Protocol of the Session on January 23, 2002

Der EU-Agrarkommissar Fischler hat kürzlich auf der Grünen Woche eine grundlegende Umgestaltung der Agrarpolitik erneut abgelehnt. Auch darüber kann man streiten. Wenn er sie ablehnt, müssen wir aber wissen, dass sich die Nachbarn drum herum anders verhalten, als der eine oder andere das gern hätte.

Jetzt sage ich Ihnen etwas zur Frage der Gütesiegel: Wir wissen, es gibt zwei Gütesiegel. Ein Gütesiegel ist übrigens das, was wir zuallererst von allen Bundesländern und vor der Bundesregierung sofort nach der BSEProblematik in einer nachvollziehbaren Art und Weise bis hin zur Futtermittelherstellung auf den Weg gebracht haben.

Für mich war interessant, dass man sich jetzt vonseiten der Futtermittelindustrie auf diese beiden Gütesiegel – auf das der konventionellen Landwirtschaft und der biologischen Landwirtschaft – beruft. Die Futtermittelproduzenten, das heißt die Fabrikanten, sagten mir, in diesem Gütesiegel für die konventionelle Landwirtschaft bewegen wir uns ohne die so genannte offene Deklaration. Diese erhalten ein Gütesiegel, das sich von dem Biosiegel unterscheidet. Über meine Aussage, dass es das rheinland-pfälzische Gütesiegel nur bei der offenen Deklaration gibt, war man verwundert. Darauf sagten sie, dass das noch nicht einmal die Agrarministerin des Bundes verlange.

Ich bin dabei geblieben. Entweder gibt es das Gütesiegel mit der offenen Deklaration und der Prozentangabe, oder es gibt keins. Von daher können Sie deutlich erkennen, dass sich die rheinland-pfälzische Landespolitik sehr stark an den Interessen des Verbrauchers und letztendlich an gesunden Lebensmitteln orientiert. Das ist unsere Aufgabe. Dafür haben wir Sorge zu tragen.

Ich möchte nicht bewerten, welche Futtermittel auf welchem Weg in den Verkehr gebracht worden sind. Mich hat schon ein wenig gewundert, als ich im Radio hören konnte: Erst heute hat die rheinland-pfälzische Landesregierung... Wir hatten sofort gestoppt, was richtig war. Wir hatten nur am nächsten Morgen erst die Öffentlichkeit informiert.

(Billen, CDU: Was denn?)

Die Futtermittel mit der Shrimpsgeschichte. Davon reden wir derzeit. Es interessiert mich auch nicht, wie das kommt. Es interessiert schon, wie die Nachvollziehbarkeit in den anderen Häusern ist. Das will ich alles nicht bewerten. Ich möchte nur sagen, dass wir sofort reagiert haben.

Meine Damen und Herren, die gemeinsame Agrar- und Umweltministerkonferenz der Länder und des Bundes hat am 12. Juni 2001 vernünftige Eckpunkte für eine zukunftsfähige Agrar- und Verbraucherpolitik beschlossen. Ich denke, das war ein richtiger Weg. Man muss sich nicht an Begriffen festreden, sondern die Souveränität und die gute Information des Verbrauchers entsprechend respektieren. Wir hätten es sowieso nicht ändern können, den Verbraucher festzulegen und zu sagen: Du darfst nur heute Gemüse essen. Morgen darfst du auch einmal Kartoffeln essen, und übermorgen darfst du kein Rindfleisch, sondern musst etwas anderes essen.

Mit den Aktionen soll der Verbraucher animiert werden, gesunde Lebensmittel, wie Obst und Gemüse, das aus beiden Betriebsformen gesund ist, zu essen. Das ist die Intention rheinland-pfälzischer Agrarpolitik. Wir haben nichts verpasst. Wenn man so will, waren wir die Avantgardisten für gute Verbraucherinformation. Wir sind die Avantgardisten des Prüfsiegels und des Gütesiegels, und zwar in einer lückenlosen Nachvollziehbarkeit.

Ich lasse mir von niemandem hineinreden, weil wir nicht zwei Prüfsiegel, sondern nur eins entwickelt haben, in dem die Ursachen genau dargelegt werden, nämlich hier der Futtermittelfabrikant und dort der Verbraucher. Das ist eine nachvollziehbare Kette. Das ist ein Weg im Interesse der gesamten Landwirtschaft und nicht einer Landwirtschaft der Ökologie und der konventionellen Landwirtschaft. Ein falscher Weg wäre, eine Landwirtschaft gegen die andere auszuspielen, was nicht bedeutet, dass wir ein großes Interesse daran haben werden – das belegt auch der Biowegführer durch die Landwirtschaft –, den Verbraucher in seiner Souveränität nicht zu behindern, sondern zu bestärken. Er wird entscheiden, ob er polnische, tschechische oder deutsche Agrarprodukte isst. Wir müssen ihn nur entspre

chend informieren. Das ist unsere Politik. Ich denke, das ist eine richtige Agrarpolitik.

Besten Dank.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, den Fraktionen stehen jeweils noch gut drei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Ich erteile der Abgeordneten Frau Kiltz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich finde es seltsam. Beim Thema „Agrarpolitik“ wird immer mit merkwürdigen Unterstellungen gearbeitet, bei denen ich nie weiß, wo der Adressat sitzt. Herr Bauckhage hat gesagt, wir können dem Verbraucher nicht sagen, was er tun soll.

Herr Bauckhage, wer will das denn? Sie malen immer Schimären an die Wand. Ich sehe niemanden, der das tun will. Ich kann Sie aber noch einmal darüber aufklären, was wir wollen. Wir wollen die Verbraucherinnen und Verbraucher – –

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Ich rede so laut, damit Sie es auch hören, Herr Billen.

so gut informieren, dass sie auf einer guten Grundlage nach ihren Kriterien eine Entscheidung treffen. Wir sagen ihnen: Das ist die Herstellungsart. Das ist enthalten. Hier kommt es her.

Das ist der Sinn einer guten Verbraucherpolitik. Sie haben das offenbar noch nicht begriffen.

Ich komme zum Thema „Öko und konventionell“. Wer diskriminiert die konventionelle Landwirtschaft? Ich möchte das einfach einmal belegt haben. Auch Ministerin Künast geht davon aus, dass wir in Zukunft einen großen Anteil konventioneller Landwirtschaft behalten werden. Das machen wir alle. Ich bin über jeden konventionellen Betrieb froh, den die CDU/FDPBundesregierung noch nicht kaputt bekommen hat. Sie können noch umstellen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, deswegen brauchen wir – –

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Herr Billen, hören Sie mir doch erst einmal zu. Ich habe Ihnen auch zugehört.

für die Ökoprodukte ein Biosiegel und für die konventionellen Produkte das QS-System. Diese sind beide auf einem guten Weg. Das Biosiegel ist vorhanden. Das andere kommt. Wie viel soll in diesem einen Jahr noch

auf den Weg gebracht werden? Ich habe eine ganze Liste. Ich verzichte darauf, sie Ihnen vorzulesen. Sie können im Internet schauen.

Sie haben gesagt, wir haben in Rheinland-Pfalz keine Agrarfabriken. Wir haben günstige Strukturen für die Agrarwende. Sagen Sie mir bitte einmal, was das war, was in Bechtolsheim Freitagnacht abgebrannt ist. War das ein bäuerlicher Betrieb? Ich rede von einer Hühnerfarm. Die Zahl der dort Eier legenden Hühner ist so hoch, dass mir schwindlig wird, wenn ich sie nenne. Das ist kein bäuerlicher Betrieb. Dagegen muss man schon etwas tun.

Ich komme noch einmal zu Herrn Billen. Die Frontlinie, die Sie Frau Künast unterstellen, baut der Bauernverband auf, und sonst niemand. Sie stehen immer mit dem Rücken an der Wand, verteidigen sich und sagen: Wir sind doch gar nicht so schlecht. Die Ökos sind doch gar nicht so viel besser. – Das behauptet niemand.

(Glocke des Präsidenten)

Jeder soll nach seiner Wirtschaftsweise arbeiten, aber bitte nachvollziehbar, transparent und so umweltschonend wie möglich.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Auch die konventionelle Landwirtschaft muss nachhaltig wirtschaften und ihre Umweltbilanzen verbessern.

Habe ich noch Zeit?

Nein.

Noch ein letzter Satz.

Nur weil Sie vorgestern Geburtstag hatten.

(Heiterkeit im Hause)

Ich hatte am Sonntag Geburtstag.

Ich höre immer, wir wollten zurück in die Vergangenheit. Herr Boes vom Kreisverband Ahrweiler sagt immer, wir wollten wieder im Lendenschurz herumlaufen. Vielleicht will er das. Ob das so gut aussieht, ist die andere Frage.

Ich finde, das sind Totschlagargumente. Das lernen Sie in jedem Rhetorikkurs. Das ist das Gegenteil von sachlicher Auseinandersetzung. Hängen Sie sich die sonst wo

hin. Lassen Sie sie zu Hause. Ich will mich damit nicht mehr auseinander setzen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Abgeordneten Frau Ebli das Wort.

Sie haben noch eine Redezeit von fünf Minuten.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind in vielen Teilen gar nicht weit auseinander. Wir wollen, dass wir alle eine gesunde Ernährung haben und darauf vertrauen können, was wir essen und verbrauchen. Wir wollen, dass diejenigen, die die Erzeugnisse produzieren, auch davon leben können. Wir wollen in unserem Land, dass die Kulturlandschaft erhalten, gepflegt und nachhaltig geprägt wird, was unser Land attraktiv und liebenswert macht. Ich denke, auf diesen Konsens können sich alle hier vertretenen Fraktionen einigen.

Was uns auseinander bringt, sind einige Ideologien, die meines Erachtens durchaus zulässig sind. Wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb auf ökologischen Landbau umstellt, soll er die Förderung haben. Wir haben die entsprechenden Mittel im Landeshaushalt veranschlagt. Wir haben mehr Mittel veranschlagt, als bislang abgerufen wurden. Vonseiten der SPD sind wir auch dafür – hier sind wir mit dem Ministerium einig –, dass die Mittel etwas erhöht werden müssen, damit die landwirtschaftlichen Betriebe, die sich für eine Umstellung entschließen, keine wirtschaftlichen Nachteile haben.

(Beifall der SPD und der FDP)

Aber wenn man mit wachen Augen durch die Landschaft geht und immer wieder durch Krisen wach gerüttelt wird und jeden Morgen in der Zeitung liest, im Radio hört oder im Fernsehen die Nachrichten aufmerksam verfolgt, dann fragt man sich: Warum entstehen ständig diese Krisen? – Ich komme aus einem ländlichen Raum. Ich kann mich an meine Kindheit erinnern, dass es immer wieder Krankheiten in den Ställen und in den Betrieben gegeben hat. Ich erinnere mich noch an Schilder „TBC-freier Stall“, „TBC-freier Betrieb“. Diese sieht man heute gar nicht mehr. Mittlerweile gibt es andere Bezeichnungen und andere Erkrankungen. Aber MKS hat es auch früher schon gegeben. Wenn man von BHV spricht, dann frage ich mich auch: Wann kommt die nächste Forderung? Ist es notwendig, dass sofort wieder gefördert werden muss? Ich möchte der Wissenschaft und den Tiermedizinern nicht vorgreifen. Es lässt aber die Frage zu: Muss man ständig nur nach Förderung und Subventionen rufen? Gibt es nicht auch am Verhalten Entscheidungen, die die Strukturen der Landwirtschaft und der Verbraucher vorwärts bringen? Gibt es nicht auch durch die Krisen die Chancen, die man intensiver nutzen kann?