Protocol of the Session on August 28, 2002

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist beabsichtigt, auch im Geschäftsbereich der Justiz die Altersteilzeit einzuführen. Aufgrund der bundesrechtlichen Vorgaben bedarf es hierzu einer Änderung des Landesrichtergesetzes, weil nur mit Änderung des Landesrichtergesetzes auch für Richterinnen und Richter im Landesdienst die Altersteilzeit eingeführt werden kann, weshalb mit dem vorliegenden Gesetzentwurf diese Regelung angestrebt wird.

Für die Beamtinnen und Beamten im Bereich der Justiz und alle übrigen Bediensteten bedarf es einer Gesetzesänderung nicht, da insoweit bereits das Gesetz in Rheinland-Pfalz entsprechende Regelungen enthält.

Es ist beabsichtigt, die Altersteilzeit im Bereich der Justiz im Blockmodell einzuführen und für alle ab dem 60. Lebensjahr zu ermöglichen. In Ausnahme davon soll sie den Bediensteten im Strafvollzug, beim Werksdienst und beim Mittleren Dienst ab dem 58. Lebensjahr ermöglicht werden. Insoweit wäre ich dankbar, wenn das Parlament dieses Gesetz beschließen könnte.

(Beifall der FDP und der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Baldauf das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zuerst möchte ich klarstellen, dass ein Gesetzentwurf in diesem Bereich längst überfällig war,

(Pörksen, SPD: Ach Gott!)

ist doch die Altersteilzeit in anderen Bereichen schon seit mehr als zwei Jahren eingeführt.

(Pörksen, SPD: Ja, ja!)

Dass allerdings dieser vorliegende Entwurf im Endeffekt lediglich zu einem reinen Personalsteuerungselement verkommt, ist dabei nicht zu akzeptieren. In Bezug auf das Lebensalter, das einzig mögliche Blockmodell, die jetzige Einführung als reines Personalsteuerungselement und die behauptete kostenneutrale Durchführung besteht dringender Ergänzungsbedarf.

Ich komme zum Thema „Lebensalter“. Bei Einführung der Möglichkeit zur Nutzung dieses Instrumentariums ab dem 60. Lebensjahr liegt eine klare Benachteiligung der Richterschaft gegenüber allen anderen Geschäftsbereichen vor, denen ein Antrag schon ab dem 55. Lebensjahr offen steht. Gerade aufgrund der erheblichen Überbelastung der Richterschaft wegen der Personaleinsparungen muss den Richterinnen und Richtern die Möglichkeit gegeben werden, diese an die Grenze der Zumutbarkeit gehende Belastung, wenn auch unter Hinnahme von Einkommenseinbußen, ihren individuellen Verhältnissen anzupassen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Davon kann keine Rede sein, wenn auf jeden Fall bis 62,5 Jahre gearbeitet werden muss.

Zum Blockmodell: Das Gesetz sieht als einzige Möglichkeit vor, den zu erbringenden Dienst im Rahmen des Altersteilzeitmodells zunächst zweieinhalb Jahre vollständig vorab zu erbringen und dann frühestens mit 62,5 Jahren in Pension zu gehen. Dies stellt eine Be

nachteiligung gegenüber allen anderen Beamten dar, die nach § 80 b Landesbeamtengesetz auch halbtags die Altersteilzeit in Anspruch nehmen können. Einen triftigen Grund für diese Abweichung gibt es nicht.

Auch die Landesregierung will dies nur so einführen, um das Personal besser steuern zu können, also um Stellen einzusparen.

Zum Thema „Personalsteuerung“: Dies ist ein völlig verfehltes Ziel; denn es muss bei der Altersteilzeit, wie schon erwähnt, darum gehen, Arbeitsbelastung und durch fortschreitendes Lebensalter bedingte individuelle Verhältnisse miteinander in Einklang zu bringen. Dabei schließen wir uns in vollem Umfang den Forderungen des Deutschen Richterbundes insofern an.

Zum Thema „Kostenneutralität“: Dies ist schon jetzt aufgrund der zum ursprünglichen Entwurf vorgenommenen Änderungen in § 6 b Abs. 1 des vorliegenden Entwurfs wohl kaum der Fall. Ursprünglich war nämlich der Zusatz eingefügt, dass nur „im Rahmen der für Altersteilzeit zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf Antrag die Altersteilzeit bewilligt wird“. Dieser Zusatz fehlt nun.

Insofern erwarten wir vom Ministerium in den Beratungen die Erklärung, wie man dann von Kostenneutralität sprechen kann. Unterstellt man eine solche, kann es sich hierbei kaum um eine Regelung im Sinn der Justiz handeln, wenn durch die Altersteilzeit Arbeitskraft entfällt, ohne sie vollständig kompensieren zu können. Damit wird von vornherein infrage gestellt, ob tatsächlich alle Antragsteller hiervon Gebrauch machen.

Fazit: Wir werden darauf drängen, dass dieser Entwurf noch einmal überarbeitet wird und an § 80 Landesbeamtengesetz angepasst wird, sodass die Altersteilzeit ab Vollendung des 55. Lebensjahres bei Auswahl beider Altersteilzeitmodelle und nicht nur unter Verwendung des Blockmodells möglich ist. Wir werden uns strikt dagegen wehren, dass hierdurch, wie bereits des Öfteren gesagt, in der ohnehin schon unterbesetzten Justiz weitere Personaleinsparungen vorgenommen werden.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Redmer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir laufen ein wenig Gefahr, eine „Teebeutel-Diskussion“ zu führen. Das ist der Aufguss dessen, was wir vorhin diskutiert haben. Die Ausgangspunkte sind klar.

Wir wissen, dass wir nicht mehr Geld haben und nicht mehr verteilen können als das, was im Haushalt zur Verfügung steht. Die CDU ist aber der Meinung, man könne eine ganze Menge mehr Geld investieren. Woher es kommen soll, wird allerdings nicht dazu gesagt.

Bundesgesetzlich gibt es seit 1998 für Vollzeitkräfte auf Landesebene die Möglichkeit, die Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen. Seit dem Jahr 2000 steht diese Möglichkeit auch für Teilzeitkräfte offen. Das Land hat dies in den meisten Bereichen sehr zügig umgesetzt, nicht jedoch für die Richter. Dafür gab es die vorhin bereits diskutierten finanziellen Gesichtspunkte. Wir müssen anerkennen, dass diese Gesichtspunkte nach wie vor gelten.

Daher akzeptieren wir die jetzt vorliegende Regelung, den Gesetzentwurf, den wir auf dem Tisch haben, wohl wissend, dass dies jetzt als Personalsteuerungsinstrument genutzt wird. Warum denn nicht? Was ist daran schlimm, wenn man seine Personalprobleme auf diese Art und Weise besser lösen kann als ohne diese Regelung? Ich denke, insofern werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist genau das Gegenteil von dem, was dieses Instrument eigentlich sein soll!)

Frau Kollegin, ich verstehe Sie leider nicht, deswegen kann ich nicht darauf eingehen. Was ist daran schlimm, wenn die Personalsteuerung, die auch immer sein muss, damit verbunden wird, dass ein Teil der Richter früher Leistungen in Anspruch nehmen kann, als dies bisher der Fall war? Dass dies erst ab dem 60. Lebensjahr gilt, ist aufgrund der genannten fiskalischen Rahmenbedingungen notwendig, genauso, dass es im Blockmodell geschieht. Ich kann sehr wohl die Position des Richterbundes und der Richterräte verstehen, aber es ist nicht anders machbar. Die Betroffenen müssen es dann so akzeptieren, wie wir es vorschlagen.

Ich halte auch die Einschränkungen und genannten Voraussetzungen in § 6 b Abs. 1 für richtig und sinnvoll. Wenn es andere Zeiten gäbe, in denen wir mehr verteilen könnten, dann könnten wir darüber nachdenken. Dies wird aber für etliche Jahre sicherlich nicht der Fall sein.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und FDP – Vizepräsident Dr. Schmidt übernimmt den Vorsitz)

Ich erteile Frau Abgeordneter Grützmacher das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch die Vorredner ist bereits deutlich geworden, die Änderung des Landesrichtergesetzes soll auch für die Richter die Altersteilzeit einführen. Dieses Anliegen begrüßen wir grundsätzlich; denn Altersteilzeit ermöglicht älteren Beschäftigten einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, das heißt, dass ältere

Menschen ihren Kräften entsprechend arbeiten und eingesetzt werden können.

Wir haben schon bei den Beamtinnen und Beamten gesehen, es bedeutet auch, dass seit der Einführung der Altersteilzeit weniger von ihnen wegen Krankheit vorzeitig in den Ruhestand gehen müssen. Gleichzeitig werden durch Altersteilzeit neue Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet, und es wird ein praktischer Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit geleistet; denn auch die Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare sind inzwischen davon betroffen und stärker bedroht als in früheren Jahren.

Meine Damen und Herren, so sollte Altersteilzeit normalerweise gestaltet sein. Aber leider stellt dieser Entwurf das eigentlich gute Anliegen der Altersteilzeit völlig auf den Kopf. Ziel der Änderung ist nicht die Einführung der Altersteilzeit zur Verbesserung der Situation in der Justiz, nein, das eigentliche Ziel ist ganz eindeutig: Es sollen Einsparungen im Justizhaushalt verwirklicht werden.

Herr Redmer hat schon erklärt, zunächst einmal wurde auf unsere Kleine Anfrage hin erklärt, Altersteilzeit könne man bei den Richterinnen und Richtern wegen der Mehrkosten nicht einführen. Jetzt wird es auf einmal dennoch gemacht, und die Landesregierung begründet das Ganze mit Einsparungen. Wie kann das sein? Zuerst Mehrkosten, jetzt Einsparungen? Ganz einfach, wenn Altersteilzeit richtig gemacht würde, dann müsste für die Zeit, in der die Richterinnen und Richter wegen Altersteilzeit nicht mehr arbeiten, neue eingestellt werden. Das kann natürlich manchmal zu Mehrkosten führen. Aber mit diesem Instrument, das Sie vorsehen, läuft es genau andersherum. Herr Minister Mertin hat eine tolle Sparbüchse entdeckt.

Die Richterinnen und Richter, die Altersteilzeit in Anspruch nehmen, können dies nur im Blockmodell. Das muss so sein; denn sonst ist es keine richtige Sparbüchse. Die Richterinnen und Richter, die Altersteilzeit in Anspruch nehmen, haben weiterhin ein volles Deputat, also 100 %, bekommen aber nur 80 % bezahlt. Das heißt, die 20 % werden nicht für Neueinstellungen im Justizbereich ausgegeben, sondern sie fallen in den großen Bauch des Justizhaushalts. Meine Damen und Herren, damit verkommt die eigentlich gute Idee der Altersteilzeit in der Justiz zu einem billigen Haushaltstrick.

(Beifall der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Creutzmann, FDP: Ach, das ist doch überhaupt nicht wahr!)

Natürlich ist das so. Reden Sie einmal mit Minister Zöllner und Ministerin Ahnen, die das mit den Lehrerinnen und Lehrern machen, was ihnen wohl passieren würde, wenn sie diese Form im Schulbereich eingeführt hätten. Das gäbe einen riesigen Skandal.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus ist das Ganze nur eine Scheinlösung, ganz kurzfristig. Erstens haben diejenigen Richterinnen und Richter, die das Blockmodell annehmen, nach der vereinbarten Dauer, also nach

ihrem Ausscheiden meistens zweieinhalb Jahre lang, weiterhin Anspruch auf 80 % ihres Gehalts,

(Creutzmann, FDP: Aber sicher!)

aber ihre Arbeitskraft fällt in diesen zweieinhalb Jahren ganz weg. Dafür sind Neueinstellungen nötig. Wenn man diese nicht macht, dann wird diese Form der Altersteilzeit völlig auf dem Rücken der noch nicht 60-jährigen Richterinnen und Richter ausgetragen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das soll es genau nicht sein, meine Damen und Herren von der FDP und Herr Minister. Ein weiteres Argument ist noch, es findet ein sehr abrupter Arbeitsplatzwechsel statt. Erfahrungen derjenigen, die schon länger im Dienst sind, können nicht an junge Leute weitergegeben werden. Das ist kurzsichtig oder, wie wir GRÜNEN es zu sagen pflegen, keine nachhaltige Politik.

(Creutzmann, FDP: Nur Jammern!)

Natürlich muss auch der Justizhaushalt seinen Beitrag zum Sparen erbringen. Dies ist aber angesichts des Umfangs, mit dem die Justiz am Haushalt beteiligt ist, kaum möglich. Man kann dann die Richterinnen und Richter verstehen, wenn sie sagen, ihren Beitrag zum Sparen hätten sie schon längst geleistet.

Der verzweifelte Versuch des Ministers, mit einem völlig untauglichen Instrument weiter zu sparen, zeugt wieder einmal von der mangelnden Durchsetzungsfähigkeit von Herrn Mertin im Kabinett.

(Creutzmann, FDP: Ach ja!)

Das ist vielleicht schon schlimm genug, aber er diskreditiert damit auf alle Fälle das gute Arbeitsmarktinstrument der Altersteilzeit. Das ist das wirklich Schlimme daran.