Herr Kollege Schnabel, das, was Ihnen nicht passt, kann dennoch richtig sein. Der prozentuale Anteil der Kommunen am Gesamtsteueraufkommen ist seit 1991, also seit der Aufnahme der Arbeit dieser Landesregierung, konstant bei 41 % geblieben. Er ist bis 1990 unter Ihren Landesregierungen von 46 % auf 41 % gefallen. Das ist meiner Meinung nach der Maßstab, den Sie anlegen müssen, wenn Sie von Kommunalfreundlichkeit oder Kommunalfeindlichkeit sprechen.
Herr Kollege Schnabel, wenn Sie wirklich etwas für die Kommunen hätten tun wollen, hätten Sie dazu im April die Gelegenheit gehabt, als wir den Nachtragshaushalt beraten haben. Dort haben Sie nichts getan. Es ist feige, nach den Nachtragshaushaltsberatungen etwas zu reklamieren, was Sie vorher nicht gemacht haben.
Nachdem Sie sich selbst nicht die Mühe gemacht haben, will ich mir aber nun die Mühe machen, auf die fünf Punkte einzugehen, die Sie in Ihrem Antrag nennen. Sie sind leider auf diese Punkte nicht eingegangen.
Sie stellen unter dem ersten Punkt fest, dass eine strukturelle Verbesserung der Finanzkraft der Gemeinden angemahnt werden muss. Wie die aussehen soll, sagt Herr Kollege Schnabel natürlich nicht.
Da stellt sich mir schon die Frage, weshalb wir gemeinschaftlich eine Enquete-Kommission genau zu diesem Thema eingesetzt haben, wenn Sie das jetzt der Landeregierung in die Schuhe schieben wollen. Herr Kollege Schnabel, offensichtlich wollen Sie Ihre Hausaufgaben nicht machen.
Wir wollen in dieser Enquete-Kommission gemeinsam nach Lösungen suchen. Wir hoffen, Sie klinken sich nicht aus.
Im Übrigen tun Sie nicht so, als sei nichts geschehen. Das Land hat trotz Ihrer Nörgelei zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Beistandspakt geschlossen, der den Kommunen bis zum Jahr 2006 1,6 Milliarden Euro verlässliche Einnahmen bietet.
Die Landesregierung wird ein Standardöffnungsgesetz schaffen, und sie wird vor allem – das ist besser als jedes Standardöffnungsgestz – Vorschriften und Richtlinien aus dem Katalog herauswerfen. Wenn es diese Richtlinien überhaupt nicht mehr gibt, werden auch keine Standards angelegt werden müssen.
Herr Kollege Schnabel, ich komme jetzt zum zweiten Punkt. Es wäre schon interessant gewesen, von Ihnen dazu etwas zu hören. Sie waren leider nicht im Haus, als es eben um die Gemeindefinanzreform und um die Gewerbesteuer ging.
Wenn Sie das im Fernsehen gesehen und gehört haben, habe ich eigentlich einen Aufschrei vermisst, den Sie gegenüber Herrn Jullien hätten machen müssen, der völlig konträre Ansichten zu Ihnen an diesem Pult geäußert hat.
Herr Kollege Schnabel, Sie haben im Ausschuss festgestellt, dass Sie persönlich das Modell der kommunalen Spitzenverbände wollen, das vom Kollegen Jullien hier als Ausplünderung und mittelstandsfeindlich bezeichnet wurde.
Nun zum dritten Punkt, über den wir auch lange geredet haben und der immer wieder erscheint, nämlich die Senkung der Gewerbesteuerumlage. Wenn das für Sie so wichtig ist, frage ich mich, weshalb Sie das nicht in den Ländern machen, in denen Sie die Möglichkeit haben.
Sie könnten beispielsweise in Bayern den Kommunen das Geld geben, das sie über die Gewerbesteuerumlage abführen müssen. Sie tun das aber nicht nach dem Motto: Wir können etwas fordern, wenn gesichert ist, dass eine Ablehnung erfolgt. – Genauso gehen Sie vor.
Im letzten Punkt geht es um Europa. Verstehe wer will, was Sie da geäußert haben, aber ich verstehe es nicht. Das versteht meiner Meinung nach auch sonst niemand.
Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten genug über Europa geredet. Nehmen Sie doch einmal zu Kenntnis, dass in dem Verfassungsentwurf für Europa die kommunale Selbstverwaltung garantiert ist. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir darüber hinaus den Rat der Regionen haben, in dem die Kommunen vertreten sind. Dem hätte man sogar – da gebe ich Ihnen Recht – Organqualität geben können. Ausgehandelt hat ihn aber Helmut Kohl und nicht wir. Offensichtlich wollte er ihn nicht, oder Sie wollten ihn nicht. Auf jeden Fall hat er keine Organqualität.
Sie sind der Prophet. Ich habe allerdings langsam den Eindruck, dass ich auch prophetische Fähigkeiten habe. Ich habe wirklich geahnt, was passiert. Sie legen einen Antrag vor. Schon erlaubt dieser Antrag, dass wir uns die Lobpreisungen des Kollegen Schweitzer auf die Politik der Landesregierung anhören müssen. Das Beste wird noch kommen; denn die FDP und die Landesregierung selbst haben noch gar nicht gesprochen. Ich ahne Schlimmes.
Es gibt Anträge, die sind harmlos, die sind wertlos oder die sind schädlich. Ihr Antrag ist auf jeden Fall insofern nicht harmlos, dass er keine Wirkung hinterläßt. Die erste schädliche Wirkung haben wir schon gesehen.
Es ist wirklich bedauerlich, dass Sie heute Morgen nicht anwesend waren, als Ihr Kollege Herr Jullien sein Meisterstück zum Thema „Gemeindefinanzen“ abgeliefert hat. (Schnabel, CDU: Ich habe das doch gesehen! – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)
Anders ist nicht zu erklären, welche Ausführungen Sie gewählt haben. Sie haben einen Antrag vorgelegt und mit dem Üblichen begründet, was wir so kennen, bei dem man sich wirklich fragt, was er für einen Wert haben soll. Sie wollen die strukturelle Verbesserung der Finanzkraft der Gemeinden. Das wollen wir alle.
Auch die Landesregierung wird sagen, dass sie das will. Das Problem ist, dass Sie Fragen stellen und Probleme aufwerfen, auf die Sie aber keine eigenen Antworten geben. (Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ich kann mich locker an Ihrer Vorlage orientieren und benötige überhaupt keine eigene. Dann wollen Sie, dass von der Landesregierung ein Wunder vollbracht wird.
Noch nicht einmal Herr Kollege Schweitzer wird denken, dass die Landesregierung Wunder vollbringen kann.