Protocol of the Session on May 16, 2002

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir treten in die Mittagspause ein. Wir setzen die Beratungen um 13:15 Uhr fort.

U n t e r b r e c h u n g d e r S i t z u n g: 12:09 Uhr.

W i e d e r b e g i n n d e r S i t z u n g: 13:17 Uhr.

Meine Damen und Herren! Ich werde zur Einleitung des nächsten Tagesordnungspunkts langsam sprechen, damit wir noch ein bisschen Gelegenheit haben, einige Abgeordnete eintreffen zu lassen.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

...tes Landesgesetz zur Änderung des Sparkassengesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 14/1076 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von 10 Minuten geeinigt.

Zur Begründung des Gesetzentwurfs erteile ich Herrn Staatsminister Bauckhage das Wort.

Frau Präsidentin! Vielleicht gestatten Sie mir ein Wort außerhalb der Tagesordnung.

Wenn alle wüssten, dass diejenigen, die anwesend sind, demnächst mit null Zinsen bei den Sparkassen bedient würden, wären alle anwesend.

(Beifall und Heiterkeit im Hause)

Soll ich das verkünden?

Frau Präsidentin, ich habe gesagt „außerhalb der Tagesordnung“.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung bringt heute den Entwurf eines Siebten Landesgesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes ein.

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang ganz herzlich bei dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr und gleichzeitig auch bei den Fraktionen im Landtag bedanken, dass man hierfür ein bestimmtes zusätzliches Prozedere gewählt hat, um noch insgesamt fristgerecht das Gesetz auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, damit erfüllt die Landesregierung eine Verpflichtung, die die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Europäischen Kommission eingegangen ist. Die Europäische Kommission betrachtet das traditionelle System von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute als eine Beihilfe, die nach dem EG-Vertrag nicht vereinbar ist: Die Haftung der Gewährträger würde die Kreditwürdigkeit dieser Institute erhöhen und somit deren Finanzierungsbedingungen verbessern.

Die Bundesregierung, die Bundesländer und die Sparkassenorganisation haben demgegenüber die Auffassung vertreten, dass diese Haftungssysteme, die seit vielen Jahrzehnten bestehen, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

Meine Damen und Herren, die deutsche Seite hat sich für die Beilegung des Streits mit der Kommission, der aufgrund der unterschiedlichen Auffassung entstanden war, im Wege einer Verständigung entschieden. Sie wollte damit eine möglicherweise langjährige Rechtsunsicherheit vermeiden und einer öffentlichen Diskussion, die für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute nachteilig gewesen wäre, aus dem Weg gehen.

Deshalb kam es am 17. Juli 2001 zwischen der Kommission und der deutschen Verhandlungskommission, in der Vertreter des Bundes und der Länder mitwirkten, zu einer so genannten Verständigung über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung. Nach dieser Verständigung zeigte sich jedoch, dass einzelne Regelungsinhalte von den beiden Seiten – wie es oft im Leben ist – unterschiedlich interpretiert wurden. Daher war es erforderlich, nach langen Verhandlungen am 28. Februar 2002 eine weitere Vereinbarung zu treffen, die als „Schlussfolgerung“ bezeichnet wird.

Auf dieser Grundlage haben die Bundesländer gemeinsam mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband Empfehlungen ausgearbeitet, wie die Regelungen in den Landesgesetzen umgesetzt werden sollen. Diese Em p

fehlungen liegen dem rheinland-pfälzischen Gesetzentwurf zugrunde. Hierdurch wird ein höheres Maß an Rechtssicherheit für die öffentlich-rechtlichen Institute gegenüber der Kommission erreicht.

Ich möchte die beiden wichtigsten Punkte der Vereinbarung mit der EU-Kommission im Einzelnen kurz benennen.

1. Nach dem geltenden Sparkassengesetz haften die Gewährträger für die Verbindlichkeiten der Landesbank, der Westdeutschen Immobilienbank und der Sparkassen uneingeschränkt gegenüber den Gläubigern dieser Institute. Diese Haftung wird aufgegeben.

2. Die Anstaltslast, die sicherstellt, dass die öffentlichrechtlichen Kreditinstitute ihre Aufgaben erfüllen können, wird ersetzt. Die finanzielle Beziehung zwischen den öffentlich-rechtlichen Anstaltsträgern und den öffentlichen Kreditinstituten wird sich künftig nicht mehr von einer normalen wirtschaftlichen Eigentümerbeziehung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen unterscheiden.

Die Vereinbarung mit der Kommission sieht Übergangsregelungen vor, die der Gesetzentwurf der Landesregierung voll ausschöpft. So bleiben bis zum 18. Juli 2005 Anstaltslast und Gewährträgerhaftung in ihrer gegenwärtigen Form erhalten. Während der Übergangsfrist – also bis zum 18. Juli 2005 – entstandene Verbindlichkeiten sind allerdings längstens bis zum Ende des Jahres 2015 durch die Gewährträgerhaftung gedeckt. Die Landesregierung ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die notwendigen Gesetzgebungsmaßnahmen bis zum Ende des Jahres 2002 abgeschlossen sind.

Die vorhin angesprochenen Regelungsbereiche finden Sie in Artikel 2 und Artikel 3 des Gesetzentwurfs der Landesregierung wieder. Sie werden ihre rechtliche Wirkung erst nach Ablauf der Übergangsfrist im Jahr 2005 entfalten.

Die davon nicht betroffenen Gesetzesänderungen sollen bereits in diesem Jahr am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Die wichtigste Änderung besteht darin, dass private juristische Personen Anteile an der Landesbank und der Westdeutschen Immobilienbank erwerben können.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die privaten Anteilseigner vom Land sozusagen beliehen werden. Die Beleihung wird von einer entsprechenden Aufsicht begleitet. Daher besteht keine Gefahr einer unkontrollierten Privatisierung. Anlass für diese Neuregelung war die Absicht des Landes Nordrhein-Westfalen, die WestLB mit Wirkung vom 1. August 2002 in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Ohne die Neuregelung könnte die künftige WestLB AG ihre Anteile an der Landesbank Rheinland-Pfalz und der Westdeutschen Immobilienbank nach diesem Zeitpunkt nicht mehr halten.

Wir haben den Gesetzentwurf auch dazu genutzt, einige Verbesserungen für die rheinland-pfälzischen Sparkassen herbeizuführen. So werden die Vorschriften über die Wirtschaftsführung der Sparkassen modernisiert. Künftig sind alle Sparkassenvorstände verpflichtet, dem Verwaltungsrat jährlich einen Erfolgsplan vorzulegen, der

aus einer mittelfristigen Finanz- und Geschäftsplanung heraus entwickelt werden muss. Dies ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Unternehmenssteuerung der Sparkassen.

Gleichzeitig wird die Verantwortung der Verwaltungsräte für ihre Sparkassen entsprechend gestärkt. Ferner wird ein bilanzrechtlicher Verschmelzungsstichtag eingeführt. Er vereinfacht Sparkassenfusionen und stellt diese Institute in dieser Frage privaten Gesellschaften gleich. Schließlich werden die Bestimmungen über die Verwendung des Vermögens einer Sparkasse nach ihrer Auflösung den dann veränderten Gegebenheiten angepasst.

Die Anhörung zum Referentenentwurf hat gezeigt, dass es zu den meisten Neuregelungen des Gesetzentwurfs einen breiten Konsens gibt. Deshalb habe ich die berechtigte Hoffnung, dass das Gesetzgebungsverfahren zügig durchgeführt werden kann. Das wäre nicht nur für die WestLB als Mitgewährträgerin der Landesbank und der Westdeutschen Immobilienbank von enormen Vorteil. Auch im Interesse der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute des Landes ist es wichtig, dass möglichst bald Klarheit über die Haftungsfragen besteht.

Diese Institute, die für die mittelständische Wirtschaft unseres Landes eine besondere Bedeutung haben, werden ohnehin große Anstrengungen unternehmen müssen, um ihre Geschäftspolitik auf die neuen Bedingungen einstellen zu können. Ich wünsche mir, dass dieser Anpassungsprozess gelingt und die Sparkassen und die Landesbank ihrem Versorgungsauftrag in bewährter Weise nachkommen können.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Gölter das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, alle Fraktionen stimmen überein, dass mit Blick auf die angesprochenen Veränderungen bezüglich der inneren Struktur der Westdeutschen Landesbank die Beratungen im federführenden Ausschuss am 13. Juli abgeschlossen werden können, sodass die abschließende zweite und dritte Lesung in der Plenarsitzung im Juni über die Bühne gehen kann. Ich habe Verständnis für die entstandene knappe Zeit der Vorlage, weil – wie es sich herumgesprochen hat – eine Reihe von Gesprächen vor allen Dingen zur Zukunft der Westdeutschen Immobilienbank in Mainz geführt werden mussten. Dabei gibt es meines Erachtens keine Probleme.

Meine Damen und Herren, ich nenne ganz wenige Stichworte zum Umfeld. Das Umfeld nicht nur der gesamten Bankenlandschaft verändert sich. Sparkassen stehen in besonderem Maße vor Veränderungen und Herausforderungen. Die Eigenkapitalgrundlage vieler

Sparkassen in der Bundesrepublik Deutschland, auch mancher Sparkassen in Rheinland-Pfalz, ist außerordentlich unbefriedigend. Die Ertragslage vieler Sparkassen ist außerordentlich eng und knapp. Das Bankengeschäft verändert sich rapide. Es wird schwieriger, setzt im Einzelnen mehr Sachverstand voraus, wird zeitaufwendiger und dadurch teurer. Sparkassen sind seit langem mit unterschiedlichem Erfolg dabei, sich auf mehr Effizienz, schnellere Bearbeitung und Kosteneinsparungen einzustellen.

Manche halten Fusionen für die generelle Lösung aller Probleme. Bei mancher Fusion gilt aber nicht der Satz, dass zwei Schwache einen Starken ergeben wie in der Mathematik Minus mal Minus Plus ergibt.

Vor diesem Hintergrund kommt Basel hinzu. Unabhängig von unserem heutigen Thema wäre Basel auf die Bankenlandschaft zugekommen. Die Eigenfinanzierung aller Banken und Sparkassen wird teurer. Je schwächer die Ausgangsposition, umso teurer wird sie. Das bedeutet für den Kunden: Je schlechter die Situation des Kunden, umso höher die Nachfrage nach Sicherung und umso höher die Zinsen.

Zur gleichen Zeit ziehen sich die Privatbanken aus traditionellen Arbeitsfeldern zurück. Ein bisschen spitz kann man sagen: Mit dem Tempo des Anwachsens der Vorstandvergütungen hat sich die Schwelle nach oben bewegt, unterhalb derer die Beschäftigung mit Kunden einer großen Privatbank in Deutschland nicht mehr zumutbar ist, wodurch die Aufgaben der Sparkassen und Genossenschaftsbanken zusätzlich erschwert und ihre Bedeutung vergrößert wird.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Mertes, SPD – Böhr, CDU: Genau!)

In diesem Umfeld kommt nun die Neuregelung der Gewährträgerhaftung und der Anstaltslasten.

An dieser Stelle kann ich mir eine kurze Bemerkung bezüglich der deutschen Politik nicht verkneifen, wobei ich gleich dabei sage, damit mich keiner falsch versteht – es gibt manche, die einen sehr gern und sehr schnell bewusst falsch verstehen –, dass sich die Kritik nicht nur auf die Zeit nach 1998 richtet.

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich meiner Meinung nach falsch verhalten, weil sie die Situation in Brüssel falsch eingeschätzt hat. Es wurde vorgegangen nach dem Motto: Wer sind wir denn? Wir werden es Brüssel zeigen. – Das ist eine nicht selten zu beobachtende Eigenart bis hinein in die jüngste Zeit. Dazu zählen der große Einfluss der Nordrhein-Westfalen AG, vor allem des Vorstandsvorsitzenden der nordrheinwestfälischen Landesbank und das Verhalten des Deutschen Sparkassenverbands. Der Deutsche Sparkassenverband hat sich in dieser Frage von den großen, auch international tätigen Sparkassen bestimmen lassen. Man hat geglaubt, wenn man Herrn van Miert los ist und ein anderer kommt, wird man es noch richten können. Das war aber ein Irrtum. Herr Monti ist in dieser Frage genauso hart wie Herr van Miert. Er verbindet italienischen Charme mit großer Härte in der Sache.

Deshalb ist das, was jetzt herausgekommen ist, nicht das, was aus meiner Sicht vor ein paar Jahren noch möglich war, nämlich eine unterschiedliche Behandlung der Landesbanken und der großen international tätigen Sparkassen einerseits und der andererseits ausschließlich regional tätigen Sparkassen vor Ort, die eine entsprechend kontrollierte Selbstverpflichtung hätten eingehen müssen. Jetzt trifft die Verständigung alle. Meine Damen und Herren, diese Verständigung ist im Grunde genommen ein liebenswertes Wort für die Tatsache, dass sich Brüssel in dieser Frage – abgesehen von den Übergangsfristen – in vollem Umfang durchgesetzt hat.

Ich will aus Zeitgründen nicht im Einzelnen inhaltlich das wiederholen, was vom Herrn Minister schon vorgetragen wurde. Ich will nur sagen, wir brauchen die Sparkassen vor dem geschilderten Hintergrund umso mehr.

Ich zitiere aus einer kleinen Studie aus BadenWürttemberg. Ich bitte Herrn Kollegen Dr. Braun um Nachsicht, dass ich sie jetzt zitiere, da er sie nachher auch zitieren will. Diese Studie habe ich in dieser Woche dem „Mannheimer Morgen“ entnommen. Es ist das Kreditverhalten von 1996 bis 1999 untersucht worden. Danach haben in Baden-Württemberg – das ist in Rheinland-Pfalz nicht anders – im genannten Zeitraum die Sparkassen bei der Finanzierung von Existenzgründungen 47 % und die Genossenschaftsbanken 37,3 % übernommen. Wenn die Jahre 2000 und 2001 einbezogen worden wären, lägen die Prozentsätze noch höher.

Wir brauchen also die Sparkassen, und wir müssen uns gemeinsam – vor allem die Anstaltsträger vor Ort – darum bemühen, möglichst viel vom Charakter der Sparkassen zu erhalten.