Protocol of the Session on April 24, 2002

Meine Damen und Herren, wenn hier so getan wird, als sei eine Bewirtschaftungsmaßnahme Teufelszeug, so will ich nur daran erinnern, dass es zu allen Zeiten – auch zur Verantwortungszeit früherer Regierungen – Bewirtschaftungsmaßnahmen gegeben hat. Das ist etwas ganz Norm ales.

(Beifall der SPD und der FDP – Jullien, CDU: Wie ist es denn dazu gekommen?)

Die Steuerschätzung im Mai wird uns einen weiteren Aufschluss geben. So hoffen wir bei aller Vorsicht, die in Bezug auf Prognosen, von wem auch immer sie kommen, angebracht ist.

Aber wir müssen auch sehen, dass die Einnahmenentwicklung nicht losgelöst von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung gesehen werden kann. „Die Konjunktur in Deutschland springt im Frühjahr an beim Export, bei den Investitionen, dem Lagerabbau, der abgebremst ist, und dem privaten Konsum. All das spricht dafür, dass sich der Aufschwung in der zweiten Hälfte dieses Jahres verstärken wird.“

Das sind zwei Sätze aus dem Gutachten der wirtschaftswissenschaftlichen Institute, das gestern veröffentlicht worden ist. Die Institute ziehen daraus einen Schluss in Bezug auf die Steuereinnahmenentwicklung, nämlich den, dass im ersten Halbjahr 2002 die Steuern um 1 % gegenüber dem Vorjahr und im zweiten Halbjahr um 7,2 % wachsen werden.

Wir werden abzuwarten haben, ob die tatsächliche Entwicklung diese Prognose auch bestätigt. Zumindest eins wird allerdings deutlich, dass es schon gute Gründe gibt, dass die noch im Zusammenhang mit der Beratung und der Verabschiedung des Haushalts vorgetragene Forderung der großen Oppositionspartei dieses Hauses nach Vorziehen der Steuerreformstufen 2003 und 2005 auf das Jahr 2002 nichts ist, was aus heutiger Sicht und auch aus der damaligen Sicht verantwortbar wäre.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der FDP – Jullien, CDU: Das ist Ihre Meinung!)

Wir tun vielmehr gut daran, unser waches Auge auf die Entwicklung einzelner Steuerarten zu legen. Es macht schon besorgt, wenn die Gesamteinnahmen aus der Umsatzsteuer im Jahr 2001 um mehr als 10 Milliarden DM noch hinter dem im Mai des vergangenen Jahres bei der offiziellen Steuerschätzung prognostizierten Wert zurück bleiben und wir auch im ersten Quartal dieses Jahres bundesweit einen Rückgang bei der Mehrwertsteuer haben. Das setzt diese negative Tendenz fort, die nicht nur unserer Aufmerksamkeit bedarf, sondern auch der politischen Handlung.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Das Haushaltsjahr 2002 wird ein schwieriges Jahr werden. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, dass es uns nicht aus dem Ruder läuft. Ich

kann Ihnen sagen, was die Ausgabenentwicklung angeht, so liegt das Schiff in ruhigen Wassern. Die Landesregierung lässt die Dinge nicht treiben, sondern sie hat das Heft des Handelns in die Hand genommen. Wir leisten damit einen Beitrag, dass der Gesamtstaat seine Verpflichtungen aus dem europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt erfüllen kann. Darüber hinaus leisten wir einen Beitrag dafür, dass der Weg der Konsolidierung in Rheinland-Pfalz fortgesetzt werden kann. Damit schaffen wir zugleich auch Vorsorge für die kommenden Jahre.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der SPD und der FDP)

Ich freue mich, Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Partnerschaftsschülerinnen und -schüler aus Bourg-en-Bresse – soyez les bienvenu! –, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SPD-Bezirks Ludwigshafen und Mitglieder der IG Bergbau, Chemie, Energie, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Christoph Böhr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Herr Minister Mittler, ich muss offen gestehen, ich bin jetzt ein bisschen hin und her gerissen.

(Dr. Schiffmann, SPD: Sie sehen auch so aus!)

Danke. Herr Kollege, ich mache aus meiner inneren Befindlichkeit auch überhaupt kein Hehl. Das, was Sie vorgetragen haben, war sehr sachlich, sehr nüchtern, aber das war ein steuerpolitischer Sachvortrag, Herr Minister: also Schloss Waldthausen, zweiter Fortbildungskurs für Sparkassenangestellte.

Das war eine Betrachtung im Nachhinein. Es macht jetzt überhaupt keinen Sinn, sich die eine oder andere Zahl, die Sie vorgetragen haben, herauszugreifen und sie zu interpretieren, obwohl sich dazu einige Anlässe ergeben würden. Herr Minister, das Problem ist ein anderes. Wie es der Name schon sagt, Sie sind Minister. Ihre Aufgabe ist nicht, im Nachhinein die Kurve der Steuereinnahmen für Januar, Februar, März, April über 25 Jahre zu beschreiben. Ihre Aufgabe ist es, Zukunft zu gestalten und zu sagen, was wir machen wollen.

(Starker Beifall der CDU und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da ist es jetzt ein bisschen schwer. Der eine redet von der ruhigen Hand. Sie reden vom ruhigen Fahrwasser. Dass Sie das alles gern hätten, kann ich sehr gut ver

stehen, aber die Zeiten sind nicht ruhig, und das Fahrwasser ist nicht ruhig. Die Zeiten sind stürmisch. Da muss man wissen, was man will, wenn man ans Ziel kommen will. Man muss vor allen Dingen ein Ziel haben, das man ansteuert.

(Beifall der CDU)

Gleichwohl – ich habe eben gesagt, ich bin hin und her gerissen – gefällt mir das sehr viel besser – ich finde das auch sehr viel ehrlicher – als das, was erneut Herr Kollege Ramsauer hier geboten hat, meine sehr verehrten Damen und Herren. Allmählich wird mir klar, wie das in Rheinland-Pfalz alles passieren konnte, weil ich fürchte, dass der Kollege Ramsauer, der in dem, was er erneut vorgetragen hat, viel repräsentativer für seine Fraktion ist als der Kollege Mittler ist mit seinem nüchternen und sachlichen Stil. Ich fürchte, dass der Kollege Ramsauer an das glaubt, was er in den Saal hineinbrüllt. Da ist es natürlich kein Wunder, dass man da landet, wo man landet.

(Beifall der CDU)

Deswegen: Herr Kollege Ramsauer, Sie leben in einer anderen Welt. Es hat überhaupt keinen Sinn: Eine Auseinandersetzung mit Ihnen ist nicht möglich, weil Sie eine Welt beschreiben, die es jedenfalls in RheinlandPfalz und Europa nicht mehr gibt.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Diese hat es in Ludwigshafen genauso wenig gegeben, wie es diese im Land Rheinland-Pfalz gibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte noch einmal zwei, drei Sätze zur Chronologie sagen, weil Ihr Ablenkungsmanöver mit unterschiedlicher Strategie von Minister und finanzpolitischem Sprecher sonst verfängt. Aber man muss darauf achten, dass diese Ablenkungsstrategie nicht verfängt. Das muss man zur Chronologie noch einmal in Erinnerung rufen.

Einen Monat vor der Verabschiedung unseres Haushalts gab es ein Angebot der CDU hier im Hause, nämlich erstens gemeinsam über Sparanstrengungen nachzudenken und gegebenenfalls gemeinsam Sparbeschlüsse zu fassen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein solches Angebot aus dem Mund der Opposition so ganz alltäglich nicht ist.

Das zweite Angebot war, den Haushalt vier Wochen zu verschieben. Warum? – Nicht, weil man zu faul gewesen wäre, in den vorgeschriebenen Fristen die Beratungen zu tätigen. Diese waren im Übrigen im Haushalts- und Finanzausschuss schon fast so gut wie abgeschlossen.

(Zuruf des Abg. Itzek, SPD)

Herr Kollege Itzek, sie waren noch nicht abgeschlossen. So gut wie abgeschlossen. Die Abschlusssitzung stand noch aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus einem einzigen Grund gibt es in dieser Frage unsererseits kein Pardon, weil wir alle wussten, dass dieser Haushalt,

wenn er denn so beschlossen wird, wie er beschlossen worden ist, am Tag seiner Verabschiedung sinnlos bedrucktes Papier sein würde. Man nennt dies „Makulatur“. Wir wussten dies alle.

(Beifall der CDU)

Verehrter Herr Minister Mittler, Sie haben es genauso gewusst, wie es Ihre Fraktion gewusst hat. Wir müssen doch nicht über die Motive spekulieren, die Sie bewogen haben zu sagen, wir halten jetzt an unserem Zeitplan fest. Wir haben sogar schon den Termin der Sitzung des Finanzplanungsrats gekannt. Ich habe die Zeitungsausschnitte dabei. Die Zahlen, die Größenordnungen, über die spekuliert wurde, was auf die Länder zukommt, unterscheiden sich so gut wie gar nicht von dem, was Ihr dann in der Sitzung des Finanzplanungsrats besprochen und beschlossen habt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wussten es alle. Trotzdem: Mit dem Kopf durch die Wand. Das Ergebnis haben Sie jetzt. Mit dem Kopf durch die Wand und anschließend nicht nur eine blutige Nase, sondern auch eine Platzwunde an der Stirn. Das ist die größte finanzpolitische Fehlleistung, die ich in diesem Parlament erlebt habe, dem ich inzwischen auch schon ein paar Jahre angehöre.

(Beifall der CDU)

Herr Minister, es kommt ein zweiter Punkt hinzu, der mit Ihren Zahlen überhaupt nichts zu tun hat. Wissen Sie, Sie haben im Haushalt schon jetzt eine globale Minderausgabe von 67 Millionen Euro jährlich. Das ist beachtlich.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme sofort zum Schluss.

Ich kann mich erinnern, wie manch einer von Euch sich den Bauch vor Lachen gehalten hat, als wir einmal eine globale Minderausgabe von 20 Millionen DM oder so vorgeschlagen haben. Diese 67 Millionen haben wir an globaler Minderausgabe. Jetzt kommen 130 Millionen Euro Bewirtschaftungsauflage hinzu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind rund 200 Millionen Euro im Jahr, mal zwei – wir haben einen Doppelhaushalt – sind 400 Millionen Euro in beiden Jahren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind rund 800 Millionen DM, die erstens gespart werden müssen und die zweitens am Parlament vorbei gespart werden müssen.

(Zuruf von der SPD)

Herr Kollege.

Wer entscheidet denn, wo gespart wird? – Das ist doch eine Verhöhnung des Parlaments.

(Beifall der CDU)

Ich bin sofort am Ende. Meine Damen und Herren, am Ende bin ich noch nicht, aber ich muss aufhören.

Wenn ich das so sage, dann ist das keine diffamierende Äußerung. 800 Millionen DM am Parlament vorbei einzusparen. Wer entscheidet denn in Ihrem Ministerium? – Ein Beispiel aus dem Landwirtschaftsbereich haben wir in den letzten Tagen erfahren. Irgendwelche nicht unverantwortlich handelnde, aber dafür nicht legitimierte Beamten entscheiden, wo eingespart wird.