Protocol of the Session on December 10, 2003

Herr Marz, die Krönung war, als Sie gesagt haben, diese Geschäfte wären Steuerhinterziehung.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ein Zitat!)

Damit bezichtigen Sie alle diese Kommunen, die solche Geschäfte abgeschlossen haben, der Steuerhinterziehung, zumindest der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Ich weise das mit allem Nachdruck zurück. Im Übrigen bedarf jedes Cross-Border-Leasing-Geschäft der Zustimmung der Kommunalaufsicht. Das haben wir das letzte Mal schon gesagt.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deswegen ist das so kompliziert! Ein Verbot wäre viel einfacher!)

Die FDP-Fraktion ist sicher, dass Geschäfte mit unkalkulierbaren Risiken von der Kommunalaufsicht gestoppt werden. Allein schon deshalb sind die aufgezeigten Horrorszenarien der GRÜNEN nicht berechtigt.

Herr Kollege Marz, hinzu kommt, dass sich die kommunale Struktur in Rheinland-Pfalz für Cross-BorderLesasing-Geschäfte überhaupt nicht anbietet. Derartige Geschäfte eignen sich für große Städte mit einem umfangreichen Kommunalvermögen. Hiervon gibt es in Rheinland-Pfalz nahezu keine. Sie haben vorhin in Ihrem Beitrag auch erwähnt, dass die meisten CrossBorder-Leasing-Geschäfte in Nordrhein Westfalen abgeschlossen wurden, wo es große Kommunen gibt.

Losgelöst von der Frage des gesetzlichen Verbots von Cross-Border-Leasing-Geschäften ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN völlig unglaubwürdig, wenn sie sich immer wieder aufs Neue als wahrer Retter der Kommunen aufspielen möchte, ohne allerdings zu realisieren, dass Forderungen nach immer neuen Reglementierungen mit dem Ruf nach Abbau von Standards, den Sie hier auch immer wieder vorbringen, nur schwerlich zu vereinbaren sind.

Herr Marz, Sie hätten fairerweise sagen müssen, dass das ganze Spiel jetzt ein Ende hat und es völlig überflüssig ist, solche Geschäfte weiter zu tätigen. Das zeigt eine Meldung der „Süddeutschen Zeitung“ vom 6. Dezember 2003. Ich zitiere mit Erlaubnis der Frau Präsidentin: „Ein umstrittenes Finanzierungsinstrument deutscher Kommunen steht möglicherweise vor dem Aus. Der US-Senat will das sogenannte Cross-BorderLeasing-Geschäft verbieten. Der zuständige Finanzausschuss hat bereits mit 19 von 21 Senatoren für eine Initiative des republikanischen Senators Chuck Grassley gestimmt. – Meine Damen und Herren, das sagt doch alles. Wir wissen natürlich, dass diese Geschäfte Geschäfte zulasten des amerikanischen Steuerzahlers waren. Frau Kollegin, das habe ich bereits das letzte Mal gesagt.

Mich wundert es, dass die Amerikaner diesen Geschäften nicht Einhalt gebieten. Deutsche Kommunen sind aber zumindest in Rheinland-Pfalz so vernünftig, dass sie solche Geschäfte nicht abschließen. Es bedarf schon gar nicht einer gesetzlichen Regelung.

Vielen Dank.

Wir lehnen natürlich den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Marz das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Creutzmann, ich dachte, wenn einer so viel wie Sie

telefoniert, dann kann er auch besser zuhören. Aber das können Sie offenbar nicht.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe eine Aussage des von Ihnen ebenfalls zitierten, aber offensichtlich bei mir nicht wahrgenommenen Republikaners Chuck Grassley zitiert und dies so gekennzeichnet. Er hat gesagt, dass es sich bei solchen Geschäften in Wirklichkeit um nichts anders als gute alte Steuerhinterziehung handelt.

(Itzek, SPD: In Amerika!)

In den Vereinigten Staaten von Amerika, selbstredend. Er hat wahrscheinlich nicht von Rheinland-Pfalz gesprochen. Ich vermute sogar, er weiß gar nicht, wo Rheinland-Pfalz liegt.

(Ministerpräsident Beck: Das ist ein großer Mangel für jeden auf der Welt!)

Herr Kollege Creutzmann, Sie haben Ihre Rede mit einer falschen Behauptung begonnen. Sie haben Ihre Rede mit einer Wiederholung beendet. Sie haben nämlich ein Zitat gebracht und Erklärungen gemacht, die ich vorhin schon abgeliefert hatte. Auch hier konnten Sie offensichtlich nicht zuhören. Ich kann nur feststellen, dass Sie auch heute nicht in der Lage waren, sich mit der Materie auch nur einigermaßen ausreichend zu befassen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kuhn, FDP: Oh je!)

Zu einer Erwiderung erteile ich Herrn Kollegen Creutzmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Marz, nehmen Sie doch endlich einmal zur Kenntnis, dass Steuergesetze, die man ausnutzt, keine Steuerhinterziehung sind. Das ist reinste Polemik.

Herr Kollege Dr. Braun kann Ihnen bestätigen, dass wir uns über Cross-Border-Leasing in Ludwigshafen unterhalten haben, als Sie das Wort noch gar nicht gekannt haben. Herr Itzek, ich glaube, Sie waren auch dabei. Wir haben das sehr seriös abgehandelt, auch die Risiken. Deswegen hat das Müllheizkraftwerk solch ein Geschäft nicht abgeschlossen. Wir waren uns alle unisono einig, dass die Risiken überwiegen. Da sehen Sie doch, dass Kommunalpolitiker in der Lage sind, solche Abwägungen vorzunehmen und entsprechend darauf zu reagieren.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich habe immer wieder, auch das letzte Mal, betont, es gibt auch noch eine Kommunalaufsicht. Diese prüft

jedes Geschäft. Ich bin überzeugt, dass diese Kommunalaufsicht in Rheinland-Pfalz mit Sicherheit Geschäften nicht zustimmen würde, die wirklich ein großes Risiko für die Kommunen bedeuten würden. Deswegen bedarf es der gesetzlichen Regelung gar nicht. Das möchte ich zum Ausdruck bringen. Damit habe ich mich auch mit der Sache auseinander gesetzt, wie die Kolleginnen und Kollegen vorher auch.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatsminister Zuber das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Marz, wenn jemand Rheinland-Pfalz nicht kennt, dann kommt er ohnedies als Kronzeuge nicht in Betracht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Aber zur Sache: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die derzeit vorliegenden Erkenntnisse und Erfahrungen mit Cross-Border-Leasing-Geschäften unter kommunaler Beteiligung einen solch gravierenden Einschnitt, wie Ihr Vorschlag vorsieht, nämlich einen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht vorzunehmen, nicht rechtfertigen. Vielmehr erscheint aus heutiger Sicht das geltende Kommunalverfassungsrecht bei konsequenter Anwendung durchaus als geeignet, eine geordnete Haushaltswirtschaft der Gemeinden und Gemeindeverbände auch im Hinblick auf Cross-BorderLeasing-Geschäfte sicherzustellen. Die Landesregierung sieht sich in dieser Einschätzung auch durch die heutige Diskussion bestätigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Vereinbarung eines Cross-Border-Leasing-Geschäfts handeln die Gemeinden und Gemeindeverbände schlicht und ergreifend in Wahrnehmung ihres Rechts auf kommunale Selbstverwaltung. Selbstverwaltung bedeutet zugleich auch Selbstverantwortung. Daraus folgt, je größer die finanziellen Auswirkungen und die potenziellen Risiken einer Entscheidung sind, umso intensiver hat die Abwägung des Für und Wider innerhalb der Gemeinde oder des Gemeindeverbandes zu erfolgen.

Die potenziellen Risiken von Cross-Border-Leasing können jedoch durch geeignete vertragliche Gestaltungen zumindest deutlich reduziert, aber wie bei anderen langfristigen Verträgen auch nicht vollkommen ausgeschlossen werden.

Es obliegt daher der jeweiligen Kommune, sorgfältig abzuwägen, ob der mit dem konkreten Cross-BorderLeasing-Geschäft erzielbare ökonomische Vorteil noch in einem angemessenen Verhältnis zu den eigenen Pflichten und Rechten steht. Dies setzt angesichts der

Komplexität entsprechender Verträge eine umfassende und unabhängige Beratung durch externen Sachverstand voraus.

Im Übrigen enthalten Cross-Border-Leasing-Verträge regelmäßig kreditähnliche sowie gewährvertragsähnliche Bestandteile, die einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung oder Ausnahmegestattung bedürfen. Bei der Prüfung möglicher Gefährdungen für die gemeindliche Haushaltswirtschaft wird von der Aufsichtsbehörde insbesondere untersucht und zu untersuchen sein:

1. Welche Risiken können der kommunalen Gebietskörperschaft aus dem Geschäft erwachsen?

2. Wurden die Risiken sorgfältig analysiert, transparent gemacht und abgewogen?

3. Sind die Risiken nach Höhe und Eintrittswahrscheinlichkeit vertretbar?

Während in der Presse von 150 bis 200 Cross-BorderLeasing-Geschäften mit kommunaler Beteiligung bundesweit berichtet wird, hat in Rheinland-Pfalz in der Praxis bislang nur eine kommunale Gebietskörperschaft, nämlich die Stadt Kaiserslautern, eine solche Transaktion abgeschlossen, was gesagt worden ist. Überwiegend wurde als Ergebnis einschlägiger Diskussionen vom Abschluss solcher Verträge abgesehen. Nach dem Eindruck der Landesregierung sind die rheinlandpfälzischen Kommunen mit Überlegungen zum Abschluss von Cross-Border-Leasing-Geschäften bislang sehr zurückhaltend verfahren.

Vor dem geschilderten Hintergrund sind zurzeit keine ausreichenden Gründe ersichtlich, die Cross-BorderLeasing-Verträge mit kommunaler Beteiligung von vornherein und pauschal als unvertretbar erscheinen zu lassen, was allein ein gesetzliches Verbot rechtfertigen würde. Es besteht deshalb nach Auffassung der Landesregierung gegenwärtig kein Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. (Beifall bei SPD und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 14/2513 –. Die Beschlussempfehlung empfiehlt die Ablehnung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Wir begrüßen weitere Gäste im Landtag, und zwar Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt aus Schwegenheim, Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Sozialkunde des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Daun sowie Hörerinnen und Hörer der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer aus der Lehrveranstaltung von Professor Dr. Gebauer. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Landesrichtergesetz (LRiG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksachen 14/2288/2543 – Zweite Beratung