Protocol of the Session on June 20, 2002

(Itzek, SPD: Das ist aber sehr oberflächlich!)

Das ist nicht das Auspressen der Steuerzahler, sondern das ist das Herstellen von Steuergerechtigkeit.

Ich bin fest davon überzeugt, dass ein weiterer von Ihnen geplanter Personalabbau nicht zu kompensieren

ist, sondern dass es zum Verlust von Steuergerechtigkeit und zum Verlust von Einnahmen für das Land führt. Das ist ein Weg, den wir so nicht mitgehen werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Finanzämterstatistik zurate ziehen – Herr Itzek, Sie sind einer derjenigen Kollegen, die sich diese anschauen –, dann stellen Sie fest – ich weiß, dass es über Jahre Schwankungen gibt –, dass es natürlich auch rückgehende Mehrergebnisse insgesamt gibt. Ich nenne Ihnen ein paar Zahlen Im Jahr 2000 betrugt das Mehrergebnis insgesamt – Steuerfahndung, Betriebsprüfung, Lohnsteueraußenprüfung, Umsatzsteuersonderprüfung – 2,24 Milliarden DM. Im Jahr 2001 waren das 1,5 Milliarden DM.

(Glocke des Präsidenten)

Man müsste das sicher über alle Jahre vergleichen. Sie können an diesen Zahlen sehen, dass Sie ein Stück Steuergerechtigkeit mit einem konsequenten Abbau nicht mehr einhalten können.

Falls wir noch eine zweite Runde machen, sage ich noch gern etwas über Nachwuchskräfte.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Herr Finanzminister Mittler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verfolge die Debatte deshalb mit großer Verwunderung, weil das, was Herr Kollege Jullien gesagt hat, nichts anderes heißt als: Lasst alles wie es ist! Weiter so!

(Schnabel, CDU: Das hat er nicht gesagt!)

Die Landesregierung hat sich verpflichtet – das war die Vorgabe für die Arbeit der Strategiekommission –, zwei Dinge konsequent zu beachten:

1. Es gibt keinen Rückzug aus der Fläche. Alle Standorte bleiben erhalten.

2. Alle Maßnahmen werden sozialverträglich umgesetzt.

Was wäre denn in diesem Hause los, wenn wir aus den 37 Finanzämtern 5 oder 10 Finanzämter gemacht hätten, was mit einer Schließung in der Fläche verbunden wäre?

(Heiterkeit des Abg. Schnabel, CDU)

Es wird geraten, statt von 11 im Nachhinein nicht auf 4, sondern auf eine Zentrale zurückzugehen.

Herr Jullien, ich empfehle die Lektüre der eigenen Produkte, vor allen Dingen dann, wenn sie nicht älter als

drei Tage sind. Da heißt es: Schon heute hätten viele Steuerzahler Probleme mit den unterschiedlichen Zuständigkeiten von Finanzämtern und Finanzkassen.

Das heißt doch mit anderen Worten: Damit die Bürger Klarheit haben, muss in jedem Amt auch eine Kasse sein, nach Möglichkeit auch im Amt Prüm, im kleinsten Amt.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Meine Damen und Herren, das ist alles substanzlos und mit Schaum vor dem Mund. So werden wir weder die Finanzverwaltung noch die Verwaltung des Landes als Ganzes nach vorn bringen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Weg, den wir seit Jahren in der Finanzverwaltung gehen, der Richtige ist. Wir stellen nicht alles auf den Kopf, sondern gehen schrittweise unter Nutzung aller uns heute zur Verfügung stehenden modernen Instrumente an einem langfristigen Ziel orientiert vor, das lautet: die Effizienz der Steuerverwaltung und Bürgernähe. Wir nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diesem Weg mit. – Das ist die Alternative zu Crashkurs und Stillstand.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich will darauf aufmerksam machen, dass wir im Jahr 1996 in der Finanzverwaltung und für die Finanzverwaltung 484.000 Euro für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen ausgegeben haben. Im Jahr 2000 waren es 1.033.000 Euro. Im Jahr 2001 waren es mehr als 1,5 Millionen Euro.

Damit wird deutlich, dass wir zwei Dinge zugleich tun. Wir entlasten durch Strukturveränderungen die Ämter von Routinearbeiten und schaffen damit die Möglichkeit von Personalabbau in geringer bezahlten und qualitativ weniger anspruchsvollen Tätigkeiten. Wir qualifizieren zugleich die dadurch frei werdenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sehr konsequenter Weise für wichtigere Aufgaben im Interesse der Effizienzsteigerung.

Meine Damen und Herren, man muss sich das vorstellen. 17 von 37 Ämtern haben weniger als 100 Mitarbeiter.

Der niedersächsische Rechnungshof ist in einer Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, 150 sollte die Untergrenze sein.

(Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Wir wollen diesen Weg nicht gehen. Wir wollen ihn deswegen nicht gehen, weil eine solche pauschale Betrachtung nicht in ausreichendem Maß auf die Bedingungen eines Flächenlands Rücksicht nimmt.

Dass wir in 29 von 37 Ämtern ein unterdurchschnittliches Steueraufkommen haben – gerechnet an dem durchschnittlichen Aufkommen, das wir in den rheinlandpfälzischen Ämtern haben, nämlich 461 Millionen Euro im vergangenen Jahr –, macht deutlich, dass wir keine

gesunden Strukturen haben. In jedem Amt gibt es einen Vorsteher. In drei Fällen haben wir jeweils zwei Ämter unter eine einheitliche Leitung gestellt. Wir haben eigene Geschäftsstellen und eigene Ausbildungsleiter. Wir haben überall Sachgebietsleiter, obwohl die Sachgebiete viel zu klein sind, als dass sie wirtschaftlich strukturiert werden könnten. Durch die Zusammenlegung erhalten wir erstmals Strukturen, die eine wirtschaftliche Führung möglich machen.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Meine Damen und Herren, sollen wir auf die Nutzung möglicher Ressourcen verzichten? Sollen wir auf wirtschaftliche Effekte verzichten, die wir erzielen können? Nein, das wollen wir nicht.

Es ist gesagt worden, mit den Vorstehern sei nicht ordentlich umgegangen worden. Ich kann das nicht akzeptieren. Mit allen betroffenen Vorstehern ist im Vorfeld, bevor irgendetwas verlautbart worden ist, gesprochen worden. Sodann hat es am Donnerstag vergangener Woche eine Vorsteherkonferenz gegeben. Ich habe mit keinem einzigen Wort irgendeine Kritik an dem vorgelegten Konzept gehört.

(Jullien, CDU: Lesen Sie keine Zeitung?)

Am Montag hat man über mehrere Stunden mit den Personalräten aus allen Ämtern zusammengesessen. Ich habe dort keine Kritik gehört, obwohl wir eine sehr offene Aussprache miteinander hatten.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Meine Damen und Herren, alle frei werdenden Vorsteher können sich darauf verlassen, dass sie einer ihrer Qualifikation und ihrem bisherigen Status angemessene Weiterbeschäftigung finden.

Ich möchte eine letzte Anmerkung machen. Herr Jullien hat geschrieben, bei den Plänen zur Zusammenlegung von Finanzämtern wird es mit Sicherheit zu Versetzungen in andere Finanzämter kommen. Ich warne den Finanzminister.

(Mertes, SPD: Ist das wirklich wahr?)

Ist es unzumutbar, wenn es dort, wo es notwendig ist, zu Versetzungen vom einen zum anderen Amt kommt? Damit predigen Sie doch das Gesetz des Stillstands. Das ist doch die Philosophie, die dahinter steht.

(Beifall der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Diese Denkweise ist es, die uns in Deutschland seit Jahrzehnten zurückwirft, weil sich nichts verändern darf und alles so bleiben muss, wie es ist.

Deswegen sage ich: Jemand, der den Bediensteten draußen in dieser Weise nach dem Mund redet und auf billigen Populismus macht, wird die Probleme dieses Landes nicht lösen. Das spüren die Mitarbeiter auch.

(Beifall der SPD und der FDP)

Wir hatten am Montag eine sehr offene Aussprache. Von meiner Seite aus ist nichts, was ich für erörterungsbedürftig gehalten habe, unerörtert geblieben. Eine offene Aussprache muss auch sein.