Protocol of the Session on April 28, 2004

Warten Sie einmal ab, wenn Herr Dr. Braun gleich redet, was der davon halten würde, wenn wir nur halbwegs das umsetzen würden, was Sie vorgelegt haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Das ist der Punkt, den Sie auch aushalten müssen. Sie wollen es verhindern. Sie wollen Debatten. Sie hätten gern in jedem Landkreis eine Debatte.

Weil es so schön ist, zum Abschluss: Der Kreis CochemZell hofft auf das neue Landespflegegesetz. Das hat der Landrat heute Mittag gesagt.

(Jullien, CDU: Ja, so ist das! Na und? – Schmitt, CDU: Aber in welcher Form?)

Ich finde, das ist ein Schlusssatz, der passt sehr gut.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Dr. Braun.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eines muss man feststellen: Es ist natürlich kein Ruhmesblatt, wie dieses Gesetz verändert wurde und wie die Veränderung entstanden ist.

Wir wissen alle, dass es seit über einem Jahr überfällig und es natürlich keine freiwillige Leistung der Landesregierung ist, in das neue Naturschutzgesetz vorab einzugreifen und es auf den Weg zu bringen, sondern sie musste es machen. Es steht die Bestrafung durch die EU an.

Es war auf den allerletzten Drücker. Deswegen haben wir gestern noch einmal die Aussprache zur Anhörung machen müssen, damit Sie sich heute noch hinüberretten und das Gesetz verabschieden können.

So mit dem Naturschutz und dieser Problematik umzugehen, wird der Sache nicht gerecht. Da kommt der eine oder andere Fehler zustande, den die SPD nach der Anhörung in ihrem Änderungsentwurf korrigiert hat. Es waren auch Kleinigkeiten in den Korrekturen mit dabei, die nicht Ihrem Fleiß zuzuschreiben sind, sondern die Sie aus dem Umweltministerium erfahren haben.

(Zuruf von der SPD: Einsicht!)

Damit haben Sie dann im Nachhinein den einen oder anderen Fehler aus dem Umweltministerium geheilt. So machen es die Regierungsfraktionen eben.

(Hartloff, SPD: Sollte da Neid durchschimmern?)

Aber es ist kein Ruhmesblatt – ich sage Ihnen warum –, weil es den Naturschutz nicht so voranbringt, wie es die EU festgelegt hat und wie es angemessen wäre und es die Habitat-Richtlinie und die „Natura 2000“-Gebiete tatsächlich vorsehen. Das ist das große Manko an Ihrem Entwurf.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist – ich möchte das ein wenig überspitzt darstellen – nicht ein Gesetz zum Schutz der Natur, sondern ein

Gesetz zum Schutz der Landwirtschaft. Damit können Sie eigentlich zufrieden sein, Herr Schmitt.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU – Zuruf des Abg. Nink, SPD)

Es ist insofern ein Gesetz zum Schutz der Landwirtschaft, weil das Gesetz – ich sage das noch einmal klar – festlegt, dass der Naturschutz nicht die Priorität hat, sondern sich die Landwirtschaft dort, wo sie stattfindet, auch weiterentwickeln kann.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Wir haben nichts dagegen, dass die Landwirtschaft dort, wo sie stattfindet und durchaus an der Artenvielfalt und den Arten beteiligt ist, die dort vorkommen, auch weiter Bestand hat.

Wir wollen eine Bestandsgarantie für eine bäuerliche, wenn möglich natürlich auch für eine ökologische Landwirtschaft in diesen Bereichen haben.

(Creutzmann, FDP: Aber?)

Herr Creutzmann, aber Sie werden jetzt nicht argumentieren können, dass der Artenschutz durch Pestizide und Düngemitteleinsatz garantiert worden ist.

(Creutzmann, FDP: Diese alte Masche!)

Wenn Sie nun argumentieren wollen, dass auch die strukturellen Veränderungen, die im Gesetz stehen, für die Landwirtschaft freigegeben sind, und wenn dann die CDU noch will, dass auch dann entsprechend der biotechnische Fortschritt in die Freistellung hineinkommt, dass auch gentechnisch veränderte Pflanzen in sozusagen naturgeschützten Gebieten angebaut werden können, dann haben wir die EU-Vorgaben herumgedreht und pervertiert.

Das wollen wir verhindern, meine Damen und Herren. Deswegen haben wir den Antrag gestellt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es heißt wörtlich in § 22 b – ich möchte das noch einmal zitieren –: Schutzvorschriften – Verträglichkeitsprüfung, Satz 1: Veränderungen oder Störungen, die sich in den besonderen Schutzgebieten nach § 22 a Abs. 2 als erhebliche Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Erhaltungsziele auswirken können, sind unzulässig.

Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Nutzung von Grundstücken nach den Regeln der guten fachlichen Praxis auf der Grundlage der jeweilige Fachgesetzgebung widerspricht in der Regel nicht dem Schutzzweck der in den Anlagen 1 und 2 genannten Gebiete. Dies gilt auch für den mit der Nutzung verbundenen technischen Fortschritt und für strukturverbessernde Maßnahmen.

Genau das – das habe ich in der Anhörung bzw. danach in der Aussprache zur Anhörung gesagt – ist nicht EUtauglich. Genau das ist nicht das, was die EU vorschreibt. Diese schreibt vor, dass die Landwirtschaft mit gewissen Auflagen verbunden sein muss, nicht, dass die

Landwirtschaft aus den betroffenen Gebieten heraus muss, aber dass man Schutzziele festlegt und man dann, wenn die Schutzziele festgelegt sind, die Landwirtschaft genau so gestaltet, um diese Schutzziele zu erreichen.

Eine absolute Freistellung oder eine generelle Freistellung – Sie nennen das Regelvermutung; es ist schön, wenn man vermutet, dass alle ordentlich wirtschaften – sieht die EU nicht vor. Die EU sieht vor – dazu haben wir die entsprechenden Urteile –, dass man Auflagen braucht, unter denen dann gearbeitet wird.

Herr Schmitt und Frau Weinandy, Sie haben durchaus Recht. Wenn Bauern unter Auflagen arbeiten müssen und sollen, dann sollen sie auch entsprechende Entschädigungen erhalten. Da sind wir absolut d’accord mit Ihnen.

Das macht auch die Landesregierung, soweit sie sich dazu hat tragen lassen. Das macht auch die Landesregierung, dass man durchaus sagen kann, Entschädigungen fließen im Vertragsnaturschutz.

Freiwillige Lösungen sind immer besser als Anordnungen. Aber dann müssen die freiwilligen Lösungen natürlich auch greifen.

Wenn diese freiwilligen Lösungen nicht greifen – das hat die Anhörung auch erbracht; davon haben Sie noch nicht geredet, weder Herr Fuhr noch Frau Weinandy, dass auch die Naturschutzverbände zu Wort kamen –, dann müssen auch Ge- und Verbote greifen.

Das ist wichtig. Diese müssen entsprechend erlassen sein. Da nützt es nichts, wenn wir sagen, irgendwann einmal kommen die Rechtsverordnungen.

Da müssen wir stringent herangehen und die Rechtsverordnungen schnell schaffen. Soweit ich die Überlastung im Ministerium kenne, werden wir noch fünf bis zehn Jahre über Rechtsverordnungen reden. Wir müssen diese schnell schaffen, sodass wir dann auch die entsprechenden Sicherheiten in den Gebieten haben.

Wir wollen, dass dadurch der Naturschutz gewährleistet ist und endlich dieser unsägliche und unselige Diskurs zwischen Landwirten einerseits und Naturschützern andererseits aufhört und man tatsächlich zu einem Miteinander kommt.

Aber das geht nur, wenn die Priorität anerkannt ist, dass in diesen Gebieten Naturschutz absolut Vorrang hat, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können nicht auf Gebiete in der Dritten Welt, in Brasilien oder sonstwo, verweisen und sagen, die roden dort den Wald, wenn wir mit unseren eigenen Naturreserven und -ressourcen so umgehen, wie wir das machen.

Da kommt der eine und sagt, er wolle seine Fabrik erweitern. Der Nächste kommt und sagt, er wolle seinen Acker erweitern. Der Dritte sagt, er brauche noch eine kleine Landwirtschaftshalle nebenan.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Dann machen wir überall Ausnahmegenehmigungen. Nichts anderes passiert in anderen Ländern auch. Wir kritisieren das dann scharf und sagen: Schaut euch diese Länder an, die achten nicht auf die Gesetze.

Weil wir in Deutschland einen so starken Siedlungsdruck haben, müssen wir den Schutz der Natur gewährleisten. Wir wollen gewährleisten, dass eine Artenvielfalt in einem Biotopverbund stattfinden kann.

Deswegen haben wir auch beantragt, dass die Gebiete, die von Umweltverträglichkeitsprüfungen betroffen sind, nicht so groß sind, wie Sie das vorschlagen, nämlich 1,5 Hektar bzw. 3 Hektar groß, sondern – weil wir kleinflächige und kleinteilige Strukturen in Rheinland-Pfalz haben – schon bei 0,5 Hektar und bei 1 Hektar eine Umweltverträglichkeitsprüfung brauchen.

Das ist wichtig, um die Überwachung entsprechend zu gewährleisten. Wenn man bei diesem Gesetz die Überwachung nicht gewährleistet, wird es auch nicht umgesetzt werden können. Das kann ich Ihnen jetzt schon sagen. Soweit wir bisher informiert sind und soweit auch die Landesregierung zugibt, steht dann an, dass die EUKommission weiterhin und wiederum Klage erhebt. Wir können doch nicht argumentieren, wie es Staatssekretär Hering gestern im Ausschuss getan hat, wir probieren es einmal mit dieser Vorschaltnovelle. Wenn die EU sie einkassiert, müssen wir eben das Gesetz ändern. Aber wir werden sowieso in den nächsten zwei Jahren irgendwann ein neues Naturschutzgesetz auf den Weg bringen. Dies ist nicht die Art und Weise, wie man mit dieser Problematik umgehen kann. Wir sind nicht auf einem Experimentierfeld, sondern wir müssen uns auf die Ebene der rechtlichen Sicherheit begeben. Dies muss vor allen Dingen die Regierung gewährleisten. Dies ist nicht allein Sache der Opposition, sondern das muss das Umweltministerium schaffen.