Protocol of the Session on February 15, 2006

(Beifall bei CDU und SPD)

Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten verständigt. Das Wort hat Herr Abgeordneter Bracht von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte für die CDU-Fraktion einige Ausführungen zum Landesgesetz zur Einführung der kommunalen Doppik machen.

Meine Damen und Herren, mit diesem Gesetz unternimmt der Landtag einen wesentlichen Schritt hin zu einer Modernisierung der Kommunalverwaltung, die unter dem Stichwort „Neue Steuerungsmodelle“ über Jahre diskutiert, ansatzweise umgesetzt und nun mit der Reform des Haushaltsrechts und der Einführung der kommunalen Doppik in erheblich weitergehender Form vollzogen werden soll. Wer im kommunalen Bereich bisher bereits mit Eigenbetrieben gearbeitet hat, für den ist die kommunale Doppik nichts Neues. Dort war und ist die kaufmännische Buchführung schon jetzt Realität. Wer aber bisher nur mit dem kameralen Haushalt zu tun hatte, der wird sich sehr umstellen müssen.

Worum geht es konkret? – Ich zitiere aus der Begründung des Gesetzentwurfs:

„Die entscheidende Neuerung gegenüber der geltenden Rechtslage ist der Schritt vom Geldverbrauchskonzept hin zum Ressourcenverbrauchskonzept. Bislang wurden im kommunalen Rechnungswesen lediglich die Ein- und Auszahlungen, also die Ist-Werte, und die Einnahmen und Ausgaben erfasst, das heißt, die Erhöhungen und Verminderungen des Geldvermögens. Künftig stellen die Erträge und Aufwendungen, die zusätzlich zu den Ein- und Auszahlungen erfasst werden, die zentralen Steuerungsgrößen im kommunalen Finanzmanagement dar.“

Meine Damen und Herren, Sie sehen, man betrachtet zukünftig die Veränderungen des Eigenkapitals einer Kommune. Dieser Ansatz bildet erheblich transparenter als bisher das wirtschaftliche Handeln der Gemeinde ab. Dies liegt daran, dass Zahlungen zum Zeitpunkt ihrer Verursachung ergebniswirksam erfasst werden und nicht wie bisher zum Zeitpunkt ihres Anfalls oder ihrer Fälligkeit.

Auf diesem Wege kann dann zum Beispiel einerseits der vollständige Werteverzehr durch Abschreibungen offen gelegt werden und andererseits heute begründete, aber erst später anfallende Auszahlungen durch Rückstellungen berücksichtigt werden. Es kann also Vorsorge getroffen werden.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion begrüßt diesen Gesetzentwurf. Er ist alles in allem ein Schritt zu mehr Wirtschaftlichkeit und wirtschaftlichem Handeln im kommunalen Bereich. Aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Einführung der kommunalen Doppik noch erhebliche Probleme insbesondere dort bereiten wird, wo ehrenamtliche Räte bisher nichts mit kaufmännischer Buchführung zu tun hatten. Dort wird erheblicher Schulungsaufwand notwendig sein, damit die kommunale Doppik frühestens 2007 und spätestens, wie geplant, 2009 überall eingeführt werden kann.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf auch deshalb zu – wahrscheinlich ist er deshalb auch so rund –, weil er bereits sehr früh in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden erarbeitet und entwickelt wurde. Dies gilt auch für den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und FDP, der nun für das Plenum noch nachgereicht wurde. Die Inhalte auch dieses Antrags gehen ebenfalls auf Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände zurück, die wir gleichfalls mittragen.

Lassen Sie mich aber zum Schluss noch eine Anmerkung machen. Meine Damen und Herren, wenn diese Abkehr von der Kameralistik und die Einführung der kaufmännischen Buchführung im kommunalen Bereich so gut ist, stellt sich doch die Frage, weshalb die Landesregierung die kaufmännische Buchführung neben den wenigen Landesbetrieben, in denen sie praktiziert wird, nicht auch im Landeshaushalt und insbesondere im Kernhaushalt einführt. Andere Länder tun dies schließlich auch, wie wir wissen.

Die Finanzverfassung, wie Herr Ministerpräsident Beck in der letzten Debatte behauptet hat, ist keinesfalls das entscheidende Hindernis; denn diese gilt auch für Hessen und andere Bundesländer. Die Antwort ist einfach: Da die kaufmännische Buchführung und die Bilanzrechnung aufzeigen, wie leistungsfähig ein Land oder eine Kommune tatsächlich noch ist, fürchten Sie zu Recht eine negative Eröffnungsbilanz. Das Ergebnis würde sein, das Land ist längst pleite.

(Ministerpräsident Beck: Jetzt geht das wieder los! Ist das jetzt die eine oder die andere Hälfte der Wahrheit?)

Diese Feststellung, dass das Land dank Ihrer Politik eigentlich längst pleite ist, wollen Sie verschweigen. Deshalb verweigern Sie die Einführung der Doppik im Kernhaushalt des Landes.

(Mertes, SPD: Alles halbe Wahrheiten! – Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Dies zeigt erneut, dass Sie überall dort, wo dies möglich ist, die miserablen Ergebnisse Ihrer Finanzpolitik vertuschen wollen. Meine Damen und Herren, darauf wollte ich noch hingewiesen haben.

Die CDU-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag zu.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Frenetischer Beifall!)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Noss von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war vorherzusehen: Herr Bracht kann es nicht lassen, das Lied von dem Pleite gehenden Land Rheinland-Pfalz, das Sie fortwährend singen, bei jedem Gesetz, bei jeder Debatte wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Lernen Sie doch eine neue Schallplatte. Lernen Sie einmal ein neues Lied. Irgendwann hört man Ihnen vielleicht auch einmal wieder zu. Man kann es nicht mehr hören. Keiner glaubt es.

(Beifall der SPD – Bracht, CDU: Die Wahrheit muss man schon ertragen!)

Folgen Sie den Umfragen, dann werden Sie merken, was von Ihren Vorhaltungen zu halten ist, nämlich gar nichts!

Aber unabhängig davon komme ich nun zum Thema. Schon seit Jahren gibt es landauf, landab vielfältige Möglichkeiten, die Verwaltungen zu modernisieren und fit zu machen für die Zukunft. Grund dafür ist unter anderem auch eine gewisse Konkurrenz, die zwischen den Kommunen untereinander einerseits und zwischen den Kommunen und privaten Anbietern andererseits entstehen wird. Immer wieder ist dabei der Vorwurf zu hören, dass die Gemeinden weder über wirtschaftliches Denken noch über die entsprechende Kompetenz verfügen. Begriffe wie „neue Steuerungsmodelle“ hielten Einzug. Teamwork war plötzlich angesagt, und eine Dezentralisierung der Entscheidung von oben nach unten wurde durchgeführt. Insbesondere aber wurde und wird die Rolle der Politik in diesem Zusammenhang neu definiert. Die Kommunalpolitik und die Räte sind zukünftig nur noch für strategische Entscheidungen zuständig. Das heißt, sie bestimmen das Was, aber das Wie wird intern in der Verwaltung geregelt.

Die Politik verlangt für dieses Zugeständnis natürlich ein Mehr an Transparenz, insbesondere im Haushaltsrecht. Der Kameralistik werden dabei insbesondere eine fehlende Vergleichbarkeit des Verwaltungshandelns mit Kommunen oder privaten Leistungsanbietern vorgeworfen, ebenso eine lückenhafte Darstellung der wirtschaftlichen Zusammenhänge.

Auch unter Berücksichtigung der finanziellen Situation der Kommunen wurde der Ruf nach einer Neugestaltung

des Haushalts, insbesondere nach größerer Transparenz und größer Wirtschaftlichkeit immer lauter. Bereits 1994 sagte beispielsweise das Innenministerium den Kommunen die Bereitschaft zu, entsprechende Reformvorhaben zu fördern und zu unterstützen.

Auch die Kommunen, insbesondere die kommunalen Spitzenverbände, forderten in der Folgezeit eine Änderung des Haushaltsrechts. Nach etlichen Beratungen in verschiedenen Arbeitsgruppen gab das Innenministerium schließlich grünes Licht zur Einführung der Doppik, die von den kommunalen Spitzenverbänden ganz massiv angemahnt wurde. Das möchte ich ganz klar unterstreichen.

Die Doppik orientiert sich dabei im Großen und Ganzen am kaufmännischen Rechnungswesen. Das gesamte Vermögen der Kommunen wird zukünftig erfasst, bewertet und auch bilanziert.

Das erfordert natürlich umfangreiche Vorarbeiten, die zurzeit in großem Umfang in den verschiedenen Verwaltungen laufen, wobei diese allerdings nicht von ehrenamtlichen Ratsmitgliedern, sondern von den Verwaltungen getragen werden. Es werden Arbeitskreise gebildet und Mitarbeiter geschult, wobei insbesondere die Bewertung des bisher nicht bewerteten Vermögens, besonders der Straßen, einen verhältnismäßig großen Arbeitsaufwand darstellt und die Kommunen zurzeit stark belastet, was allerdings nur vorübergehend sein wird.

Das neue kommunale Haushaltsrecht stützt sich auf drei Komponenten, einmal eine Finanzrechnung, eine Art Kapitalflussrechnung, die der traditionellen Kameralistik ähnelt, dann eine Ergebnisrechnung, die der Gewinn- und Verlustrechnung in der betriebswirtschaftlichen Jahresrechnung entspricht. Die entsprechenden Salden werden in der Bilanz erfasst.

Die Gemeinden, die darüber hinaus Unternehmen haben, zum Beispiel Eigenbetriebe, werden zukünftig eine konzertierte Bilanz erstellen müssen. Das macht auch viel Sinn. Bis jetzt rangierten die kaufmännische Bilanz der Eigenbetriebe sowie der kameralistische Haushalt der Gemeinde nebeneinander. Beides miteinander zu verzahnen, bereitet doch große Schwierigkeiten. Diese Problematik werden wir zukünftig nicht haben.

Durch diese konzertierte Bilanz gewinnen wir natürlich eine wesentlich bessere Übersicht über die wirtschaftliche Situation der einzelnen Kommunen.

(Beifall bei der SPD)

Die Doppik wird 2007, spätestens aber 2009 Einzug in die öffentlichen Haushalte der Kommunen haben. Wesentliche Vorteile und Unterschiede zur Kameralistik sind einmal die Abkehr vom reinen Geldverbrauchs- zum Ressourcenverbrauchskonzept, die Darstellung der periodischen Ressourcenverbräuche und durch die Gesamtbilanz ein besserer Gesamtüberblick über die Vermögens- und Schuldensituation der Gemeinde. Sparpotenziale des Verwaltungshandelns werden durch größere Transparenz aufgezeigt. Es erfolgt dadurch ein größeres Kostenbewusstsein. Der Substanzverlust des Vermögens wird durch die Abschreibungen aufgezeigt.

Wir haben verbesserte Kontrollmöglichkeiten durch eine Kosten- und Leistungsrechnung sowie die Möglichkeit interkommunaler Kostenvergleiche.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Dadurch bedingt haben wir eine bessere Möglichkeit auch zur Produktkalkulation. Kurz gesagt, mit dem neuen Haushaltssystem, der Doppik, wird mehr Nachhaltigkeit, mehr Kostenbewusstsein und mehr Wirtschaftlichkeit Einzug in unsere Rathäuser halten. Die SPDFraktion wird daher dem Gesetzentwurf der Landesregierung unter Berücksichtigung des Änderungsantrags der Fraktionen der SPD und FDP zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Marz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Fraktion stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. Die Umstellung auf eine kaufmännische Buchführung ist ein wichtiger und eindeutiger Fortschritt.

(Vereinzelt Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Haushalte der Kommunen werden endlich nach wirtschaftlichen Kriterien dargestellt.

Das könnte auch ein Anlass sein, einmal einen großen Schritt in Richtung kommunaler Bürgerhaushalte zu gehen. Die Landesregierung könnte dies in wesentlich stärkerem Maß fördern. Wenn sie das später macht, wird es teurer und schwieriger werden.

Man darf aber die Auswirkungen der Doppik nicht falsch verstehen. Durch die Doppik werden die Kommunen nicht zu Aktiengesellschaften. Die Bürgermeister werden nicht zu Managern, auch wenn sich manche dafür zu halten scheinen. Die Kommunen werden dadurch auch nicht reicher oder weniger arm, so würde ich es eher sagen, sondern das Vermögen bzw. die Haushaltslage der Kommunen werden nur transparenter dargestellt.

(Mertes, SPD: Die Kämmerer können sich noch mehr aufblasen!)

Herr Kollege Mertes hat die Erwartung, dass sich irgendjemand dann noch stärker aufblasen kann. Ich weiß nicht, wen er meint.

(Mertes, SPD: Die Kämmerer!)

Die Kämmerer? Wir werden das sehen. Wir werden auf jeden Fall eine ehrlichere Haushaltsführung und eine ehrlichere Haushaltsrechnung haben. Dann werden wir

auch im politischen Bereich besser über die Haushaltslage der Kommunen insgesamt diskutieren können.