Hintergrund, weshalb wir heute einen Antrag stellen, der klar auf Distanz zu der Vorlage des Bundesfinanzministeriums geht und eine klare Rückenstärkung für die Haltung der Koalitionsfraktionen und der kommunalen Spitzenverbände darstellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der EichelEntwurf geht in vielen Punkten in die richtige Richtung und weist richtige Ansätze auf. In einem Punkt allerdings – dieser ist leider entscheidend – fällt er jedoch weit hinter das zurück, was vereinbart war und was auch notwendig ist, nämlich in der Frage der Bemessungsgrundlage der neuen Gemeindewirtschaftssteuer und in der Frage, inwiefern gewinnunabhängige Elemente mit einbezogen werden sollen.
Die heutige Gewerbesteuer ist, wenn sie überhaupt noch erhoben werden kann – dort gibt es genügend Schlupflöcher –, für die Kommunen schon deshalb ein Problem, weil sie so stark konjunkturabhängig ist, dass die Gemeinden eigentlich nicht mehr vernünftig mit Einnahmen planen können. Sie können innerhalb der Jahre sehr stark mit der Konjunktur schwanken, und deshalb müssen konjunkturunabhängige Elemente mit aufgenommen werden. Das war vorgesehen. Hans Eichel und sein Ministerium haben genau das herausgelassen.
Was mich an der Diskussion über die Gewerbesteuer bzw. über ihre Reform stört und was mich heute bestimmt auch wieder stören wird, sind Beiträge, die so tun, als sei die Gewerbesteuer eine Art Abzockerei ungerechtfertigter Art gegenüber der Wirtschaft.
Es ist der notwendige und legitime Beitrag der Wirtschaft zur Finanzierung einer Infrastruktur vor Ort,
die sie auch nutzt. Dazu gehören nicht nur Industrie- und Gewerbegebiete, dazu gehören nicht nur Straßen, sondern dazu gehören auch alle weichen Standortfaktoren wie Schulbildung, Kultur etc. Von all dem profitiert natürlich auch die Wirtschaft. Sie nutzt sie, sie braucht sie, und sie müssen legitimerweise in ihre Finanzierung mit einbezogen werden. Wer das ignoriert, steht eindeutig auf der falschen Seite.
Sie muss natürlich gerecht sein. Heute ist sie nicht gerecht. Heute führt sie in der Struktur dazu, dass große Unternehmen sich leicht legal aus der Steuerpflicht herausmogeln können und vor allem Kleine und Mittelständler davon betroffen sind. Auch damit müssen wir Schluss machen und dürfen nachher bitte nicht wieder anfangen, das hohe Lied des Mittelstands zu singen. Die Reform, wie wir sie uns vorstellen, wie sie richtig ist, schützt gerade die Kleinen und die Mittelständler vor mehr Belastungen. Sie schützt diejenigen, die einen Betrieb gründen wollen, durch Freibetragsregelungen und durch die Anrechnung auf die Einkommensteuer.
Wir halten aus ganz sachlichen Gründen den Regierungsentwurf, den Eichel-Entwurf, in der jetzigen Form
nicht für zustimmungsfähig, weil er das Ziel einer verlässlichen, dauerhaften und gerechten Regelung der finanziellen Situation der Kommunen nicht erreicht. Deshalb haben wir Ihnen diesen Antrag vorgelegt, der noch mehr Punkte umfassen könnte. Wir haben uns auf vier Punkte beschränkt, wobei die ersten beiden Punkte, die sich auf die Einführung einer Gemeindewirtschaftssteuer und die Einbeziehung von Freiberuflern und Selbstständigen in den Kreis der Steuerpflichtigen beziehen, weitgehend im Regierungsentwurf in Berlin vorkommen. Wie ich dargestellt habe, befinden wir uns im Dissens in dem Punkt 3, der die Bemessungsgrundlage und die Einbeziehung gewinnunabhängiger Elemente vorsieht.
Wir haben einen Punkt 4 aufgenommen, nämlich die Senkung der Gewerbesteuerumlage, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich lege großen Wert darauf festzustellen, dass die Senkung der Gewerbesteuerumlage angesichts der Situation der Gemeinden angezeigt und notwendig ist. Aber sie ersetzt keinesfalls die beschriebenen strukturellen Änderungen. Dies ist eine kurzfristig wirksam werdende Möglichkeit, die Kommunen zu entlasten. Ich weiß, dass es sogar aus meiner Partei Vorschläge gibt, die Gewerbesteuerumlage irgendwann auf null herabzusetzen. Ich sage Ihnen offen, dass ich auch dem skeptisch gegenüberstehe, da ich mir vorstellen kann, dass es für die Kommunen von Vorteil sein kann, wenn der Bund auch ein gewisses Eigeninteresse an der Gewerbesteuer oder an der Gemeindewirtschaftssteuer in Zukunft auch in finanzieller Hinsicht hat. Von daher ist eine gewisse Anbindung vielleicht gar nicht schlecht. Wir sollten das Projekt einer Senkung der Gewerbesteuerumlage schnell vorantreiben, und zwar nicht ersatzweise für die strukturellen Änderungen, sondern zusätzlich als notwendige kurzfristige Maßnahme. Über die Höhe wird bestimmt zu verhandeln sein.
Ich hoffe, dass Sie sich unserem Anliegen anschließen können; denn die Zeit für lange Diskussionen ist eigentlich abgelaufen. Die Reform der Gemeindefinanzen sollte eigentlich im nächsten Jahr in Kraft treten. Die Blockierer – das hat Staatssekretär Dr. Deubel heute Morgen schon richtig mitgeteilt – sitzen insbesondere in Bayern. Dies werden wir auch bald hinter uns haben, zumindest was diesen Wahltermin angeht.
Ich hoffe, dass wir relativ zeitnah auf Bundesebene zu Lösungen kommen, die den Gemeinden zugute kommen und ihre Situation dauerhaft und verlässlich verändern; denn das brauchen wir.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema bereits in einer Aktuellen Stunde vor den Sommerferien behandelt und darüber diskutiert.
Obwohl viele Punkte von uns als Sozialdemokraten befürwortet werden, werden wir den Antrag ablehnen, weil wir die Landesregierung bei späteren Verhandlungen nicht knebeln und an Beschlüsse des Landtags festbinden wollen. Die Landesregierung braucht Bewegung in der ganzen Diskussion.
Meine Damen und Herren, auch wir sind mit dem Vorschlag von Finanzminister Eichel und der Bundesregierung, wie er vorliegt, nicht zufrieden. Es hat einen Vorschlag gegeben, das Ganze zu überarbeiten. Wir sind nicht im Bundestag. Wir haben einen Koalitionspartner, der zum Beispiel eine ganz andere Auffassung zur Gewerbesteuer als wir Sozialdemokraten vertritt. Das ist eine ganz natürliche Ausgangsposition. Wir werden deshalb diesen Antrag heute ablehnen müssen. Herr Marz, wenn man sich über die kommunale Finanzsituation unterhält, sollte man nicht generell von den Kommunen sprechen. Die Lage ist am bedrohlichsten im Bereich der großen Städte, der kreisfreien Städte. Ich habe ein paar Zahlen. Teilweise sind die Gewerbesteuereinnahmen bei einigen kreisfreien Städten um 100 % zurückgegangen.
Das hat auch nichts mit Mogeln zu tun, sondern das ist eine legale Ausnutzung der Steuergesetze. Das Problem „Hoechst“ kennt jeder. Die Zerschlagung des Konzerns hat bedeutet, dass er im Prinzip als Gewerbesteuerzahler in Deutschland entfallen ist. Das ist eine ganz legitime Situation und hat mit Mogeln nichts zu tun, sondern es ist ein Ausnutzen von gesetzlichen Möglichkeiten. Man muss dann gesetzliche Grundlagen schaffen, um das zu verhindern.
Ich habe mir einmal die Zahlen von Ludwigshafen bezüglich der Gewerbesteuer geben lassen. 90 % der Gewerbesteuer werden im Prinzip von einem Großunternehmen erbracht. Ich will nicht das Steuergeheimnis verletzen. Es gibt dort nicht viele Großunternehmen, wenn Sie in dieser Frage nachdenken, wer das sein könnte. 90 % der gesamten Gewerbesteuereinnahmen werden also von diesem Unternehmen erbracht. Herr Jullien, insofern ist Ihre Aussage, dass das nur noch eine Steuer für mittelständische Unternehmen wäre, falsch.
Ich möchte einen weiteren Punkt nennen. Wir brauchen auch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, da Pachtzahlungen, Zinszahlungen und Miete so viel Gestaltungsmöglichkeiten offen lassen, indem ich eine Objektgesellschaft gründe, die das Gebäude verwaltet, das an die Gesellschaft vermiete usw.
Herr Kollege Creutzmann, Sie können nachher Ihre Auffassung darlegen. Bleiben Sie ganz ruhig. Ich habe gesagt, wir haben eine unterschiedliche Auffassung. Wir sind für eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, Sie sind nicht für eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage.
Ich lese es Ihnen einmal mit Erlaubnis der Präsidentin aus einer Kommentierung vor: „Es lässt sich über den wirtschaftlichen Regierungsentwurf zur Reform der Gemeindefinanzen viel Kritisches vorbringen, was die Städte und selbst die Abgeordneten der SPD ja auch mit Verve tun. Aber immerhin: Es ist ein Konzept, und man kann darüber streiten, jeder weiß, woran er ist.“
(Jullien, CDU: Was sagt denn der rheinland-pfälzische Finanzminister? – Beck, Ministerpräsident: Das hat er gestern gerade gesagt!)
„Von den Plänen der Union lässt sich dies nicht behaupten. Wie wollen CDU und CSU den Gemeinden helfen? Ihre Antworten reichten bisher von einer massiven Ausweitung der Gewerbesteuer“ – zum Beispiel Koch, Hessen, Frau Kollegin Roth, Frankfurt – „bis zu deren Abschaffung.“ – zum Beispiel in BadenWürttemberg.
„Die Union stehe fest an der Seite der Kommunen, beteuerte CDU-Chefin Angela Merkel am Donnerstag nach dem Treffen der Parteispitze mit den Kommunalverbänden.“ (Beifall bei der CDU – Dr. Weiland, CDU: Das ist doch überhaupt keine Frage!)
„Schade nur, dass die Betroffenen“ – Städte und Gemeinden – „so wenig davon merken. Wo die Konzeptionslosigkeit Konzept ist, wirken solche Behauptungen kühn und sogar anbiedernd. Die Union mag den Anteil von Bund und Ländern an der ohnehin eingebrochenen Gewerbesteuer senken wollen, das ist nur vernünftig. Die Berechnungen für die heutige Praxis sind veraltet,“
„die Städte müssen viel zu viel abtreten.“ – Absenkung der Gewerbesteuerumlage, auch das ist etwas, das man ins Auge fassen kann. Nur muss man wissen, dass das
damals mit Zustimmung der Gemeinde- und Städtebünde und Landkreistage und Städtetag so entstanden ist als Ausgleich für die Übernahme des Kindergeldes. Auch das sollte man immer wieder betonen.
„Dass Sie diese und andere Soforthilfen mit Kusshand nehmen würden: Wer will es ihnen verdenken? Ein Ertrinkender greift nach allem, was ihm zugeworfen wird. Wie die Einnahmen der Kommunen aber grundsätzlich stabiler zu gestalten sind, darüber wollen sich CDU und CSU jetzt erneut Gedanken machen – als ob sie niemals in der Kommission zur Rettung der Gemeindefinanzen vertreten gewesen wären.“
„Die Peinlichkeit dieser Haltung würde der Union weit mehr zu schaffen machen, hätte sich nicht die Bundesregierung ohne Not in einen bösen Streit mit den Städten verstrickt.“
Man bräuchte eigentlich gar nicht mehr zu sagen. Das ist die Haltung der CDU: Jämmerlich, erbärmlich.
Ich bin hoffnungsvoll, dass es in einem Kompromiss gelingen wird, die Probleme der Kommunen zu lösen, vor allen Dingen derjenigen, die durch den Rückgang der Gewerbesteuer am meisten betroffen sind. Da sind überwiegend die großen Städte die Leidtragenden einer solchen Situation. Man muss aber auch wissen, die Gewerbesteuer hat sich jahrelang auf einem festen Sockel bewegt, etwa 20 Milliarden Euro pro Jahr. Nur Ende der 90er-Jahre war plötzlich ein erhöhter Betrag von etwa fünf Milliarden Euro mehr eingegangen, also etwa 25 Milliarden Euro. Jetzt ist ein Rückgang zu verzeichnen.
Es gibt aber auch andere Beispiele. Ich habe mir einmal einen Zeitungsbericht herausgesucht, nach dem manche Städte enorme Steuermehreinnahmen haben. Bremen hat zum Beispiel in diesem Jahr 82,5 Prozent Gewerbesteuereinnahmen. Frankfurt hat jetzt wieder 66,1 Prozent, Berlin 27,6 Prozent. Liebe Kolleginnen und Kollegen, daran sieht man, dass die Gewerbesteuer wegen der Konjunkturabhängigkeit keine Stetigkeit der Einnahmen für die Gemeinden garantiert. Deshalb muss die Gewerbesteuer auf eine breitere Basis gestellt werden.