Protocol of the Session on December 11, 2003

(Beifall der SPD und der FDP)

Als Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüße ich Mitglieder der Schüler-Union, der Jungen Union, der Frauen-Union und der Senioren-Union aus dem Stadtverband Bad Neuenahr-Ahrweiler. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Dr. Weiland.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Ministerpräsident hat die Gelegenheit genutzt, zu einigen wichtigen aktuellen Fragen der Medienpolitik Stellung zu nehmen. Insofern erleidet der Siebte Rundfunkänderungsstaatsvertrag das gleiche Schicksal, das bereits seine Vorgänger erlitten haben. Während er zur Beratung ansteht, diskutieren wir bereits die Regelungen, die zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag anstehen, insbesondere die Frage der Gebührenerhöhung und der Strukturänderungen.

Ich möchte nicht all das kommentieren, was der Herr Ministerpräsident angesprochen hat, weil die Regelungen hinsichtlich der Transparenz und der Filmförderung im Großen und Ganzen konsensfähig sind.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

So weltbewegend ist das nun auch wieder nicht.

Der Herr Ministerpräsident hat allerdings vergessen – gestatten Sie mir diese kleine Anmerkung –, auf eine Protokollerklärung hinzuweisen, die die Förderung deutschsprachiger Musik im Rundfunk fordert. Wir

müssten vielleicht einmal darüber reden, was das bedeutet und ob das nicht möglicherweise im Widerspruch zu der Forderung steht, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Rundfunkanbieter ihre Programme nicht unentwegt ausweiten sollten. Das sind aber Detailfragen.

Ich möchte einen entscheidenden Punkt ansprechen – die Transparenzvorschriften der Beteiligungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind angesprochen worden –, der in dem eher unspektakulär und unscheinbar daherkommenden Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag meines Erachtens von großer Bedeutung ist.

§ 11 befasst sich mit dem Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. In § 11 des Gesetzentwurfs und in der dazugehörigen interpretierenden Protokollerklärung findet zunächst einmal ein Begriffswechsel von der Grundversorgung hin zum Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks statt. Es gibt Leute, die an diesen Begriffswechsel große begriffsphilosophische Überlegungen und Erörterungen knüpfen. Denen möchte ich mich nicht anschließen. Ich möchte mich auch nicht der Fragestellung anschließen, ob der Begriffswechsel von der Grundversorgung hin zum Funktionsauftrag einen Wechsel von der Entfaltungsvollmacht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hin zur Beschränkungsvollmacht durch den Landesgesetzgeber bedeutet. Ich denke, wir sollten darüber nicht philosophisch und theoretisch spekulieren, sondern wir sollten uns in der praktischen Umsetzung dieses Funktionsauftrags darüber im Klaren sein, was das im Einzelnen bedeutet.

Ich halte den in § 11 enthaltenen Ansatz – jemand hat das deregulierte Selbstregulierung genannt – durchaus für begrüßenswert und für einen guten Einstieg in eine wichtige Diskussion. In Zukunft sollen ARD, ZDF und DeutschlandRadio Satzungen und Richtlinien erlassen und alle zwei Jahre – erstmals am 1. Oktober 2004 – einen Bericht über Qualität und Quantität der Angebote abgeben.

Herr Ministerpräsident, dann müssten wir uns einmal darüber unterhalten, ob das nicht genau der Einstieg in die Überlegungen ist, die Sie vorhin – wie ich finde nicht ganz zu Unrecht – kritisch bewertet haben, nämlich das Spannungsverhältnis zwischen Rundfunkfreiheit auf der einen Seite und Kontrolle von Qualität und Quantität des Angebots im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf der anderen Seite zugunsten der Kontrolle zu verschieben. Über diesen Punkt muss meines Erachtens in der praktischen Umsetzung gesprochen werden. Vielleicht bietet die Ausschussberatung eine Gelegenheit dazu.

Ich denke, die Erwartungen an das, was Definition des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, insbesondere vor dem Hintergrund der Gebührendiskussion, sind sehr groß. Der Ablauf der Diskussion wird davon abhängen, wie wir mit diesen Erwartungen von Anfang an umgehen. Ich meine, dass auch Erwartungen dabei sind, bei denen wir unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit in der Verantwortung der Politik von vornherein sagen müssen, dass diese Erwartungen nicht erfüllt werden können. Dazu gehört zum Beispiel die Erwartung, man könne durch eine einmal festgelegte

abschließende Definition die Frage des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein für alle Mal klären. Ich bin der Auffassung, dass das nicht geht. Das sollten wir uns alle von vornherein eingestehen.

Darüber hinaus gibt es die vielen Zielkonflikte und widerstrebenden Erwartungen. Zum einen gibt es die zwischen öffentlich-rechtlichem und privaten Rundfunk. Die Gebührendiskussion darf meines Erachtens nicht so geführt werden, als könne man mit ihr die momentanen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der privaten Rundfunkanbieter beseitigen. Dafür wird die Gebührendiskussion meiner Meinung nach nicht geführt.

(Vereinzelt Beifall im Hause)

Ferner gibt es das interne Spannungsverhältnis innerhalb der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und der Erwartungen, die an sie gerichtet werden. Es gibt diejenigen, die sich über die zunehmend kommerziellen Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beklagen und ARTE loben. Diese teilen sich auf in diejenigen, die ARTE loben und selbst sehen, und diejenigen, die ARTE loben, ARTE aber nicht sehen. In dieser Hinsicht sollten wir ehrlich miteinander umgehen. Es gibt diejenigen, die mehr Kulturprogramme wollen und fordern, dass die so genannten Randsportarten größere Sendeflächen erhalten – das sind lobenswerte Ziele –, in anderen Gesprächsrunden dann aber über zu geringe Quoten klagen. All das muss im Zusammenhang mit der Diskussion über die Definition des Funktionsauftrags des öffentlichrechtlichen Rundfunks auf den Tisch und vorbehaltlos diskutiert werden.

(Glocke der Präsidentin)

Ich meine, in dieser Hinsicht ist ein gutes Stück Ehrlichkeit von uns allen gefordert. Jedenfalls stehen wir am Beginn einer spannenden Diskussion, auf die ich mich freue.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei SPD und FDP)

Als Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüße ich Mitglieder des SPD-Ortsvereins Ilbesheim-Leinsweiler. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Raab.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich danke dem Herrn Ministerpräsidenten, dass er heute anlässlich der ersten Lesung des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags die Gelegenheit wahrgenommen hat, um einige grundsätzliche Sachen zur Rundfunkordnung in Deutschland aufzuzeigen; denn der

rasche Wechsel, mit dem wir vom Sechsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor eineinhalb Jahren bis zum Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag neue Regelungen diskutieren, zeigt die Veränderungen in der Medienordnung, die uns auch aufgrund der europäischen Gesetzgebung aufgegeben werden.

Unser Bundesland hat eine wichtige Rolle. Ministerpräsident Kurt Beck als Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder spielt eine wichtige Rolle in diesem Kanon, der in der letzten Zeit vielstimmiger geworden ist. Mir scheint – er hat das eben auch angeführt –, dass im Sog kurzfristiger Interessen grundgesetzlich verankerte Dinge aufs Spiel gesetzt werden. Wir, die SPD-Fraktion, begrüßen die konsequente Haltung unseres Landes.

Im Verlauf der Jahre wurden rechtsstaatliche Verfahren entwickelt, beispielsweise für die Gebührenerhöhung über die KEF, für die Kontrolle der Medienkonzentration über die KEK und jetzt mit dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag beispielsweise zum Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Wir bekennen uns zu diesen Grundsätzen und fördern auch die Weiterentwicklung des Rundfunkrechts, das mit diesem Vertrag auf den Weg gebracht wird.

Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist sicherlich eine Regelung, die sehr intensiv diskutiert worden ist. Der neu gefasste § 11 – Herr Kollege Weiland hat das eben sehr ausführlich dargestellt –, das Modell der regulierten Selbstkontrolle, ist ein wichtiger Versuch, der geeignet ist, die Online-Angebote und auch die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks EU-konform zu gestalten.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk befindet sich mehr denn je in einem Rennen zwischen Quote und Qualität, aber er muss sich, wenn er sich dem neu definierten Funktionsauftrag stellen und ihn erfüllen will, klar vom privaten Rundfunk unterscheiden. Es muss klar sein, dass bei den Online-Angeboten kein E-Commerce durch die Online-Dienste betrieben werden darf. Um Klartext zu reden: Es geht auch darum, dass eine große deutsche Parfümeriekette keine Kooperation mit einem öffentlichen Online-Dienst haben darf. Es geht auch darum, dass keine speziellen Bratpfannen vertrieben werden sollen, auch wenn Kochsendungen im öffentlichrechtlichen Fernsehen angeboten werden. Der OnlineDienst muss programmbezogen und programmbegleitend sein. Es ist Aufgabe der regulierten Selbstkontrolle, dies zu überprüfen. Wir hoffen, dass mit dieser Berichtspflicht auch ein wichtiger Schritt gegangen werden kann.

In diesem Zusammenhang begrüßt es die SPD-Fraktion, dass die öffentlich-rechtlichen Sender schon Schritte gegangen sind, bevor der Vertrag überhaupt in Kraft getreten ist. Beispielsweise haben die ARD-Anstalten in einem Positionspapier die Grenzlinien für ihre OnlineAngebote aufgezeigt. Dies ist der richtige Weg. Wir haben auch in anderen Bereichen der freiwilligen Selbstkontrolle gute Erfahrungen damit gemacht.

In Bezug auf die Inhalte legt der Rundfunkänderungsstaatsvertrag eindeutig fest, dass das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung zu dienen hat. Er hat

Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Hierin liegt eine Chance, aber auch eine Verpflichtung.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben angesprochen, dass es eine heftige Debatte um das duale Rundfunksystem gibt. Ich vermute, nicht nur der Siebte Rundfunkänderungsstaatsvertrag, sondern auch die nächsten Änderungen werden unter diesem Aspekt zu sehen sein, nämlich dass wir ursprünglich keinen privaten Rundfunk in Deutschland hatten und jetzt der private Rundfunk – man muss das so sagen – in Deutschland um das Überleben kämpft. Er hat in Deutschland große Schwierigkeiten, sich zu finanzieren. Gerade der private Rundfunk, den wir gern unterstützen würden, vor allem der lokale private Rundfunk, steht nicht gerade auf sehr stabilen Füßen.

Zunächst einmal möchte ich aber auf die Änderungen zu sprechen kommen, die vorgesehen sind, und dann vielleicht noch auf die aktuelle Diskussion eingehen. Der private Rundfunk beschwert sich natürlich darüber, dass das ZDF und die ARD Werbeeinnahmen haben. Der private Rundfunk lebt nahezu allein von den Werbeeinnahmen. Die Öffentlich-Rechtlichen dagegen haben die Gebühren und daneben noch die Werbeeinnahmen. Das ist der dauerhafte Kampf, wo im Öffentlich-Rechtlichen überhaupt noch Werbung stattfinden kann. Ich bin relativ froh, dass es viele öffentlich-rechtliche Sender gibt, die werbefrei sind. Ich nenne die dritten Programme oder auch Programme wie ARTE und SAT.1.

(Dr. Gölter, CDU: 3sat!)

Entschuldigung, 3sat und nicht Sat.1. Jetzt habe ich Sat.1 schon in den öffentlich-rechtlichen Stand erhoben und ihn von meiner Seite aus sozusagen geadelt.

Es ist meiner Meinung nach wichtig, solch qualitativ guten Rundfunk zu haben. Natürlich stört es schon ein wenig, wenn im Öffentlich-Rechtlichen auch immer wieder Sponsoring-Einblendungen kommen. Wir haben es ganz oft in den Aufsichtsgremien des privaten Rundfunks mit entsprechenden Sponsoring-Maßnahmen, Schleichwerbung usw. zu tun, was zum Teil durchaus auch im Öffentlich-Rechtlichen Einzug hält.

Die Diskussion ist also vonseiten der Privaten wohl gerechtfertigt. Die Frage ist da natürlich auch, ob und inwieweit die Öffentlich-Rechtlichen Online-Angebote anbieten können, die nicht zum Programm gehören. Ich bin der Auffassung, dass wir es von der Politik heraus in der Praxis nur sehr schwer kontrollieren können, was ein zugehöriges und was ein nicht zugehöriges OnlineAngebot zum Programm ist. Man kennt die Weiterleitungen. Wenn man den dritten Link verlassen und sich hat

weiterleiten lassen, ist man natürlich bei ganz anderen Programmen. Frau Raab, Sie haben das schon gesagt, man kann sich dann auch in dem einen oder anderen Werbeprogramm befinden. Das sollte nicht der Fall sein. Deshalb ist es richtig, dass freiwillige Maßnahmen vonseiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ergriffen werden.

Zur Kritik, die aktuell von den Ministerpräsidenten an den öffentlich-rechtlichen Sendern geübt wird, nämlich dass sie zu viele Programme anbieten, ist zunächst einmal zu sagen, dass die Ministerpräsidenten nicht zu bestimmen haben, welche Programme in den öffentlichrechtlichen Rundfunksendern laufen, sondern es gibt eine Politikferne der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender. Es gibt zwar Aufsichtsgremien, aber es gibt keinen direkten Einfluss. Einen direkten Einfluss von Ministerpräsidenten oder Ministerpräsidentinnen auf die Senderabläufe und auf die Inhalte des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks darf es auch nicht geben. Es ist uns ganz wichtig, noch einmal deutlich zu machen, dass niemand aus der Politik bestimmen darf, welche Programme laufen und welche Programme nicht laufen.

Das Einzige, was wir tun können, ist zu sagen – da bin ich auch der Meinung, dass wir in der aktuellen Diskussion unsere Bedenken äußern sollten –, dass die Gebühren nicht unendlich ausgeweitet werden können. Es muss klar sein, dass auch Öffentlich-Rechtliche sparsam sein müssen. Es muss auch klar sein, dass ÖffentlichRechtliche nicht unendlich neue Programme kreieren und im Internet nicht unendlich viele neue Internetseiten anbieten können. Wir können also nur sozusagen über die Seite der Gebührendiskussion eine Regelung erreichen.

Ich bin auch sehr dafür, dass im privaten Bereich – das ist eine Diskussion, die wir derzeit parallel führen – bei der Landesmedienanstalt gespart wird. Ich bin aber auch dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Gebührengeldern sehr sorgfältig umgeht. Die Vorschläge, die im Moment von der KEF vorliegen, müssen durchaus diskutiert werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Schiffmann für eine Kurzintervention das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Braun, ich fand Ihre Ausführungen zu den Regelungen, wie sie jetzt im Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag für die OnlineAngebote der öffentlich-rechtlichen Sender gelten sollen, schon etwas merkwürdig und auch sehr ambivalent. Es wäre meiner Meinung nach auch von Ihrer Seite an dieser Stelle sinnvoll gewesen, klar zu sagen, dass die programmbezogenen Online-Angebote einen notwendigen Bestandteil dieses Funktionsauftrags in einer Zeit darstellen – wir schreiben das Jahr 2003 –, in der es zu einer weitgehenden Konvergenz unterschiedlicher

Plattformen kommt. Es ist der falsche Weg, den Öffentlich-Rechtlichen – so wie das lange diskutiert wurde – im Grunde genommen generell diese Möglichkeit zu beschneiden.

Das hindert mich nicht daran, die Anmerkung zu machen, dass die Formulierung, wie sie im neuen § 11 Abs. 1 gewählt ist, natürlich sehr interpretationsbedürftig ist. Die Begründung ist ein notwendiger Kompromiss zwischen sehr weit auseinander gehenden Positionen der Staatskanzleien gewesen. Mit der Gleichsetzung von Druckwerken und Mediendiensten ist das keine dem Jahr 2003 und dem erreichten Stand der Angebote entsprechende Formulierung.