Protocol of the Session on January 21, 2004

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Geld und zum Haushalt. Natürlich ist wortreich bewiesen worden, warum wir angeblich nicht in der Lage wären, mit uns erem Geld zurechtzukommen. Wir haben 2003 rund 350 Millionen Euro weniger gehabt. Wir haben 2004 470 Millionen Euro weniger.

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Böhr hat uns im Oktober aufgefordert, ein Programm für Ausgabeneinsparungen vorzulegen. Wir haben diese Einsparungen vorgenommen. Wenn ich höre, wir würden eine Politik nach dem Motto „Allen wohl und niemand weh“ machen, ist anzumerken, natürlich ist es wahr, dass bei uns nicht tausende auf der Wiese drüben standen. Aber wir haben doch hier, und zwar allein – – –

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil Sie es so wollten!)

Ich muss sagen, wenn das ein Angebot ist, in Zukunft gemeinsam zu sparen, dann komme ich darauf zurück.

Das können Sie glauben.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was die große Partei gesagt hat, ist nun wirklich nicht hilfreich. Sie hat gesagt, sie sei vielleicht bereit, darüber zu reden, aber nicht in diesem Jahr. Damit hatte sie ein wunderbares Türchen. Sie hat bewiesen, dass sie bereit wäre, aber nicht in diesem Jahr. Damit standen wir wieder allein.

Bei der Polizei, bei der Feuerwehr und zahlreichen Einzelreformen haben wir den Leuten gesagt, dass sie einen neuen Standort wählen müssen. Das ist zum Teil lächerlich. Als ich vorhin von dem 54-jährigen Polizeibeamten hörte, dachte ich: Ui, du bist doch auch 54.

(Itzek, SPD: Nichts mehr wert!)

Du bist ein altes Eisen, eine leere Hülse und rostig. – Ich weiß nicht, ob mein Vater, der bis zu seinem 65. Lebensjahr als Schriftsetzer gearbeitet hat, schon mit 54 gesagt hat: Eigentlich hast du deinen Job gemacht. Du musstest sogar in den Krieg ziehen. – Ich weiß nicht, ob der Arbeiter in Rüsselsheim mit 54 sagen kann: Das war‘s Leute. Tschüss. Ihr findet mich demnächst auf Teneriffa – zumindest im Winter.

Diese Vorstellung vorzutragen, ist eine echte Wertevermittlung, meine Damen und Herren. Das kann man nicht anders sagen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Einleitung einer gründlichen Verwaltungsreform mit effizienteren Verwaltungsstrukturen. Dann die 250 Stellen in den Ministerien und in der Staatskanzlei. Meine Damen und Herren, wenn uns die CDU die Hand zu einem neuen öffentlichen Dienstrecht reichen würde, das uns die Beweglichkeit geben würde, die Voraussetzung zur Umsetzung der Einsparung in Höhe von 17 Millionen Euro ist, wer würde dann nein sagen?

(Ministerpräsident Beck: Herr Bischel würde das nicht überleben! – Beifall bei SPD und FDP)

Genau das habe ich mir auch aufgeschrieben. Herr Bischel hat zum Beamtenrecht schon sehr viele qualitativ gute Beiträge aus Interessensicht der Beamten abgeliefert. Das ist keine Frage, wenn es auch nicht unsere Meinung ist. Wenn der Versuch unternommen wird, den Leuten Sand in die Augen zu streuen, dann mit diesem Antrag. Ich verstehe, dass eine allgemeine Sparauflage angestrebt wird, aber 250 Stellen bei den Ministerien und der Staatskanzlei und 200 Stellen bei den nachgeordneten Behörden einzusparen, bedeutet, den Beamten zu sagen – sie werden das wohl kaum am Ferns ehen mitverfolgen können; denn sie arbeiten zurzeit –: Liebe Beamte, die CDU will 250 von euch rauswerfen – natürlich nach Recht und Ordnung. – Dann werden diese Beamten sagen: Okay, aber ich bin doch schon Berufsbeamter, und zwar schon seit meinem 27. Lebensjahr. – Dann sagen wir: Dann werfen wir die raus, die noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben, weil das sehr vernünftig ist und sozialpolitisch Sinn macht. – Bei den 200 Stellen bei den nachgeordneten Behörden wird dann das gleiche Verfahren angewandt: Wer noch kein Berufsbeamter ist, der wird auch keiner. Das entspricht dem Vorschlag der CDU.

(Beifall der SPD)

Wenn es konkret wird, wenn gesagt werden muss „Du bist es, den wir nicht mehr brauchen können“, dann schweigen Sie.

Das will ich Ihnen an einem Beispiel von Herrn Kollegen Böhr aufzeigen. Am 3. April 2003 hat er uns vorgeschlagen: „Wir werden dazu als CDU unseren Beitrag leisten, indem wir uns in den Sommermonaten dieses Jahres mit diesen Fragen im rheinland-pfälzischen Landtag etwas intensiver auseinander setzen.“ Dabei ging es um die Frage einer deutlichen Veränderung unserer Behördenstruktur und der Personalkosten. In der Plenarsitzung am 9. Oktober 2003 hat er gesagt: „Wir werden ein Konzept vorlegen.“

Meine Damen und Herren, ich gebe zu, dass meine Brille zurzeit in Reparatur ist und ich eine neue bekomme. Also bereiten Sie sich schon einmal darauf vor. Sie reicht aber immer noch zum Lesen aus. Ich habe kein Konzept gesehen. Sonst jemand? Schaut doch vielleicht jemand einmal unter den Stuhl, um zu schauen, ob es

runtergefallen ist. Das könnte doch sein. Auch nicht? Dann haben wir wohl kein Konzept, aber die mehrfache Ankündigung eines konkreten Konzepts.

(Beifall der SPD und der FDP)

So geht es nicht. Sie sagen: 250 Beamte hier, 200 Beamte dort, konkretes Konzept. – Dann sagen Sie: Nun spart einmal schön. Macht einmal etwas. – Selbst leisten Sie aber keinen Beitrag dazu. Das ist kein Stil des Umgangs miteinander.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Aber der Ihrige!)

Wir sind immer noch ganz leise selbstkritisch. Wenn ich behaupten würde, dass Sie leise selbstkritisch seien, dann wäre das der falsche Begriff. Der passt nicht zu Ihnen. Ganz bestimmt nicht.

Meine Damen und Herren, mit den in Angriff genommenen Maßnahmen haben wir an die Kommunen rund 86 Euro pro Einwohner und Jahr weitergegeben. Wir haben ihnen einen Beistandspakt gewährt, der vorhin als Vertagung bezeichnet worden ist. Natürlich ist der Beistandspakt von 1,6 Milliarden Euro die Vertagung einer Lösung. Wenn wir aber das gemacht hätten, was alle anderen Länder gemacht haben, nämlich die sofortige Abrechnung der Mindereinnahmen, dann würden wir bei einer Verteilsumme von 1,3 Milliarden Euro landen.

Meine Damen und Herren, ist das eine Verbesserung oder eine Verschlechterung der kommunalen Finanzierung? Jetzt schweigt der große Finanzexperte. Das ist nämlich die Konsequenz Ihres Handelns. Wenn der Beitragspakt schlecht ist, dann sollten Sie beantragen, ihn nicht durchzuführen. Dann rechnen wir sofort ab. Wenn dies eine Verbesserung für die Kommunen ist, dann habe ich die schönen schwarzen Haare von Herrn Jullien.

(Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: Die hätten Sie wohl gern!)

Meine Damen und Herren, ich will gar nicht bestreiten, dass das eine Vertagung ist. Wer das aber jetzt nicht macht, bereitet den Kommunen noch mehr Schwierigkeiten. Der Vorschlag, künftige Überschüsse in einem Fonds für die Kommunen zu halten, ist das einzige bundesweite Konzept zur Konsolidierung kommunaler Finanzen, das es überhaupt gibt.

(Beifall bei SPD und FDP – Jullien, CDU: Das ist eine Notlösung!)

Reformfähigkeit und Sicherheit, Modernisierung und Gerechtigkeit, Leistungsbereitschaft und Vertrauen sind die Ziele, die wir mit diesem Haushalt verfolgen. Rheinland-Pfalz sicher in seine Zukunft zu führen, treibt diese Koalition an. Mit dieser Koalition erreichen wir die Zukunft. Das ist unser Anspruch.

Herzlichen Dank.

(Anhaltend starker Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: Sie sind am Ende!)

Es spricht Frau Abgeordnete Thomas.

Meine Damen und Herren, wir beraten heute den Entwurf eines Landeshaushalts. Deswegen beginne ich meine Rede mit der Frage, was ein Haushalt, der eine Politikplanung für das nächste Jahr darstellen soll, zu Beginn dieses Jahres leisten soll. Es ist ein Jahr, das geprägt ist von einer noch nicht optimistischen wirtschaftlichen Situation, aber einer, bei der man ein paar glimmende Lichter sieht, das immer noch im Schatten einer drohenden und bedrängenden und für den einzelnen Betroffenen bedrückenden Arbeitslosigkeit steht, das nach Entscheidungen im Bund beginnt, die zum Teil gemeinsam von Bundestag und Bundesrat auf den Weg gebracht worden sind, wie zum Beispiel grundlegende Reformen am Arbeitsmarkt, von denen wir uns Impulse erhoffen, grundlegende Veränderungen in der Steuerpolitik, also einer deutlichen Entlastung von 15 Milliarden Euro in diesem Jahr von geplanten insgesamt 60 Milliarden Euro, und das von Entscheidungen geprägt ist, die Entbürokratisierungen, aber auch Subventionsabbau bringen sollen, und von Entscheidungen, die einen Beginn – ich betone es ausdrücklich – der Reform der Sozialversicherungssysteme einleiten.

Was soll also ein Landeshaushalt leisten, und was muss er leisten? Ich bin der Meinung, er darf diese Bemühungen durch die Entscheidungen, die ich eben beschrieben habe, nicht konterkarieren. Er muss das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wecken. Herr Böhr – er ist jetzt nicht anwesend –, ich finde, auch ein Haushalt und ein Politikplan für das nächste Jahr muss Mut machen, Veränderungen anzugehen und auch an Veränderungen mitzuwirken. Ein Haushaltsplan muss auch Zukunftsaufgaben angehen, er muss also die Potenziale der Menschen, die wir in Rheinland-Pfalz haben, heben, er muss Innovationen anregen, und er muss nachhaltig gestrickt sein. Das sind die Anforderungen an einen Landeshaushalt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daran werden wir das, was vorgelegt wurde, messen.

Ich habe noch einen Punkt vergessen. Den vergisst man schnell, wenn man in die Haushaltspläne dieser Landesregierung schaut. Es muss nämlich das Ziel der Konsolidierung des Haushalts weiterverfolgt werden. Man muss das Ziel verfolgen, eine generationengerechte Haushaltspolitik zu machen. Man darf den Nachfolgenden also nicht nur Schulden hinterlassen, sondern man muss ihnen auch Werte und Grundlagen hinterlassen, mit denen sie leben können.

Meine Damen und Herren, schauen wir einmal, womit dieses Jahr begann. Ich habe darüber nachgedacht, und beinahe hätte ich gesagt, es begann alles mit einer Lüge. Ganz so hart will ich das dann doch nicht sagen. Ich sage, es begann seitens der Landesregierung mit einem faulen Zauber. Das war nämlich das, was Sie uns vorgelegt haben, als Sie Ihre Änderungsvorschläge zum

Haushalt in Anpassung an die Bundesergebnisse vorgelegt haben.

Meine Damen und Herren, das war ein fauler Zauber, weil Sie verkünden wollten, wir haben ein uns selbst gestecktes Ziel, nämlich die Verfassungsgrenze mit diesem Haushalt einzuhalten, erreicht, indem Sie über die Darlehen, die Sie für die Kommunen mit einem Buchungstrick eingestellt haben, allein dieses Ziel und mit nichts anderem erreicht haben. Damit haben Sie sich selbst keinen Gefallen getan. Damit haben Sie die letzte Glaubwürdigkeit verspielt, nachdem Sie sich in Ihrem ersten Entwurf im Oktober schlechtgerechnet haben.

(Jullien, CDU: Wirtschaftliches Ungleichgewicht!)

Ich weiß noch, wie die Landesregierung damit geworben hat und gesagt hat: Wir haben den „worst case“ dargestellt, nämlich das vollständige Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform und keine Gegenkompensation. Dies kann im schlimmsten Fall dabei herauskommen. – Da haben Sie das Ergebnis schlechtgeredet. In dem, was Sie jetzt für dieses Jahr vorgelegt haben, haben Sie sich aber schöngerechnet. Das gilt sowohl für die Verfassungsgrenze als auch für die Einnahmen und Ausgaben.

Meine Damen und Herren, es liegt nicht an den Entscheidungen in Berlin, dass Sie die Kreditaufnahme, die Sie eingeplant haben, nicht nur für Investitionen, sondern auch für so genannte konsumtive Ausgaben ausgeben. Sie können also die Verfassungsgrenze nicht einhalten. Das liegt an der Grundstruktur Ihres Haushalts und an Ihrer Politik, die Sie umsetzen wollen. Genau das wollten Sie mit diesem faulen Zauber vertuschen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Mittler, Herr Beck, Sie haben vorhin, als Herr Böhr Prognosen zum Schuldenstand im Jahr 2003 und zur Neuverschuldung vorgetragen hat, mehr oder weniger laut protestiert. Ich bin der Meinung, zu einer ehrlichen Haushaltsdebatte hätte es gehört, dass Sie uns zu Beginn dieser Debatte eine Haushaltsbilanz für 2003 vorgelegt hätten und wir auf der Grundlage dessen, wie Sie 2003 gewirtschaftet haben, und auf der Grundlage der Pläne für 2004 gemeinsam in diese Debatte gestartet wären, Herr Mittler. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie diese Zahlen nachreichen und Sie all das in Euro und Cent beziffern, was Sie mit Ihren Argumentationen oder durch Zwischenrufe einbringen. Diese Haushaltsbilanz ist notwendig. Nur so wird man Ihre Politik und auch Ihre Verschuldenspolitik bewerten können.

Meine Damen und Herren, Sie haben in diesem Haushaltsplan Ihre Ausgaben wieder heruntergerechnet, und Sie haben die Einnahmen hochgerechnet. Das ist nichts Neues. Im Umfang, so wie Sie uns das vorlegen, ist das allerdings schon etwas Neues. Wir haben nach wie vor die Nebenhaushalte, Buchungstricks usw.

Zu den Luftbuchungen, die Sie so oft vorgenommen haben, kommen jetzt aber Luftspiegelungen. Ich kann auch Fata Morgana sagen. Stellen Sie sich vor, Anfang

Januar lässt der Finanzminister im regnerischen Rheinland-Pfalz eine Fata Morgana aufgehen. Er sieht Geld, wo keines ist, oder er sieht vielmehr Investitionen, wo keine sind. Das ist genau der faule Zauber, mit dem Sie sich Ihren Haushalt schöngerechnet haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)