Protocol of the Session on February 12, 2004

(Dr. Gölter, CDU: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

Es ist wichtig, an dieser Stelle deutlich zu machen, wie zerrissen die CDU/CSU in dieser Frage ist. Herr Pöttering plädiert dafür, die Obergrenze bei 1,24 % festzulegen, während Herr Wissmann und Herr Austermann die

Position der Bundesregierung zu Recht voll unterstützen. (Mertes, SPD: Das Wort „ramboartig“ ist nicht zu vergessen!)

Genauso unstreitig ist, dass die neuen EU-Staaten Anspruch auf unsere Unterstützung haben. Sie müssen mit Mitteln der Gemeinschaft zum wirtschaftlichen Aufbau, zur Modernisierung ihrer Infrastruktur und zur Qualifizierung ihrer Arbeitskräfte unterstützt werden.

Nur wenn bei ihnen zu Hause im eigenen Land die Bedingungen sichtbar besser werden, werden die Menschen zu Hause bleiben, auch wenn ihr Lebensstandard immer noch unter dem Lebensstandard in den hoch entwickelten Regionen in Mittel- und Westeuropa liegt. Die Kohäsionspolitik der Europäischen Union ist also das notwendige Gegenstück zu den vereinbarten maximal siebenjährigen Übergangsfristen für die Freizügigkeit der Arbeitskräfte. Gerade für Deutschland als unmittelbaren Nachbarn ist nur durch diese Einschränkung der jetzige Zeitpunkt der Erweiterung überhaupt sozial verträglich.

Daraus folgt, dass wir bereit sein müssen zu akzeptieren, dass die künftige Regional- und Strukturpolitik der Europäischen Union sich auf die ärmsten Gebiete konzentrieren muss, deren Bruttoinlandsprodukt unter 75 % des EU-Durchschnitts liegt. Für uns – darauf hat Herr Minister Bauckhage zu Recht hingewiesen – wird das bedeuten, dass die bisherigen Ziel-2-Gebiete in Zukunft weniger oder gar keine Förderung mehr bekommen werden. Das darf nicht abrupt geschehen, sondern in einem gleitenden Übergang und mit mehr eigenständigen Spielräumen bei unserer eigenen Regional- und Strukturpolitik. Die erfolgreichen Maßnahmen im Rahmen der Ziel-3-Förderung des Europäischen Sozialfonds, bei dem es um die Qualifizierung der Menschen geht, sowie die erfolgreiche grenzüberschreitende Gemeinschaftsinitiative INTERREG müssen auch in Zukunft erhalten bleiben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Abschluss kommen. Ich denke, eine Mehrheit der Bevölkerung trägt den Gedanken der Erweiterung mit und hat die Erweiterung immer begrüßt. Es gibt aber auch sehr viel Skepsis in der Bevölkerung, die es gilt abzubauen. Es gilt zu werben für die großen vor uns liegenden Anstrengungen infolge von mehr Wettbewerb und mehr Konkurrenz und für die darin liegenden Chancen. Die Zahl, die Herr Bauckhage genannt hat, springt schon ins Auge, dass der deutsche Handel mit den mittel- und osteuropäischen Staaten mittlerweile das gleiche Volumen erreicht hat wie der Handel mit den Vereinigten Staaten. Das macht die Chance der Schaffung dieses Binnenmarkts mit rund 450 Millionen Menschen gerade für die rheinland-pfälzische Wirtschaft deutlich.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist gar nicht leicht, nach diesen drei Reden auf alle zu antworten, weil sie nichts miteinander zu tun hatten. Herr Schiffmann hat dankenswerterweise einen Festvortrag gehalten, den er schon öfter in veränderter Form gehalten hat. Das hatte allerdings wenig mit dem zu tun, was Herr Bauckhage gesagt hat. Herr Bauckhage wollte darauf hinweisen, dass es durch die EUOsterweiterung große Chancen für die rheinlandpfälzische Wirtschaft gebe. Für eine Rede über die EUOsterweiterung war diese Rede aber etwas zu minimal angesetzt, weil die großen Probleme der EUOsterweiterung in der Regierungserklärung nicht dargestellt worden sind.

Die Regierungserklärung hat sich dann mit den wirtschaftlichen Abläufen in Rheinland-Pfalz befasst. Für die wirtschaftlichen Abläufe in Rheinland-Pfalz und die Chancen, die wir haben, war die Rede zumindest in Bezug auf das Zahlenmaterial und die Tatsachen, die Sie dargestellt haben, auch etwas dünn.

(Staatsminister Bauckhage: Mal sehen, ob Sie eine dickere haben!)

Deshalb will ich darauf eingehen, was ich erwartet hätte, was Sie uns im Landtag noch an neuen Fakten geben könnten, Herr Kollege Bauckhage. Bereits Mitte Juli wurde auf die Kleine Anfrage des Herrn Abgeordneten Franzmann dargestellt, dass das Baltische Büro auf dem Flughafen Hahn eröffnet worden ist und zum Osteuropazentrum ausgebaut werden soll. Wenn man sich die Antwort auf die Kleine Anfrage durchliest, weiß man auch, dass dem Baltischen Büro ungefähr 90.000 Euro pro Jahr für Sach- und Projektkosten zur Verfügung stehen und dass eine Zweifünftelstelle des gehobenen Dienstes und eine ganze Stelle für eine Sekretärin oder Schreibkraft als Mitarbeiterin vorhanden sind.

Ich hätte erwartet aufzuzählen, wo die konkrete Chance für die rheinland-pfälzische Wirtschaft liegt, wo die Defizite sind, die es natürlich in den Beitrittsländern gibt. Sie haben das kurz angedeutet. Bei den hochwertigen Lebensmitteln wird es bestimmt Schwierigkeiten geben. Da braucht man in den Beitrittsländern Unterstützung aus dem Westen, weil im Westen das Know-how vorhanden ist, das es im Osten eben noch nicht gibt.

Im gesamten Bereich des Umweltschutzes – da geht es nicht nur um die Logistik, auf die ich auch noch zu sprechen komme – braucht man auch das Know-how des Westens. Da liegen die Chancen für die mittelständische Wirtschaft von Rheinland-Pfalz. Da liegen auch die Chancen für das Handwerk. Da sind die Chancen, wenn man sie ergreifen und bündeln will, zunächst einmal angesiedelt.

Die weiteren Chancen, die in der Arbeitsmigration und im Tourismus liegen – das kommt in Ihrer Rede auch vor –, werden wahrscheinlich erst später greifen, weil der Tourismus aus den östlichen Beitrittsländern – Sie haben die Zahlen genannt, 110.000 Übernachtungen von insgesamt 21 Millionen Übernachtungen, die es in Rheinland-Pfalz gibt, soweit mir die Zahl bekannt ist –

noch keinen bedeutenden Anteil ausmacht. Das ist aber ein Anteil, der in der Zukunft steigen kann. Dazu muss aber zunächst einmal ein wirtschaftlicher Aufschwung in diesen Ländern stattfinden. Das soll in den nächsten Jahren entsprechend geschehen.

Wir haben – da hat Ihre Rede eher auf mich den Eindruck gemacht, als wäre das ein Pfeifen im finsteren Wald, nämlich so schlimm kann es gar nicht werden mit der EU-Osterweiterung – wirklich gute Chancen, weil Deutschland immer gute Chancen hat bei der Erweiterung des freien Handels, bei der Erweiterung der Möglichkeiten, deutsche Produkte tatsächlich im freien Handel zu verkaufen und auszutauschen. Die Chance sollte in Rheinland-Pfalz auf jeden Fall genutzt werden.

Da sind die entsprechenden Anstrengungen, die beispielsweise von der ISB unternommen werden müssen, noch ein wenig mehr und ein wenig genauer zu beschreiben sowie ein wenig besser zu bündeln; denn wenn ich als Unternehmer in diesen Reihen gesessen hätte und Ihre Rede gehört hätte, würde ich sagen: Nun ja, so große Chancen habe ich bei der Osterweiterung nicht. Da warte ich erst einmal ab, was sich entwickelt.

Herr Bauckhage, da müssen Sie offensiver Ihre Beratung bündeln. Da müssen Sie offensiver die Menschen ansprechen, die in den EU-Erweiterungsländern investieren wollen. Wir wissen natürlich, dass es schon sehr viele gibt, die im Moment engagiert sind. In der Wes tpfalz gibt es beispielsweise sehr starke Verbindungen nach Ungarn. Die Produktionsauslagerung – darüber hatten wir auch schon geredet – ist durchaus eine Chance, aber sie birgt auch eine Gefahr in sich. Bei der Produktionsauslagerung in der Schuhindustrie gab es beispielsweise viele Firmen, die nach Rumänien und Ungarn gegangen sind und dort investiert haben. Das hat sich zum Teil bewährt, aber zum Teil hat sich das auch nicht bewährt, weil die Produktionsabläufe schwierig zu steuern waren.

Es sind aber Chancen da. Jetzt mit der EU-Osterweiterung sind die Chancen natürlich verbessert da, weil man die Möglichkeit hat, dass man nicht mehr über strikte Grenzen, über Zollgrenzen gehen muss, da man den Gemeinsamen Markt hat. Der Gemeinsame Markt hat der Bundesrepublik Deutschland schon immer geholfen. Die Ausweitung des Gemeinsamen Markts ist sicherlich eine Sache, die Rheinland-Pfalz und der rheinland-pfälzischen Wirtschaft in der Zukunft helfen kann.

In Ihrer Rede habe ich allerdings vermisst, dass Sie noch einmal klar machen, dass es auch Risiken gibt. Das sind die Risiken, die vom Herrn Ministerpräsidenten in einem Einwurf dargestellt wurden, nämlich die Risiken des Sozialdumpings. Sie haben gesagt – das ist ein sehr starkes neoliberales Bekenntnis –, Sie wollen die größtmögliche Freiheit des Kapitals und der Arbeitsmigration erreichen.

Herr Bauckhage, das hat natürlich zur Folge, dass wir auf dem Arbeitsmarktsektor stark unter Druck geraten werden. Es wird eben sehr viele billige Arbeitskräfte geben, die Konkurrenz zu unserer sozialen Absicherung

sein werden. Da ist natürlich die Besteuerung das eine. Die sozialen Absicherungssysteme sind das andere.

Wir hoffen natürlich, dass sich das möglichst schnell angleicht. Wir wollen schließlich nicht ein Dumping haben, indem es in Deutschland das Niveau gibt, das es im Moment in den Beitrittsländern gibt. Nein, vielmehr wollen wir, dass in den Beitrittsländern ein ähnlich gutes Niveau erreicht werden kann, so wie das derzeit in der Bundesrepublik Deutschland in den westlichen Ländern zu verzeichnen ist, indem es eine soziale Absicherung gibt, dass es eine Absicherung im Fall von Krankheit, Armut gibt und dass es dann nicht dazu kommt, dass die Bundesrepublik Deutschland sozusagen Spenden in die EU-Beitrittsländer überweisen muss. Vielmehr sollten die EU-Beitrittsländer aus ihrer eigenen Kraft das Niveau erreichen, das im Moment auch im Westen erreicht wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hatten die Ziel-2-Gebiete angesprochen, also die Gebiete, die von der EU eine Förderung erhalten. In Rheinland-Pfalz ist das vor allem die Westpfalz. Es gibt einige westliche Bundesländer, die für eine größere Fläche Gelder erhalten, wie beispielsweise SchleswigHolstein. Die neuen Bundesländer erhalten ohnehin alle die Ziel-2-Förderung oder auch die Ziel-1-Förderung. Da wird es in der Diskussion schwierig sein, gleichzeitig klarzumachen, dass wir den EU-Haushalt nicht aufblähen wollen, wir aber die Gelder weiter haben wollen. Die Gelder werden zwangsläufig in die Beitrittsländer fließen müssen, weil die Beitrittsländer natürlich ein anderes wirtschaftliches Niveau haben. Dann wäre es meiner Meinung nach wichtig und richtig, wenn die Landesregierung eindeutig erklären würde, wie ihre Position ist, nämlich ob sie den EU-Haushalt aufblähen will oder ob sie ihn nicht aufblähen will, und ob sie damit einverstanden ist, dass dann, wenn wir den EU-Haushalt nicht aufblähen, die entsprechenden Förderungen zurückgefahren werden, oder ob es einen Kompromissvorschlag gibt, den die Landesregierung im Moment verfolgt. Das würde mich zumindest interessieren.

Ich will zum Schluss kommen und noch eine Bemerkung zu einem Punkt machen, der mir am Ende Ihrer Rede aufgefallen ist, der aber der Sozialdemokratie offenbar nicht so aufgefallen ist. Sie haben sich auf den 1. Mai bezogen. Der 1. Mai ist natürlich nur der Beitrittstag. Der 1. Mai als Tag der Arbeit hat nichts mit einem Ärmel hochkrempeln vonseiten der Landesregierung oder vonseiten der Unternehmen zu tun, sondern der 1. Mai ist der Tag der Rechte der arbeitenden Bevölkerung. Das von einem liberalen Minister in einen solchen Zusammenhang gestellt zu sehen, hat mich doch schon sehr gewundert.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schiffmann für eine Kurzintervention das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Braun, ich möchte nur eines klarstellen, weil aus Ihren Ausführungen herüber kam, als würden wir ab dem 1. Mai in ein völlig neues Umfeld treten. Ich will nur den letzten Punkt ansprechen, den Sie genannt haben, bei dem es um die Zukunft der EU-Regionalpolitik und damit verbunden auch um die Finanzplanung der EU ab 2007 geht.

Man muss sagen, dass bisher schon über die vergangenen Jahre hinweg und verstärkt auch im Jahr 2004 – verstärkt im ersten Halbjahr – in einem erheblichen Umfang, nämlich im Umfang von zweistelligen Milliardenbeträgen Beiträge für die Heranführung der Beitrittsstaaten an die EU im Bereich der regionalen Strukturpolitik geflossen sind. Hier ist schon über die vergangenen Jahre hinweg einiges geschehen. Dies allerdings mit dem Ergebnis, dass in vielfacher Weise die Beitrittsstaaten, die jetzt hinzukommen, nicht in der Lage waren, die Mittel, die für die regionale Strukturpolitik bereitgestellt worden sind, abzurufen. Das hatte den positiven Effekt, dass die Mittel wieder an die nationalen Haushalte zurückverteilt wurden. Selbst in der Obergrenze von 1 % ist also noch erhebliche Luft in Bezug auf diese Punkte enthalten.

Ich komme zum zweiten wichtigen Punkt. Auch die wirtschaftlichen Herausforderungen sind nicht neu. Seit knapp vier Jahren sind etwa 95 % des gesamten Handels zwischen der EU und den Beitrittsstaaten bereits liberalisiert. Hier gibt es weitgehende Gleichheiten in den Handelsbeziehungen. Sie haben einige Effekte erwähnt, die in den letzten Jahren auch in verschiedenen Bereichen der rheinland-pfälzischen Wirtschaft stattgefunden haben.

Man muss nach außen noch einmal deutlich machen, dass der 1. Mai nicht der große Bigbang ist, wo plötzlich etwas ganz Neues entsteht. Die eigentlichen Herausforderungen ab dem 1. Mai sind weniger die wirtschaftspolitischen, sondern mehr die finanz- und strukturpolitischen Herausforderungen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine vier Monate mehr, dann wächst die Europäische Union von 15 auf 25 Mitgliedstaaten. Die Osterweiterung ist der größte Sprung in der mittlerweile über 50 Jahre währenden europäischen Integrationsgeschichte. Ab dem 1. Mai rücken dann aber die wirtschaftlichen Herausforderungen in den Vordergrund. Polen, die Tschechische Republik, Ungarn, die Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Malta und

Zypern stehen ante portas. Die zehn Beitrittsländer schaffen derzeit mit einer Wirtschaftsleistung von insgesamt 433 Milliarden Euro gerade einmal ein Zwanzigstel des Bruttoinlandprodukts der aktuellen 15 europäischen Staaten.

Zwar haben die zehn neuen Beitrittsländer in puncto Lebensstandard in den vergangenen Jahren etwas aufgeholt, bliebe es allerdings bei dem bisherigen Konvergenz-Tempo, würde es allein 24 Jahre dauern, den heutigen Abstand der Beitrittsländer zu den 15 europäischen Ländern zu halbieren. Diese Zahlen machen deutlich, dass die EU-Osterweiterung Chancen für die rheinland-pfälzische Wirtschaft eröffnet.

Die FDP-Fraktion will aber auch nicht verschweigen, dass durch die EU-Osterweiterung Risiken auf die rheinland-pfälzische Wirtschaft zukommen werden. Die durchschnittlichen Arbeitskosten je Arbeitnehmer in 2002 betrugen beispielweise in Westdeutschland 26,4 Euro je Arbeitsstunde, in der Tschechischen Republik jedoch nur etwa 7 Euro und in Polen etwa 9 Euro je Arbeitnehmer. Aber auch unter Berücksichtigung der hohen Produktivität, die die westdeutsche Wirtschaft aufzuweisen hat, betrugen die Lohnstückkosten in 2001 in der Tschechischen Republik immer noch lediglich 50 % und in Polen sogar nur noch 31 % der Lohnstückkosten in Deutschland.

Ein anderes Beispiel zeigt der Mindestlohn im Baugewerbe in 2002. In Deutschland betrug er 1.667 Euro im Monat, in Mittel- und Osteuropa sind es lediglich 200 bis 400 Euro pro Monat. Diese gewaltigen Unterschiede in den Arbeitskosten zwischen Deutschland und den beitrittswilligen osteuropäischen Staaten werden noch durch den Steuerwettlauf verschärft, den die Beitrittsstaaten in den nächsten Jahren entfachen werden.

Die Fachleute des Bundesfinanzministeriums – Herr Kollege Gölter hat es schon zitiert – sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Deutschland im internationalen Vergleich seinen guten Platz im Mittelfeld verliert, wenn man in der Betrachtung nicht nur die Körperschaftsteuer, sondern auch die Gewerbesteuer berücksichtigt. Die beitretenden Staaten dürften den Steuerwettbewerb in der EU weiter verschärfen, so das Bundesfinanzministerium.

Eine Übersicht der „FAZ“ vom 2. Februar 2004, zeigt, dass in vielen Ländern, die dieses Jahr der Europäischen Union beitreten, die Steuerlast schon jetzt deutlich geringer ist (Litauen und Zypern 15 %, Lettland 19 %), und dass andere Staaten weitere Senkungen planen, und zwar Polen von 27 % auf 19 %, die Slowakei von 25 % auf 19 % und die Tschechische Republik von 31 % auf 24 % von 2006 an.

Hinzu kommen Steuerboni, die die einzelnen beitrittswilligen Staaten bereits heute gewähren. Bei einer Investitionssumme von 40 Millionen Euro und Beschäftigungsvorgaben werden beispielsweise in Ungarn die Unternehmen für bis zu zehn Jahre von der Körperschaftsteuer befreit.

Ich möchte noch zwei, drei Sätze anmerken, weil vorhin strittig diskutiert wurde. Der Druck wird sich erhöhen.

Nun haben wir allerdings eine Volkswirtschaft, die völlig andere Steuereinkommen generiert. Wir haben an unsere Infrastruktur völlig andere Anforderungen. Dies ist völlig klar.

Meine Damen und Herren, wie kann man die Unterschiede in der Unternehmensbesteuerung beseitigen? Es gibt zwei Lösungsmöglichkeiten. Wenn wir es schaffen würden, ein radikal vereinfachtes Steuers ystem mit all den Ausnahmebeseitigungen hinzubekommen, würden wir in den Steuersätzen wieder mit konkurrieren können. Wenn außereuropäische Länder in Unternehmen in Europa investieren wollen, schauen sie immer noch auf die Steuersätze und sehen nicht die Vergünstigungen, die einzelne Länder in der Steuerbermessungsgrundlage gewähren. Die Wissenschaft sagt uns, dass man niedrige indirekte Steuern, wie z. B. Ertragsteuern oder Körperschaftsteuern, dadurch kompensieren kann, wenn die Importe mit einer etwas höheren Konsumsteuer belastet werden. Ob dies erreichbar ist, will ich nicht weiter diskutieren.

Die EU-Osterweiterung und die Globalisierung werden auch in Zukunft auf die Unternehmen den Kostendruck weiter verschärfen, weil die Rohstoffe und Maschinen überall auf der Welt annähernd dasselbe kosten, die Informationen und das Know-how durch moderne Informationstechnologie zunehmend leichter übertragen werden können, die Bildung großer transnationaler Märkte – insbesondere der Europäischen Union – den Transfer von Gütern und Dienstleistungen erleichtern und die Arbeitskosten zunehmend zum entscheidenden Kosten- und Wettbewerbsfaktor werden, der nur durch eine sehr hohe Produktivität bzw. exklusives Know-how ausgeglichen werden kann.

Trotz dieser bisher aufgezeigten negativen Perspektiven gibt es für die FDP-Fraktion keinerlei Alternativen zur EU-Osterweiterung. Die Integration der osteuropäischen Staaten in die EU garantiert, dass der fast 60jährige Frieden auch in Zukunft längerfristig gesichert werden kann, was ein unschätzbares Gut für die Menschen ist, die in Europa leben. Auch haben Unters uchungen gezeigt, dass ohne die europäische Integration die Menschen auf dem alten Kontinent wirtschaftlich wesentlich schlechter dastünden.