Protocol of the Session on January 19, 2006

(Mertes, SPD: Das ist ein Beweis seiner Hilflosigkeit!)

Der Innenminister hat klar gesagt – dem braucht man eigentlich nur noch wenig hinzuzufügen –, es geht darum, die Inhalte dessen, was eine freiheitlich-demokratische Grundordnung ausmacht, denjenigen, die einen

Antrag auf Erteilung der Staatsbürgerschaft stellen, nahe zu bringen und auch dieses Verständnis klar abzufragen.

(Glocke des Präsidenten)

Meines Wissens wird das in Rheinland-Pfalz gemacht. Wenn Sie etwas anderes wissen, dann bringen Sie es bitte vor.

(Beifall bei SPD und FDP – Dr. Weiland, CDU: Darüber können wir reden! Das hört sich jetzt schon ganz anders an!)

Ich erteile Frau Abgeordneter Kohnle-Gros das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege, ich muss schon sagen, Sie haben doch die Diskussion losgetreten und regen sich jetzt auf, dass darüber gesprochen wird. Das verstehe, wer will.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt wollen Sie uns an den Pranger stellen. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, wir sind in Mainz und nicht in Baden-Württemberg.

(Mertes, SPD: Sprachlich merkt man das jetzt nicht so!)

Wenn das vielleicht auch nicht so ganz eindeutig ist, ich bezeichne mich immerhin als rheinland-pfälzische Abgeordnete. Verstehen Sie, man muss doch an der Sache bleiben.

Ich habe vorher schon ausgeführt, wobei ich nicht zitiere, denn es ist nicht meine Art, Dinge vorzulesen, dass es jetzt sehr viele Menschen in Deutschland gibt, die etwas von der Sache, vor allem auch von den Einbürgerungsverfahren verstehen, die gefragt haben, ob es so, wie es derzeit gemacht wird und wie es im Staatsangehörigkeitsgesetz steht, dass man nämlich einen bundesweit einheitlichen Fragebogen mit der Loyalitätsbekundung einfach unterschreibt, ausreichend ist. Es gibt Leute, so unter anderem Frau Barbara Johns, die frühere Ausländerbeauftragte aus Berlin, die jetzt sagen, es sei gut, dass noch einmal eine Diskussion angeregt wird, um darüber zu reden, ob das genügt.

Lassen Sie mich an der Stelle sagen, in BadenWürttemberg werden nicht alle Leute mit diesem Bogen geprüft, sondern nur diejenigen, bei denen offensichtlich Zweifel an ihrer Loyalität bestehen.

(Schweitzer, SPD: In Hessen will man es mit allen machen!)

Jetzt wird darüber diskutiert, dass man weitergehen muss. Das ist auch das, was Herr Bouffier sagt. Er

meint, lasst uns doch einmal vergleichbar wie in den USA eine Zusammenfassung erstellen, was uns in Deutschland wichtig ist, wofür unsere Gesellschaft steht. Lasst das die Leute lesen, durcharbeiten und fragt sie dann, ob sie das verstehen und sich damit auch identifizieren können. Darum geht es jetzt zum Beispiel in Hessen.

Ich habe gesagt, dann können wir doch auch einmal die Innenminister darüber diskutieren lassen. Dann können wir einmal sehen, ob wir ein Stück weiterkommen.

Ich finde es auf jeden Fall nicht falsch zu sagen, damit wir die Integrationsbereitschaft auf beiden Seiten noch ein wenig steigern, was offensichtlich notwendig ist, was wir auch an anderen Entwicklungen sehen, die jetzt hier in der Kürze der Zeit keine Rolle spielen können, dass wir diese ganze Entwicklung ein Stück weit begleiten. Das ist unsere Erwiderung auf das, was Sie jetzt losgetreten haben.

Die Sache aus Baden-Württemberg zu diskutieren, ist uns zu kurz gesprungen. Wenn schon, dann wollen wir auf die Gesamtsituation eingehen und auch in der Sache etwas dazu beitragen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hohn das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der baden-württembergische Innenminister hat einen so genannten Gesprächsleitfaden mit 30 Fragen herausgegeben, der dazu geeignet sein soll, in Zweifelsfällen die geforderte innere Hinwendung zur Bundesrepublik Deutschland zu klären.

Dieser Gesprächsleitfaden soll im Einbürgerungsverfahren bei Muslimen Anwendung finden.

Meine Damen und Herren, zweifelsohne sind in dem Fragenkatalog Fragen enthalten, die der badenwürttembergische Innenminister nach unserer Auffassung besser nicht hineingeschrieben hätte. In diesem Punkt teilt unsere Fraktion voll und ganz das, was Herr Kollege Klöckner und auch Sie, Herr Minister Bruch, vorgetragen haben.

Frau Grützmacher, eines müssen wir aber auch festhalten: Justizminister Goll in Baden-Württemberg hat sich von diesem Fragenkatalog ganz klar distanziert.

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Er soll sich dafür einsetzen, dass das zurückgenommen wird! – Schweitzer, SPD: Das macht er doch!)

Deshalb verstehe ich Ihre Ausführungen nicht ganz.

Meine Damen und Herren, gravierender als die Frage selbst ist für unsere Fraktion der Adressatenkreis. Nur Personen der muslimischen Religionsgemeinschaft sollen diesem Gesinnungstest unterzogen werden. Das empfinden wir gegenüber den Muslimen als diskriminierende Regelung.

(Beifall bei FDP und SPD)

Herr Minister Bruch, ich kann Sie da auch nur in Ihren Ausführungen unterstützen.

Meine Damen und Herren, gegen die Intention, vor Aushändigung eines deutschen Passes die Haltung des Bewerbers zum Grundgesetz abzuprüfen, ist nach unserer Auffassung grundsätzlich nichts einzuwenden. Darüber kann man sich in der Tat Gedanken machen. Dann muss eine solche Prüfung aber für alle Personen gelten, die eingebürgert werden sollen.

Meine Damen und Herren, deshalb ist die Fokussierung auf eine einzige Religionsgemeinschaft für unsere Fraktion in keiner Weise akzeptabel.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Abgeordneter Grützmacher das Wort.

Frau Kohnle-Gros, leider haben wir auch nicht gehört, was Sie denn eigentlich von diesem Gesprächsleitfaden, wenn man es einmal so neutral ausdrücken möchte, halten.

(Schweitzer, SPD: Genauso ist es! – Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist ja Diffamierung im rheinland-pfälzischen Landtag – – –)

Wenn Sie jetzt sagen, das war nur deshalb, um die Diskussion über die Sache anzuregen, dann ziehen Sie sich damit aus der Affäre und sagen einfach nicht, wie Sie dazu stehen. So etwas als Anregung für eine Diskussion zu nehmen, ist fahrlässig. Das können wir nicht stehen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kohnle-Gros, ich habe mich auf das bezogen, was Sie geredet haben. Das möchte ich jetzt auch weiter machen.

Es ist auch nicht nur so, dass dieser Fragebogen diskriminierend ist, sondern er ist auch vollkommen unsinnig. Es ist gerade deshalb unsinnig, weil die Zielgruppe der Islamisten natürlich sofort ihr Personal schulen würde, dass die Antworten auf dem Fragebogen zufrieden stellend von diesen Leuten beantwortet würden. Das ist wirklich ein Fragebogen für Naive.

Sie sind doch auch schon in die USA eingereist. Dort muss man immer beantworten, ob man Drogen nimmt. Ja gut, ich schreibe dann hin: Ja, ich nehme Drogen. – Das ist doch wirklich etwas für Naive, dass man also denkt, dass gerade die Leute, die wir finden wollen, die Islamisten sind und unsere Gesellschaft bedrohen, durch diesen Fragebogen herausgelöst werden können. Das kann man doch nun wirklich nicht glauben.

(Zurufe von der CDU)

Nein, dieser Fragenkatalog gibt wirklich überhaupt keinen Erkenntnisgewinn, wenn er denn angewandt wird. Was er aber macht – das haben die Reaktionen gerade bei den ausländischen Mitbürgern und Organisationen in Deutschland deutlich gezeigt –, er richtet ganz erheblichen politischen Schaden an. Das können wir so nicht zulassen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich glaube, man sollte in Baden-Württemberg wirklich noch einmal deutlich darüber reden. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat schon eine Debatte im baden-württembergischen Landtag dazu angekündigt. Ich glaube, wenn etwas Gutes aus dieser Diskussion herauskommen kann, dann ist es der Punkt, dass wir sehen, dass große Teile der Bevölkerung eine solche Art von Fragebogen ablehnen und vielleicht doch ein Umdenken in den Köpfen und beim Innenminister in BadenWürttemberg und bei anderen Innenministern stattfinden kann.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass wir in die Mittagspause eintreten können.

Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass im Foyer um 13:00 Uhr eine Ausstellung mit dem Thema „Geste der Menschlichkeit – Weltreligion in der Kalligraphie“ eröffnet wird. Es ist eine Ausstellung, die im Zusammenhang mit der Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2006 stattfindet. Ich würde mich sehr freuen, einige von Ihnen dort unten begrüßen zu dürfen.