Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie alle, ich bitte die Landesregierung, ich bitte vor allem aber die Adressaten, an die wir unsere Vorschläge und Wünsche gerichtet haben, obwohl wir ihnen nichts zu sagen haben, lesen Sie bitte unsere Empfehlungen. Nehmen Sie sie ernst. Setzen Sie so viel wie irgend möglich davon um. Arbeiten Sie mit uns gemeinsam an der Verwirklichung der aktiven Bürgergesellschaft, die vom kleinsten Kind bis zum ältesten Greis das Engagement eines Jeden und einer Jeden braucht und ermöglicht.
Noch etwas: Lassen Sie sich bitte von der wirklich guten Atmosphäre inspirieren, die in unserer EnqueteKommission herrschte. Wenn das geschieht, dann ist mir nicht mehr bange, dass wir das Ziel unserer Enquete-Kommission, das wir uns vorgenommen hatten, erreichen, dass wir nämlich die Distanz zwischen jungen
An dieser Stelle möchte ich ihr nicht nur in dieser Funktion, sondern auch in ihrer Rolle als Vorsitzende der Enquete-Kommission ganz herzlich danken und auch allen Beteiligten an diesen ungewöhnlichen Arbeitsformen mit dem reichen Ertrag dieser Arbeit. Sie haben ein hohes Lob vom gesamten Haus verdient.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach dieser sehr ausführlichen Berichterstattung werde ich versuchen, nicht allzu viele Doppelungen hineinzubringen. Eine Doppelung kommt gleich am Anfang. Ich danke allen beteiligten Abgeordneten, Sachverständigen, der Landtagsverwaltung, den Mitarbeitern der Fraktionen und des Ministeriums und natürlich den vielen Kindern und Jugendlichen, die an den Diskussionen und Veranstaltungen teilgenommen haben.
Ein besonderer Dank gilt natürlich unserer Vorsitzenden. Ulla Brede-Hoffmann hat mit ungeheurer Energie und Fleiß die Arbeit vorangetrieben, viele Papiere vorbereitet, Ergebnisse gebündelt und Diskussionen angestoßen, kurz, sie hat einen großen Anteil an dem, was heute als Abschlussbericht vorliegt. Dafür vielen Dank.
Ich wünsche mir sehr, dass dieser Bericht auch dazu dient, junge Menschen in unserem Land etwas besser zu verstehen.
Unsere Gespräche haben uns mit Kindern und Jugendlichen zusammengeführt, die eine nicht politikverdrossene und Null-Bock-Generation sind, sondern durchaus engagiert sind, mitwirken und mitgestalten können und wollen. Sie engagieren sich gesellschaftlich und sozial. Sie orientieren sich an konkreten und praktischen Problemen. Sie handeln pragmatisch. Sie setzen sich oft zeitliche Grenzen. Sie wollen bei ihrem Engagement Spaß haben und persönliche Chancen gewinnen. Das ist legitim.
Genauso wichtig wie die formulierten Ziele des Einsetzungsbeschlusses war die Methodik, mit der wir uns dem Thema näherten, und die persönliche Bereitschaft
aller Mitglieder der Kommission, von den üblichen politischen Mechanismen abzuweichen. Wir alle sind mit offenen Augen und Ohren in die Arbeit eingestiegen. Wir haben uns auf echte Dialoge eingelassen. Wir haben die Kinder und Jugendlichen nicht nur ernst genommen, sondern wir haben einiges von ihnen gelernt. Ich kann zumindest für mich sagen, dass die Arbeit in dieser Kommission sehr viel Freude gemacht hat.
Meine Damen und Herren, die Kommission hatte sich ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt, zum einen die Untersuchung der Gründe, warum junge Menschen Distanz zur Politik entwickeln, und zum anderen, wie diese Distanz zu überwinden ist.
Natürlich gibt es auch Jugendliche, zu denen wir keinen Zugang fanden. Bei den Diskussionen und im Gutachten von Professor Schrapper wurden immer wieder Kinder und Jugendliche erwähnt, die sich ganz bewusst von gesellschaftlicher Beteiligung und demokratischer Mitwirkung abwenden. Da hatten wir keine Gesprächsmöglichkeit. Ähnlich schwierig war es mit Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Auch die Gruppe der Mädchen war bei der Vordiskussion der EnqueteKommission mehrfach als besonders zu untersuchen benannt worden. Bei den Projekten gab es aber keinen konkreten Hinweis darauf, dass sich Mädchen weniger beteiligen oder eine größere Distanz zu Politik und Gesellschaft zeigen als Jungen im gleichen Alter. Dieser Eindruck verstärkte sich bei Gesprächen mit Schulklassen. Darum haben wir in diesen Bereichen auf Empfehlungen verzichtet.
Der vorgelegte Bericht ist sehr umfassend und umfangreich. Ich hoffe, dass dies niemanden abschreckt, ihn zu lesen, sondern dass Sie sich animiert fühlen hineinzuschauen. Der Bericht soll nicht in der Schublade verschwinden. Er soll den politisch Handelnden und gerade vor Ort Hinweise geben und Anleitung sein.
In der nächsten Legislaturperiode soll vieles umgesetzt werden. Wir alle wollen starke, selbstbewusste und engagierte Kinder und Jugendliche, die sich dann für Politik öffnen.
Durch den Einsetzungsbeschluss war vorgegeben, durch Besuche bei Beteiligungsprojekten Schlussfolgerungen für Rahmenbedingungen und Arbeitsweisen zu ziehen. Die Auswahl der Projekte geschah auf Hinweise von Mitgliedern der Kommission. Sie ist subjektiv und zufällig. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Uns ist bewusst, dass es in Rheinland-Pfalz noch viele gute und beispielhafte Projekte gibt. Allein die Leitstelle Partizipation hat uns 250 Projekte aufgelistet. Das muss besser bekannt gemacht werden.
Ich kann in meiner Redezeit nicht alles unterbringen, was die Kommission erlebt und erarbeitet hat. Es ist wichtig, auf die Vor-Ort-Besuche einzugehen. Da gab es eine große Bereitschaft zuzuhören, offen zu diskutieren und Erfahrungen mitzunehmen. Dies hatte offensichtlich positive Auswirkungen auf unsere Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner; denn öfter war zu hören,
dass wir alle sehr viel netter und doch ganz anders wären, als sich Kinder und Jugendliche Politikerinnen und Politiker im Allgemeinen vorstellen. Der Politiker als Mensch sozusagen. Das war eine gute Erfahrung.
Vielleicht hat die Kommission dazu beigetragen, dass die Distanz verringert wird. Natürlich gab es in der Kommission inhaltliche Unterschiede. Die wollten wir nicht zukleistern. Wir haben in einer offenen und sachlichen Zusammenarbeit gemeinsam die Papiere und die daraus resultierenden Empfehlungen erarbeitet. Dafür danke ich ausdrücklich allen Kolleginnen und Kollegen.
An dieser Stelle will ich auf die abweichende Meinung der CDU in lediglich zwei Punkten eingehen. Das ist die Lebenswelt Kindertagesstätte und die von der Mehrheit angeregten Musterbriefe. Dies halte ich nach wie vor für eine gute Sache; denn wir haben gerade in unserer Arbeit gelernt, dass es schon vieles gibt, aber viele vieles nicht wissen und der Raum für eigene Ideen dadurch nicht unbedingt beschnitten wird, wenn vorgefertigte Musterbriefe verschickt werden. Aus diesem Grund halten wir die Empfehlung aufrecht.
Ihr zweiter Punkt bezieht sich auf den Sozialkundeunterricht, den Sie ausweiten möchten. In der Tat haben einige Jugendliche und Lehrer diesen Wunsch geäußert. Andere Jugendliche hingegen bemerkten: Was nützt mir Unterricht bei einem wenig engagierten Lehrer? – Beide Positionen sind diskutiert worden. Hier wurde keine Annäherung erzielt. SPD und FDP halten es für sinnvoller, mehr politische, soziale und gesellschaftliche Themen fächerübergreifend und projektorientiert anzubieten.
Eine besondere Rolle sollte auch die Ganztagsschule übernehmen, um gerade auch mit außerschulischen Fachkräften mehr politische Bildungsangebote zu machen.
Frau Schäfer, ich frage Sie: Wie wollen Sie Ihre Forderung konkret umsetzen? Wollen Sie die Stundentafel verändern, also mehr Unterrichtsstunden, oder wollen Sie eine Stunde aus einem anderen Fach herausnehmen und zu Lasten von welchem? Dies ist nicht geklärt.
Jetzt komme ich zur abweichenden Meinung des Abgeordneten des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herrn Wiechmann. Als ich es gelesen habe, habe ich mir gedacht, ein grünes Bubenstück.
Ich kann es mir nur mit der kommenden Landtagswahl erklären. Was Sie ab Seite 49 des Berichts formuliert haben, können sie ab Seite 30 ff. nachlesen, wenn Sie wollen.
Sie haben den Eindruck erweckt, dass die Kommission die jungen Gesprächspartnerinnen und Gesprächspart
ner nicht ernst genommen hätte. Dies ist falsch, unverschämt und für mich ein durchsichtiges Manöver.
Ich habe hier weder die Zeit noch die Lust, auf Ihre Wiederholungen, Doppelungen und Umformulierungen einzugehen. Ich gebe Ihnen zwei Beispiele. Als erstes nenne ich Lebenswelt Schule. Außer der von Ihnen geforderten Muss-Einführung von Klassenversammlungen und der Forderung nach Schulkonferenzen als oberstes beschlussfassendes Gremium finden Sie so ziemlich alles, nur anders formuliert, in den Empfehlungen wieder.
Herr Wiechmann, wir hätten auch gern darüber mit Ihnen diskutiert. Aber Sie kamen mit diesen Vorschlägen in der letzten Sitzung der Kommission, in der die Empfehlungen vorlagen.
Bei Ihrer Lieblingsforderung nach Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen verlassen Sie den Anspruch, das aufzunehmen, was Ihnen die Jugendlichen vermittelt haben. Wir waren da offen. Wir alle haben erlebt, dass dies nur ganz wenige Jugendliche wollen. Die meisten Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner standen dem gleichgültig bis ablehnend gegenüber. Was Sie in die Empfehlung hineingeschrieben haben, ist nicht die Mehrheitsmeinung der Jugendlichen, sondern ist die Meinung Ihrer Partei.
Den Teil mit dem Rechtsextremismus verstehe ich schon gar nicht. Der wurde doch von Ihnen gemeinsam mit dem Abgeordneten Burgard erarbeitet. Warum Sie auch da eine Minderheitsmeinung formulieren, ist mir absolut unklar, oder es ist Wahlkampf. Diese zwei Möglichkeiten gibt es.
(Schweitzer, SPD: Wenn er ihn selbst geschrieben hätte, hätte er sogar eine Minderheitenmeinung zu seinem eigenen gehabt!)
Auf kommunaler Ebene gibt es bereits jetzt viele Instrumentarien zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Dies wollen wir stärken, ausbauen und fördern. In den Empfehlungen ist das in jedem Satz wieder zu finden. Aber Ihre Forderung, dass Kinder- und Jugendparlamente über eigene finanzielle Mittel frei verfügen könnten,