Protocol of the Session on May 27, 2004

(Beifall bei SPD und FDP)

Diese Schule für Hochbegabtenförderung/Internationale Schule ist eine hervorragende Ergänzung für den Bildungsstandort Koblenz. Vorangegangen waren intensive Gespräche mit Elterninitiativen, die darauf hingewiesen haben, dass ihre Kinder einer anderen Förderung als im herkömmlichen Schulsystem bedürfen. Nicht selten sind diese Kinder trotz ihrer hohen Begabung im herkömmlichen Schulsystem gescheitert.

Deshalb ist es besonders wichtig, dass in der Aus- und Fortbildung von Erzieherinnen und Erziehern und Lehrerinnen und Lehrern Elemente enthalten sind, die das Erkennen von Hochbegabungen möglich m achen.

Ausgehend von der Koalitionsvereinbarung ist festgelegt worden, dass als Erste die Schule für Hochbegabtenförderung/Internationale Schule am Heinrich-HeineGymnasium in Kaiserslautern ihre Arbeit aufnehmen soll. Mittlerweile ist das erste Schuljahr fast beendet.

Als zweite Schule wird das Gymnasium in MainzGonsenheim starten. Für Trier – es ist mehrfach angesprochen worden – ist der so genannte Startschuss gegeben worden.

In der Fragestunde sollten die Erfahrungen des HeinrichHeine-Gymnasiums abgefragt werden. Leider ist dies aufgrund der Zeit nicht möglich gewesen. Ich gehe davon aus, dass diese Erfahrungen insbesondere für das Gymnasium in Trier sowie für die Planung in Koblenz nützlich sein werden. Da ich der Auffassung bin, dass für einen erfolgreichen Start eine ausreichende Zeit für die Vorbereitung erforderlich ist, habe ich im Rat der Stadt Koblenz dafür gesorgt, dass mit den Vorbereitungen bereits jetzt und sehr frühzeitig begonnen wird.

(Beifall der SPD und der FDP)

Vorgestern hat sich der Koblenzer Schulträgerausschuss mit dem Thema beschäftigt und Frau WenzelStaudt – das ist die Leiterin der Schule für Hochbegabtenförderung/Internationale Schule in Kaiserslautern – zu einem Gespräch gebeten. Auch ein Vertreter der Stadt Mainz hat von den Erfahrungen in der Vorbereitung berichtet.

Daraus ist deutlich geworden, dass es einer erheblichen Vorbereitungszeit bedarf, diesen neuen Schultyp auf den Weg zu bringen. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass vom Bildungsministerium im Mai der Startschuss gegeben worden ist und die Gymnasien in Trier aufgefordert werden, eine Bewerbung und ein Konzept vorzulegen, damit der Start in Trier gelingen wird.

Wichtig ist auch, dass die Lehrerinnen und Lehrer an den Hochbegabtenschulen in einem gesonderten Verfahren ausgesucht werden. An Lehrerinnen und Lehrer, die junge Menschen mit einem IQ von 130 und mehr fordern und fördern sollen, werden andere Anforderungen als an herkömmlichen Schulen gestellt werden müssen. Andere Unterrichtsformen werden erforderlich sein. Der Lehrer wird aus der Rolle des Lehrenden stärker in die Rolle des Moderators eines Lernprozesses rücken.

(Beifall der SPD und der FDP)

Selbstverständlich wird das neue Schulsystem in Ganztagsform geführt, sodass auch externe Experten und Angebote eingebunden werden. Der wichtigste Kooperationspartner ist dabei sicher die Universität oder die Fachhochschule vor Ort. Nicht nur die gemeinsame Nutzung von Räumen, sondern auch der Besuch von Veranstaltungen und der Erwerb von Leistungsnachweisen sind gute Möglichkeiten, die Verzahnung von Schule und Hochschule zu fördern, wie sie im neuen Schulgesetz gefordert wird.

Wie auch im Ganztagsschulprogramm werden weitere Kooperationspartner folgen. Eines scheint mir besonders wichtig. Lange Zeit ist besonders in Trier darüber diskutiert worden, eine eigenständige Schule für Hochbegabtenförderung/Internationale Schule zu gründen. Ich halte die Entscheidung, diesen Schulzweig an ein bestehendes Gymnasium anzugliedern, nicht nur aus finanziellen Gründen für eine gute Lösung. So können nämlich eini

ge Angebote für Schülerinnen und Schüler der Regelklassen geöffnet werden, um so einer zu starken Isolierung des Hochbegabtenbereichs vorzubeugen.

Zielgruppe dieser Schulen sind auch Schülerinnen und Schüler mit internationalem Hintergrund, und zwar Kinder und Jugendliche, die sich mit ihren Eltern vorübergehend in Deutschland aufhalten, einen international anerkannten Schulabschluss anstreben oder über besondere Sprachkenntnisse verfügen. Ich denke, dass wir mit dieser Kombination bei den betroffenen Eltern und Elterninitiativen auf eine positive Resonanz stoßen werden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Wiechmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine hellseherischen Fähigkeiten haben mich einmal mehr nicht getäuscht. Ich habe es vorausgesagt;

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Ui!)

denn es war zu erwarten, die FDP wird jede neue, noch so kleine Lerngruppe, jeden Verwaltungsschritt und – wenn Sie mir den Ausdruck verzeihen – jeden Pups sozusagen für so genannte Hochbegabtenschulen/ Internationale Schulen zum Anlass für eine Aktuelle Stunde nehmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Schmitz und Kuhn, FDP: Das verzeihen wir nicht! – Ministerpräsident Beck: Letzteres hat nichts mit Hellseherei zu tun!)

Meine Damen und Herren, es gibt rund 10.000 hochbegabte Schülerinnen und Schüler an den Schulen in Rheinland-Pfalz. Wie schon im vergangenen Schuljahr sollen nun sage und schreibe etwas über 20, diesmal aus dem Raum Trier, in den Genuss individueller Förderung kommen, die doch eigentlich selbstverständlich allen Schülerinnen und Schülern zustehen müsste.

Meine Damen und Herren, wer dies als einen Erfolg verkaufen muss, der hat wohl sonst kein zeitgemäßes Konzept zu bieten und greift ganz tief in die bildungspolitische Mottenkiste.

Der Ausbau von Eliteschulen zeugt von einem Denken von vorgestern und nicht von bildungspolitischem Weitblick und wird vor allem den bildungspolitischen Notwendigkeiten in unserem Land in keiner Weise gerecht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kuhn, FDP: Da merkt man, wo Sie stehen!)

Meine Damen und Herren, ideologisch verbohrt und uneinsichtig wird ein Schritt der immer noch gesteigerten Auslese weiterhin beschritten, von dem selbst Expertinnen und Experten aus Ihrem Lager Ihnen strikt abraten, Herr Kollege Kuhn.

(Frau Morsblech, FDP: Vielleicht hören Sie einmal zu!)

Vor wenigen Monaten hätten die rheinland-pfälzischen Freidemokraten ihrer Referentin auf ihrem eigenen Bildungskongress, Frau Cornelia Stern von der Bertelsmann-Stiftung, richtig zuhören sollen; denn sie hat die Notwendigkeit einer individuellen Förderung für alle Kinder und Jugendlichen in den Vordergrund ihres Vortrags bei Ihrem FDP-Bildungskongress als Voraussetzung für eine adäquate Förderung hochbegabter Schülerinnen und Schüler gestellt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kuhn, FDP: Das ist doch kein Widerspruch!)

Meine Damen und Herren, individuelle und gemeinsame Förderung aller Schülerinnen und Schüler in allen Schulen statt frühzeitiger Auslese ist das Rezept des PISA-Siegers Finnland. Das bildet auch die Basis für eine breite Spitze hochqualifizierter Schulabsolventinnen und -absolventen.

Die frühzeitige Auslese, wieder einmal in Penetranz durchgeführt, führt zu mangelnder Förderung der Masse der Schülerinnen und Schüler und somit auch der Masse der hochbegabten Schülerinnen und Schüler.

(Frau Morsblech, FDP: Was ist denn hier ideologisch?)

Frau Morsblech, vor etwas mehr als zwei Monaten haben ausgerechnet in Trier die Initiatoren für eine Hochbegabtenschule nach dem Muster von Kaiserslautern im Tagungszentrum der IHK mit der Direktorin der privaten Jugenddorf-Christophorus-Schule eine sehr erfahrene und kompetente Expertin einladen, die sich seit über 20 Jahren der Förderung von Schülerinnen und Schülern mit außergewöhnlichen Fähigkeiten widmet.

Sie hat sich vehement gegen Eliteschulen und für eine Kombination von persönlicher Förderung und Integration in den normalen Unterricht ausgesprochen.

Meine Damen und Herren von der FDP, wenn Sie schon von mir keine Ratschläge annehmen, dann sollten Sie doch wenigstens auf diejenigen hören, die Sie tatsächlich auch selbst um Rat fragen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Argumente für separate Hochbegabtenschulen, Eliteschulen sind an den Haaren herbeigezogen, weil sie natürlich für alle Schülerinnen und Schüler gelten müssen und deshalb als Begründung für einige wenige Schulen für intellektuell Hochbegabte nicht nützen.

Sie sind auch zutiefst ungerecht, Frau Kollegin Morsblech. Das muss ich leider sagen. Chancengleichheit

und Chancengerechtigkeit, auch allen hochbegabten Schülerinnen und Schülern gegenüber, werden mit Füßen getreten.

(Frau Morsblech, FDP: Das ist doch völliger Unsinn!)

Meine Damen und Herren, die Einrichtung immer neuer kleinerer Einrichtungen zur Förderung einer winzigen Minderheit der hochbegabten Schülerinnen und Schüler ist kein Weg mit dem Ziel, alle hochbegabten Schülerinnen und Schüler optimal zu fördern und zu fordern.

Unsere Lehrerinnen und Lehrer sind nicht einmal dafür ausgebildet. Das wurde von allen Rednerinnen und Rednern bisher auch gesagt. Deshalb sind sie auch in der Regel noch nicht in der Lage, Hochbegabung zu diagnostizieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den regierungstragenden Fraktionen, ich würde Ihnen raten, machen Sie doch erst einmal Ihre Hausaufgaben. Befähigen Sie doch erst einmal an jeder Grundschule, oder besser noch an jeder Kindertagesstätte, wenigstens eine Lehrkraft, die Hochbegabung und besondere Leistungsfähigkeit von Kindern überhaupt frühzeitig erkennen zu können.

Dann befähigen Sie die Lehrkräfte und die Schulen, individuelle Förderstrukturen für diese Schülerinnen und Schüler aufzubauen und sie individuell an den Schulen zu fördern und zu fordern.

(Frau Morsblech, FDP: Sie hören nie zu!)

Das ist fundamental aus unserer Sicht. Dazu müssen beispielsweise aber alle Schülerinnen und Schüler befähigt werden, selbstständig und eigenverantwortlich zu lernen. Es müssen Unterrichtsstrukturen und -formen grundlegend verändert werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz braucht keine so genannten Eliteschulen an ausgewählten Standorten, sondern Rheinland-Pfalz braucht die individuelle Förderung und bestmögliche Förderung aller Schülerinnen und Schüler an allen Schulen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)