Protocol of the Session on May 16, 2002

Wir brauchen also die Sparkassen, und wir müssen uns gemeinsam – vor allem die Anstaltsträger vor Ort – darum bemühen, möglichst viel vom Charakter der Sparkassen zu erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion konnte sich mit dem Gesetzentwurf noch nicht im Einzelnen beschäftigen. Es fand nur eine erste kursorische Diskussion statt. Ich weise darauf hin, dass sich die Landesregierung bei dem, was sie formuliert hat, an die bundesweite Vereinbarung zwischen den Ländern gehalten hat, das möglichst einvernehmlich zu formulieren.

Es gibt eine Reihe von Einzelpunkten, die über diese Vereinbarung hinaus gehen. Sie gehen auch über die Ankündigung hinaus, die im Ausschuss zweimal gemacht wurde – Herr Minister, von Ihnen, und vom Herrn Staatssekretär –, dass man sich ausschließlich auf diese Formulierungen beschränken wird. Das haben Sie nicht ganz getan. Deshalb müssen wir uns im Ausschuss diese Formulierungen genau anschauen. Da gibt es vielleicht auch die eine oder andere Meinungsverschiedenheit. Das kann ich jetzt noch nicht absehen.

Sie haben gesagt, dass die Verantwortung der Vorstände durch die Vorlage eines Erfolgsplans gestärkt werden soll. Das ist eine solche Veränderung mit Blick auf die neue Situation. Es gibt aber dann auch eine andere Veränderung, die bei uns in der Fraktion zum Teil schon auf Kritik gestoßen ist. Das ist die Frage der Reduzierung der Verantwortung der Verwaltungsräte mit Blick auf die Personalstruktur. In den §§ 8 und 17 haben Sie die bisherige Mitwirkung der Verwaltungsräte bezüglich

des Stellenplans gestrichen. Jetzt wird man möglicherweise sagen, der Stellenplan entspricht eher der alten kommunalen Struktur. In diesem Fall ist eine eindeutige Stärkung der Vorstände erfolgt und eine geringere Kompetenz und zumindest rechtliche Mitwirkungsmöglichkeit der Verwaltungsräte aufgenommen worden. In diesem Umfeld wird es noch einige Diskussionen geben.

Im Grundsatz stehen wir diesem Gesetzentwurf freundlich kritisch und halb zustimmend gegenüber. Das werden aber dann die weiteren Beratungen und die zu gebenden Auskünfte im Einzelnen zeigen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Itzek das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist eigentlich gut, wenn bei einer solch wichtigen Frage wie der Sparkassenlandschaft weitgehende Übereinstimmung dahin gehend besteht, dass die Notwendigkeit und die Wichtigkeit der Sparkassen für den Mittelstand, für viele Teile der Bürgerschaft anerkannt wird und wir alles tun, soweit wir als Parlament dazu in der Lage sind, ihre Stellung zu stärken und Möglichkeiten aufzuzeigen, damit die Sparkassen die Zukunftsaufgaben bewältigen können.

Zunächst zur Abschaffung der Gewährträgerhaftung. Jeder weiß, dass es bisher noch nie einen Fall in der Bundesrepublik Deutschland gegeben habt, bei dem die Gewährträgerhaftung in Anspruch genommen wurde. Mannheim ist eine Frage der Anstaltslast. Es ist eine gute Sache, dass es nie so gekommen ist; denn das wäre schlimm. Das bedeutet aber jetzt für die Sparkassen höhere Refinanzierungskosten. Das muss man wissen.

Die Sparkassen werden derzeit von vier Veränderungen in die Zange genommen. Einmal hat sich das Kundenverhalten verändert. Es ist eine stark abnehmende Kundenloyalität zu verzeichnen. Man geht heute nicht mehr einfach zu seiner Sparkasse und eröffnet dort ein Konto, sondern man geht anstatt zur Sparkasse in Ludwigshafen zur Sparkasse nach Speyer, Neustadt usw. Die Wahlmöglichkeit wird also mehr ausgeschöpft, als das früher der Fall war.

Ferner hat der Kunde anspruchsvollere Bedürfnisse und ist preisbewusster geworden. Er geht nicht mehr einfach zur Sparkasse und lässt sich von dort sein Haus finanzieren, sondern er schaut genau, wo er am günstigsten die Finanzierung erhalten kann.

Neue Wettbewerber darf man auch nicht unterschätzen. Jeder weiß, dass in diesem Bereich sehr viele Geschäfte im Geldbereich abgewickelt werden. Die Sparkasse ist eine so genannte Bringinstitution. Auch hier muss sich

die Sparkasse in Zukunft auf andere Positionen ausrichten können und damit mehr als Dienstleister auftreten. Die Sparkasse wird sich sicherlich auch in dieser Frage verändern.

Natürlich haben sich auch die rechtlichen Rahmenbedingungen verändert. Dazu gehört Basel II, die Bankenaufsicht, der Verbraucherschutz, die Abschaffung der Gewährträgerhaftung und die Modifizierung der Anstaltslast. Natürlich werden auch stärkere Managementvoraussetzungen an die Sparkassenvorstände gestellt. Sie müssen viel flexibler reagieren können, als sie das bisher gewohnt waren. Teilweise waren das auch – ich will das gar nicht beschönigen – öffentlich geführte Unternehmen. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Vorstände noch Beamte waren. So langsam haben sich die Sparkassen erst zu einer richtigen Bank entwickelt. Das wird in Zukunft noch wichtiger sein, als das bisher schon der Fall war.

Ohne Sparkassen und ohne Volksbanken – ich nenne sie in einem Zug, weil ich die Genossenschaftsbanken für genauso wichtig für den Mittelstand ansehe wie die Sparkassen – wäre eine mittelständische Wirtschaft nicht mehr möglich. Wenn man sich einmal die durchschnittliche Umsatzrendite im Mittelstand betrachtet – das ist auch ein Problem unserer deutschen Sparkassen –, stellt man fest, dass sie bei 3 % liegt. 31 % aller Unternehmen erzielen keinen Gewinn. Die Eigenkapitalausstattung ist ebenfalls Besorgnis erregend. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote im Mittelstand liegt bei 7 %, und 37 % aller Unternehmen haben gar kein eigenes Eigenkapital. Das hat eine Analyse des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands bei ungefähr 50.000 Kundenbilanzen ergeben. Das Ergebnis ist erschrekkend. Daran sieht man, dass das Risiko in diesem Bereich für die Sparkassen wesentlich größer wird, als das bisher angenommen wurde.

Durch das Rating wird sich auch der Zinsbereich verändern. Dies einmal deshalb, weil das Rating der Sparkasse ein anderes sein wird, da die Gewährträgerhaftung entfallen ist, und zum anderen deshalb, weil die Sparkasse in Zukunft schauen muss, wie sie ihre eigenen Kunden ratet.

Je höher das Risiko, desto höher muss sie mit Eigenkapital bereitstehen. Es muss auch eine Möglichkeit geschaffen werden – daran arbeiten derzeit die Sparkassen auf Bundesebene –, ein stärkeres Sicherungssystem einzubauen, weil sodann Einzahlungen von Sparkassen erfolgen, damit Risiken abgefedert werden können. Die Sparkassen haben in den nächsten Jahren einiges zu tun.

Ich schließe auch nicht aus – Gott sei Dank gibt es derzeit eine Bewegung –, dass es Fusionen geben wird. Es muss auch Fusionen geben, weil manche Sparkassen in Rheinland-Pfalz in der Relation zu klein und nicht in der Lage sind, sich noch am Markt zu behaupten.

Solche Fusionen kann man allerdings nicht gesetzlich verordnen, sondern sie müssen freiwillig entstehen und hoffentlich nicht, weil bei einer Sparkasse irgendeine Schieflage entstanden ist. Sie muss dann entstehen, wenn sich gemeinsam starke Partner zusammenschlie

ßen und eine neue Sparkasse oder Regionalsparkasse bilden. Man muss offen sein. Das ist eine hohe Verantwortung für die Vorsitzenden der Verwaltungsräte.

Außerdem heißt es auch, von einigen schönen Sachen Abschied zu nehmen, ab und zu mit dem Weihwasserkessel umherzulaufen und das eine oder andere über den Spendentopf der Sparkasse zu finanzieren. Das bedeutet auch Verantwortung für die Verwaltungsräte, weil sie auch auf etwas verzichten. Es werden weniger sein, die aus einer Stadt oder einem Landkreis in einem Verwaltungsrat sitzen.

Außerdem bedeutet es Verantwortung für die Vorstände, weil es plötzlich weniger sind. Es gibt bei drei Sparkassen keine neun Vorstände mehr, sondern vielleicht nur noch drei oder vier. Das bedeutet eine Halbierung der Vorstände.

Es wird auch eine hohe Anforderung an die Mitarbeiter gestellt sein. Ich habe mir die Zahlen angeschaut, die von den Banken veröffentlicht worden sind, und zwar, wie viel Beschäftigte die Großbanken in den nächsten Jahren abbauen werden. Es handelt sich um tausende von Arbeitsplätzen. Sie haben sich damit gebrüstet, welche Erfolgsaussichten es gibt, weil sie damit einen höheren Aktienwert erzielen. Es wird eine besondere Verantwortung auf die Sparkassen zukommen, wie sie in ihrem Bereich das abfedern können, ohne zulasten der Mitarbeiter vorgehen zu müssen. Es wird noch eine sehr interessante Diskussion geben müssen.

Ich habe den Zeitungsartikel auch mitgebracht. Insofern hätten wir ihn austauschen können. Ich war sehr überrascht, wie das in dieser Situation dargestellt worden ist. Wer im Sparkassengeschäft als Verwaltungsrat die Sache verfolgt, weiß, dass die Sparkassen diese Aufgabe der Mittelstandsförderung und der Existenzgründung sehr ernst nehmen und mit großer Verantwortung darangehen.

Ich glaube, man muss sich in Zukunft im Bereich der Sparkasse folgende Frage stellen: Ist meine Sparkasse in der Lage, den Anforderungen der Bürger gerecht zu werden? – Man darf nicht sagen: Ich will meine eigene Sparkasse. Damit meine ich die Gebietskörperschaft.

Wenn man in diesem Bereich schon jahrelang tätig ist, ist man schon ein bisschen mit seiner Sparkasse verwurzelt, und zwar nicht als Eigentümer, sondern man betrachtet sie als Lieblingskind und weiß, was Sparkassen für die Bürger eines Kreises oder einer Stadt tun können, wozu andere Institutionen nicht in der Lage sind.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Ich glaube – hier stimme ich Herrn Gölter zu –, dass wir den Gesetzentwurf zügig in den Ausschüssen beraten können. Es gibt noch ein paar Fragen – ich konnte auch erst kurzfristig in den Gesetzentwurf schauen –, die man sich stellen muss. Die Frage des Stellenplans hat mich nicht verwundert, weil ein Stellenplan auch Bestandteil eines Erfolgsplans sein sollte.

Ich habe mich gewundert, dass gewisse Sachen der Sparkasse, wie zum Beispiel die Stärkung des Verwaltungsrats, die mittelfristige Finanzplanung und die Erfolgsplanung – – – Mir ist bekannt, dass es immer einen solchen Handlungsbedarf für Verwaltungsräte gegeben hat, und zwar ohne gesetzlichen Auftrag, weil ich sonst meiner Funktion als Verwaltungsrat nicht gerecht werde. Ein Stellenplan beinhaltet diese Möglichkeit.

Wir reden alle von Zielvereinbarungen. Natürlich muss man mit einem Vorstand auch eine Zielvereinbarung über die Entwicklung einer Sparkasse für die nächsten Jahre treffen. Insofern ist das vielleicht eine verstärkende Darstellung innerhalb des Gesetzes. Darüber können wir noch diskutieren. Im Interesse der rheinlandpfälzischen Sparkassen freue ich mich auf die Beratung.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da das Gesetz so kurzfristig vorgelegt wurde, redet keiner über das Gesetz, sondern gibt Bekenntnisse zur Sparkasse ab. Lassen Sie mich zunächst einmal auch das Bekenntnis zur Sparkasse ablegen, weil wir ohne Sparkassen keine Förderung von Existenzgründern und vom Mittelstand hätten.

Die Privatbanken ziehen sich zurück. Die privaten Banken, vor allem die Großbanken, haben kein Interesse – das erfahre ich auch aus meinem Umfeld –, die kleinen Selbstständigen und auch diejenigen, die dort als Kreditnehmer angefangen haben, weiter zu betreuen. Dann bleibt natürlich nur noch die Sparkasse oder die Genossenschaftsbank. Ich glaube, es wird sogar immer wichtiger, was die Sparkassen machen. Deswegen wäre es uns recht gewesen, wir hätten die Sparkassen noch mehr unterstützen, also in ihrer Refinanzierung so kostengünstig halten können. Die Gewährträgerhaftung ist durch den Druck aus Brüssel so nicht mehr umzusetzen. Das heißt, auch für die Sparkassen wird die Zukunft schwieriger. (Zuruf des Abg. Schwarz, SPD)

Herr Mertes, die mangelnde Kreditwürdigkeit haben Sie eingebracht. Das kennen Sie wahrscheinlich.

(Mertes, SPD: Nein, das war Herr Schwarz, aber wir sind am gleichen Tag geboren!)

Entschuldigung. Die Entwicklung der Sparkassen könnte uns vielleicht noch egal sein. Es geht aber nicht darum, dass allein die Sparkassen höhere Refinanzierungskosten haben, sondern darum, dass sie auf die Kunden umgelegt werden müssen, sodass die Startbedingungen für die Existenzgründerinnen und -gründer in Zukunft tendenziell schwieriger werden.

Basel II kommt als zusätzliche Belastung. Das Rating wird Geld kosten. Das wird den Mittelstand, die Existenzgründer, aber auch die kleinen mittelständischen Unternehmen Geld kosten. Es wird eine zusätzliche Belastung sein. Wir werden natürlich auch dann unter bestimmten Ratingbedingungen höhere Zinskosten haben. Insgesamt erschweren sich die Bedingungen für den Mittelstand. Umso dringender ist es, dass die Sparkassen gestärkt werden.

Was hier vorliegt, ist ein Kompromiss – soweit ich es überschauen konnte, hat sich auch gegenüber dem Referentenentwurf einiges geändert –, und zwar einerseits privates Kapital mit in die Sicherung einzubauen und andererseits dennoch die öffentliche Hand nicht ganz von den Sparkassen wegzudrängen und die Anstaltslasten weiterhin zu gewährleisten.

Die Frage ist für mich, unter welchen Bedingungen – man muss ganz klar sehen, dass nicht alle in den Verwaltungsräten die entsprechende Erfahrung haben – sollen und können Kommunalpolitikerinnen und -politiker solche Funktionen wahrnehmen, wenn es auf dem Markt enger wird. Sie sollen mehr Verantwortung erhalten. Das finden wir positiv. Dann muss natürlich die entsprechende Schulung stattfinden. Es muss auch klar sein, dass in größeren Verbünden von Sparkassen – Sie haben die Fusionen angesprochen – ein erhöhter Zeitaufwand und ein erhöhter Aufwand an Prüfung notwendig wird, wie beispielsweise in den Aufsichtsräten und Verwaltungsräten von den Stadtwerken.

Das heißt, es kommen neue Belastungen und neue Verantwortlichkeiten auch auf die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker zu. Die Verantwortung begrüßen wir. Man muss sich darauf auch einstellen können.

Insgesamt noch eine Anmerkung zum Verfahren. Wir hätten uns gewünscht, dass wir das Gesetz als Vorabdruck nicht erst gestern oder vorgestern, sondern etwas früher erhalten hätten.

(Zuruf des Abg. Mertes, SPD)

Herr Mertes, den intellektuellen Herausforderungen sind wir gewachsen. Sie haben gemerkt, dass Ihre Fraktion nichts dazu sagen konnte, obwohl Sie früher informiert waren.

Wir würden uns in Zukunft wünschen, dass Sie im Kabinett früher solche Vorlagen entscheiden können, vor allen Dingen, wenn Sie unter Zeitdruck stehen, vor der Sommerpause den Entwurf verabschieden zu müssen. Rein rechtlich und rein gesetzlich muss das erst Ende des Jahres sein. Dann würden wir uns wünschen, dass Sie dem Parlament auch die entsprechende Zeit zugestehen, nicht Sondersitzungen ansetzen und wieder absetzen, sondern dass wir in ein normales Beratungsverfahren gehen können.

Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)