Erfolg. Wie wir aus Umfragen wissen, ist die Akzeptanz gentechnisch veränderter Produkte bei Verbraucherinnen und Verbrauchern nur sehr gering.
In Anbetracht dieser aktuellen Frage hat sich die Firma Syngenta Seeds dahin gehend geäußert, dass sie den Bt11-Mais trotz der Zulassung derzeit nicht als Lebensmittel auf den europäischen Markt bringen möchte.
Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, die grüne Gentechnik sei zum Stillstand gekommen. Frau Kiltz, hier haben Sie Recht. Für ein halbes Dutzend anderer gentechnisch veränderter Maissorten sowie für Zuckerrüben und Sojabohnen sind Genehmigungsanträge gestellt und es ist zu erwarten, dass in naher Zukunft weitere Genehmigungen ergehen werden. Die Frage stellt sich also durchaus, wie gehen wir mit GVO-Produkten um, die auf den Markt gelangen.
Ohne auf die anderen von Ihnen angesprochenen Punkte einzugehen, will ich an dieser Stelle unterstreichen, dass wir in Deutschland ein novelliertes Gentechnikgesetz brauchen. Die Landesregierung begleitet dieses Gesetzgebungsverfahren ausgesprochen konstruktiv, zum Beispiel auch mit Änderungsanträgen im Bundesrat. Das geschieht durchaus unterstützend.
Ich will unterstreichen, dass es wünschenswert wäre, gerade wegen der Bedeutung Rechtssicherheit zu haben. Die CDU sollte dafür sorgen, dass eine Unterstützung im Bundesrat erfolgt.
Das zu Recht angesprochene Beispiel des Versuchsanbaus in den neuen Bundesländern braucht eine bessere rechtliche Grundlage. Gerade durch das Gentechnikgesetz sollen die rechtlichen Fragen geklärt werden: Wie organisieren wir Koexistenz, wie sieht in Zukunft die Haftungsfrage aus und vieles mehr? – Wir begrüßen ausdrücklich dieses Verfahren; denn wir brauchen eine Rechtssicherheit. Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung in Sachsen-Anhalt mehr Transparenz bezüglich der Anbauflächen darstellen würde. Es hat keinen Sinn, mit Intransparenz oder Geheimniskrämerei für diese Anbauformen zu werben. Es gibt auch keinen Grund zu verschweigen, dass ein solcher Versuchsanbau existiert.
Sogar die Gegner des Versuchsanbaus oder der Gentechnik müssen ein Interesse daran haben, dass wir über den Versuchsanbau Erfahrungen sammeln können, wie wir Koexistenzen verschiedener Anbauformen in Zukunft gewährleisten wollen. Das gilt für die Landwirtschaft mit konventionellem Anbau, ökologischem Anbau und Anbau von GVO-Produkten und -pflanzen.
Ich komme zurück zu dem wesentlichen Aspekt des Inverkehrbringens durch die Entscheidung der Europäischen Union.
1. Wichtig ist für uns, dass das gentechnisch veränderte Lebensmittel vor der Zulassung gründlich und wissenschaftlich fundiert geprüft wird und auf dem Markt befindliche GVO-Produkte sicher für die Verbraucher und Verbraucherinnen und unschädlich für die Umwelt sind. Ich plädiere nachdrücklich dafür, dass die Zulassung für Verbraucher und Verbraucherinnen transparenter und nachvollziehbarer auch in den Prüf- und Bewertungsverfahren gestaltet wird.
2. Die Landesregierung setzt sich seit langem dafür ein, dass durch die Kennzeichnungsregelungen die erforderliche Transparenz auf dem Markt erreicht wird. Die Rechtsgrundlagen sind geschaffen. Die Lebensmittelindustrie und der Handel haben den klaren Auftrag erhalten, Produkte aus gentechnisch veränderten Organismen deutlich und nachvollziehbar zu kennzeichnen, und zwar nicht nur Endprodukte, sondern während der gesamten Lebensmittelkette, vom Saatgut über das Erntegut, von der Lagerhalle bis auf den Ladentisch. Dabei sind die entsprechenden Angaben nicht als Warnhinweise zu verstehen. Es ist wichtig, das zu sagen. Eine umfassende Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln soll den Verbraucherinnen und den Verbrauchern die gewünschte Wahlfreiheit ermöglichen.
3. Wir nehmen die Überwachung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ernst. Der Aufwand hierfür nimmt zu. Damit hier keine falsche Gewichtung entsteht: Aus Sicht des gesundheitlichen Verbraucherschutzes sind die bisherigen klassischen Aufgaben nach wie vor von größerer, wenn nicht größter Bedeutung, zum Beispiel die Untersuchung auf Pflanzenschutzmittelrückstände oder Aflatoxine, um nur zwei Beispiele zu nennen.
An dieser Überwachung von GVO-Erzeugnissen sind in Rheinland-Pfalz mehrere Behörden wie die Gewerbeaufsicht, die Futtermittelüberwachung und die Lebensmittelüberwachung beteiligt. Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung werden seit einigen Jahren Lebensmittel in Rheinland-Pfalz auf gentechnische Veränderungen überprüft. Dabei geht es einmal um die Frage, ob und gegebenenfalls zu welchem Anteil zugelassenes gentechnisch verändertes Material in den Produkten vorhanden ist. Es muss auch überprüft werden, ob möglicherweise nicht genehmigte Lebensmittel in den Verkehr gebracht worden sind. Sie wissen, dass wir gerade Papayas aus den USA vom Markt nehmen mussten. Sie hatten in Europa keine Zulassung.
4. Wir haben die Verbraucherinformation über GVO und die neuen Regelungen verstärkt, zum Beispiel über die Presse und unsere Internetplattform. Zusammen mit der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wurde zudem eine Telefonaktion durchgeführt, bei der die Verbraucherinnen und Verbraucher die sie interessierenden Fragen zur Gentechnik im Lebensmittelbereich stellen konnten.
Meine Damen und Herren, strenge Anforderungen an die Zulassung, sorgfältige behördliche Kontrolle, Stärkung und Kompetenz der Verbraucherinnen und Verbraucher durch Information, Transparenz und Kennzeichnung sind die drei Säulen, auf die die Landesregierung jetzt und künftig setzt. Damit werden wir auch in einem stark emotional bestimmten Feld die Interessen und den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern gewährleisten. Wir wollen diese Informationen und Diskussionen sachlich gestalten und führen. Es ist und bleibt dabei auch ein Anliegen, dass Rheinland-Pfalz ein zukunftsfähiges Land bleibt, das neuen Technologien grundsätzlich aufgeschlossen gegenübersteht.