Protocol of the Session on August 29, 2002

Minister noch über Halbeinkünfteverfahren, dann haben wir die Mittelstandskomponente hineingebracht, nämlich einmal den halben Steuersatz bei der Betriebsveräußerung, zum Zweiten die Absenkung natürlich über fünf Jahre hinweg – Politik ist die Kunst des Möglichen – auf 42 Punkte. Das war die rheinland-pfälzische Landesregierung. Diese Schritte bedeuteten noch einmal eine Rückgabe an den Steuerzahler von rund 7,5 Milliarden. Ich kann es nicht mehr genau sagen, jedenfalls war es schon ein Datum, das sich sehen lassen konnte.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, wir verstehen unter einer guten Wirtschaftspolitik keine Blockadepolitik. So kann man keine Wirtschaftspolitik machen. Das gilt übrigens auch für andere, die blockiert haben.

(Beifall bei FDP und SPD)

Das ist das beste Beispiel, wie wir bei der Steuerreform verfahren sind. Sie wollten die Steuerreform, die Sie jetzt nicht ein Jahr aussetzen wollen, eigentlich ganz blockieren.

(Beifall bei FDP und SPD – Abg. Bracht, CDU: Das ist falsch!)

Das muss einmal ehrlicherweise gesagt werden. Herr Bracht, das ist genau richtig. Ich habe den ehemaligen Ministerpräsidenten dieses Landes erlebt, was er dort gemacht hat. Das war so. Sie wollten dies nicht.

(Bracht, CDU: Wir wollten eine andere Steuerreform!)

Die andere Steuerreform war aber nicht zu machen. Ich sage noch einmal: Politik ist die Kunst des Möglichen. – Die Wirtschaft insgesamt im Land braucht verlässliche Rahmenbedingungen.

Meine Damen und Herren, es ist auch klar, egal wie das am 22. September ausgehen wird, es werden weitere Reformen folgen müssen. Die Reformen müssen auch an die Lohnzusatzkosten gehen. Es ist keine Frage, dass man darangehen muss.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Es kann regieren, wer will. Jeder muss den Mut haben, das zu tun.

Meine Damen und Herren, die Steuerreform geht auch nicht am Mittelstand vorbei. Das Gegenteil ist eigentlich richtig. Schauen Sie doch einmal in aller Nüchternheit und Sachlichkeit das jüngste Gutachten des Sachverständigenrats an, der eigentlich ein unverdächtiger Zeuge ist.

(Staatsminister Mittler: So ist es!)

Die fünf „Weisen“ betonen: „Die Steuerreform als Gesamtpaket bevorzugt nicht ausschließlich die großen Kapitalgesellschaften, sondern auch der Mittelstand kann profitieren und wird profitieren.“

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine Damen und Herren von der CDU, eigentlich hätte dies Ihre Bundespartei auch eingesehen, als sie zunächst die Verschiebung der zweiten Stufe der Steuerreform als mittelstandsfeindlich angegriffen hat.

(Glocke der Präsidentin)

Sie sind einen Kurs gefahren, der eigentlich gar nicht nachvollziehbar ist.

Herr Minister Bauckhage, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Lassen Sie mich bitte den Gedanken noch zu Ende führen.

Herr Kollege Creutzmann hat das schon gesagt. Herr Kollege Mertes, man kann das auch alles sehr moralisch machen. Wir beide kennen uns gut. „Der einzige anständige Weg“, auch wir machen anständige Vorschläge. Von daher messe ich das gern Ihrer Emotion zu.

Herr Minister Bauckhage, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, natürlich.

Bitte schön, Herr Jullien.

Herr Minister, Sie haben die Feststellungen der fünf Wirtschaftsweisen angesprochen. Ich frage Sie im Hinblick auf die Umfrage der IHK Koblenz:

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Teilen Sie die Kritik des Ministerpräsidenten an dem Ergebnis dieser Umfrage? Teilen Sie das Ergebnis dieser Umfrage, das ein klares Votum gegen Rotgrün ist?

Herr Jullien, wie Sie werde ich auch zur Wahl gehen. Das ist doch völlig klar. Jeder in diesem Staat hat auch ein Recht, eine Regierung, auch diese Regierung, zu

kritisieren. Jeder hat auch ein Recht, die CDU zu kritisieren.

Der Ministerpräsident hat übrigens eins nicht gemacht. Er hat nicht die Ergebnisse kritisiert. Er hat kritisiert, wer was gemacht hat. Man muss das immer richtig lesen, dann hat man eine andere Geschäftsgrundlage.

(Mertes, SPD: Das ist jetzt zu differenziert!)

Gut, das mag sein.

Meine Damen und Herren, Rheinland-Pfalz hat sich eigentlich immer im Bundesrat so verhalten, wie dieses Land strukturiert ist. Unser Bundesland ist mittelständisch strukturiert. In diesem Bundesland – ich sage das noch einmal in aller Klarheit – in einer Zeit, als die Großindustrie 100.000 Arbeitsplätze abbauen musste, hat allein das rheinland-pfälzische Handwerk über 90.000 neue geschaffen. An dem Beispiel kann man, glaube ich, sehr deutlich erkennen, wer hier Beschäftigungs- und Ausbildungsplatzträger Nummer eins ist, zum Zweiten sieht man sehr deutlich, dass der Mittelstand die Stärke unseres Arbeitsmarkts ist. Dann haben wir uns übrigens auch im Bundesrat bei der Öko-Steuer enthalten. Wir haben uns auch im Bundesrat bei der Öko-Steuer enthalten, damit wir Klarheit haben. Wir haben also immer eine klare Linie für diejenigen gefahren, die in unserem Land die Träger der Wirtschaftsstruktur sind. Das ist der Mittelstand. Dabei lassen wir uns von Ihnen nicht übertreffen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige Worte zum Arbeitsmarkt sagen, weil mir das wichtig erscheint. Außer Zweifel ist bei uns in Deutschland der Arbeitsmarkt sehr stark überreglementiert. Das ist übrigens auch kein Ergebnis der Gesetze der jetzigen Bundesregierung. Man muss immer fair sein. Das ist auch ein Ergebnis der Gesetzgebung der letzten 10, 15 Jahre. Das ist nicht nur ein Ergebnis dieser Bundesregierung. Wenn ich mir den Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz insgesamt anschaue, dann muss man sagen, dann liegen wir – das ist ein wahrer Parameter der Leistungsfähigkeit und der Wirtschaftspolitik in diesem Land und der Arbeitsmarktpolitik – im Schnitt an dritt-, viertgünstigster Stelle. Das bedeutet auch, dass dahinter nicht nur eine statistische Zahl steckt, sondern Menschen. Arbeitslosigkeit ist nicht nur ein finanzielles Problem, sondern ein Problem der Selbstverwirklichung der Menschen. Ich bin deshalb sehr vorsichtig.

(Beifall bei der SPD)

Das hat die Ursache darin, dass dieses Land sehr stark mittelständisch geprägt ist. Es hat auch die Ursache, dass der Mittelstand natürlicherweise sehr robust am Arbeitsmarkt ist. Der Mittelständler hat nicht die Chance eines großen Unternehmers, der ohne weiteres Standorte verlagern kann, die andere aus unterschiedlichen Gründen auch wegen der Rahmenbedingungen verlagert haben. Diese Chance hat der Mittelstand in der Form nicht.

Lassen Sie mich noch ein Wort sagen. Auch die Gesamtkonzepte meiner Kollegin Malu Dreyer am zweiten

Arbeitsmarkt – der zweite Arbeitsmarkt in RheinlandPfalz ist auch ein Stück hin zum ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet – entlasten in entsprechender Form den Mittelstand und haben auch dafür gesorgt, dass im Mittelstand ein guter Arbeitsmarkt ist, der jeden Vergleich mit anderen Bundesländern aushält.

(Beifall bei FDP und SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in unserer Koalitionsvereinbarung in Rheinland-Pfalz haben wir festgelegt, dass eine Enquete-Kommission mit dem Titel „Zukunft der Arbeit in Rheinland-Pfalz im neuen Jahrhundert“ eingesetzt werden soll.

(Zuruf von der CDU: Da kommen Sie auch nicht weiter!)

Aufgabe der Kommission, die sich zur Zeit konstituiert, ist es, nach neuen Möglichkeiten in der Arbeitsmarktund Beschäftigungspolitik zu suchen.

Ich bin mir sicher, auch in diesem Bereich wird Rheinland-Pfalz einen wichtigen Beitrag zur Neugestaltung und Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland leisten können.

Meine Damen und Herren, wir haben es mit einem typischen Wahlkampfantrag zu tun. Ich bin sicher, er wird morgen eine Riesenresonanz in der Presse finden, deshalb muss man eins sagen, das ist hochinteressant, – – –

(Zuruf des Abgeordneten Wirz, CDU)

Ich kann gern etwas dazu sagen, auch zur Frage der Kapitalgesellschaften.

Es ist außer Frage, so auch jetzt bei der Frage, wie man die Hochwasserschäden finanziert, – – –

Ich war schon überrascht – das hat der Kollege Creutzmann schon gesagt –, wie Sie sich verhalten haben. Erst nein, dann ja, dann aber – das war die Höhe – haben Sie gesagt: Wir lassen es jetzt durchgehen, um es am 23. September zu ändern.

Das muss mir einmal jemand erklären.

(Wirz, CDU: Die Finanzierung! Dann sagen Sie dies auch!)

Das ist schwer verständlich.