Protocol of the Session on February 11, 2004

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade weil die Zahlen so sind, wie es Abgeordnete Frau Morsblech vorgetragen hat, ist es bedauerlich, dass wir diese Debatte nicht mit Ihnen vor 24 Jahren führen durften, Herr Abgeordneter Keller. Es wäre ein Vergnügen gewesen, Sie als Oppositionsredner in der Frage erleben zu dürfen.

Man kann dagegen sagen, was man möchte: Wir stehen heute bei 6,34 % Unterrichtsausfall an berufsbildenden Schulen. Das ist nicht schön. Es ist aber mit Sicherheit im Vergleich zu früheren Zeiten ein deutlicher Weg nach vorn.

(Beifall bei SPD und FDP – Zurufe von der CDU)

Der Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Stunde ist der, dass Sie der Landesregierung vorhalten, wir wären auf diesem Sektor konzeptionslos und es sei uns nichts eingefallen, etwas zu bewegen.

(Dr. Weiland, CDU: Völlig zu Recht! – Schmitt, CDU: Das ist so!)

Ich muss in diesem Zusammenhang darauf hinweisen: Wir haben in Deutschland rund 350 Berufe, in Rheinland-Pfalz immerhin 290 Ausbildungsberufe. Da ist sehr viel qualitativ und differenziert zu leisten. Man braucht sehr viel Fachpersonal. Es wurde eben auf die Konkurrenz mit attraktiven Stellen in der freien Wirtschaft hingewiesen. Das ist im berufsbildenden Bereich nun einmal anders als im allgemein bildenden Bereich. Weil wir aber nicht nur jammern, sondern auch etwas tun, haben wir in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, um in dieser Konkurrenzsituation auf dem Lehrerarbeitsmarkt in den berufsbildenden Schulen handlungsfähig zu sein.

1. Die Zulassung von Universitätsabsolventinnen und -absolventen ohne lehramtsbezogenen Studienabschluss zum Vorbereitungsdienst, Stichwort „Quereinstieg“, ermöglicht es, dass Universitätsabsolventen ohne lehramtsbezogenen Studienabschluss in einem Mangelfach zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden können. Seit 1. Mai 2001 sind mit zunehmender Tendenz die Hälfte bis zwei Drittel aller Referendarinnen und Referendare in Ausbildung aus diesem Personenkreis.

2. Wir haben das Seiteneinsteigerprogramm eingeführt. Danach können Universitätsabsolventen in ausgewiesenen Bedarfsfächern wie berufsbezogenes Fach und angewandte Informatik, berufsbezogenes Fach mit evangelischer oder katholischer Religion, Metalltechnik, Ernährungswissenschaften – nur im Schulbezirk Trier ist diese Möglichkeit gegeben – zu Lehrkräften ausgebildet werden.

3. Wir haben die Ausbildung von Lehrkräften für Fachpraxis verstärkt. Die Zahl der Anwärterinnen und Anwärter in der pädagogischen Ausbildung an den Studienseminaren hat sich in den Jahren von 1998 bis heute verdoppelt, von 48 auf 94.

Herr Abgeordneter Wiechmann, übrigens, wenn Sie in diesem Zusammenhang den Vorwurf erheben, wir würden die Kapazitäten nicht ausschöpfen, dann ist das ein Irrtum. Die Studienseminarkapazitäten im Bereich der berufsbildenden Schulen werden in vollem Maße eingesetzt.

(Beifall bei SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

4. Die Laufbahnverordnung wurde geändert. Danach können Fachhochschulingenieure mit Diplomprüfung in einer gewerblich-technischen oder hauswirtschaftlichnahrungstechnologischen Fachrichtung und Nachweis über Berufstätigkeit außerhalb des Schuldienstes zur pädagogischen Ausbildung zum Fachlehrer an berufsbildenden Schulen zugelassen werden.

5. Seit 1. März 2000 ist eine ausführliche Webseite zur Werbung von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen mit Ausbildungswegen unter der Internetadresse: www.berufsschullehrerwerbung.de für Rheinland-Pfalz ins Internet gestellt worden. Außerdem können bei der bundesweiten Internetwerbung www.karriere-mit

zukunft.de die Ausbildungswege in Rheinland-Pfalz aufgerufen werden.

6. Es gibt vier Einstellungstermine jährlich an den Studienseminaren.

Durch die zusätzliche Öffnung der Seminare neben dem 1. Mai und dem 1. November für Referendarinnen und Referendare wurden zwei weitere Öffnungstermine zum 1. Schultag nach den Ferien und zum 1. Februar für Anwärterinnen und Anwärter des gehobenen Dienstes und Seiteneinsteiger eingerichtet.

7. Das Lehrangebot in den Seminaren wurde umgestellt. Um den vielfältigen Anforderungen durch unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen und Zielperspektiven der auszubildenden Lehrkräfte und durch vier Einstellungstermine gerecht zu werden, wurde das Lehrangebot in den Seminaren auf Modulsystem umgestellt.

Meine Damen und Herren, in der Summe dieser sieben Maßnahmen, die wir ergriffen haben, um auf dem Lehrerarbeitsmarkt in diesem speziellen Segment der berufsbildenden Schulen konkurrenzfähig zu sein, haben wir bei den vergangenen drei Einstellungsterminen für die berufsbildenden Schulen insgesamt 199 Einstellungen getätigt, davon 94 Quereinsteiger. Das zeigt, dass diese von uns ergriffenen Maßnahmen greifen. Wenn wir sie nicht ergriffen hätten, dann wäre das zugegeben in Maßen vorhandene Problem, das in Rheinland-Pfalz genauso wie in unseren Nachbarländern vorhanden ist, stärker. Würden Sie einen Blick in die Nachbarländer werfen, dann würden Sie feststellen, dass es auch dort gelegentlich Sondermaßnahmen in ähnlicher Weise gibt, wie ich das mit diesen sieben Maßnahmen dargestellt habe. Das geschieht nirgendwo so umfassend. Wir können mit Fug und Recht sagen, dass wir in RheinlandPfalz in ganz besonderer Weise bemüht sind, auf dem Markt für die Lehrerinnen und Lehrer von berufsbildenden Schulen erfolgreich zu werben.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Mitglieder des Landtages, gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein Argument anzuführen. Wir müssen auch sehen, dass sich die Situation der berufsbildenden Schulen in den letzten Jahren dramatisch verändert hat. Sie hat sich nicht zuletzt deswegen dramatisch verändert, weil die Kapazitäten in der dualen Ausbildung deutlich zurückgegangen sind. Deswegen musste der Staat, ob er wollte oder nicht, mit beruflichen Vollzeitschulen Löcher füllen. Hätten wir nicht die Notwendigkeit, zum Beispiel Schülerinnen und Schüler an höheren Berufsfachschulen zu beschulen, dann würden wir damit einen Lehrerbedarf freisetzen, und zwar in einer Größenordnung von 8,5 % struktureller Unterrichtsausfall, der sonst entstünde. Das gilt immerhin für mehr als 6.000 Schülerinnen und Schüler. Mit anderen Worten: Allein durch diese eine Maßnahme, vollzeitschulische Bildungsgänge als Ersatz

für die duale Ausbildung wegen mangelnder Stellen, haben wir mit den höheren Berufsfachschulen in einer Größenordnung von 8,5 % die Lehrerinnen und Lehrer gebunden. Das gehört auch zur Wahrheit.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Es spricht Herr Abgeordneter Keller.

(Itzek, SPD: Schneller!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde mehrfach vorwurfsvoll von den Regierungsfraktionen moniert, dass ich immer auf den Unterrichtsausfall komme. Das liegt doch nicht an mir. Das liegt doch an Ihnen. Sie machen das Thema zum Thema, weil Sie nicht für eine gute Unterrichtsversorgung bei den berufsbildenden Schulen sorgen.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Wie war das mit der Erinnerung?)

Ich muss ehrlich sagen, Sie verhalten sich so wie ein Ochse, dem man ins Horn petzt. Sie zeigen keinerlei Wirkungen, auch heute nicht. Sie reden so nebulös darüber hinweg. Ihre Äußerungen beweisen es. Sie haben sich mit dem hohen Unterrichtsausfall abgefunden und sind fast noch ein bisschen stolz auf diese 6,3 %.

(Hartloff, SPD: Wann kommt der Inhalt?)

Dann werden Sie in Ihrer Argumentation hilflos. Leider war Herr Dr. Gölter vorhin nicht da. Sie werden zunehmend zu Politarchäologen. Das waren der Herr Staatssekretär und die Frau Morsblech. Sie kramen danach, was vor 20 oder 25 Jahren war. Das ist schon bemitleidenswert, dass Sie so argumentieren müssen. Wissen Sie, wie vielleicht die Rahmenbedingungen damals waren?

(Beifall der CDU)

Wissen Sie, dass damals die Unterrichtszeit höher war usw.?

(Zurufe von der SPD)

Da merkt man,

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Sie stehen mit dem Rücken an der Wand und haben keine Konzepte.

Schon leicht unverschämt ist es, wenn es heißt, „Wo bleiben ihre Konzepte?“ Wir haben vor einem Jahr einen Antrag auf Erhöhung gestellt und haben Haushaltsmittel bereitgestellt.

(Widerspruch bei der SPD)

Frau Brede-Hoffmann, einen Antrag auf Erhöhung der Anwärterbezüge haben Sie abgelehnt usw.

(Beifall der CDU)

Jetzt tun Sie nicht so. Wenn wir Anträge stellen, lehnen Sie sie ab. Wenn wir sie nicht stellen, kommen Sie in der nächsten Sitzung und sagen, wir hätten keine gestellt.

Herr Kollege Wiechmann hat darauf hingewiesen. Tatsache ist, dass Sie in der Vergangenheit bzw. in der Zeit, als genügend Lehrer vorhanden waren, es versäumt haben, die Lehrer einzustellen. Der strukturelle Unterrichtsausfall lag zum Beispiel schon bei über 8 % bis 9 %.

(Zuruf der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Diese Lehrer sind in andere Bundesländer oder in die freie Wirtschaft gegangen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wo sind Sie da?)

Jetzt vergießen Sie Krokodilstränen und sagen, es fehlt an Bewerbern.

(Glocke des Präsidenten)

Etwas mehr Selbstkritik wäre der Sache wirklich angetan.

Danke schön.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Itzek, SPD)