Protocol of the Session on August 29, 2002

Meine Damen und Herren, diese Aussage ist gewagt, wenn Sie sich einen um ein bis zwei Meter höheren Pegelstand an rheinland-pfälzischen Gewässern überhaupt vorstellen können. Hoffen wir, dass wir diesen Vergleich in natura nie anstellen müssen.

Meine Damen und Herren, Vergleiche hinken ohnehin, erst recht, weil wir wissen, dass beispielsweise der Rhein der einzige Fluss ist, der ein funktionierendes Frühwarnsystem hat. Die Elbe kennt überhaupt kein Frühwarnsystem.

In diesen Tagen, Wochen und Monaten, ja, in den kommenden Jahren ist Solidarität mit den von der Flutkatastrophe betroffenen Menschen und mit den betroffenen Regionen gefragt, und es wird sie auch geben. Wie anders könnten wir als Rheinland-Pfälzer uns auch verhalten?

Die Hilfs- und Spendenbereitschaft auch in diesem Land ist riesengroß, wie eine ganze Reihe von Beispielen in diesen Tagen belegt. Auf Rheinland-Pfalz bezogen empfehle ich jedem Parlamentarier, sich doch einmal den Bericht der Enquete-Kommission vorzunehmen.

Der Landtag hat vor sieben Jahren den Bericht in der Drucksache 12/7090 vorgelegt. Der Bericht bildet eine gute Grundlage, um die aktuellen Forderungen des einen oder anderen zu überdenken.

(Beifall des Abg. Kramer, CDU)

Wenn jetzt seitens der SPD und der FDP Forderungen zur künftigen Vorsorge geäußert werden, dann müsste ich eigentlich die Frage stellen, wo Sie in diesen sieben Jahren gewesen sind.

(Beifall bei der CDU)

Wo war diese Regierung in den letzten sieben Jahren?

(Pörksen, SPD: Da würde ich einmal ganz zurückhaltend sein!)

Die Forderungen von damals sind in großen Teilen vom gesamten Parlament aufgestellt worden.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, wir haben schon damals die Festlegung von Überschwemmungsgebieten gefordert.

(Lewentz, SPD: Hahaha!)

Lesen Sie es doch nach. In den Überschwemmungsgebieten darf keine Ausweisung von Baugebieten mehr erfolgen. – Das sind Zitate. Wenn Sie heute in dieser Frage zu runden Tischen einladen, dann muss ich doch wirklich fragen, ob Sie der Zeit hinterherlaufen.

Meine Damen und Herren, das Prinzip Hoffnung bestimmt das eine oder andere. Vor dem Hintergrund der desolaten Haushaltslage muss man wissen, dass im Hochwasserschutz einiges geleistet wurde, was ich auch anerkenne, aber sicher noch vieles möglich wäre.

Herr Kollege Dr. Braun, lassen Sie mich auch deutlich machen, Sie haben eine Behauptung aufgestellt, dass wir zum ersten Mal in der Bundesrepublik Deutschland bzw. auf deutschem Boden mit solchen Hochwasserständen zu tun gehabt hätten. Aus Meißen wird am 30. Juni 1848 von einem noch um 30 Zentimeter höheren Pegelstand berichtet. Die Berichte aus dem Jahr 1799 haben diese noch übertroffen. Beim Rhein haben wir aus den 90er-Jahren Pegelstände von 7,64 Meter. Die 9,17 Meter, die dort gemessen wurden, stammen aus dem Jahr 1882. Hochwasserschutz ist also auch eine Frage ohne Wenn und Aber der Aufmerksamkeit, Entschlossenheit und von Willen und Prioritäten. Politik darf die Betroffenheitsadressen nicht immer erst beim Hochwasser befragen. In der Anstrengung zur Verbesserung im Bodenschutz und im Klimaschutz müssen wir uns ständig optimieren. Dies sind alles gemeinsame Grundlagen. Wir müssen aber auch nicht in Hysterie verfallen.

(Glocke des Präsidenten)

Die CDU hat in den letzten Jahren immer ein Klim aschutzprogramm für Rheinland-Pfalz gefordert, was ich immer vorgetragen habe. Herr Präsident, lassen Sie mich zum Schluss deutlich machen, zur Vorsorge gehört auch, den Schadensfall zu überdenken. Hochwasser wird es auch morgen und übermorgen in RheinlandPfalz geben, auch wenn wir dies nicht hoffen. Ich denke, daher ist der Hinweis auf einen CDU-Antrag aus dem Jahr 1997 wichtig, in dem wir die Einrichtung eines

Hochwasser- und Solidarfonds aus der Konsequenz der Erfahrungen und der Betroffenheit gefordert haben, dass über die Elemtarschadensverordnung in Rheinland-Pfalz den Betroffenen nicht zu helfen ist. Wir müssen umdenken. Die Fondsdebatte im Osten werden die RheinlandPfälzer sehr aufmerksam verfolgen und sie auf das übertragen, was wir in Rheinland-Pfalz für notwendig erachten müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Schleicher-Rothmund das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Licht, Ihrer Frage, wo eigentlich diese Regierung war, muss ich eine Gegenfrage gegenüberstellen: Wo war Ihre Aufmerksamkeit in der Vergangenheit für den Hochwasserschutz?

(Beifall bei SPD und FDP)

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat bereits 1991 mit der Renaturierung von Gewässern begonnen.

(Mertes, SPD: Es gibt doch keinen Polder, gegen den ihr nicht seid!)

Sie hat 1995 ein international beachtetes Hochwasserschutzkonzept vorgelegt. Nun reden wir einmal ganz klar: Das Problem ist oftmals, dieses Konzept vor Ort umzusetzen. Wenn Sie uns hier und heute Ihre Mithilfe dafür versprechen, sind wir sehr dankbar.

(Kramer, CDU: Das ist doch lächerlich!)

Ich kann Ihnen aber Beispiele aufführen, wo dieses Hochwasserschutzkonzept leider nicht so einfach umzusetzen ist.

(Kramer, CDU: Die Daxlander Au haben wir noch gebaut!)

Herr Kramer, es ist gerade recht, dass Sie sich zu Wort melden. Herr Kramer, Sie sind in den Hördter Rheinauen anzutreffen und sagen: Auf keinen Fall dürfen wir die Hördter Rheinauen fluten.

(Beifall bei SPD und FDP – Weitere Zurufe des Abg. Kramer, CDU)

Herr Kramer, jetzt habe ich das Wort. Seien Sie bitte so freundlich und hören mir zu. Sie sind in den Hördter Rheinauen anzutreffen und sagen: Auf keinen Fall die Rheinauen fluten. – Gleichzeitig wird fleißig von Ihrem Kollegen Dr. Gölter ein Flugblatt fabriziert und in Zeiten des Wahlkampfes verteilt, in dem steht: Bloß kein Polder in Mechtersheim. Nehmt die Hördter Rheinauen, sie sind

weitaus günstiger. – Es wäre hilfreich, wenn Sie sich als erstem Schritt einmal innerhalb Ihrer Fraktion auf eine Linie einschwören würden.

(Beifall bei SPD und FDP – Mertes, SPD: Oh ja! Sprecht einmal miteinander! – Zuruf von der CDU)

Es war so, wie ich es sage. Ich habe das Blatt zu Hause. Es wäre auch sehr hilfreich, wenn Sie vor Ort die kommunalpolitischen Vertreter Ihrer Partei einmal auf den Hochwasserschutz in seiner Gänze einschwören würden.

Hochwasserschutz ist ein umfangreiches Konzept. Die Fehler der Vergangenheit sind auch an vielen Flanken geschehen. Es hat Versiegelungen gegeben. Es hat Staustufen und Deichertüchtigungen gegeben.

(Zurufe der Abg. Licht und Kramer, CDU – Zuruf des Ministerpräsident Beck – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, die Rednerin hat das Wort. Es ist wirklich nicht angezeigt, Zwie- oder Trigespräche an der Rednerin vorbei zu führen. – Bitte schön, Frau Kollegin.

Vielen Dank, Herr Präsident.

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat ein umfangreiches und international beachtetes Hochwasserschutzkonzept vorgelegt, das an vielen Flanken angreift, da unsere Hochwassersicherheit an vielen Flanken zerstört worden ist. Es ist die Zielsetzung, wieder zu einer 200jährigen Hochwassersicherheit zu kommen. Dazu gibt es einige Maßnahmen. Es gibt den Polderbau, die Deichertüchtigung, die Deichrückverlegung, aber eben auch die Renaturierung, die „Aktion Blau“ und natürlich die Bauvorsorge.

Ich würde mich freuen, wenn wir beim Thema „Bauvorsorge“ Ihre Unterstützung vor Ort hätten. Es ist nicht die einfachste Übung, einem Kommunalpolitiker klar machen zu wollen, dass im Tiefgestade zu seiner eigenen Sicherheit nicht mehr gebaut werden darf.

(Beifall bei SPD und FDP – Kramer, CDU: Ich werde Ihre Rede verschicken! – Mertes, SPD: Das glaube ich gern! Dann die Hände reiben!)

Herr Kramer, dieses Thema ist für eine sachliche Diskussion geeignet. Es ist wirklich nicht zur Profilierung und Polemisierung geeignet. Wir müssen vielmehr die einzelnen Retentionsräume für sich beurteilen.

(Kramer, CDU: Sie waren es!)

Ich weiß jetzt gar nicht, was Sie meinen. Wir müssen die einzelnen Retentionsräume für sich beurteilen und zu einer sachlichen Entscheidung kommen.

Das Leben am Fluss macht alle Anlieger am Fluss zu einer großen Solidargemeinschaft. Als solches muss dieses Leben auch verstanden werden.

(Itzek, SPD: So ist es!)

Es mutet dann im Übrigen ausgesprochen ignorant an, wenn sich eine Interessengemeinschaft aus Altrip dazu hinreißen lässt, dass die Retentionsräume ihnen nicht zunutze kämen, sondern den Anliegern am Niederrhein dienen würden.