Aber natürlich nimmt sich die Landesregierung des bundesweit auftretenden Problems sehr engagiert an. Die Gewerbeaufsicht widmet einen erheblichen Teil ihrer Programmarbeit den Arbeitszeiten in Krankenhäusern. Dieses Engagement geschieht ganz maßgeblich zur Gewährleistung einer hochwertigen Patientenversorgung.
Meine sehr verehrten Herren und Damen, es gibt keine Veranlassung, öffentlich Ängste zu schüren, was die Versorgung der Krankenhäuser mit Ärzten und die Sicherheit der Patientenversorgung betrifft. Nach den Angaben des Marburger Bundes waren im vergangenen Jahr von rund 140.000 Stellen für Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern rund 2.000 Stellen nicht besetzt. Dies entspricht etwa 1,5 % und liegt damit im Rahmen einer normalen Pers onalfluktuation.
Wenn ich den Marburger Bund zitiere, wissen Sie genauso gut wie ich, dass mich die Zahlen aus dieser Quelle nicht dem Verdacht aussetzen, dass sie besonders politikfreundlich sind.
Auf Rheinland-Pfalz übertragen bedeutet das etwa 100 unbesetzte Stellen, statistisch gesehen also pro Plankrankenhaus eine Stelle. Im Übrigen reicht nach aktuellen Berichten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung der ärztliche Nachwuchs aus, um bis zum Jahr 2010 die Einwohner-Arzt-Relation konstant zu halten. Dies ist die Situation in Rheinland-Pfalz und im übrigen Bundesgebiet. Daraus leitet sich die wichtigste Botschaft an die Patientinnen und Patienten ab, dass ihre Versorgung in den Krankenhäusern auf qualitativ hohem Niveau auch weiterhin sichergestellt ist.
Frau Ministerin, Sie haben soeben die Zahlen hinsichtlich der ärztlichen Versorgung in Rheinland-Pfalz genannt und gesagt, dass nur 100 Stellen nicht besetzt sind. Wenn man voraussetzt, dass diese Zahlen stimmen und wenn es Probleme mit den Arbeitszeiten für Ärzte in den Krankenhäusern gibt, kann es doch nur so sein, dass die Überwachung der Arbeitszeiten problematisch ist. Auch das haben Sie eingeräumt.
Warum versperrt sich dann das Ministerium – ich weiß nicht, inwiefern Sie für die Koalition sprechen können – dem Vorstoß, die Überwachung und damit die Einhaltung der Arbeitszeiten konsequent durchzusetzen?
Herr Abgeordneter Marz, wenn Sie gestatten, würde ich gern im Lauf meiner Rede auf dieses Thema eingehen. Dies habe ich natürlich dementsprechend vorbereitet, weil es letztendlich auch das Thema Ihres Antrags ist. Ich komme auf dieses Thema noch zurück.
Vorab möchte ich noch ein Wort zu den Entwicklungen im ländlichen Bereich sagen. Natürlich sehen wir, dass Entwicklungen darauf hinweisen, dass das Krankenhaus im ländlichen Bereich nicht mehr der attraktive Arbeitsplatz ist, der er einmal war. Hierzu tragen vielerlei Gründe bei. In einigen Fällen sind es Unsicherheiten für den Krankenhausstandort – dies war beispielsweise in Dahn der Fall –, eingeschränkte fachliche Entwicklungsperspektiven für einzelne Ärzte, mitunter eine geringere Attraktivität des Wohnumfelds und natürlich auch ungünstige Arbeitszeiten.
Die in diesem Zusammenhang auftretenden Probleme werden mit Unterstützung der Landesregierung in Zusammenarbeit mit Krankenkassen und Krankenhausträgern im konkreten Einzelfall einer Lösung zugeführt, und das wissen Sie auch.
Ich nenne beispielhaft noch einmal den Krankenhausstandort Dahn, bei dem ähnliche Probleme aufgetreten sind, die wir wirklich sehr gut gemeinsam lösen konnten.
Unabhängig davon möchte das Ministerium gemeinsam mit der Landesärztekammer, der Krankenhausgesellschaft und der Kassenärztlichen Vereinigung in einer Arbeitsgruppe Maßnahmen entwickeln, um die Arbeits
situation in ländlichen Krankenhäusern attraktiver zu gestalten. Ein diesbezügliches Gespräch mit dem Präs identen der Landesärztekammer war sehr fruchtbar.
Ich habe eingangs gesagt, dass sich die Landesregierung engagiert der Problematik der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes annimmt. Ich möchte nun im Einzelnen noch einmal darauf eingehen. Herr Marz, möglicherweise haben wir unterschiedliche Auffassungen über den Weg der Problemlösung. Das Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz setzt auf einen dialogorientierten Vollzug. Wir wollen nicht gegen die Krankenhäuser und gegen die Krankenhausträger, sondern mit ihnen die Verbesserung der Situation erreichen. Das heißt, dass die Gewerbeaufsicht in Rheinland-Pfalz die Verantwortlichen in den Krankenhäusern über eine bessere Gestaltung von Dienstplänen und Zeitvorgaben berät und dabei unterstützt. Die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes erfolgt dabei ergebnisorientiert, aber zeitlich abgestuft. Die Veränderung von Dienstplänen und Zeitvorgaben erfordert häufig größere Organisations- und Entwicklungsprozesse in der Einrichtung, was nicht von heute auf morgen zu bewerkstelligen ist.
Die Landesregierung hat den Anspruch, dass im Rahmen dieser Prozesse bereits die notwendigen Veränderungen im Hinblick auf die Einführung des diagnoseorientierten Fallpauschalensystems berücksichtigt wird. Die Landesregierung hat darüber hinaus das Bestreben unterstützt, im Rahmen der Einführung der DRGs der Verbesserung der Arbeitszeitvorschriften besondere Beachtung zu schenken. Ich nenne hierbei nur das Stichwort 200 Millionen Euro zusätzlich im Rahmen der Einführung der DRGs.
Da sich die Probleme mit den Arbeitszeiten von Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus bundesweit vergleichbar darstellen, hatte mein Amtsvorgänger das Thema zum Gegenstand der letzten Arbeits- und Sozialministerkonferenz gemacht. Dabei haben sich alle 16 Arbeits- und Sozialminister und -ministerinnen der rheinland-pfälzischen Linie in vollem Umfang angeschlossen.
Eine wesentliche Feststellung der Konferenz war, dass die Einführung der DRGs ab dem Jahr 2003 zu tiefgreifenden Veränderungen im stationären Bereich führen wird. In dieser Situation muss die Durchsetzung des Arbeitszeitrechts mit Augenmaß erfolgen. Ziel ist eine dialogorientierte staatliche Aufsicht, die Gelegenheit gibt, vorbereitende Maßnahmen zur Umsetzung von mit dem Arbeitszeitrecht konformen Arbeitszeitmodellen zu ergreifen. Arbeitszeitberatungen beschleunigen diesen Prozess.
Verehrter Herr Marz, dort, wo Sie wünschen, dass wir mit Bescheiden und Bußgeldern agieren, agieren wir in der Form, dass wir versuchen, gemeinsam mit den Krankenhausträgern und Krankenhäusern zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dieser Weg einschlägig ist.
Verehrte Frau Ministerin, Sie führen aus, dass in der Umsetzung des Fallpauschalensystems vorsichtig mit dem Arbeitszeitgesetz umgegangen werden soll. Zurzeit finden die Kalkulationen für diese Fallpauschalen in den Krankenhäusern statt. Wie können denn diese Kalkulationen den tatsächlichen Kosten entsprechen, wenn man nicht die Stellen besetzt hat, um das Arbeitszeitgesetz einzuhalten?
Das war eine kleine Fehlinterpretation meiner Äußerungen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass die Einführung der DRGs zu Veränderungen der Organis ationen innerhalb der Krankenhäuser führen wird. Unser Ziel ist es, zurzeit in den Organisationsprozessen zur Umsetzung der derzeit gültigen Arbeitszeitregelungen bereits zu berücksichtigen, dass es Veränderungen in der Organisation bei Einführung der DRGs geben wird. Wir versuchen, diesen Prozess im Moment zusammenzubringen.
Natürlich begnügen wir uns nicht mit den durchgeführten Schwerpunktaktionen der Gewerbeaufsicht. Die Gewerbeaufsicht führt ihre Beratungsgespräche mit den betreffenden Krankenhäusern kontinuierlich fort. Im Herbst 2002 wird ein weiteres Landesprojekt der Gewerbeaufsicht in den Krankenhäusern durchgeführt. Es wird überprüft, inwieweit die im Rahmen der Schwerpunktaktion 2001 erstellten Revisionsberichte umgesetzt wurden. Ferner werden mit der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz weitere Gespräche geführt, wie die festgestellten Mängel bei der Arbeitszeitgestaltung abgestellt werden können.
Die Landesregierung sieht es ferner vor allem als notwendig an, dass innovative Ansätze zur Gestaltung der Arbeitszeit in den Krankenhäusern erarbeitet werden. Es müssen verschiedene Arbeitszeitmodelle entwickelt werden, die die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes einhalten. Die vernünftigsten Modelle sollen als „best practice“ propagiert werden.
Sie wissen bereits, in einem Krankenhaus in RheinlandPfalz wird in diesem Jahr eine Arbeitszeitberatung mit dem Einsatz spezieller Fachkräfte modellhaft mitfinanziert. Die Ergebnisse werden den anderen Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt werden.
Neben all diesen Aktivitäten der Landesregierung möchte ich noch ein Wort zu den Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten sagen. In jedem Fall ist natürlich Maßgebliches von den Krankenhäusern und den Tarifvertragsparteien zu leisten. Verantwortlich für den Arbeits- und Gesundheitsschutz ihrer Beschäftigten sind die jeweiligen Krankenhäuser. An die Stelle der gesetzlichen Regelungen in Krankenhäusern treten abweichende tarifvertragliche Regelungen und tarifliche Bestimmungen zur Arbeitszeit. Nach dem derzeitigen Arbeitszeitsystem erhalten viele Ärzte relevante Anteile ihrer Gesamtvergütung aus der Ableistung der Bereitschaftsdienste. Die Tarifvertragsparteien als Verantwortliche für die Tarifverträge sind bei den Tarifverhandlungen daher gefordert, ihre bisherigen tarifvertraglichen Regelungen zur Arbeitszeit im Sinn eines wirksamen Arbeitszeitschutzes der Beschäftigten in den Krankenhäusern zu überprüfen und fortzuentwickeln. Entsprechendes gilt selbstverständlich auch für die kirchlichen Träger. Meine sehr verehrten Damen und Herren, so viel zu dem Thema der Einhaltung des derzeit geltenden Arbeitszeitgesetzes.
Was das Thema der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Behandlung von Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit betrifft, ist aus meiner Sicht noch Folgendes zu sagen: Bundesweit ist die Rechtsprechung noch sehr unterschiedlich. Sie kennen den Vorlagebeschluss des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein zu diesem Thema, der hier eine Klärung herbeiführen möchte. Die Landesregierung stimmt sich auf der Ebene der Arbeitsund Sozialministerkonferenz mit anderen Ländern über das weitere Verfahren ab. Sie unternimmt bereits im Vorgriff auf die erforderliche Klärung so viel wie möglich; denn es ist klar, dass dies für den Fall, dass der EuGH die Rechtsprechung zu den Bereitschaftsdiensten auch auf die deutsche Situation überträgt, zu gravierenden Änderungen führen wird.
Meine sehr verehrten Herren und Damen, es reicht nicht, 15.000 neue Stellen zum Preis von 2 Milliarden DM zu fordern und über die Aufbringung dieser Mittel zu schweigen.
Dieser Vorschlag ist zum jetzigen Zeitpunkt in dieser Form ohne Berücksichtigung der strukturellen Veränderungen, die anstehen, einfach nicht sinnvoll.
Es wird uns nicht gelingen, die Zahl des ärztlichen Personals in Krankenhäusern massiv zu steigern und zugleich die Sozialversicherungsbeiträge zu senken. Wir brauchen Reformen mit Augenmaß, die den Patienten nützen, die Arbeitsbedingungen der Ärzte verbessern, aber die Beitragszahler nicht überfordern.
Daher muss zu Beginn der nächsten Legislaturperiode des Bundestags eine Gesundheitsreform in die Wege geleitet werden, die insbesondere an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ansetzt. Auch hier wird die Landesregierung ihren Beitrag leisten.
Meine Damen und Herren, ich möchte die Fraktionen darauf aufmerksam machen, dass die Ministerin ihre Redezeit um acht Minuten überschritten hat. Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.
Wir kommen nun unmittelbar zur Abstimmung über die beiden Tagesordnungspunkte. Zunächst stimmen wir über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Qualitätssicherung der Versorgung von Patienten und Patientinnen in den Krankenhäusern von RheinlandPfalz durch eine wirksame Überwachung der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes – Drucksache 14/395 – betreffend, ab, da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Ich stelle fest, dass der Antrag mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt ist.
Wir stimmen über den Antrag der Fraktionen der SPD und FDP, Arbeitszeitgestaltung in den Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz – Drucksache 14/432 – betreffend, ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Dieser Antrag wird mit den Stimmen der SPD und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU angenommen.
Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, den Punkt 22 der Tagesordnung vorzuziehen.
Vergleichsarbeiten in Deutsch und Mathematik an rheinland-pfälzischen Grundschulen Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 14/618 –