Protocol of the Session on June 5, 2003

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Fakt ist darüber hinaus, dass seitens der Regierungsfraktionen und der Landesregierung immer wieder Kooperationen gepredigt werden, aber die Voraussetzungen dafür nicht geschaffen werden. In Ihrem ZwölfPunkte-Programm haben Sie bereits angekündigt,

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das waren nur sechs Punkte!)

dass Sie Ihre Förderpolitik umstellen wollen, um den Kellereien den Ausstieg aus der Kellerwirtschaft und den Einstieg in Erzeugergemeinschaften und Winzergenossenschaften zu erleichtern, damit zukunftsfähige Strukturen in unserem Land wachsen können. Was ist geschehen? Nichts!

Durch bloßes Ankündigen ist niemandem gedient. Wir brauchen eine Politik, die bereit ist, Probleme anzugehen und sie einer Lösung zuzuführen.

Zurzeit findet der rheinland-pfälzische Wein im Lebensmitteleinzelhandel nicht in der Form statt, wie es sein sollte. Auch wenn Sie in Ihrer Regierungserklärung darauf hingewiesen haben, dass Erzeugergemeinschaften den Markt stabilisierten und für eine kontinuierliche Marktbeschickung sorgen würden, so ist diese bloße Feststellung nicht ausreichend. Das werden Ihnen alle bestätigen, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben.

Darüber hinaus weisen Sie darauf hin, es gelte, junge Konsumentenschichten an den rheinland-pfälzischen Wein heranzuführen, sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten geändert habe, der Discounter eine dom inierende Stellung einnehme und Weine im Mittelpreissegment ein lukratives Einkaufssegment seien. Wie sich die Landesregierung dem aber stellt, darüber haben Sie kein einziges Wort verloren. Mit dem Gewurschtel der vergangenen Jahre kommen Sie so sicherlich nicht weiter. So können Sie das Problem nicht lösen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Nehmen wir doch einmal das Beispiel des jungen Konsumenten, der in den Lebensmitteleinzelhandel geht und zum Beispiel für das Abendessen einige Flaschen Wein kaufen möchte. Er steht vor dem Weinregal, wird zunächst einmal von ganz vielen ausländischen Weinen erschlagen und muss sich schon bis zur untersten Ebene durchschlagen, bis er vielleicht einige rheinlandpfälzische oder deutsche Weine finden kann. Jetzt stellt er noch fest, dass es die unterschiedlichsten Weinsorten von Tafelwein bis Auslese gibt. Mit den Begriffen wird er aber vermutlich nichts anfangen können, wenn er nicht zufällig im Weinbau groß geworden ist oder sich intensiv mit diesem Thema auseinander gesetzt hat.

In dieser Situation greifen viele zu einem ausländischen bekannten Markenwein, weil sie den schon öfter in der Werbung gesehen haben. Sollte ihnen dieser Wein sogar noch schmecken, wird es sehr schwierig sein, diesen Konsumenten für den rheinland-pfälzischen oder deutschen Wein zurückzugewinnen. Das können wir tagtäglich im Lebensmitteleinzelhandel und in den Discountern mit verfolgen. Wenn man das auch noch vor dem Hintergrund der Fassweinproblematik betrachtet, so ist es einfach nicht nachvollziehbar, warum Sie das Konzept der Markenweine nicht endlich umsetzen bzw. Rahmenbedingungen hierfür schaffen.

Unser Ziel muss sein, die vagabundierenden Fassweinmengen vom Markt zu bekommen,

(Staatsminister Bauckhage: Wie?)

den Winzern eine Perspektive zu eröffnen und von diesen Weinmengen gemeinsam mit den Genossenschaften und Kellereien eine Handvoll Typenweine auf den Markt zu bringen, die ein gleiches Erscheinungsbild haben und von Hamburg bis München zu kaufen sind. Wenn Sie diesen Lösungsansatz umsetzen und mit Ihrer Gießkannenförderpolitik – hier ein kleines Programmchen und dort ein kleines Programmchen – aufhören, wäre die Zukunft unserer Fassweinwinzer gerettet und unsere Kulturlandschaft könnte erhalten bleiben. Ich bin davon überzeugt, dass der Absatz von rheinlandpfälzischem Wein dann steigen wird.

Mit diesen Argumenten sollten Sie von der Regierung und Sie von den sie tragenden Fraktionen sich endlich auseinander setzen und unsere Lösungsvorschläge umsetzen. Ich bitte Sie eindringlich: Tun Sie das vielleicht mit etwas mehr Engagement, als Sie heute Ihre Regierungserklärung vorgetragen haben und wie die Fraktionen darauf reagiert haben.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Baumann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schneider, Sie haben vorhin Ihre Enttäuschung über die Regierungserklärung des Herrn Ministers geäußert. Ich muss

meine Enttäuschung über Sie äußern, weil Sie nichts dazugelernt haben. An allererster Stelle sagen Sie: Staatswirtschaft anstelle von Marktwirtschaft. – Das geht so nicht. (Beifall der SPD)

Herr Minister Bauckhage, Ihre Regierungserklärung zum Weinbau in Rheinland-Pfalz beginnt mit einem Blick auf die deutsche Weinvision 2020. Ich halte das für bemerkenswert, weil diese Initiative nämlich von der deutschen Weinwirtschaft selbst ausging. Sie sagten sich mit Blick auf den – ich will es einmal so bezeichnen – behäbigen deutschen Weinmarkt: Es ist Zeit zum Handeln. Es ist Zeit für Visionen. – Das Leitziel, das zwar etwas utopisch zu sein scheint, ist, dass der deutsche Weißwein in die Weltspitze der Weinerzeuger geführt werden soll. Er soll statt im unteren Preissegment in das mittlere und obere Preissegment geführt werden, damit die Winzer künftig Geld damit verdienen. Das ist der Sinn der Sache.

Hinter dieser Initiative steckt viel Optimismus. Es wird nicht gejammert – merken Sie sich von der CDU das gut –, sondern die Ärmel werden hochgekrempelt. Interessant ist mit Blick auf die klassische Weinbaupolitik – das ist unser Metier –, dass in den bisherigen Konzepten der deutschen Weinvision der Ruf nach dem Staat nicht hörbar ist. Das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD)

Die deutsche Weinwirtschaft sieht sich und ist in der Verantwortung. Es geht ihr um Qualität und Qualitätsmanagement, um verbraucherorientierte Produktprofile und bisher noch nicht ausgeschöpfte Marktsegmente – die gibt es reichlich –, um ein besseres Image, um eine erfolgreiche Kommunikation mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern und um eine gute Portion Selbstbewusstsein, die manchen bei uns nämlich fehlt. Kurzum, es geht um mehr Qualität, um mehr Markt und um mehr Kundenorientierung. Da schließt sich der Kreis. Qualität, Markt und Kundenorientierung waren nämlich die Leitbegriffe, mit denen die SPD-Fraktion gemeinsam mit der FDP im Jahr 2000 ihre Vorstellungen für einen zukunftsfähigen Weinmarkt in Rheinland-Pfalz formulierte. Die maßgeblichen Zielrichtungen der heutigen Regierungserklärung haben wir in diesem Haus diskutiert und mit parlamentarischen Anträgen auf den Weg gebracht.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Der erste war von den GRÜNEN!)

Wenn ich an dieser Stelle den Bogen zur deutschen Weinvision spanne, haben die Visionen, die in unserem Antrag zugegebenermaßen unprosaischer formuliert waren, viel Akzeptanz bei den Akteuren gefunden. Ich kann es eigentlich auch mit einer gewissen Genugtuung sagen, dass das so ist.

Es gibt Aussagen in Ihrer Regierungserklärung, die ich besonders ansprechen will, Herr Bauckhage. Es ist unstreitig, dass die Verantwortung für ihren Erfolg bei den Weinwirtschaftsunternehmen selbst liegt. Es ist meiner Meinung nach wichtig, dass wir das immer laut sagen.

Noch ein Wort zur Verantwortung: Für Kooperationen in der Weinwirtschaft darf es kein staatliches Regelwerk geben, Frau Schneider.

(Staatsminister Bauckhage: Richtig!)

Dieses kooperative Netzwerk kann, genau wie im richtigen Leben, nur auf ordentlichen Verträgen, Vertrauen, Fairness und gegenseitigen wirtschaftlichen Interessen eine gute Basis finden.

(Beifall der SPD und der FDP)

Dem Ruf nach staatlichen Vorgaben und Normen für Kooperationen müssen wir eine klare Absage erteilen. Ich kann nur sagen, wenn einer eine Reise tut, dann kann er etwas lernen. Wir waren kürzlich mit dem Ausschuss in Südtirol und Oberitalien. Dort wurde – egal von welcher Branche – deutlich gesagt, dass sich die Politik heraushalten soll. Die Weinwirtschaft wolle ihre Aufgaben zum größten Teil selbst erledigen.

(Beifall bei SPD und FDP – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Alexander Licht?

Nein, ich möchte gern meine Redezeit ausschöpfen. Da der Herr Minister länger geredet hat, können wir uns nachher vielleicht noch austauschen, Herr Licht.

Herr Minister Bauckhage hat deutlich gemacht, dass die öffentlichen Kassen leer sind und wir auf Wünschenswertes, manchmal sogar Notwendiges verzichten müssen. Er hat deutlich gemacht, dass die Förderpolitik ganz genau und zielgerichtet orientiert sein muss; denn ansonsten nutzt das unseren zukunftsfähigen Betrieben im Land wenig.

Ich möchte ein Stichwort nennen, das in der Regierungserklärung eine große Rolle gespielt hat. Das ist das Stichwort „Wein, Kultur, Tourismus“. Ich habe kürzlich ein Fax von einem Mitarbeiter der Weinbauschule in Neustadt erhalten, der CDU-Mitglied ist und sehr verärgert war. In der „Rheinpfalz“ stand nämlich die Überschrift „Bei Kultursommer Italiens Weine im Ausschank“. Im nächsten Jahr wird nämlich der Kultursommer Rheinland-Pfalz in Neustadt, der größten weinbautreibenden Gemeinde in Rheinland-Pfalz, eröffnet. Das geschieht unter dem Motto „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen“. Bei uns in der Südpfalz blühen sie nämlich. Da geht es um Italien und seine Kultur.

Nach dem Zeitungsartikel soll der Neustädter Kulturdezernent Lutz Frisch, unser Kollege, einen Wein- und Sekttreff planen, an dem italienische Sekte und Weine ausgeschenkt werden sollen. Herr Frisch ist jetzt gerade nicht anwesend. Wenn er wirklich einen italienischen Wein- und Sekttreff plant, kann ich ihm das von hier aus

schlecht ausreden, aber solange in Italien niemand auf die Idee kommt, einen Pfälzer Wein- und Sekttreff zu initiieren, sage ich: Wir sollten unsere Weine nicht in die zweite Reihe stellen, sondern wir sollten sie in der ersten Reihe platzieren.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Meine Damen und Herren, die im ersten Teil der Regierungserklärung formulierten Entwicklungstendenzen auf dem Weinmarkt und in der Weinwirtschaft sind auch im Detail richtig.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Dazu gibt es wenig Alternativen. Darüber gibt es eine große Übereinstimmung unter allen entscheidenden Akteuren.

(Zurufe des Abg. Keller, CDU)

Herr Keller, ich möchte einmal erleben, was für eine Empörung im Raum wäre, wenn das umgekehrt wäre.

(Beifall der SPD und der FDP – Keller, CDU: Kleinkarierter geht es nicht mehr! – Mertes, SPD: So ist es! – Weitere Zurufe des Abg. Keller, CDU)

Sehr geehrter Herr Keller, das Wort hat Frau Baumann.

Im wichtigeren Teil der Regierungserklärung geht es um den Handlungsbedarf und um die Handlungsfelder. Es geht also darum, wo die Politik ganz bewusst Entwicklungen fördert oder sie nicht fördert. Ich spreche nur von drei Aspekten. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal ganz bewusst eine Lanze für die Bodenordnung und damit für die Kulturämter brechen. Sie haben eine ganz entscheidende Bedeutung für die notwendigen Umstrukturierungen im Weinbau. Dabei geht es um den Produktionsfaktor Grund und Boden; denn nur mit ausreichend geschnittenen Grundstücken kann eine Wirtschaftlichkeit erzielt werden.

Über Kooperationen im Weinbau ist in diesem Hause schon sehr viel geredet worden. Dies geschah auch aufgrund unserer Anträge und dessen, was wir formuliert haben. (Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Ich darf um etwas mehr Aufmerksamkeit für die Rednerin bitten. Das betrifft auch Herrn Minister Zuber.

(Unruhe bei der CDU)

Es spiegelt die große Bedeutung auch aus politischer Sicht wider, dass sich Kooperationen mit all ihren Facetten an einem wichtigen Punkt in der Regierungserklärung wiederfinden. Frau Schneider, wenn Sie sagen, da sei nichts geschehen, sage ich nur: Machen Sie einmal Ihre Augen auf. Nehmen Sie Ihre Brille ab. Vielleicht sehen Sie dann besser.

Der Geschäftsführer einer großen Winzergenossenschaft bei uns in der Pfalz sagte mir vor 14 Tagen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Es fängt jetzt richtig an.