Protocol of the Session on September 25, 2002

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau KohnleGros, ich habe wie meine Kollegin Frau Brede-Hoffmann einen Dissens festgestellt. Wenn Sie Herrn Professor Dr. Zöllner attestieren, dass er sein Modell weiterentwickele und das gut sei, im gleichen Atemzug aber – das fällt Ihnen nicht schwer – deutlich machen, dass Sie starr am alten System festhalten wollen, dann bringen Sie das bitte einmal zusammen. Bringen Sie das bitte in Verbindung – so habe ich es verstanden, vielleicht aber auch falsch verstanden – mit den zum Teil konstruktiven Bemerkungen von Herrn Lelle. Sie müssen sich entscheiden. Wollen Sie beim alten bleiben? Dann leben Sie in der Steinzeit. Dann werden Sie das deutsche Bildungssystem nicht weiterentwickeln können. Entweder oder.

(Beifall bei FDP und SPD)

Frau Thomas, bitte lesen Sie nicht nur Schlagzeilen, sondern schauen Sie genauer hin. Unser Vorschlag einer notwendigerweise differenzierten fachwissenschaftlichen Ausbildung in der Bachelor-Phase gilt natürlich für die Gymnasiallehrer, aber auch für die anderen Schularten. Herr Professor Dr. Zöllner hat vorhin

Beispiele genannt. Es ist doch klar, dass man sich dieses Anforderungsprofil genau anschauen muss. Dann suchen wir die praktikabelste Lösung. Wir wollen eine bestmögliche fachwissenschaftliche Ausbildung im dualen System, genauso wie es vorgesehen ist. Das wird auch klappen.

(Zuruf der Abg. Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nein, vom Grundsatz her denkt er in dieselbe Richtung, dass wir in der Lage sind, beiden Anforderungen gerecht zu werden.

Jetzt noch etwas zu dieser gespenstischen BachelorMaster-Diskussion. Frau Brede-Hoffmann, klarer als Sie es gesagt haben, kann man es nicht sagen.

(Hartloff, SPD: So ist das immer!)

Das ist absolut eindeutig und richtig.

Was schadet es denn, wenn ein junger Mensch, der nach drei Jahren nicht in diesem System bleiben will und nicht Lehrer werden will, an dieser Stelle eine erste Ausbildung abgeschlossen hat? Diese Menschen, die bewusst nicht in diesem System weiter studieren – ob es viele oder wenige sind, ist schwer vorauszusagen –, weil sie möglicherweise merken, dass sie den Anforderungen, die im Alltag der Schule auf sie zukommen, nicht gewachsen sind, haben dann noch eine Berufschance. Dann können sie unter Umständen ein anderes Studium darauf aufbauen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Sie haben eine Qualifikation erreicht, und das ist doch in Ordnung. Das Gleiche gilt für das, was Herr Minister Zöllner über die Gymnasiallehrer gesagt hat.

Er hat darauf hingewiesen, dass das gemeinsame fachwissenschaftliche Studium der Gymnasiallehrer insbesondere im neuen dualen System den großen Vorteil hat, dass derjenige schon sehr frühzeitig in die Fachwissenschaften gehen kann, der merkt, dass er für diesen Beruf möglicherweise nicht die notwendige Eignung mitbringt. Dann besteht für ihn sehr schnell die Chance, sich ausschließlich fachwissenschaftlich zu konzentrieren.

Das große Problem der Lehrerausbildung ist – das habe ich an dieser Stelle schon einmal gesagt –, dass der point of no return viel zu früh erreicht wird. Dieser Situation wird dieses System – das ist das größte Problem, das wir haben – in besonderem Ausmaß gerecht.

(Beifall der FDP und der SPD)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Kohnle-Gros das Wort.

Ich nehme die Gelegenheit wahr, den einen oder anderen Punkt noch einmal anzusprechen.

Herr Minister Zöllner, Sie haben selbst gesagt, dass das, was der Wissenschaftsrat vorgelegt hat, genau das Gegenteil von dem ist, was Sie für Rheinland-Pfalz entwickelt haben. Das will ich nur noch einmal unterstreichen.

(Pörksen, SPD: Das hat er nicht so gesagt! – Dr. Schmidt, SPD: Das hat er nicht gesagt!)

Das ist aber so. Wenn Sie das nicht glauben, lassen Sie sich das von mir sagen.

In Baden-Württemberg gibt es die pädagogischen Hochschulen. Dort wird es keine Bachelor- und Masterausbildung in der Lehrerausbildung geben.

(Kuhn, FDP: Argumentieren Sie doch einmal in der Sache!)

Dann will ich noch etwas zur Verschulung sagen: Liebe Frau Brede-Hoffmann, Sie haben gesagt, es gebe keine Verschulung. Dann möchte ich einmal wissen, wie ein solcher Bachelorstudiengang „Bildungswissenschaften“ aussehen wird.

Ich bin der Meinung, Sie sollten auch noch ein paar Dinge auf den Tisch legen. Im Grunde genommen treibt Sie bei dieser Debatte nicht nur die Qualität der Schule um, sondern es treibt Sie etwas anderes um, nämlich die zu lange Studiendauer, die uns auch in Rheinland-Pfalz belastet. In allen Veröffentlichungen kann man nachlesen, dass die Studiendauer noch einmal zugenommen hat und wir – das kann man in den Hochschulzeitungen der Hochschulen, die sich in diesem Land mit Lehrerausbildung beschäftigen, nachlesen – ein Qualitätsproblem bei den jungen Menschen haben, die diesen Beruf ergreifen.

Jetzt möchte ich doch noch einen Punkt zu PISA sagen. Ich weiß nicht, ob jemand genau nachgelesen hat, was zu Finnland zu diesen Fragen gesagt worden ist. Es ist offensichtlich so, dass es bei einem Vergleich nicht an der Qualität der Lehrerausbildung in diesem Land hängt, sondern dass es ein ganz anderer Punkt ist, der dort zu einem qualitativ besseren Schulsystem führt. Dort sind in der Schule nämlich viele andere Menschen tätig und nicht nur Lehrerinnen und Lehrer. Dort sind psychologisch ausgebildete, pädagogisch ausgebildete Menschen vorhanden, die sich um spezielle Probleme im Hinblick auf das leistungsschwächere und leistungshöhere Niveau, die sich um soziale Probleme der Kinder und all solche Dinge kümmern. Mir ist immer noch nicht ganz klar geworden, weshalb wir die ganze Problematik, die wir in unserem Land vor uns her tragen, auf die Lehrerinnen und Lehrer abladen und so tun, als ob unbedingt eine Reform notwendig wäre, um – jetzt komme ich wieder auf das Stichwort zurück – die Qualität des Schulsystems zu verbessern.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen und von den Grünen, ich weiß auch nicht, woher Sie den Mut nehmen, dass das, was Sie vorlegen, mit der Qualität der Schule etwas zu tun haben soll. Wo nehmen Sie die Hoffnung her, dass das dann, wenn Sie alles auf den Kopf stellen, nachher besser wird? Meine Damen und Herren, Sie können das empirisch gar nicht beweisen. Sie haben sich etwas ausgedacht, von dem die überwiegende Zahl der damit Beschäftigten im Land sagt: Das wird nichts. Das geht nicht. Das dauert zu lange. Das kostet zu viel Geld. Die Ressourcen haben wir nicht. Es gibt verwaltungsrechtliche Probleme. – Sie kommen und sagen: Das ist der Stein der Weisen. Damit lösen wir die Qualitätsprobleme in der Schule. – Ich halte das schlicht und ergreifend für eine sehr überzogene Argumentation, die mir so nicht passt.

(Mertes, SPD: Das ist im Grund genommen schon Sozialismus! Ganz nah dran!)

Ich will auch mit einem Aspekt auf die Hochschulen im Land insgesamt lenken. Meine Damen und Herren, wenn Sie diese Bachelor- und Mastergeschichte einführen, müssen Sie im Auge behalten, dass Sie den Universitäten im Land einen Schaden zufügen,

(Widerspruch bei der SPD)

weil Sie durch das, was Sie da machen, das Niveau der Universitäten absenken und sie an die Fachhochschulen heranführen. Ich frage mich, was letztlich dann aus denjenigen wird, die diesen Studiengang absolviert haben. Irgendwann stellt sich dann die Frage der Bezahlung und all diese Geschichten. Dann möchte ich einmal sehen, wie Sie sich auf diese Fragen einlassen.

Wenn Sie mir nicht glauben, lesen Sie doch einmal die VBE- und GEW-Stellungnahmen des letzten Jahres und welche Probleme genau dort in Bezug auf Bachelor und Master mit Blick auf das Beamtenverhältnis, die Bezahlung usw. aufgeführt worden sind. Dann sagen Sie uns einmal, wie Sie sich das vorstellen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Aussprache.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Wahl von Mitgliedern des Landtags in die Versammlung der Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter (LPR) Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 14/1134 –

dazu: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 14/1462

Wer dem Wahlvorschlag – Drucksache 14/1462 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist einstimmig der Fall.

Ich rufe nun Punkt 6 der Tagesordnung auf:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes über Ausbildungsvergütungen in der Altenpflege Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/1044 – Erste Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Sozialpolitischen Ausschusses – Drucksache 14/1411 –

Die Fraktionen haben eine Redezeit von 5 Minuten je Fraktion vereinbart.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dröscher das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei diesem Gesetzentwurf geht es vordergründig um die Verlängerung der Aussetzung der Umlageregelung. Wir wissen, dass das Bundesverfassungsgericht immer noch nicht über die seit Mai 2001 durch einstweilige Verfügung – zwischenzeitlich zweimal wiederholt und verlängert – auf Eis liegende Regelung des Altenpflegegesetzes entschieden hat. Im Hauptsacheverfahren ist die Anhörung der Beteiligten und Sachverständigen erfolgt. Eine Entscheidung könnte unter Umständen bis Ende des Jahres zu erwarten sein.

Wir sehen diesen Gesetzentwurf als eine logische Folge dieser Situation an und werden als Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Es geht dabei allerdings um mehr. Es geht um die Ausbildung in einem Beruf in der Pflege, der in den vergangenen Jahren zu einem Aufgabenbereich mit einer hohen Komplexität, zum Beispiel durch die Pflege altersverwirrter Menschen und durch zunehmende Differenzierung und Spezialisierung sowie durch weitergehende medizinische Inhalte wie Intensivpflege und Onkologie, geworden ist.

Die deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie hat die professionelle Pflege eines Menschen so beschrieben, dass das professionelle Handeln in der Pflege zum einen die Anwendung von wissenschaftlich fundiertem Wissen, zum anderen aber auch die Fähigkeit des Sinnverständnisses und Deutens dieses Handelns oder der Lebenssituation ist, Hilfebedarf erkannt werden muss, das Erkennen und Mobilisieren von Ressourcen der älteren Menschen sowie die Planung, Durchführung und Dokumentation wichtig sind. Es wird darüber diskutiert, dass das für die Bewertung einer Pflegesituation eine ganz wichtige Geschichte ist. Auch die Kommunikation mit anderen am Pflegeprozess be

teiligten Berufsgruppen ist sehr wichtig. Das gilt auch für die Gestaltung der Pflegesituation und des Pflegealltags im Lebensraum der Betroffenen. Das kann zu Hause sein, aber auch in einer Einrichtung.

Eine professionelle Pflege – das ist mir ganz wichtig – ist also eine geplante Pflege in Abstimmung mit dem Betroffenen und seinem sozialen Umfeld. Professionelle Pflege berücksichtigt auch – das geschieht viel zu wenig – die Privatsphäre und die Entscheidungskompetenz der Betroffenen.

Hinzu kommt, dass die Konkurrenz um junge Menschen, die eine Ausbildung überhaupt absolvieren wollen, in den nächsten Jahren zunehmen wird. Also wird auch die Konkurrenz für unsere Pflegeschulen zunehmen. Ein Grund dafür ist das Sinken der Zahl der Schulabgänger und weil die Attraktivität der sozialen und pflegerischen Berufe im Moment nicht so sehr im Trend liegt.

Wir müssen die Qualität der Ausbildung nachweisen und diesen Nachweis darstellen können. Dazu müssen wir die notwendigen Rahmenbedingungen, auch die finanziellen, schaffen.