dass natürlich der Einsatz der Bundeswehr bei Angriffen von außen gerechtfertigt, notwendig ist, das ist ihre Aufgabe, das ist doch vollkommen selbstverständlich. Ob ein Angriff von außen von einem Staat oder einer terroristischen – – –
Ein letzter Satz: Das ist selbstverständlich. Die Bundeswehr verteidigt nach außen nach ihrem Defensivauftrag. Das hat aber überhaupt nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderung des Artikels 35 des Grundgesetzes mit der WM in Verbindung zu bringen, halte ich für ziemlich schwierig.
Meine Damen und Herren, die Welt zu Gast bei Freunden, herausragendes Sportereignis. Ich denke, wir sollten die Diskussion sachorientiert führen. Sie wird, wenn ich den Einsatz der Bundeswehr hinzunehme, nicht sachorientiert geführt.
Welchen Eindruck vermitteln wir denn eigentlich im Moment nach außen? Wir vermitteln in der Diskussion in Deutschland den Eindruck, dass wir durch den Bau unsichere Stadien haben und unsichere Stadien, weil die Bundeswehr nicht eingesetzt wird. Das vermitteln wir zurzeit. Das ist ein Bild, das nicht angemessen ist, und zwar denjenigen gegenüber, die die Aufgabe haben, Sicherheit zu gewährleisten, nämlich der Polizei, den Rettungskräften, Deutsches Rotes Kreuz, Notärzte, Feuerwehr, Katastrophenschutz, THW. Wir vermitteln es auch in die Öffentlichkeit hinein, dass es offensichtlich ein Problem gebe. Herr Kollege Auler hat darauf hingewiesen, es gibt kein Sicherheitsproblem, das wir mit der Bundeswehr lösen müssten.
Es gibt Sicherheitsfragen, die wir sehr frühzeitig aufgenommen haben. Wir haben die Sicherheitsfragen mit unseren Polizeikräften erörtert, und wir haben dies dann auch entsprechend umgesetzt. Es ist schon ärgerlich, wenn ich die Diskussion verfolge, wie jetzt eine Repräsentativumfrage der Zeitschrift „Die Zeit“ ergibt, dass die Bürgerinnen und Bürger verunsichert sind über die WM 2006 – zu Gast bei Freunden. Ich greife mir an den Kopf, wenn ich sehe, was wir gemacht und vorbereitet haben und welche Sicherheitsdiskussion wir geführt haben. Ich verkenne durchaus nicht, dass dies möglicherweise nicht sachorientiert ist. Ich habe den Eindruck, wir führen das mittlerweile ideologisch.
Ich habe den Kollegen Schäuble bei der letzten Innenministerkonferenz gefragt, was ihn dazu bringe, vorzuschlagen, bei der WM die Bundeswehr mit einzusetzen. Ich habe ihn gefragt, welche Lage er sich vorstellen könne. Dann hat er mir eine Lage beschrieben, die ich jetzt hier nicht beschreiben will, aus bestimmten Gründen, weil sie so ist, dass, wenn das passiert, alle Menschen in diesem Land betroffen wären und alle Menschen zu Sicherheitsleistungen oder Erste Hilfe oder was auch immer herangezogen werden müssten. Das heißt, diese Frage, die ich theoretisch erörtere, wenn ich sie dann zurückführe auf Fragen, die aus Bayern kommen, die könnten doch die Bewachung übernehmen, meine Damen und Herren, dann sage ich wieder, haben die Kollegen Innenminister bzw. die Landesregierungen das getan, was sie tun mussten, nämlich ihre Polizei entsprechend personell aufgebaut.
Wir sind das einzige Bundesland, das mehr einstellt, als es nach den Abgängen einstellen müsste. Wir haben unser Personal aufgestockt.
Wenn man der Meinung ist, es müsste noch mehr für die Sicherheit der Stadien getan werden, dann kann ich Ihnen einmal die FIFA-Vorschriften geben, wie viel tausend Helferinnen und Helfer im Stadion eingesetzt werden müssen bei einem Spiel mit 40.000 Besuchern. Sie können auch die Diskussion anders führen, wenn Sie der Meinung sind, es fehlen uns Sicherheitskräfte – auf dem Markt wird es doch noch Securitas und Ähnliches mehr geben. Muss ich dann die Bundeswehr einsetzen? Das ist die Frage.
Ich stelle fest, dann kommen die Kollegen alle etwas ins Trudeln, weil sie mir dann erzählen, man müsste sich vorbereiten auf Lagen. Wir haben uns in Rheinland-Pfalz auf Lagen im Stadion, mit Katastrophenschutz, mit Umständen, die ich nicht beschreiben will, vom Flugzeugabsturz bis weiß der Teufel was vorbereitet, und wir haben uns vorgestellt, dass es auf dem Weg zum Stadion oder im Bereich Kaiserslautern oder an den Standorten Probleme gibt, an denen Fußballmannschaften wohnen. All das versuchen wir sehr verantwortungsvoll und sehr bewusst zu lösen.
Jetzt stelle ich mir die zweite Frage bei der Ideologie. Um Gottes willen, wir brauchen doch die Bundeswehr bei der Bewältigung von Katastrophenlagen. Das ist doch völlig unbestritten. Das gibt Artikel 35 des Grundgesetzes her. Das machen wir doch. Ich habe in der Eigenschaft schon als Staatssekretär für Walter Zuber mit der Bundesregierung über die Frage verhandelt: Könnt Ihr uns für Kaiserslautern ein Lazarett stellen, weil wir dort ein schönes Stadion haben und die kleinste Stadt nicht genügend Betten für Akutfälle nachweisen kann. Dann hat natürlich die Bundeswehr gesagt: Wir haben leider nur vier Lazarette, wir haben zwei, die wir sofort bereitstellen können, und ihr bekommt eins von uns. Das ist ganz normal.
Wir haben auch über die Frage geredet, wenn es möglicherweise – man muss mit allem rechnen – einen chemischen Giftgaseinsatz im Stadion und darüber hinaus gibt, welche Möglichkeiten wir haben. Wir haben auch im Bereich der Feuerwehr – darauf möchte ich nur hinweisen – entsprechend ausgebildete Kontaminationszüge. Die Bundeswehr hat das auch. Sie haben uns gesagt: Wenn Ihr das braucht, werden wir euch diese Züge zur Verfügung stellen. Die AWACS-Einsätze wurden nie bestritten, von niemandem, weil es dann eine Bedrohung von außen gibt. Ich frage mich also: Wo ist die Diskussion? Warum brauchen wir die Bundeswehr bei der WM für einen Einsatz im Inneren?– Ich stelle fest: Es gibt keine Antwort auf diese Frage, außer, sie ist ideologisch und es wird gesagt: Wir müssen das Grundgesetz ändern. – Ich denke, das müssen wir nicht. Wir haben alle Möglichkeiten, die wir brauchen.
Die Bundeswehr hilft. Ich will auch noch dazu sagen, dass ich froh und dankbar bin für die Bundeswehr, die uns hilft. Wir sind eines von drei Ländern, das die zivile und militärische Zusammenarbeit – der Ministerpräsident hat das unterschrieben und mich beauftragt – als ein Modell auf Bundesebene eingeführt hat. Wir haben mittlerweile in fast allen Landkreisen Stäbe der Bundeswehr, die bei bestimmten Lagen dort mit dem Chef des Katastrophenschutzes, also dem Oberbürgermeister und dem Landrat, die Einsätze leiten und koordinieren. Wo ist das Problem? Wenn Sie mit der Bundeswehr selbst reden und fragen „Wie sieht das aus, kann man sich einmal befreien vom Grundgesetz und von allen Möglichkeiten und sagen: Lasst uns mal über diese Frage reden“, dann stellen Sie sehr schnell fest, dass verantwortungsvolle Offiziere der Bundeswehr, Generäle, Ihnen eine Aufstellung über die Belastung der Bundeswehr machen, die sie zurzeit mit Afghanistan, mit Enduring Freedom und mit den ganzen Auslandseinsätzen hat. Sie sind auch schon woanders, auch in Afrika. Wenn Sie das dann auf die Frage herunterbrechen, wie wir 200.000 Soldatinnen und Soldaten einsetzen können, dann stellen Sie fest, die Kapazität der Bundeswehr ist dafür nicht vorhanden. Wir führen eine theoretische Diskussion, zum Teil eine sehr praktische Diskussion und eine sehr ideologische Diskussion.
Ich bin noch nicht so weit, dass ich sagen kann, dass wir das, was das Bundesverfassungsgericht mit einem sehr
weit reichenden Beschluss festgelegt hat, bis in die Tiefe geprüft haben. Ich will Ihnen doch einmal sagen, wie festgeschrieben diese Meinung der Bundeswehr ist, die ich hier vortrage – ohne dass ich das für mich reklamiere –: Die Hilfe, von der Artikel 35 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes spricht, wird den Ländern gewährt, damit diese die ihnen im Rahmen der Gefahrenabwehr obliegende Aufgabe der Bewältigung von Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen wirksam erfüllen können. – Damit ist die Unterstützung der Bundeswehr unmissverständlich an die gesetzlichen Befugnisse und Gefahrenabwehrbehörden des Landes gebunden. Das ist die Schlussfolgerung daraus, die ich aus diesem Satz ziehe. Es geht nicht anders, es ist so. Diese entsprechenden Einsatzfälle der Bundeswehr habe ich in der Frage 3 vorhin ausdrücklich dargestellt.
Meine Damen und Herren, ich denke, diese strikte Trennung, die uns die Grundgesetzmütter und -väter aufgegeben haben – das sage ich als ehemaliger Polizeibeamter ganz ausdrücklich – ist notwendig, weil ich nicht will, dass wir irgendwann wieder vor einer Diskussion stehen – ich erinnere nur an 1962, als ein Minister zurücktreten musste, weil die Bundeswehr polizeiliche Aufgaben im Ausland übernommen hatte –, dass ein solcher Fall wieder eintritt.
Herr Mertes, Sie stellen ein Szenario dar, dass nach den Vorstellungen bestimmter Menschen in der Bundesrepublik Panzer vor Stadien aufgefahren werden sollten.
Ich kann nicht feststellen, dass das irgendwo ein Thema gewesen ist. Das möchte ich schon klarstellen.
Um was es ganz konkret geht, ist die Frage: Kann die Bundeswehr beim Objektschutz – beim Objektschutz sind nicht die Stadien gemeint, sondern andere Einrichtungen wie Botschaften oder Synagogen – die Polizei entlasten?
Das ist die Frage, die sich stellt. Es geht nicht darum – das hat auch etwas mit Ihrem Begriff der Deeskalation zu tun, den Sie gebracht haben –, dass die Bundeswehr diese Aufgaben nicht erfüllen könnte.
Wenn Sie nicht nur auf den Betzenberg kommen, sondern vielleicht auch einmal nach Ramstein und schauen,
welche Leistungen die Bundeswehr, die Feldjäger dort beim Eingang auf die Airbase erfüllen und wie gut das ankommt, dann will ich nur sagen – – –
Ich will nur sagen, wie gut das ankommt, nicht nur bei den Amerikanern, sondern bei allen Besuchern, weil er gesagt hat, die Bundeswehr stelle uniformierte Schülerlotsen dar. Wie gut die das machen, das will ich eindeutig feststellen, damit Sie das nicht so abwerten, was die Bundeswehr kann.
Es geht uns darum – da lesen Sie bitte auch einmal, was die Polizei und die Gewerkschaften sagen –, natürlich ist es ein Ereignis, das die Polizei im besonderen Maß belasten wird, nicht nur an den Stadien, sondern auch an den Großleinwänden, die an 300 Orten in Deutschland aufgestellt werden sollen. Das wird eine ganz besondere Situation.
Wenn dann CDU-Innenminister darüber diskutieren und fragen: „Wo könnten wir Entlastungsmöglichkeiten anbieten?“, dann sind diese Möglichkeiten denkbar und über eine Grundgesetzänderung zu regeln. Das sagt auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Das ist ausdrücklich nicht ausgeschlossen in diesem neuesten Urteil.
Ich denke, dann muss an der Stelle darüber diskutiert werden können, und zwar in einer ganz sachlichen Art und Weise. Es kommt mir schon darauf an, dass wir nicht die Dinge aufbauen, die so nicht gedacht sind.
Herr Ministerpräsident, weil Sie das als Erster so aufgenommen und gesagt haben, wenn man zu Gast bei Freunden sei, könne es nicht sein, dass wir den Eindruck einer Militärdiktatur erwecken, wenn jemand komme.