Protocol of the Session on December 11, 2003

sung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig an den Ausschuss überwiesen.

Ich rufe Punkt 13 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Siebten Rundfunk änderungsstaatsvertrag und zur Änderung des Landesrundfunkgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/2688 – Erste Beratung

Ich erteile Herrn Ministerpräsidenten Kurt Beck das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir leben in rundfunkpolitisch interessanten Zeiten. Ich bin froh darüber, dass es gelungen ist, in diesen nicht ganz ohne Anspannung stattfindenden Diskussionen den Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag über die Hürden der Ministerpräsidentenkonferenz zu bringen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn dies auch für das Parlament nach den entsprechenden Beratungen dann festgestellt werden könnte.

Wir haben in dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, den wir Ihnen vorlegt haben, verschiedene Elemente neu geregelt. Ich will sie in aller Kürze ansprechen.

Das ist zunächst eine Verpflichtung und eine Berechtigung der öffentlich-rechtlichen und der privaten Veranstalter von Rundfunk und Fernsehen, Filmförderung zu betreiben. Dies geschieht in enger Abstimmung mit der Bundesregierung, mit Frau Staatsministerin Weiss, und kann dazu beitragen – so unsere Hoffnung und Erwartung –, dass Impulse für die deutsche und letztendlich für die europäische Filmwirtschaft gesetzt werden können.

(Vizepräsidentin Frau Grützmacher übernimmt den Vorsitz)

Es wäre sicher für das kreative Schaffen in diesem Bereich von hohem Interesse und von hoher Bedeutung, auch was die Wertschöpfungsmöglichkeiten angeht.

Wir haben zum Zweiten eine Entlastung für private Rundfunkveranstalter und Fernsehveranstalter geschaffen – auch für die öffentlich-rechtlichen, aber es geht im Wesentlichen um die Privaten –, indem wir einen alten Rechtsstreit beseitigen werden, was nämlich die Berechnung von Werbezeiten angeht, wenn für Arzneimittel geworben wird, ob der staatlich vorgeschriebene Hinweis, dass man den Arzt oder seinen Apotheker befragen soll, auf die Werbezeit anzurechnen ist oder nicht. Wir wollen zukünftig darauf verzichten.

Es geht schließlich um einen Punkt, der für RheinlandPfalz alles andere als unbedeutend ist, nämlich die Stärkung der Regionalfenster bei privaten Veranstaltern. Sie

wissen, dass es immer wieder den Versuch gegeben hat und wohl auch in Zukunft immer wieder den Versuch geben wird, diese Angebotsteile nicht mehr verpflichtend zu machen. Wir sagen, dass wir regionale oder eigenständige Programmteile an diesen Fensterstellen haben wollen. Wer weiß, was sich auf dem Lerchenberg in diesem Umfeld abspielt und was es bedeuten würde, wenn diese Aufgabe nicht mehr erfüllt werden müsste, erkennt auch den Hinweis auf die Bedeutung für unser Land Rheinland-Pfalz.

Ich glaube auch, dass gut gemachte regionale Fenster in diesem Zusammenhang eine Bereicherung des Programms darstellen und wir insoweit gerade auch als Länder ein Interesse daran haben sollten, dass solche regional verankerte Berichterstattung stattfindet. Das gilt für Nachrichten und nachrichtenähnliche Teile, aber durchaus auch für Magazine, die ich für hoch qualitativ halte, soweit sie hier in Mainz entstehen. Ich will damit andere nicht von dieser Wertung ausschließen, aber wir können es für diesen Bereich sicher sagen.

Es geht auch um eine Regelung, die notwendig war, um Rechtsklarheit zu schaffen hinsichtlich der Zusammenarbeit der Landesmedienanstalten mit der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikationswesen und dem Bundeskartellamt. Wenn wir erfolgreich in diesem Bereich arbeiten wollen, bedarf es einer solchen Rechtsgrundlage, die die Zusammenarbeit möglich macht und sie vorgibt, um Monopolbildungen im unzulässigen Bereich im Griff behalten und womöglich dann auch ausschalten zu können.

Schließlich haben wir auch eine Regelung mit aufgenommen, die das Moratorium der Freiheit von Rundfunkund Fernsehgebühren für PCs um zwei Jahre verlängert. Das hängt damit zusammen, dass wir leider in der Endphase der Beratungen über einen neuen Gebührenmaßstab nicht erfolgreich gewesen sind, weil ein Land – das war Nordrhein Westfalen – diesen Komplex in die Gesamtbetrachtung der rundfunkpolitischen Diskussion einbezogen haben möchte. Wir wollten jedes Missverständnis vermeiden, dass dies bedeuten könnte, dass man für PCs Rundfunkgebühren bezahlen muss, und haben deshalb das bisher noch geltende Moratorium bis zum Ende des Jahres 2006 erweitert in der Hoffnung und Erwartung, dass wir bis dahin die generellen Regelungen haben und damit diese Frage ein für allemal beantwortet wird.

Zwei Bereiche sind in Rahmen dieses Gesetzes, das Ihnen vorliegt, besonders wichtig. Das ist einmal die Einräumung einer Prüfungsmöglichkeit der Rechnungshöfe auch für die Tochtergesellschaften von ZDF und DeutschlandRadio. Da waren die Zuständigkeiten bisher umstritten, wie ich jetzt einmal zurückhaltend sage. Sie wissen, dass wir in unserem Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ein solches Prüfungsrecht für den Südwestrundfunk ausdrücklich aufgenommen haben. Wir haben jetzt auch Klarheit geschaffen. Ich bin sehr dankbar, dass man seitens der Rundfunkanstalten nach entsprechendem anfänglichen Zögern mitgegangen ist. Ich glaube, dass wir auch dankbar dafür sein können, dass die Art und Weise, wie gerade der rheinland-pfälzische Rechnungshof diese Aufgaben wahrgenommen hat, auch eine Vertrauensba

sis geschaffen hat, dass dies auf eine Art und Weise geschieht, die nicht die Befürchtung oder die Besorgnis dann stützt, dass man, wenn man private Partner in solchen Kooperationen hat, wirtschaftliche Probleme oder Schwierigkeiten bekommt.

Schließlich – dies ist sicher der Schwerpunkt dieses Staatsvertrags – geht es um die Konkretisierung des Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Ich bin froh darüber, dass einer Verlockung nicht nachgegeben worden ist. Nachdem die Versuche auf der EUEbene, sehr weit in die innere Gestaltungsfreiheit der Rundfunkorganisation in Deutschland einzugreifen, eingestellt waren, hat man gesagt, dann können wir diesen Auftrag, den die Rundfunkkommission der Länder hatte, gemeinsam mit den Intendanten einen Weg zu finden, diesen Funktionsauftrag zeit- und technikgemäß neu zu formulieren, aufgeben.

Ich habe darauf bestanden, dass diese Aufgabe weitergeführt wird. Siehe da, wir haben erneut Grund, zumindest nicht ausschließen zu können, dass auf der europäischen Ebene versucht wird, auf diese Entwicklungen einzuwirken.

Aus dieser Sicht bin ich froh, dass wir diese klare Bestimmung gefunden haben. Diese Bestimmung hilft sicher auch hinsichtlich der aktuellen rundfunkpolitischen Diskussion, die entstanden ist, nachdem die Kollegen Steinbrück, Stoiber und Milbradt ein Papier vorgelegt haben, das zu Recht einige Aufmerksamkeit und Aufregung im Bereich des Rundfunks und Fernsehens hervorgerufen hat.

(Dr. Schiffmann, SPD: Aber nicht wegen der Qualität!)

Herr Kollege Dr. Schiffmann, es war eher wegen der Forschheit des Vorgehens als wegen der zu unterstellenden Qualität, was ich nicht für alle Vorschläge dort so formulieren würde, aber schon für eine Reihe.

Meine Damen und Herren, ich möchte mit Ihrer Erlaubnis die Gelegenheit nutzen, aus Sicht der rheinlandpfälzischen Landesregierung einige wenige Bemerkungen dazu zu machen, weil wir als Land nicht unmaßgeblich betroffen wären, da sich einiges, was dort vorgeschlagen ist, besonders auf uns bezieht; denn es bezieht sich besonders auf den SWR und das ZDF und seine Töchter.

Wir sollten darin einig sein, dass öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalten notwendigerweise deutlich unter Beleg stellen, sie haben erkannt, genauso wie wir entsprechend handeln mussten, dass die finanziellen Möglichkeiten unseres Gemeinwesens begrenzt sind und deshalb das Drängen auf Effizienz deutlicher gemacht werden muss, als dies in der Vergangenheit vielleicht der Fall war. Dabei will ich anerkennen, dass es durchaus sowohl bei ARD als auch beim ZDF in den letzten Jahren enorme Anstrengungen gegeben hat, um diesem Effizienzbemühen und Kostensparen Rechnung zu tragen. Aber vor dem Hintergrund dessen, was wir beispielsweise unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den Entscheidungen der letzten Monate zumu

ten mussten, muss dies auch in diesem Bereich dazu führen, dass alles noch einmal sehr sorgfältig auf den Prüfstand gestellt wird.

Es ist sicher wahr, dass man in diesem Zusammenhang auch über Strukturen nachdenken darf. Aber wir sollten es qualitativ tun und nicht nur unter Kostengesichtspunkten, wenn wir Strukturen überprüfen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Aus meiner Sicht muss dies auf das vorgelegte Papier bezogen bedeuten, ich wende mich sehr nachdrücklich dagegen, dass Begrenzungen oder gar ein Abschneiden hinsichtlich der Entwicklung in dem digitalen Bereich vorgenommen werden.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Diese digitale Entwicklung muss letztendlich maßgeblich von den Öffentlich-Rechtlichen mitgetragen werden.

Sie wissen, wir haben uns vorgenommen, dass zum Jahr 2010 im Bereich des Fernsehens von analoger auf digitale Technik umgestellt ist. Wir brauchen das Einhalten dieses Datums, weil dies nicht nur für Rundfunk und Fernsehen, sondern auch für die Industriepolitik und damit für maßgebliche Bereiche der Wirtschaftspolitik in Deutschland von großer Bedeutung ist. Dort dürfen wir nicht hinterherhinken, sondern wir müssen an der Spitze der Entwicklung mitgehen, soweit dies überhaupt noch möglich ist. Deshalb muss sich der programmliche Sektor auf solche Entwicklungen einstellen können. Da muss es um Programmbouquets, entsprechende Qualitätsmerkmale, die damit verbunden sind, usw. gehen.

Es ist sicher wahr, nicht jedes Programm, das in den letzten Jahren neu an den Markt gekommen ist, darf als sakrosankt bezeichnet werden. Es hat mich aber ein bisschen gewundert, dass ausgerechnet zwei Länder, wo man, was Hörfunkprogramme angeht, nicht gerade zurückhaltend war, nämlich Nordrhein-Westfalen und Bayern, sich bemüßigt gesehen haben, von anderen zu verlangen, dass sie auf Programme verzichten. Dass Bayern sich de facto zwei Dritte Fernsehprogramme leistet, darf bei der Gelegenheit zumindest in Erinnerung gerufen werden. Insoweit war es schon etwas verwunderlich, woher dieser Vorstoß kam.

Es können nicht alle Programme sakrosankt sein. Aber eine generelle Aussage, die in zwei Richtungen geht, erstens, Kulturprogramme kann man auch zusammenstreichen, Mozart kann man sozusagen in SchleswigHolstein, Sachsen, Rheinland-Pfalz und im Saarland in gleicher Weise von einem Sender empfangen, ist zu kurz gesprungen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Das ist aus meiner Sicht aus kulturpolitischen Gesichtspunkten deutlich zu kurz gesprungen.

Zweitens, das richtet sich so ein bisschen nach einem Motto. Herr Kollege Mertes hat mir dies von dem Mozartfilm erzählt, den er sich erneut angeschaut hat. Das Motto hieß, wenn dem König nichts mehr einfällt, dann

sagt er als Einwand, zu viele Noten. – Das ist ein bisschen zu kurz gesprungen.

Ein Weiteres ist auch nicht zu Ende überlegt. Wenn man sagt, von den 61 Programmen können 16 disponibel gestellt werden, dann würde ich gern zuerst darüber diskutieren, ob dies regionale Programme sein sollen. Dann würde ich gern darüber diskutieren, wie es in Landschaften, die es nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern durchgängig in Deutschland gibt, aussieht, wenn nur eine regionale Zeitung verfügbar ist und sozusagen das Parallelmedium, das Regionalberichterstattung bringt, der Hörfunksender, dann aus Kostengründen zur Disposition gestellt wird. Das muss in qualitativer Hinsicht miteinander diskutiert werden. Das kann man nicht nur unter dem Gesichtspunkt „so viele Sender“ miteinander diskutieren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ein weiterer Punkt bezieht sich auf den Vorschlag, ARTE und 3sat zusammenzulegen. Das hat sich mir gar nicht erschlossen. 3sat hat einen klaren Auftrag, auf der Grundlage der deutschen Sprache, schweizerische, österreichische und deutsche Kulturbeiträge zu befördern.

ARTE hat einen klaren Programmauftrag, beruhend auf einem deutsch-französischen Staatsvertrag, sich um deutsch-französische, deutsche und französische und auch um europäische Entwicklungen auf der Grundlage der Vermittlung der französischen Sprache auch nach Deutschland, und umgekehrt der deutschen Sprache nach Frankreich zu kümmern. Wie man das zusammenlegen soll, hat mir noch niemand erklärt. Ich halte diesen Vorschlag schlicht und einfach für nicht durchführbar.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ein Letztes will ich hinzufügen. Ich neige hoffentlich nicht dazu, immer gleich mit der Verfassung zu winken oder zu drohen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, und nach einem Gespräch mit Herrn Professor Grimm, dem früheren Verfassungsrichter, der Kollege von mir im Verwaltungsrat des ZDF ist, bin ich mir noch sicherer geworden, dass es zumindest ein hohes Maß an Verfassungsbedenklichkeit gibt, wenn man strukturpolitische Überlegungen, die von den Ländern als Staatsvertragsgeber angestellt werden dürfen, mit einer Gebührenerhöhung in Form eines Junktims verbindet. Das ist aus meiner Sicht nicht zulässig, weil dies eine indirekte Einflussnahme auf das Programm und die Programminhalte bedeutet.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich hoffe insoweit, dass die kritischen Punkte neben manchen Anregungen, was Effizienzbemühungen anbelangt, gern aufgenommen werden und es uns gelingt, die Diskussion zu versachlichen und auf das Machbare und Vernünftige zu konzentrieren.

Die Rundfunkkommission hat von der letzten Ministerpräsidentenkonferenz einen Auftrag erhalten.

Derzeit laufen Gespräche mit den Intendanten und den Verantwortlichen der Anstalten. Wir werden im Januar eine erste Beratung durchführen. Im Laufe des Februars wird es eine zweite Runde geben. Wir werden dann sehen, wie weit wir kommen und welche Vorschläge wir zur Ministerpräsidentenkonferenz am 25. März unterbreiten können.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn wir es im Verständnis miteinander so organisieren könnten, dass wir niemanden vor der eigenen Landtagswahl in irgendwelche Zugzwänge bringen, Entscheidungen treffen zu müssen, die vielleicht hinterher von den gleichen Leuten und den gleichen Mehrheiten ganz anders gesehen werden können. Ich hoffe, wir können uns darauf verständigen, dass ich nicht auch noch einen Druck aus diesem Hause habe, etwas Endgültiges vorzulegen, wobei es wahrscheinlich klüger wäre, erst im Herbst die endgültigen Vorschläge zu unterbreiten. Für dieses Verständnis wäre ich Ihnen dankbar.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)