Protocol of the Session on June 6, 2001

Herr Stretz, wir waren bei der Brauerei Bischoff und haben uns das erklären lassen. Die Brauerei hat im Vertrauen auf dieses Gesetz investiert. Nun nehmen Sie Ihnen die Grundlage.

Das Gutachten, das Sie vom TÜV Rheinland zitiert haben, gilt bundesweit inzwischen als völlig falsch. Das Witzenhausener Institut, das Frau Martini gern zurate zieht, hat das nachgewiesen. Das Gutachten des TÜV gilt nicht als gefälscht, aber als völlig falsch. Die 6 %, die dort erhoben werden, sind falsch. Das ist nachgewiesen. Es sind weiter über 20 %. Das haben Herr Professor Wiemer und sein Witzenhausener Institut nachgewiesen. Auf solchen vorgegaukelten Zahlen wollen Sie hier Ihre Politik und Ihre Argumentation aufbauen. Da kann ich nur sagen: Da können wir nicht mitmachen. Das werden auch die Verbraucher nicht mitmachen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Licht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Argumentation geht quer durch alle Fraktionen. Ich denke, deswegen kann man das auch viel leidenschaftsloser diskutieren, dies gerade vor dem Hintergrund, dass sich in dem gesamten Bereich beim Pro und beim Kontra – ich sage dies ganz bewusst, Herr Dr. Braun – in der Sammlung der Argumentation sehr viel mehr als in anderen Bereichen entwickelt hat. Ich wiederhole noch einmal, in der Sammlung der Argumente hat sich so viel entwickelt wie in anderen Bereichen nicht. Vor wenigen Monaten waren es die GRÜNEN, die von diesem Pult aus das Zwangspfand für Weinflaschen noch vehement verteidigt haben.

(Creutzmann, FDP: So ist es! – Staatsminister Bauckhage: So war das!)

Ich kreide das jetzt überhaupt nicht an. Wenn man selbst nicht bemerkt, dass man innerhalb weniger Monate eine Entwicklung durchgemacht hat, und heute hier vehement verteidigt, dass dies vom Tisch ist, dann zeigt dies doch, dass man durchaus allen Argumenten zugänglich sein sollte.

Der Kollege Stretz hat hier eine Reihe von Zahlen genannt, die vielleicht den einen oder anderen Betrachter etwas verwirren. Ich will darum auch zu Beginn schon deutlich machen, was mir und auch der Union als Fazit der ganzen Debatte aus der Sammlung der gesamten Argumentation des Pro und Kontra vorliegt. Ich sage noch einmal deutlich, es gibt sowohl gute Gründe für Pro als auch für Kontra. Aber in der Abwägung komme ich zu dem Schluss, das Pflichtpfand fördert die Ziele der Verpackungsverordnung nicht und führt – das kommt noch dazu – zu hohen volkswirtschaftlichen Belastungen.

Meine Damen und Herren, nun lassen Sie mich dabei vier Punkte ganz konkret nennen:

1. Die Untersuchungen lassen keine maßgebliche Lenkungswirkung erwarten.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum kämpfen die Hersteller dann so vehement dagegen?)

Herr Kollege Dr. Braun, keine maßgebliche Lenkungswirkung. Dass die Mehrwegquote noch um 2 % bis 3 % zurückgehen wird, sagen Untersuchungen ebenso.

2. Zahlreiche Fragen zu Organisation und Einführung eines komplexen Systems sind nach wie vor ungeklärt. Untersuchungen halten sogar die Umsetzung ohne Klärung dieser Fragen für gar nicht oder nur für schwer möglich.

3. Die Konzentration der Marktstrukturen wird noch beschleunigt, etwas, was Sie jetzt gerade genau anders herum argumentiert haben. Es gibt gute Untersuchungen dafür, die genau das Gegenteil beweisen oder das Gegenteil sagen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sagen!)

Es wird also noch beschleunigt und trifft somit gerade den Mittelstand und dessen Beschäftigte am stärksten.

Meine Damen und Herren, eine Kosten-Nutzen-Analyse bleibt in der Gesamtbetrachtung nach wie vor völlig außen vor.

4. Es wird eine zusätzliche Belastung von ca. 1 Milliarde DM für Verbraucher und Wirtschaft zu erwarten sein. Es wird eine jährliche, neu hinzukommende Belastung von Wirtschaft und Verbraucher von ca. 1 Milliarde DM geben.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Netto 220 Millionen!)

Das sind nun einmal die Fakten, die uns eindeutig zu dem Ziel kommen lassen, dass man das, was die Landesregierung vorsieht, genau betrachten muss. Die BLänder haben eine Entwicklung auch dort durchgemacht. Frau Martini, es gibt aktuelle Vorschläge auch der CDU-geführten Länder, die in die gleiche Richtung gehen. Ich hoffe, Sie können sich einigen. Ich sage das wirklich so, ich hoffe, Sie können sich einigen. Da werden immer noch unterschiedliche Quoten genannt. Ein Wermutstropfen liegt auch noch in diesem Vorschlag; denn Wein ist dort nach wie vor mit drin. Das Damoklesschwert „Bepfandung beim Wein“ ist auch in diesen Vorschlägen nach wie vor enthalten. Da sollten Sie vielleicht noch die eine oder andere Hausaufgabe machen und sich mit den anderen Ländern dort auch auf einen vernünftigen Kompromiss hinbewegen, dass dieser Punkt heraus kommt. Hier hat das Land RheinlandPfalz sicher eine besondere Verantwortung. Herr Ministerpräsident, ich bitte Sie nach wie vor, dem auch gerecht zu werden, dass dies auch in dem, was die Länder dort jetzt gemeinsam vorlegen werden, Berücksichtigung finden wird.

Herr Dr. Braun, dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen, wer für die Dose 50 Pfennig zahlen muss, wird diese nicht mehr einfach in die Landschaft werfen. Das gebe ich durchaus zu. Das Beispiel, das eben geschildert wurde, dass man das nicht exakt ausrechnen kann und es nicht 6 % sind und es auch nicht 25 % sind, sondern es irgendwo mitten drin liegt, zeigt, dass nach wie vor eine Vermüllung der Landschaft stattfinden wird – Dose hin, Dose her – und dieses Problem eben nicht mit einer Bepfandung der Dose zu lösen ist.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagt es überhaupt nicht! Da sagen Prozente überhaupt nichts dazu! Was machen Sie für eine Argumentation? Logik wäre hier gefragt!)

Es geht darum, eine Abwägung vorzunehmen, wie man das seriös machen sollte, in Pro und Kontra am Schluss zu entscheiden. Das ist der richtige Weg. Eine Belastung für die Bürger, die am Schluss weder ökologisch noch logisch sein wird, halten wir für den falschen Weg.

Meine Damen und Herren, wir lehnen deswegen den Antrag der GRÜNEN heute ab. Dass wir ihn vielleicht im Ausschuss diskutieren sollten, um auch das, was die Länder gemeinsam vorhaben, vielleicht weiter zu beraten, halten wir für einen vernünftigen Weg. Diesen Weg sollte man gehen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von den GRÜNEN eingebrachte Antrag beweist einmal mehr, dass es dieser Partei mehr um ideologische Prestigeprojekte als um eine ökologische Sachpolitik geht.

(Beifall der FDP – Creutzmann, FDP: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich im Einzelnen auflisten, warum die Einführung eines Zwangspfands auf Getränkedosen und Einwegflaschen sowohl ökologisch als auch ökonomisch unsinnig ist und warum die Fraktion der FDP diesen Antrag ablehnen wird.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, gerade aus ökologischer Sicht ist das Zwangspfand untauglich, da das Zwangspfand den Mehrweganteil nicht erhöhen, sondern senken wird.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum haben Sie von der FDP es denn verabschiedet?)

Zwangsläufig wird es im Lebensmitteleinzelhandel Auslistung von Mehrwegsystemen geben, und zwar zugunsten einer Auslastung von Rücknahmeautomaten, weil ein paralleles Unterhalten zweier Rücknahmesysteme einfach zu teuer ist;

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie halten auch nicht viel von unserem Maschinenbau!)

denn Sie müssen sich bei all Ihren Vorstellungen immer fragen, wer das Ganze bezahlen soll.

(Beifall bei der FDP)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, Ihr Umweltminister Trittin ist bis heute den Nachweis schuldig geblieben, dass ein Zwangspfand tatsächlich zur Erhöhung des Mehrweganteils führen wird.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie soll er es denn beweisen, wenn er es nicht einführen darf?)

Vorliegende Erfahrungen aus dem europäischen Ausland bestätigen diese Zweifel hieran ganz enorm. Desweiteren werden schon bestehende Rücknahmesysteme auch in bereits etablierten Verwertungsbereichen, wie zum Beispiel beim Glasrecycling, schlicht und einfach gefährdet.

Ein dritter Punkt, der gegen ein Zwangspfand auf Getränkedosen und Einwegflaschen spricht, ist, dass nach den aktuellen Ökobilanzen des Umweltbundesamtes Mehrwegverpackungen nicht durchgängig als ökologisch

vorteilhafter bezeichnet werden können. Vielmehr sind moderne Getränkekartons der Glasmehrwegflasche heute ökologisch gleichwertig.

(Beifall der FDP – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist schon berücksichtigt, Herr Kollege!)

Meine Damen und Herren, das wird auch in der vorliegenden Novelle zur Verpackungsverordnung anerkannt, weil darin zwischen ökologisch vorteilhaften – – –

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun?

Nein. Wenn ich einmal so lange im Parlament bin wie Herr Dr. Braun, dann lasse ich das gern zu. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich heute zum ersten Mal hier in der Bütt meinen Vortrag auch gern zu Ende bringen will.

(Beifall bei der FDP)

Dementsprechend müsste konsequenterweise Herr Trittin zugeben, dass der Anteil ökologisch vorteilhafter Verpackungen in den letzten Jahren nicht gesunken, sondern gestiegen ist.

Meine Damen und Herren, diesen Sachverhalt berücksichtigt der von Rheinland-Pfalz in den Bundesrat eingebrachte Antrag zur Änderung der Verpackungsverordnung. Darin wird nämlich konsequenterweise die Ablösung der Mehrwertquote durch eine Mindestabfüllmenge in ökologisch vorteilhafte Verpackungen vorgesehen. Mit der Ablösung der Mehrwegquote von 72 % durch eine Mindestabfüllmenge von 23 Milliarden Litern soll der in der aktuellen Verpackungsverordnung geltende Pflichtpfandautomatismus schlicht und einfach aufgehoben werden.

Herr Dr. Braun, wenn Sie glauben, die Vermüllung unserer Landschaft bei Einführung eines Pflichtpfands würde aufhören, dann frage ich mich, ob Sie ein romantischer Träumer oder ein träumender Romantiker sind.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rein romantisch!)