Protocol of the Session on January 23, 2002

Herr Minister Zuber, bitte unterlassen Sie doch immer wieder diese Hinweise auf die konjunkturelle Lage. Die konjunkturelle Lage ist, wenn sie nach unten geht, dazu geeignet, die Talfahrt der rheinland-pfälzischen Kommunen noch zu beschleunigen. Aber die Struktur der Finanzausstattung der rheinland-pfälzischen Kommunen geht unabhängig von der konjunkturellen Lage nach unten, und dafür sind Sie verantwortlich.

Danke.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Kollege Creutzmann.

(Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schlägt man das „Handelsblatt“ vom 21. Januar auf, ist man über eine Schlagzeile verwundert: „Haushaltsüberschuss der Gemeinden schrumpft“.

In dem Beitrag ist zu lesen, dass die Kommunen anders als Bund und Länder, die im vergangenen Jahr erhebliche Defizite verbuchen mussten, das Jahr 2001 mit einem Haushaltsüberschuss von 1,1 Milliarden Euro abgeschlossen haben.

(Schnabel, CDU: Aber doch nicht in Rheinland-Pfalz! Das ist doch Quatsch!)

Dies belegen die vom Statistischen Bundesamt vorgelegten vorläufigen Daten für das Jahr 2001.

Zwar ist dies das schlechteste Ergebnis seit 1998, aber immerhin ein Plus. Der Sachverständigenrat hat im November noch ein Minus von 2,7 Milliarden Euro prognostiziert.

In dem Beitrag im „Handelsblatt“ heißt es weiter: „Den scheinbaren Widerspruch zu den gebetsmühlenartig wiederholten finanziellen Hilferufen der Kommunen löst der Haushaltsexperte des Münchner ifo-Instituts, Rüdiger Parsche, so auf:

„Die Gemeinden haben wie private Haushalte gehandelt. Da die Einnahmen eingebrochen sind, haben sie ihre Ausgaben zusammengestrichen, und am einfachsten ist dies, wenn man die Investitionen kürzt.“

Fast zwei Drittel der öffentlichen Sachinvestitionen, also Baumaßnahmen, Erwerb von Grundstücken und beweglichen Sachen des Anlagevermögens, werden von den Kommunen getätigt.

(Zuruf des Abg. Marz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieser Tritt auf die Ausgabenbremse sei „nachvollziehbar, aber gesamtwirtschaftlich schädlich“, sagt Parsche. Dies ist natürlich richtig.

„Grund der kommunalen Finanzmisere ist vor allem der konjunkturbedingte Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen – laut Steuerschätzung wird das Gewerbesteueraufkommen 2001 um 10 % hinter dem Vorjahresergebnis zurück bleiben.“

Ich füge hinzu, auch im Jahr 2002 werden die Kommunen keine Belebung erwarten können.

Darüber hinaus hat die 50%ige Erhöhung der Gewerbesteuerumlage, also jenes Teils der Gewerbesteuer, den die Kommunen an den Bund und das Land abtreten müssen, die Lage verschärft. Das Fazit ist für alle klar. Meine Damen und Herren, es ist ganz wichtig, wir brauchen eine Gemeindefinanzreform, die beim Bund beginnen muss. Sie muss die Länder, die ein Ungleichgewicht in ihren Einnahmen haben, mit einbeziehen. Die Gemeindefinanzreform muss es den Kommunen vor Ort in Zukunft ermöglichen, ihre Investitionen kontinuierlich zu planen. Das ist ganz wichtig.

Vor diesem Hintergrund ist die im Landesfinanzausgleichsgesetz vorgesehene Streichung der Grunderwerbsteuereinnahmen für die Kreise und Städte eine zusätzliche Belastung. Gerechterweise muss man jedoch hinzufügen, dass das Land Rheinland-Pfalz mit 41,2 % einen niedrigeren Kommunalisierungsgrad als der Bundesdurchschnitt mit 45,2 % aufweist. Allein diese Differenz bedeutet für das Land Rheinland-Pfalz eine Schlechterstellung in der Größenordnung von ca. 500 Millionen Euro.

Berücksichtigt man die Zuweisungen, die das Land aus dem Länderfinanzausgleich in Höhe von 250 Millionen Euro erhält, dann verbleibt den Kommunen immer noch ein Mehr an Steuern, das mit 250 Millionen Euro über dem Bundesdurchschnitt liegt. Als Fazit kann man festhalten, die Befrachtung der Kommunen in der vorgesehenen Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes bedeutet für die Kommunen einen weiteren Zwang zum Sparen.

Herr Kollege Schnabel, wenn man diesen Artikel im „Handelsblatt“ nimmt, kann der natürlich nur global sein, das streitet natürlich niemand ab,

(Jullien, CDU: In Rheinland-Pfalz!)

dann zeigt er, dass sich der Bund und die Länder haben weiter verschulden müssen, während die Kommunen immerhin noch einen geringeren Überschuss erzielten.

(Schnabel, CDU: Aber das ist doch nicht wahr! Doch nicht in Rheinland-Pfalz!)

Herr Kollege Marz, Sie haben eben die Koalitionsvereinbarung zitiert, in der festgelegt wird, dass wir den Verbundsatz nicht weiter absenken werden.

(Beifall bei FDP und SPD – Jullien, CDU: Das ist Augenwischerei! – Zuruf des Abg. Schnabel, CDU)

Herr Kollege Schnabel, was regen Sie sich denn auf? Ich nehme nur das auf, was Herr Kollege Marz gesagt hat. Dies steht in der Koalitionsvereinbarung. Das hat die Koalition versprochen.

(Zuruf des Abg. Jullien, CDU)

Jetzt werden Sie gleich nervös. Wir erhöhen den Verbundsatz um 0,75 %. Trotzdem ergibt sich unter dem Strich für die Kommunen ein Minus von 41 Millionen Euro. Ich weiß das.

(Schnabel, CDU: 140 Millionen DM! 70 Millionen Euro!)

Es sind 41 Millionen weniger, das streitet doch niemand ab. Wenn Sie schon die Koalitionsvereinbarung zitieren, dann sollten Sie es schon richtig machen. Wir senken nicht ab,

(Jullien, CDU: Wir schröpfen die Kommunen weiter!)

wir erhöhen jetzt den Verbundsatz um 0,75 %. Meine Damen und Herren, insofern sollten Sie immer überlegen, was Sie hier im rheinland-pfälzischen Parlament sagen.

(Beifall bei FDP und SPD – Kramer, CDU: Unglaublich!)

Ich wollte darauf noch einmal zum Schluss hinweisen.

Herr Kramer, für den Landkreis Ludwigshafen geht es null auf null auf. Wir haben doch die Zahlen. Durch den Härteausgleich wegen des Wegfalls der Grunderwerbsteuer entsteht dem Landkreis Ludwigshafen kein Minus.

(Kramer, CDU: Das ist nur durch den verengten Blick, den Sie haben! – Zuruf des Abg. Dr. Gölter, CDU)

Nein, Herr Dr. Gölter. Der Landkreis Ludwigshafen hat ein Grunderwerbsteueraufkommen im Jahr von rund 10 Millionen DM gehabt. Dieses Geld fällt jetzt weg. Wir lagen natürlich über dem Landesdurchschnitt. Deswegen profitieren wir von dem Härteausgleich. Deswegen sage ich, jetzt geht es noch auf. Wir wissen aber natürlich, dass in den nächsten Jahren das Abschmelzen kommt und wir Probleme haben werden, den Haushalt auszugleichen. Meine Damen und Herren, hier ist aber die Kommunalpolitik gefragt. Phantasie und Sparen gehören jetzt auch zur Stunde der Kommunen.

Vielen Dank.

(Kramer, CDU: Wir werden Ihre Rede an die Kommunalpolitiker verschicken!)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Schnabel das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Creutzmann, es tut mir wirklich leid, dass ich mich jetzt noch einmal zur Wort melden muss und die Debatte ein Stück aufhalte. Aber eines muss richtig gestellt werden. Sie können doch nicht allen Ernstes sagen, dass der Verbundsatz bei 21 % geblieben ist und die Kommunen genauso viel Geld wie früher in den Kassen hätten.

(Creutzmann, FDP: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

Es wird doch so dargestellt, als wären es 21 %, man hätte um 0,75 % erhöht, und damit wäre alles in Ordnung. Es sind doch viel mehr. Es sind doch allein im Bereich der Grunderwerbsteuer die 40 Millionen Euro. Darüber hinaus sind es die 15 Millionen Euro aus dem Bereich der Schulbaumittel und noch einmal weitere 30 Millionen Euro aus dem Bereich Denkmalschutz, Konversion und Ähnlichem mehr. Unter dem Strich sind es insgesamt 170 Millionen DM. Das muss man doch einmal in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns die Zahlen anschauen, dann muss noch einmal gesagt werden, dass es keine einzige kreisfreie Stadt in Rheinland-Pfalz gibt, die einen ausgeglichenen Haushalt hat. 20 von 24 Landkreisen haben unausgeglichene Haushalte. Das gab es noch nie. Mehr als 1.000 von 2.200 Gemeinden werden einen unausgeglichenen Haushalt haben.

(Mertes, SPD: Wir nicht!)

Wenn Sie dann noch von einem Defizit oder von einem Finanzierungssaldo hier in Rheinland-Pfalz sprechen, dann muss man sagen, dass ist im Minus, nicht im Plus.

(Kramer, CDU: So ist es!)

Auf der anderen Seite sage ich immer wieder, wenn Mülheim-Kärlich einen Überschuss und Bad Münster ein Defizit hat, dann haben beide am Ende natürlich nicht einen ausgeglichenen Haushalt, sondern der eine hat ein Minus und der andere ein Plus. Das wird auch nie gesagt. Wir haben in Rheinland-Pfalz Defizite in diesem Bereich bei den Finanzierungssalden. Das muss einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden.

Das, was Sie erzählen, müssen Sie einmal allen Gemeinden draußen schriftlich geben, insbesondere den Oberbürgermeistern, Landräten und Ortsbürgermeistern.