Protocol of the Session on January 24, 2002

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir hatten dieses Thema schon einmal im vergangenen Herbst bei der Diskussion des Sicherheitspakets, Herr Kollege

Schmitt. Damals hatte ich auch das Gefühl, dass Sie nicht auf dem aktuellen Stand der Diskussion waren.

(Schmitt, CDU: Wieso? Hierbei bin ich mehr auf dem aktuellen Stand als Sie! Davon gehe ich aus!)

Ja, Ähnliches musste ich heute feststellen. Trotz der Tatsache, dass wir dieses Thema meines Wissens heute zum dritten Mal auf der Tagesordnung haben, hätten Sie Ihr Redemanuskript aktualisieren und nicht das von vor drei Monaten verwenden sollen. Mit dem, was Sie gesagt haben, sind Sie doch überhaupt nicht auf dem aktuellen Stand der Diskussion.

(Schmitt, CDU: Das werden wir gleich sehen!)

Deshalb werde ich versuchen, die Fakten zusammenzutragen und das darzulegen, weil das ganze zum Teil auch aufgrund der EU-Richtlinien eine Gesetzgebung beinhaltet, die Sie heute in keiner Weise angeschnitten haben.

Eines möchte ich klarmachen: Sie verbreiten nur Panik und machen den Bauern und den Kommunen Angst. Wenn Sie nach außen tragen, dass die ganzen Schutzgebiete für den Vogelschutz, den Naturschutz und die FFH-Gebiete aneinander gereiht werden, müssen Sie sehen, dass dann die Fläche von Rheinland-Pfalz nicht ausreicht. Da haben Sie irgendwo einen Denkfehler.

Meine Damen und Herren, die Große Anfrage der CDU bezieht sich auf die Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie. Auch wenn der Landtag heute die Antwort der Landesregierung hierzu diskutiert, sollten auch die Flora-, Fauna- und Habitatflächen, die so genannten FFHFlächen, behandelt werden. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die EU-Richtlinien für das europäische Biotopnetz Natura 2000 diese beiden Komponenten umfassen. Die gemeinsame Betrachtungsweise empfiehlt sich aus dem Grund, weil sich eine Vielzahl von Regeln und Mechanismen – im Übrigen auch die Handlungsweise der EUKommission – für beide Bereiche gleichartig darstellt.

Ich nehme eines vorweg: Die FDP-Fraktion unterstützt den Schutz, die Pflege, die Erhaltung und die Entwicklung aller natürlichen Ressourcen in Verantwortung für unsere Nachkommen. Ich darf aber daran erinnern, dass bereits sechs Vogelschutzgebiete national ausgewiesen sind und die jetzt in der Diskussion stehenden Gebiete zusätzlich von der Kommission gefordert wurden.

Meine Damen und Herren, die Summe aller Gebietsvorschläge umfasst eine Gesamtfläche von rund 400.000 Hektar, also ungefähr 20 % der Landesfläche. Wohl bemerkt, diese Fläche beinhaltet nicht die bereits vorgeschlagenen FFH-Flächen.

Die Landesregierung hat richtigerweise von Anfang an eine partnerschaftliche Beteiligung aller Interessierten vorgesehen. In einer breit gefächerten Diskussion mit der Öffentlichkeit sollen auch die Auswahlkriterien nochmals auf den Prüfstand gestellt werden.

Grundlagen für die Flächenausweisung sind die IBAKriterien. Für die EU-Kommission werden im Zweifelsfall diese IBA-Kriterien Maßstab ihrer Entscheidung bei eventuellen Beschwerdeverfahren wegen ungenügender Ausweisung sein. Auf dieser Linie bewegt sich im Übrigen auch der Europäische Gerichtshof.

Meine Damen und Herren, wo immer es geht, fordern wir wegen möglicher Einschnitte zulasten der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, aber auch der Kommunen und der gewerblichen Wirtschaft, dass das ökologische Grundanliegen mit ökonomischen und sozialen Belangen abgeglichen wird. Wir müssen uns, wo immer es möglich ist, um eine Reduzierung der zunächst immensen Fläche von ca. 400.000 Hektar bemühen.

Bevor es als weiterer Zwischenschritt vor einer formalen Ausweisung durch die dafür zuständige oberste Landespflegebehörde kommt, fordern wir, dass sich die Bundesregierung mit den Gebietsvorschlägen der Bundesländer befasst. Es geht dabei um Folgendes. Nach Artikel 4 der Vogelschutzrichtlinie hat der Mitgliedstaat – in diesem Fall die Bundesrepublik Deutschland – die geeignetsten Gebiete zu Vogelschutzgebieten zu erklären. Eine bundesweite Abstimmung zwischen den Ländern könnte unter Umständen dazu führen, dass in anderen Bundesländern geeignetere Gebiete als in RheinlandPfalz vorkommen. Wenn man davon ausgeht, dass wir in Rheinland-Pfalz rund 42 % Waldfläche haben, ist das nachvollziehbar.

Es könnte sich daraus ein begründeter Verzicht auf die Meldung rheinland-pfälzischer Gebiete und damit eine Reduzierung der Gesamtfläche ergeben. Zur Ausweisung der Vogelschutzgebiete wäre abschließend zu bemerken, dass nichts unversucht bleiben darf, um möglichst bald zu einer Vorschlagsliste zu kommen. Der Zeitpunkt der Ausweisung ist deshalb wichtig, weil die Verpflichtung, Pläne und Projekte, welche die Vogelschutzgebiete beeinträchtigen können, auf ihre Verträglichkeit zu prüfen, erst nach der formalen Ausweisung zulässig ist. So hat es der Europäische Gerichtshof entschieden.

Meine Damen und Herren, der Antrag der CDU zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten in RheinlandPfalz basiert auf einer nicht zutreffenden Darstellung des Sachverhalts. Es existieren weder unzumutbarer Zeitdruck noch unterschiedliche politische Einschätzungen seitens der berührten Ministerien. Da die Forderung der CDU in diesem Zusammenhang an die Landesregierung bereits Bestandteil der Agenda der Landesregierung ist, wird die FDP-Fraktion diesen Antrag ablehnen.

Meine Damen und Herren, die Mehrzahl der eigentlichen Probleme beginnt erst nach der Ausweisung der Vogelschutzgebiete. Die zentrale Frage, die sich für Land- und Forstwirtschaft gleichermaßen stellt, ist, ob Landwirtschaft und nachhaltige Forstwirtschaft überhaupt noch möglich sind und möglich bleiben. Die Landesregierung hat in ihrer Antwort gesagt, dies sei regelmäßig der Fall.

Ich mache darauf aufmerksam, dass im Bereich FFH die Kommission die Bundesrepublik im April 2000 wegen unzureichender Umsetzung der FFH-Richtlinie deshalb mit einem Beschwerdeverfahren überzogen hat, weil die

landwirtschaftliche Tätigkeit pauschal aus dem Tatbestand des Eingriffs herausgenommen worden ist.

Welche Maßnahmen zusätzlich zu vollbringen oder zu unterlassen sein werden, etwa aufgrund des Schutzstatus eines Naturschutzgebiets, wird man erst durch die so genannten Managementpläne erfahren. Klar ist heute bereits, dass es allein wegen der Ausweisung als Vogelschutzgebiete keinen Ausgleich und keine Unterstützung gibt. Klar ist auch, dass es zu Einschränkungen bei Land- und Forstwirtschaft sowie zu erhöhten Plankosten bei Gemeinden und der Wirtschaft kommen kann, möglicherweise kommen wird. Die Finanzlage der Gemeinden, der Landwirtschaft sowie der kommunalen und privaten Waldbesitzer ist bekanntermaßen mehr als angespannt.

Meine Damen und Herren, insofern ist zu fordern, dass alle Nutzungsbeschränkungen und alle Bewirtschaftungserschwernisse aufgrund der Ausweisung des Natura 2000-Netzes grundsätzlich als entschädigungsfähig und entschädigungswürdig zu erklären und entsprechende Entschädigungsregelungen zu schaffen sind.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, zusammenfassend darf ich festhalten, dass die Landesregierung zu einem schwierigen Thema einen richtigen Weg eingeschlagen hat. Dieser Weg ist jedoch nicht zu Ende. Ich denke, dass Frau Ministerin Conrad in ihrer letzten Erklärung den richtigen Weg vorgezeigt hat, nämlich miteinander die Bewirtschaftung der Flächen zu ermöglichen.

Lieber Kollege Schmitt, deshalb sehen Sie es mir bitte nach, wenn ich sage, Sie waren und sind nicht auf dem aktuellen Stand.

Ziel muss es sein, in Kooperation mit den Betroffenen zu tragfähigen und finanziell zumutbaren Lösungen zu kommen, auch in Zukunft eine normale Bodenbewirtschaftung bei Land- und Forstwirtschaft zu garantieren und den Schutz des Eigentums zu sichern.

Vielen Dank. (Beifall der FDP und der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Ebli.

Herr Staatssekretär, gestatten Sie, dass ich noch kurze Ausführungen zum Thema „Landwirtschaft“ mache.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Es steht mir sicherlich nicht zu, zu kritisieren, dass die CDU einen Antrag gestellt hat, nachdem sie eine umfassende Antwort auf ihre Große Anfrage bereits erhalten hat. Es ist das gute Recht einer jeden Fraktion, aus den Antworten zu lernen, sie zu hinterfragen und Anträge zu formulieren.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Herr Kollege Schmitt, das erstaunt mich nicht. Mich hat nur erstaunt, als ich auf das Datum des Antrags geschaut und dann – man informiert sich und will auf dem neuesten aktuellen Stand sein – festgestellt habe, dass der Antrag just an diesem Tag gestellt wurde, als die Bauernverbände, die Vertreter, die Funktionäre, im Umweltministerium waren.

(Schmitt, CDU: Welche Zufälle!)

Wie ich meine, wurde ein sehr guter Konsens zum Umgang mit den Vogelschutzrichtlinien getroffen. Man hat sich auf einer guten Basis geeinigt.

Just an diesem Tag kommt dieser Antrag.

(Zurufe von der CDU)

Das hat mich erstaunt, aber eigentlich doch wieder nicht, wenn man die Verflechtungen kennt. Wenn ich mir den Antrag insgesamt anschaue, haben Sie eine Schieflage erreicht, als wären Sie im Prototyp des Pendolinos gefahren. Sehen Sie es mir nach.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Stretz, SPD)

Herr Kollege Stretz, ich habe Pendolino gesagt und das auch so gemeint.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir bekennen uns ausdrücklich zum Aufbau eines europaweiten Schutzgebiets Natura 2000. Sie wissen, dass dies kein rheinland-pfälzischer Alleingang ist. Die Umsetzung kann nur im Konsens mit unseren europäischen Nachbarländern geschehen. Dabei ist uns natürlich der Dialog in und mit den Regionen sowie den Verbänden äußerst wichtig.

Aus agrarpolitischer Sicht ist ganz wichtig, dass eine landwirtschaftliche Nutzung in den ausgewiesenen Schutzgebieten grundsätzlich möglich bleiben muss. Herr Kollege Schmitt, sollten sich dennoch in der einen oder anderen Region Nutzungseinschränkungen ergeben, die über die gute fachliche Praxis hinausgehen, muss natürlich eine entsprechende Ausgleichszahlung erfolgen, wie sie beispielsweise in den Modulationsflächen vorgesehen ist. Die Umwandlung von Wiesen in Ackerland soll natürlich auch grundsätzlich möglich bleiben – das wissen Sie –, genauso wie die landwirtschaftliche Nutzung keinen Eingriffstatbestand darstellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, wir brauchen keine belehrenden Funktionäre der Bauernverbände, die meinen, uns darauf hinweisen zu müssen, dass Mensch und Tier nur miteinander leben können. Wir brauchen auch nicht die Belehrung, dass Vogelschutz nur durch die Arbeit von Bauern, Winzern und Forstleuten möglich ist.

(Zuruf des Abg. Schmitt, CDU)

Ich glaube das eigentlich schon. Ich wundere mich, wenn ich in der Region oder in der Kommune die örtlichen Auseinandersetzungen zwischen Vogelschutzverein, Landwirten und Winzern erfahre. Ich bin manchmal

schon irritiert. Wenn ich Ihre Ausführungen verfolge, wundert mich die Irritation zwischen den einzelnen Interessenvertretern nicht.

(Glocke der Präsidentin)

Wenn ich mir allerdings den Antrag der CDU anschaue, dann wundert mich überhaupt nichts mehr. Im Grunde werden acht von Ihren Forderungen voll erfüllt. Die neunte ist eine reine Provokation. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine, wer die Interessen der Landwirtschaft, der Weinbaubetriebe – –

(Glocke der Präsidentin)

Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.