Protocol of the Session on December 5, 2002

(Schmitt, CDU: Er hat es schon anders gesagt! Da waren wir dabei!)

Wir brauchen erst gar nicht einzusteigen, es wird keine Mehrheit geben. So einfach ist das. Das ist kein Widerspruch, sondern das eine hat mit der grundsätzlichen Position zu tun, und das andere ist die Aussage zur kurzfristigen Realisierbarkeit.

(Schmitt, CDU: So diplomatisch hat er es nicht ausgedrückt!)

Selbstverständlich werden wir auch innerhalb der Landesregierung – – –

(Licht, CDU: Wie bewerten Sie seine Aussage, dass er grundsätzlich nichts davon hält?)

Wollen Sie jetzt diskutieren oder zuhören?

(Schmitt, CDU: Wir wollen nur klare Aussagen! – Weitere Zurufe von der CDU)

Auch innerhalb der Landesregierung wird es aus den vorhandenen Grundsatzpositionen der beiden sie tragenden Parteien heraus kurzfristig keine Einigung in der Frage geben, dass das Land bei der Wiedereinführung der Vermögensteuer voranmaschiert.

(Licht, CDU: Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet!)

Meine Damen und Herren, wir sollten es lassen, in einer Art von Glaubensbekenntnissen aufzutreten. Das funktioniert nicht. Wir sollten stattdessen das machen, was Not tut, nämlich nach wie vor unser gesamtes Steuersystem immer wieder daraufhin zu überprüfen, ob es wettbewerbsfähig ist. Wir sollten im internationalen Vergleich analysieren, welche Länder erfolgreich und welche weniger erfolgreich sind. Dann gibt es etwas Spannendes. Erfolgreiche Länder, die uns heute vorgeführt werden, haben durchaus einen anderen Mix in ihrer Steuerstruktur, in dem der Bereich Vermögen stärker erfasst wird. Allerdings werden vor allem Grundsteuer und Grundvermögen wesentlich stärker als in der Bundesrepublik Deutschland erfasst. Das ist in den USA, in England und auch in Japan so.

(Licht, CDU: Darüber reden Sie nicht!)

Wir sollten die Diskussion also mit etwas mehr Tiefgang führen und keine wirtschaftspolitischen Behauptungen

aufstellen, die empirisch und theoretisch so überhaupt nicht nachweisbar und nachvollziehbar sind.

(Beifall bei SPD und FDP)

Die Landesregierung ist jedenfalls kurzfristig nicht gefordert. (Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Frau Abgeordneter Thomas das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe keine lange Redezeit mehr, deswegen nur noch ein paar Entgegnungen. Ich fange mit dem an, was Herr Creutzmann gesagt hat. Herr Creutzmann, es wäre gut, wenn Sie nicht sagen würden, man sei nicht informiert, wenn man anders als Sie argumentiert. Ich habe Ihnen Zahlen genannt, von denen ich glaube, dass man erkennen kann, dass es ein Ungleichgewicht gibt. Auf der einen Seite gibt es eine Armut in den öffentlichen Kassen und einen riesigen Reichtum im Sach- und Geldvermögen, und auf der anderen Seite muss man sich die Architektur unserer Steuersystematik anschauen. Daraus erwächst für uns die Verpflichtung, darüber nachzudenken; dies auch unter dem Aspekt der Gerechtigkeit.

Wenn Sie sich dann auf den Halbteilungsgrundsatz beziehen und ausblenden, dass es durch eine Absenkung im Einkommensteuerbereich Spielraum für eine Vermögensteuer geben wird und dieser jetzt schon da ist, dann sollten Sie dies nicht verschweigen und jetzt so tun, als würden wir unseriös argumentieren. Es geht auch nicht um Glaubensfragen. Wenn jemand aber sein Interview übertitelt „Vermögensteuer ist pures Gift“, dann frage ich mich, wer hier Glaubensbekenntnisse abgibt und wie vor allen Dingen die Glaubensbekenntnisse auf dieser Seite und der anderen Seite der Regierung ablaufen.

Herr Dr. Deubel hat bezeichnender Weise kein Wort zu einer differenzierten Argumentation und Diskussion bei der FDP gesagt. Im Munde führte er nur einige CDUler , die GRÜNEN und die SPD. Insofern ist es richtig zu fragen, ob diese Landesregierung bereit ist, sich auf einen solchen Weg zu begeben, mehr Gerechtigkeit in das Steuersystem einzuführen und damit auf die Frage der Vermögensteuer offensiv mit anzugehen, und zwar durchaus in dem Sinne, dass man fragt: Wie gestaltet man eine Vermögenssteuer, die sich nicht in einer wirtschaftspolitisch unsinnigen Form auswirkt, die aber das Einnahmenproblem der Länder in einem Teilbereich korrigiert und die Voraussetzungen schafft, dass wir für bestimmte wichtige Zukunftsaufgaben auch in den Ländern Geld haben? – Dazu würde ich gern etwas von Ihnen hören, Herr Creutzmann.

(Glocke der Präsidentin – Kuhn, FDP: Wir haben unseren Haus- halt in Ordnung! Wir brauchen keine neue Steuer!)

Wenn Sie sich nicht auf diesen Weg begeben, dann können Sie nur den Weg gehen, den Sie im Moment nicht gern benennen. Dann müssen Sie an die indirekten Steuern heran, an eine Mehrwertsteuererhöhung denken und Ähnliches. Wenn das Ihr Weg ist, dann sage ich, diesen Weg gehen wir nicht mit. Das ist die ungerechteste Steuer, die es geben kann.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Abgeordneter Creutzmann hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Thomas, wir haben den Weg gezeigt. Wir sparen 600 Millionen Euro bei dem Haushalt 2003.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo sparen Sie?)

Wir machen unsere Hausaufgaben ohne Steuererhöhungen.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie sparen im Moment 230 Millionen Euro und mehr nicht!)

Herr Deubel, ich kann Ihnen die Frage beantworten. Wenn wir aus sachlichen Überlegungen die Vermögensteuer ablehnen, halten wir auch nichts von Wettbewerbsföderalismus in dieser Sache. Das ist der falsche Weg. Das heißt, die Länder, die meinen, sie können das Spiel treiben, sollen es machen. Wie Sie sicher gehört haben, sagen einige Bundesländer, wir führen die Vermögensteuer, ohne sie erheben zu wollen, ein. Das ist perfide. Diese profitieren dann über den Finanzausgleich davon. Das habe ich von jemandem gehört. Ich will den Namen nicht nennen. Dieser Vorschlag ist natürlich ganz toll. Die Niedersachsen sollen die Vermögensteuer einführen, und wir profitieren dann über den Länderfinanzausgleich davon. Das kann es natürlich nicht sein.

(Beifall des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Frau Thomas, für die Ablehnung der Vermögensteuer gibt es sachliche Überlegungen. Ich darf Herrn von Weizsäcker aus der „FAZ“ vom 29. November zitieren: Die vorgeschlagene Vermögensteuer bringt im Saldo dem Fiskus nichts. Es wird den Gesamthaushalt zusätzlich belasten.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht doch um die Ausgestaltung!)

Von Weizsäcker weist nach, dass die Einführung einer Vermögensteuer ein geringeres Wachstum des Sozialprodukts nach sich ziehen würde, da die Vermögensteuer gemäß Ihrer Berechnung maximal 0,5 % beträgt.

Ich habe es vorhin schon gesagt: Zwei Prozent Wirtschaftswachstum weniger. – Das heißt, wir haben am Schluss weniger Einnahmen. Das ist das Thema, meine Damen und Herren.

(Beifall der FDP – Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kanzler Schröder hat gesagt, wenn wir die Vermögensteuer für die Betriebe nicht einführen, nutzt das ganze nichts.

(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist doch nicht der liebe Gott!)

Sie können sie noch so sehr in eine Neidsteuer umfunktionieren, es wird nichts bringen. Sie kostet uns Arbeitsplätze. Wir stehen dazu, was Herr Brüderle gesagt hat. Diese Steuer wäre jetzt Gift bei der jetzigen Wirtschaftssituation. Das sagt auch Ihre Frau Scheel: Wenn Sie Herrn Brüderle nicht hören wollen, dann hören Sie vielleicht endlich einmal auf Frau Scheel und stimmen zu.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Jullien.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär, Sie haben bei den Ausführungen den Versuch unternommen zu sagen, dass es zwischen dem Ministerpräsidenten und dem Finanzminister keinen Dissens gebe. Vielleicht lese ich falsche Zitate und muss aus der öffentlichen Wahrnehmung etwas anderes feststellen. Das ist nachzulesen. Finanzminister Mittler hat am 28. November klar und deutlich gesagt, dass er dem Ministerpräsidenten den guten Rat erteilt „an der Wiedereinführung der Vermögensteuer nicht weiter festzuhalten, da er es als reine Zeitvergeudung betrachte“. So lautet seine Aussage. Wenn Sie darin keinen Dissens erkennen, dann weiß ich nicht, was noch ein Dissens ist.

Meine Damen und Herren, heute ist es viel wichtiger, dass wir feststellen, dass es innerhalb dieser Landesregierung ganz grundsätzliche Differenzen im Hinblick auf die Frage nach der Wiedereinführung der Vermögensteuer gibt. Das ist der Grund bzw. der Inhalt der Anfrage, die die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt hat. Es wäre heute wichtig und bedeutend gewesen, von der Landesregierung zu hören, wie sie sich im Hinblick auf die Wiedereinführung der Vermögensteuer verhält. Ich kann nur sagen, von der Landesregierung selbst kam dazu überhaupt nichts. Es wurden weiter Nebelkerzen gezündet. Die FDP hat ihre Position dargelegt. Meine Damen und Herren, das ist die Situation, der Stand, den wir heute festzustellen haben.

Von Herrn Creutzmann wurde sehr deutlich die Frage nach dem Wettbewerbsföderalismus angesprochen. Herr Creutzmann, ich kann Ihre Auffassung unterstützen. Das wird ein steuerlicher Flickenteppich. Den können wir uns in Deutschland überhaupt nicht leisten. Man muss die Frage stellen, welchen Nutzen der Handwerksmeister in Nordrhein-Westfalen von der Wiedereinführung der Vermögenssteuer hat. Er hat davon nur Nachteile. Er hat dadurch nur Probleme, weil er das nicht machen kann, was Großunternehmen und Konzerne machen können, nämlich eine Verlagerung in andere Bundesländer oder ins Ausland.

(Glocke der Präsidentin)

Meine abschließende Forderung an diese Regierung und an die beiden Regierungsfraktionen lautet noch einmal: Überzeugen Sie sich davon, dass es das Schlechteste für die Wirtschaft, für den Mittelstand und für die Menschen in Deutschland wäre, was passieren könnte, wenn es zur Wiedereinführung dieser Neidsteuer, der Vermögensteuer, käme.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Itzek.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte das Ganze wieder etwas auf den Teppich ziehen. Wer behauptet, die Vermögensteuer bis 1996 hätte Betriebe in ihrer Existenz bedroht, hat von der Systematik keine Ahnung. 4,6 Milliarden DM war das Steueraufkommen an der Vermögensteuer in der Bundesrepublik Deutschland. Wenn ich den gesamten Steuerkuchen sehe, ist das eigentlich ein kleiner Bereich im Besteuerungsverfahren. Wir müssen wirklich an die Flickschusterei herangehen.

Ich bin als junger Steuerbeamter in die Verwaltung eingetreten und habe gedacht, eines Tages gibt es die Lösung mit einem einfachen Steuerrecht. Diesen Wunsch habe ich 30 Jahre gehegt. Ich habe ihn mittlerweile in die unterste Schublade gelegt, weil ich zu der Auffassung gelangt bin, es wird nie ein einfaches Steuerrecht geben. Es ist egal, wer es ist. Wir werden keine Kraft haben, es so zu verändern, dass es einfach wird.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Es gibt so viele unterschiedliche Interessen, die im Steuerrecht eingearbeitet werden müssen. Den Glauben habe ich aufgegeben. Herr Jullien, das würde bedeuten, dass wir keine Steuerberater mehr brauchen. Sie müssten sich einen neuen Job suchen.