Wir haben das Problem nicht nur landes-, bundes-, sondern europaweit. Dies wird – Herr Kollege, Sie haben es angesprochen – durch das EU-Gerichtsurteil betreffend Valencia deutlich. Valencia ist nicht RheinlandPfalz. Valencia liegt auch nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern im fernen Südeuropa. Diese Problematik geht quer durch Europa.
Wir werden mit Spannung darauf warten, wie sich das Bundesgesundheitsministerium über die Rechtsfolgen dieses Urteils äußern wird. Die Wartezeit ist lang genug. Das sage ich kritisch in Richtung Berlin. Wir hätten erwartet, dass wir früher, als dies offensichtlich der Fall ist, Rechtsklarheit erhalten.
Meine Damen und Herren, es besteht zweifelsohne Handlungsbedarf, und zwar in erster Linie in Verantwortung für die Patienten. Das geht natürlich nicht ohne die Verantwortung für die Ärzte. Wir können uns allerdings nicht dazu durchringen, in einem Schnellschuss opportunistisch Maßnahmen zu empfehlen, von denen wir nicht wissen, wie sie letztendlich finanziert werden sollen.
Deshalb haben wir einen Alternativantrag zu der Problematik eingebracht, der zunächst einmal die Rechtsklarheit des EU-Urteils zur Problematik hat, die Kosten einer Ärztevermehrung in dem eventuell möglichen Ausmaß eruieren lassen will und die Schwerpunktaktion Arbeitszeit in Krankenhäusern durch die Gewerbeaufsicht alsbald ausgewertet wissen will, um daraus auch auf sachlichem Boden entsprechende Konsequenzen ziehen zu wollen.
Wir verweisen auf die Einführung des DRG-Systems, das die Krankenhauslandschaft sicherlich nachhaltig verändern wird und auch in der Ärzteversorgung zu Konsequenzen führen will. Wir empfehlen, dass schnellstens alle Krankenhausmodelle, die dieser Problematik dienen, ausgewertet werden, um auch daraus Kons equenzen zu ziehen.
Meine Damen und Herren, unser Antrag enthält noch einige weitere Punkte. Ich möchte diese angesichts der Zeit nicht mehr ansprechen, sondern verweise nur darauf.
Ich meine, dass wir mit unserem Antrag eine fundierte Grundlage für einen verantwortungsvollen und auch bezahlbaren Umgang mit der Problem atik schaffen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrte Damen und Herren! Das, was uns Lobbyisten, insbesondere Herr Montgomery vom Marburger Bund, vorstellen, und das, was auch im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Ausdruck kommt, ist eine sehr stark überzogene Beschreibung einer Situation, die – ich gebe Herrn Brinkmann Recht – selbstverständlich problematisiert werden muss und die niemand gutheißen kann. Aber die Dinge, die Herr Montgomery in lobbyistischer Zuspitzung, die er vielleicht in seiner Position braucht, präsentiert, erwecken den Eindruck, als ob jedermann sieben Tage pro Woche 24 Stunden arbeitet und zusätzlich noch die Nacht. Das ist dermaßen auch in den Forderungen überzogen, die Herr Montgomery an die Politik und an das Gesundheits- und Versicherungssystem richtet.
Jeder weiß, dass es nicht geht. Die Forderungen sind unrealistisch. Es gibt die Ärzte nicht, die gefordert werden. Das Gesundheitssystem wäre in jeder Beziehung überfordert, finanziell, organisatorisch und so weiter, solche Dinge zu realisieren. Das wissen Sie auch, Herr Marz. Das weiß auch die CDU, Herr Dr. Enders.
Ihr Vorwurf, dass die Dinge vielleicht etwas schleppend in Gang gekommen sind, mag durchaus zutreffen, Herr Enders. Das konstatiere ich gern. Ich glaube aber, man muss die Position des Gesundheitsministeriums seriös annehmen, dass man in dieser Situation nicht mit einem Schnellschuss antworten kann.
Es wurde immer wieder auf das spanische Urteil Bezug genommen. Ich mache mir den Spaß, die Rechtssache zu verlesen – C/303/98 –: „Sindicato de Médicos de Asistencia Pública (Simap) gegen Conselleria de Sanidad y Consumo de la Generalidad Valenciana.“
Meine Damen und Herren, wir wollen das Kind nicht mit dem Bad ausschütten. Das deutsche Gesundheitssystem ist bei aller durchaus berechtigten Detailkritik, das rheinland-pfälzische insbesondere, ein Gesundheitssystem mit außergewöhnlich hohem Leistungsstandard. Das kann man rauf und runterreden, arm und reich, ich stehe dazu. Wir haben kompetente Krankenhausangestellte, hervorragend ausgestattete Krankenhäuser, und wir haben kompetente Ärzte.
Meine Damen und Herren, die Frage der Bereitschaftszeiten ist kein eindimensionales Problem. Ein Punkt wurde schon aufgeführt. Es gibt viele, gerade junge Ärzte, die die Bereitschaftszeiten nutzen, um ihre Gehaltssituation aufzubessern. Das muss auch nicht in dem Maß über die gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten hinausgehen. Es gibt Arbeitszeit-, Bereitschaftszeitm odelle, die ganz klar unterscheiden. Das wissen Sie doch. Sie waren doch lange genug dabei: A-, B-, C-, D-Zeiten, bei denen dann in unterschiedlichem Maß die geleisteten Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit gerechnet werden. Es ist doch nicht so, dass grundsätzlich die Dinge so betrieben werden, dass jeder in Ausnutzung seiner Arbeitskraft seine 38 Stunden bezahlt bekommt und darüber hinaus nichts fließt. Das wissen Sie sehr genau.
Herr Dr. Schmitz, weil Sie so lustig waren, eine Zwischenfrage: Geben Sie zu, dass im Gegensatz zu den anderen Ärzten der Zahnarzt von der Hand in den Mund lebt?
Meine Damen und Herren, um auch das Publikum nicht überzustrapazieren, darf ich mir noch den Hinweis erlauben, dass der insgesamt hohe Finanzbedarf, den das Gesundheitssystem nun einmal mit sich bringt, unter den Aspekten, die wir heute Morgen sehr ausführlich besprochen haben – Stichwort: Soziallast, Lohnnebenkosten –, nicht über Gebühr weiter beansprucht werden darf. Platte Forderungen verschließen sich daher an sich von selbst.
Die Punkte, die im gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD und FDP zum Ausdruck kommen, die sieben Punkte, die ich jetzt nicht vortragen möchte, wie ich es ursprünglich geplant habe – jeder ist in der Lage zu lesen – gehen sehr detailliert, sehr seriös auf die Problematik ein. Wir sind sicherlich dann wieder auf gemeinsamem Boden, wenn wir gemeinsam versuchen, diese sieben Punkte einer seriösen Lösung zuzuführen.
Es kann nicht darum gehen, Dinge schönzureden. Es kann auch nicht darum gehen, Dinge, aus welchen Gründen auch immer, in einer Art und Weise zu dram atisieren, die den Leuten, die davon hören, Angst machen muss. Sie müssen mit Entsetzen in rheinland-pfälzische Krankenhäuser gehen, wenn Sie der Diskussion zum Teil folgen.
Meine Damen und Herren, ein kleiner und erster Erfolg, der auch zeigt, dass dieses Problem aufgegriffen wurde, konnte im Dezember letzten Jahres durch die Änderung der Bundespflegesatzverordnung ein wenig symbolhaft angegangen werden. Es gab immerhin 100 Millionen Euro, die jetzt auf die Häuser verteilt werden sollen, die tatsächlich unter den deutschen Gerichtsurteilen, ich will nicht sagen leiden, für die diese Urteile zutreffen. Im Jahr 2004 ist noch einmal der gleiche Betrag vorgesehen, natürlich nur, wenn die Kliniken die Mittel an anderer Stelle einsparen. Das bringt mich zu einem Punkt, der in der Diskussion wirklich eine zentrale Rolle spielt. Das sind die DRGs.
Wir setzen alle große Hoffnung in diese Systeme. Wir wissen, dass das nicht Fallpauschalsysteme sein dürfen, die nur kostendämpfend wirken sollen. Das sind Systeme, die sehr stark qualitäts- und leistungsorientiert ausgerichtet sind und die auch mit genügend langer Vorbereitungs- und Anlaufzeit wohl in der Lage sein dürften, die Krankenhauslandschaft positiv zu verbessern.
Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion sieht den Zwang zu einer höheren Wirtschaftlichkeit in den Krankenhäusern. Sie sieht auch den Zwang zu zunehmendem Wettbewerb. Das empfinden wir als gut. Ich glaube, das ist auch ein Ansatzpunkt, der die Frage der Neudefinition von Betriebs- oder Arbeitszeiten leichter mit regeln lässt.
Herr Kollege Dr. Schmitz, man muss diese Mär richtigstellen, die auch Herr Brinkmann ins Spiel gebracht hat, dass junge Ärzte die Bereitschaftsgelder in die Lebensplanung einplanen. Dazu kann ich nur eins sagen: Würden die Bereitschaftsdienstzeiten entsprechend vergütet, dann bräuchte niemand diese horrenden Überstunden zu leisten. Das ist das eine.
Zum anderen: Ich will Ihnen als Kollege von der zahnärztlichen Zunft zugute halten, dass Sie vom Krankenhaus keine große Ahnung haben. Ich habe 20 Jahre diesen Dienst mitgemacht. Ich habe das 20 Jahre erlebt. Schauen Sie sich einmal ein operatives Fach an einer großen Universitätsklinik an, was es dort an Arbeitsbelastung heißt. Ich habe Zeiten in der Herz-Chirurgie erlebt: Regulärer Dienstbeginn Freitagmorgens um 7:30 Uhr und kam Montagabends um 19:00 Uhr nach Hause. – Dazwischen habe ich, wenn ich Glück hatte, einmal zwei Stunden schlafen können. Das ist aber nicht das Problem.
Wenn Sie dann aber noch sagen, aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen, aus Kostengründen dürfen wir diese Forderung des Marburger Bundes nicht durchsetzen, dann muss ich wirklich fragen: Wo liegt Ihre Verantwortung? Es kann doch nicht sein, dass bei der entscheidenden Dienstgruppe im Krankenhaus, wo es um Tod oder Leben geht, gerade bei den Ärzten eingespart wird.
Wir haben aus gutem Grund schon vor Jahren bei den Krankenschwestern im Pflegebereich den Schichtdienst eingeführt. Aus guten Gründen. Das gilt natürlich zuvorderst auch für die entscheidende Funktion im Krankenhaus, für den Arzt. Der Arzt entscheidet über das Wohl
Sicherlich kann man im Gesundheitswesen einsparen, aber doch nicht am Personal, Herr Dr. Schmitz. Es gibt andere Einsparmöglichkeiten.
Meine Damen und Herren, verehrter Herr Kollege Altherr, Sie haben gerade, als es spannend wurde, Ihre Rede beendet. Es gibt andere Möglichkeiten, das waren Ihre letzten Worte. Ich bedauere sehr, dass Sie an dieser Stelle nicht fortgesetzt haben.
Ihre Frotzelei unter Kollegen nehme ich gern an. Das geht in Ordnung. Aber Sie müssen mir schon glauben, dass wir diese Problematik, die Herr Kollege Enders aufgezeigt hat, nicht wegdrücken wollen.
Oh, nein, ich bitte Sie! Es geht mir um die Frage von 15.000 Ärzten. Sie sind der Meinung, dass 15.000 Ärzte zusätzlich ins deutsche Krankenhaussystem gehören. Habe ich Sie richtig verstanden, Herr Dr. Altherr?