Protocol of the Session on November 15, 2001

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte zeigt es, die Landesregierung steht vor dem Scherbenhaufen ihrer Politik.

(Zurufe von SPD und FDP)

Eine Rekordverschuldung im kommenden Jahr, eine Rekordverschuldung auch im übernächsten Jahr, und so wie es aussieht, trotz Rücklage auch eine Rekordverschuldung in diesem Jahr. Herr Kollege, wer Sparsamkeit predigt und von Konsolidierung redet und es dann über Jahre hinweg so macht, wie Sie uns das lehren wollten, lieber Herr Kollege Mertes, was Sparen nämlich nach SPD-Manier heißt, nämlich das Geld nur mit einer Hand zum Fenster hinaus zu werfen, wer das dann über Jahre hinweg konsequent praktiziert – insofern waren Sie konsequent –, der darf sich nicht wundern, wenn er irgendwann weder ein noch aus weiß. So weit sind Sie heute.

(Jullien, CDU: Man hat das einmal Konsolidierungspause genannt!)

Meine Damen und Herren, mit Konsolidierung kann nur der fortfahren, der vorher damit begonnen hat. Leider ist das bei Ihnen nicht der Fall. Wer in guten Zeiten nicht vorsorgt, steht in der Not mit leeren Taschen wie ein nackter Mann da.

Meine Damen und Herren, es kommt hinzu, dass Sie sich selbst ein Stück in die Tasche gelogen haben, aber auch gegenüber der Bevölkerung. Herr Minister, was ist denn mit Ihrem Versprechen, bis zum Jahr 2006 einen Haushalt vorzulegen, der keine zusätzlichen Schulden mehr aufnimmt? Das war ein Wahlversprechen.

(Jullien, CDU: Und es stand in der Koalitionsvereinbarung!)

Anschließend stand es in der Koalitionsvereinbarung. Vor dem Hintergrund, dass wir im nächsten Haushaltsjahr wahrscheinlich die höchste Schuldenaufnahme in der Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz haben werden,

(Lewentz, SPD: Bei Ihrem Regierungs- programm hätten wir jetzt schon Bankrott gemacht!)

und vor dem Hintergrund, dass wir die höchste ProKopf-Verschuldung aller Länder haben, müssten Sie eigentlich sofort Ihre Koffer packen.

(Mertes, SPD: Was müssten wir? Sie haben doch keine Mehrheit mit Ihrem verlorenen Haufen!)

Es kommt hinzu, Sie kennen noch nicht einmal Ihren Kreishaushalt richtig. Wir haben nicht 30 Umlagepunkte, sondern über Jahre hinweg jetzt 31,95. Das ist immer noch niedrig. Wir werden jetzt auch eine erhebliche Steigerung machen müssen.

(Licht, CDU: So genau muss man es nicht nehmen! – Mertes; SPD: Um einen Punkt! Nicht erheblich!)

Wir werden aber steigern müssen.

Herr Minister, ich komme noch einmal zu Ihnen zurück. Was ist denn mit der schriftlich formulierten Aussage in der Tischvorlage Ihrer Pressekonferenz am 31. Oktober – – –

(Glocke des Präsidenten)

Sind meine zweieinhalb Minuten Redezeit schon um?

Ja. Zwei Sätze stehen Ihnen noch zur Verfügung.

Gut, zwei Sätze stehen mir noch zu. Es gäbe noch viel zu sagen, Herr Minister.

Das war jetzt ein Satz.

Das schaffe ich nicht in zwei Sätzen.

Ich wiederhole noch einmal meinen Eingangssatz. Die Landesregierung steht vor dem Scherbenhaufen der Politik.

(Mertes, SPD: Offenbarungseid! Bankrott! An den Rand gefahren! Scherbenhaufen!)

Sie sollte den Haushalt, den sie beschlossen hat, nicht nur korrigieren, sondern sollte ihn zurückziehen und völlig überarbeiten und in ein solides Werk bringen. Sie sollte die Verschuldung reduzieren und neue Schwerpunkte setzen. Wer ständig alles, was alt ist und was man gemacht hat, fortschreibt, der kann keine neuen Schwerpunkte setzen. Schichten Sie um von der Konsumption in die Infrastruktur. Dann wird dieses Land auch eine Zukunft haben. So hat unser Land sicherlich keine Zukunft.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kuhn das Wort. Ihnen stehen noch zwei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Bracht, es gibt in der Tat noch viel zu sagen.

(Schmitt, CDU: Man müsste nur wissen was!)

Sie wissen ganz genau, wir können belegen, dass wir in Rheinland-Pfalz ein erwiesenermaßen kommunalfreundliches Land sind. Wir sitzen in der Tat in einem Boot.

(Beifall bei FDP und SPD)

Es macht doch keinen Spaß, Lasten zu verteilen. Sie wissen das ganz genau. Es hat überhaupt keinen Sinn, uns auseinander zu dividieren. Die Kommunen und auch das Land bringen für den Bürger Leistungen auf unterschiedlicher Ebene.

(Kramer, CDU: Und was rät die Schwiegermutter?)

Das ist jedem hier im Hause bewusst. Wir können auch belegen, dass wir verantwortungsbewusst mit den Kommunen umgehen. Ich sage etwas zum Thema „Steuerreform“, weil ich vorhin dazu aufgefordert wurde.

Meine Damen und Herren, es gibt unterschiedliche Philosophien. Auch die Experten streiten sich. Das nehmen wir doch einmal ganz gelassen hin. Das ist so. Es gibt Argumente für ein Vorziehen der Steuerreform. Dann kann man sich die Frage stellen: Wann wirkt sich eine solche Maßnahme aus? Kurzfristig, mittelfristig, langfristig? Man kann dann auch darüber streiten, welche Bedeutung das Vorziehen der Steuerreform für einen Landeshaushalt hat. Das ist doch in Ordnung. Das sind unterschiedliche Philosophien, über die man reden kann.

(Frau Thomas, FDP: Dann streiten Sie doch einmal mit Ihren Kollegen Brüderle und Westerwelle!)

Es gibt diese von mir eben nicht gerade huldvoll bedachten Wirtschaftswissenschaftler. Diese Wirtschaftswissenschaftler streiten sich darum. Das ist auch in Ordnung. Es gibt unterschiedliche Konzepte. Wir hier im Land gehen mit unserem Haushalt um.

(Glocke des Präsidenten)

Wir müssen mit den Einnahmen, die wir zur Verfügung haben, zurechtkommen. Ich möchte dann einmal die neuen Schwerpunkte der CDU sehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin einmal auf die Haushaltsberatungen gespannt. Sie wollen neue Schwerpunkte setzen, also nicht Bildung, nicht Mobilität, nicht Investitionen. Wo sind Ihre Schwerpunkte? Auf diese Antwort warte ich.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Thomas das Wort.

Meine Damen und Herren, Herr Kuhn, Sie sagen, man kann unterschiedlicher Auffassung sein. Ich finde, innerhalb einer Partei müsste man versuchen, dies zu bereinigen.

(Kuhn, FDP: Wie ist das bei Ihnen?)

Herr Kuhn, Sie schaffen das sogar, in einer Person hinzukriegen. Herr Brüderle zieht als Parteivorsitzender mit der Mobilitätsmilliarde durchs Land. Auf der anderen Seite sagt er, wir geben das Geld über eine vorgezogene Steuerreform aus.

(Zuruf der Abg. Kuhn und Creutzmann, FDP)

Mit diesen Widersprüchen müssen Sie umgehen.

(Kuhn, FDP: Widersprüche, schauen Sie – – –)

Herr Kuhn, jetzt regen Sie sich nicht so auf.

Ihr Herr Brüderle würde am liebsten, um Stimmen zu fangen, Steuergutscheine herausgeben und die auch noch aus zusätzlicher Verschuldung finanzieren. Das müssen Sie sich sagen lassen. Dafür müssen Sie hier

geradestehen. Das tun Sie nicht. Da schleichen Sie langsam weg.

Ich will sagen, was Sie in der Haushaltspolitik machen, ist eine Schönwetterhaushaltspolitik. Sie sind nichts anderes als Schönwetterhaushälter. In den zwei Jahren, in denen die Steuereinnahmen kräftiger als angenommen sprudelten, haben Sie versucht, eine Finanzplanung hinzubekommen. Sobald Ihnen der erste Sturm entgegenkam, es ist nicht nur ein Lüftchen – – –