Zu Frage 1: Eine aus Anlass dieser Mündlichen Anfrage bei den Staatsanwaltschaften des Landes durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass nur der Staatsanwaltschaft Koblenz ein Fall bekannt ist, bei dem die Verhängung einer isolierten nachträglichen Sicherungsverwahrung hätte geprüft werden müssen.
Von den Justizvollzugsanstalten des Landes hat die Justizvollzugsanstalt Diez außer dem bereits von der Staatsanwaltschaft Koblenz angesprochenen Fall zwei
weitere Gefangene namhaft gemacht, wegen deren Gefährlichkeit bei der Entlassung die Frage der Verhängung einer Sicherungsverwahrung hätte aufgeworfen werden können.
Den Berichten der Staatsanwaltschaften und der Justizvollzugsanstalten ist allerdings nicht zu entnehmen, ob nach den vom Bundesverfassungsgericht durch Urteil vom 10. Februar 2004 für verfassungswidrig erklärten Gesetzen der Länder über die nachträgliche Sicherungsverwahrung oder die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Regelung in den drei genannten Fällen Sicherungsverwahrung hätte verhängt werden können. Hierzu wäre eine ausführliche Auswertung der Strafakten und Strafvollzugsakten erforderlich gewesen, die schon aus Zeitgründen nicht zu leisten war. Auch ist eine Prognose kaum möglich, zu welchem Ergebnis die einzuholenden Sachverständigengutachten gekommen wären.
Zu Frage 2: Der sowohl von der Staatsanwaltschaft Koblenz als auch von der Justizvollzugsanstalt Diez benannte Gefangene wurde am 12. Februar 2004 entlassen und durch Haftbefehl vom 28. April 2004 wegen des dringenden Verdachts, bei Koblenz eine Frau ermordet zu haben, wieder in Haft genommen.
Die beiden weiteren von der Justizvollzugsanstalt Diez angeführten Täter wurden 1999 bzw. 2002 entlassen und im gleichen beziehungsweise im darauffolgenden Jahr wieder inhaftiert. Die jeweils vom Landgericht Mainz ausgesprochene Verurteilung erfolgte wegen Vergewaltigung zu acht Jahren Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung sowie wegen sexueller Nötigung zu sechs Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung.
Zu Frage 3: Der wegen Mordverdachts wieder Inhaftierte wurde nach seiner Entlassung am 12. Februar 2004 in der Zeit vom 13. Februar 2004 bis 24. März 2004 aufgrund eines gerichtlichen Unterbringungsbeschlusses nach dem Landesgesetz für psychisch kranke Personen in der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach untergebracht. Die Unterbringung endete, weil das Gericht die gesetzlichen Voraussetzungen für nicht mehr gegeben ansah.
Schon vor der Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt Diez fand eine Besprechung von Vertretern der Kriminalinspektion Mayen mit leitenden Beamten der Justizvollzugsanstalt statt, in der die polizeilichen Maßnahmen nach einer Entlassung besprochen wurden. Ergebnis dieser Erörterung war, dass unmittelbar nach der Haftentlassung eine polizeiliche Observation erfolgte. Ferner wurde von der Polizei unter Hinterzuziehung auch von hessischen Polizeibeamten eine so genannte Gefährderansprache durchgeführt und am 24. März 2004 ein Aufenthaltsverbot gemäß § 13 Abs. 2 des Polizeiordnungsgesetzes für den Bereich der Justizvollzugsanstalt Diez sowie für den Bereich der in Hessen gelegenen Wohnung einer Bediensteten der Justizvollzugsanstalt gemäß hessischem Polizeirecht ausgesprochen.
Nach Änderung im persönlichen sozialen Umfeld stellte die Polizei die Observation wegen Fehlens entsprechender Rechtsgrundlagen ein und veranlasste am
Mit Beschluss vom 15. Januar 2004, rechtskräftig seit 28. Januar 2004, hat das Landgericht Koblenz, Strafvollstreckungskammer Diez, die Führungsaufsicht gegen den zu Entlassenden auf zwei bis fünf Jahre festgesetzt und ihn dem für seinen Wohnort hauptamtlich zuständigen Bewährungshelfer unterstellt. Es wurden die Weisungen erteilt, sich in Abständen von drei Monaten bei der Aufsichtsstelle zu melden, jeden Wechsel des Wohnorts und der Arbeitsstelle unverzüglich mitzuteilen und sich im Fall der Erwerbslosigkeit beim zuständigen Arbeitsamt als Arbeitssuchender zu melden.
Während der Unterbringung in der Rhein-MoselFachklinik Andernach kam ein Gespräch mit dem zuständigen Bewährungshelfer zustande, bei dem das Problem einer Wohnungs- und Arbeitssuche erörtert wurde. Dem Bewährungshelfer gelang es nicht, einen Aufenthalt in einer Resozialisierungseinrichtung zu vermitteln, weil der Proband nicht zustimmte oder die Einrichtung wegen dessen Persönlichkeit und Vorgeschichte Bedenken hatte. Auch die Vermittlung eines Arbeitsvertrages gemäß § 19 des Bundessozialhilfegesetzes scheiterte am fehlenden Einverständnis des Probanden.
Der letzte Versuch des Bewährungshelfers zur Kontaktaufnahme erfolgte am Tag der erneuten Inhaftierung.
Besondere Maßnahmen von rheinland-pfälzischen Behörden in den beiden weiteren von der Justizvollzugsanstalt Diez benannten Fällen sind nicht berichtet worden.
Zu Frage 4: Die Landesregierung geht davon aus, dass der von der Bundesregierung beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung spätestens im Herbst dieses Jahres Gesetz werden wird. Fälle, bei denen bis dahin eine Entlassung aus rheinland-pfälzischen Justizvollzugsanstalten erfolgen wird und die Verhängung nachträglicher Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, sind nicht bekannt.
Herr Minister, Sie haben den Fall „Polch“ angesprochen. Aus der Zeitung war zu entnehmen, dass noch Zweifel an der Täterschaft bestehen könnten. Welche Beweismittel gibt es, dass er es gewesen ist?
Es steht mir nicht zu, die Feststellung zu treffen, ob er der Täter war oder nicht. Das ist Sache des Gerichts.
Herr Minister, ich gehe davon aus, wenn dieser Gesetzentwurf im Herbst auf Bundesebene kommen wird, dass die Landesregierung in Rheinland-Pfalz einer solchen Regelung zustimmt, wenn eine Zustimmung nötig sein wird. Wie sehen Sie das im Verhältnis zu Ihrer Argumentation vor drei Jahren, als die CDU-Landtagsfraktion in diesem Haus genau diesen Weg hat einschlagen wollen?
Frau Kollegin, wenn ich mich richtig erinnere, haben Sie damals von mir erwartet, dass ich etwas mache, was das Land Baden-Württemberg gemacht hat. Das ist vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig angesehen worden, nämlich zunächst einmal eine Landesregelung einzuführen.
Ich habe damals darauf hingewiesen, dass die Forderung so schon erhoben worden ist. Ob das in dem Ausschuss geschehen ist, den Sie meinen, weiß ich nicht. Ihrerseits ist die Forderung schon erhoben worden, dass die Landesregierung eine landesrechtliche Regelung vorlegen sollte, die sich nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes als verfassungswidrig herausgestellt hat. Nur darauf habe ich hingewiesen.
Damals habe ich auch darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von verfassungsrechtlichen Fragen gab, die noch offen waren. Diese waren vom Bundesverfassungsgericht zu klären. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit zwei Entscheidungen getan, sodass jetzt ziemlich klar ist, wie der zu beschreitende Weg ist. Der Bundesgesetzgeber hat eine entsprechende Regelung auf den Weg zu bringen. Das ist bereits geschehen. Das befindet sich in den gesetzlichen Beratungen. Ich gehe davon aus, dass es am Schluss so sein wird, dass es zustimmungsfähig ist. Das muss dem Gang der Beratungen anheim gestellt werden.
Frau Kollegin, ich möchte darauf hinweisen, selbst wenn wir diese nachträgliche Sicherungsverwahrung einführen, erledigen wir damit das Problem nicht endgültig.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird immer sehr unvollständig zitiert und gelesen. Das Bundesverfassungsgericht gibt auf, bei diesen Sicherungsverwahrungen bis zum Schluss immer wieder Resozialisierungsmaßnahmen durchzuführen und alle zwei Jahre zu überprüfen, ob eine Haftentlassung infrage kommt oder nicht. Mit der Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung allein ist das Problem nicht gelöst. So wird es immer gern dargestellt.
Wären Sie so nett und würden sich erinnern, dass wir damals ein zweistufiges Verfahren durchgeführt haben. Wir haben zunächst verlangt, dass sich die Landesregierung der Bundesratsinitiative von Hessen und BadenWürttemberg zur Einführung einer Regelung im Strafgesetzbuch anschließt. Als das nicht zu erwarten war, haben wir gesagt, hilfsweise zum Schutz der Bevölkerung vor solchen Straftätern, wie wir sie in der Problematik heute haben, wollen wir, dass das Land eine eigene Regelung im Polizeigesetz vorsieht.
Frau Kollegin, es mag so sein. Damals machte eine Bundesratsinitiative keinen Sinn, weil klar war, dass im Bundestag keine entsprechende Mehrheit zur Verfügung stehen würde. Alle haben auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gewartet. Es war bekannt, dass das Bundesverfassungsgericht gezwungen sein wird, entsprechende Entscheidungen zu treffen, da ein Verfahren anhängig war. Es macht keinen Sinn, Gesetze auf den Weg zu bringen, die später vom Bundesverfassungsgericht gegebenenfalls kassiert werden.
Insoweit ist jetzt eine Änderung eingetreten. Die Rechtslage ist klar. Daraufhin hat die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Es macht keinen Sinn, im Bundesrat eine Initiative zu starten, von der ich von vornherein weiß, dass dafür keine Mehrheit im Bundestag vorhanden ist.
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Es gibt noch andere Sachen, die keinen Sinn machen, das kann ich Ihnen sagen!)
Dann frage ich Sie einmal, wie fühlen Sie sich vor dem aktuellen Hintergrund und der damaligen Diskussion?
(Zuruf von der SPD: Jetzt kommen wir zur Sache! – Dr. Weiland, CDU: Das wird auch Zeit! Diese Polemik und diese Spitzfindigkeit! – Beifall bei der CDU – Glocke des Präsidenten – Dr. Weiland, CDU: Ich glaube, es geht los!)
Sehr geehrte Frau Kollegin, wenn in einem Rechtsstaat Gesetzgebung stattfinden muss, dann muss sie sorgfältig überlegt und durchgeführt werden. Der vorgekommene Einzelfall ist tragisch.
Es entbindet mich aber nicht von der Verpflichtung, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens das Erforderliche zu tun.
So ist es mir nicht möglich, etwas Verfassungswidriges zu tun, um so etwas zu verhindern, wie Sie es verlangt haben. Das geht nicht.
(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist spitzfindig, das ist Polemik! – Hartloff, SPD: Schade, dass wir einen Rechtsstaat haben! – Weitere Zurufe von der SPD und der CDU)
Herr Minister, Ihnen ist sicher bekannt, dass auf Bundesebene Gesetzesinitiativen im Jahr 2001 von der CDU/CSU-Fraktion initiiert worden sind. Wie stehen Sie dazu, dass die damals im Bundestag alle abgelehnt