Protocol of the Session on December 2, 2005

Conrad hat und wird auch in Zukunft die Verbraucher und Verbraucherinnen durch entsprechende Maßnahmen zu schützen wissen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP)

Es spricht nun Frau Ministerin Conrad.

(Frau Kiltz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, meldet sich zu Wort)

Pardon!

Zuerst Frau Kiltz, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schäfer, ich habe lediglich klargestellt, dass die Erkenntnisse über die Defizite in der Lebensmittelkontrolle hier in Rheinland-Pfalz seit Herbst 2002 jedem und jeder im Landtag, der sich damit beschäftigt, bekannt sein mussten, weil da die Drucksache mit unserer Großen Anfrage erschienen ist. Es war nun einmal unsere Große Anfrage. Nichts anderes habe ich gesagt.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich meine, Sie müssen jetzt nicht empfindlich sein. Sie sollten an den Stellen, wo Sie schon immer mit uns gehen wollten, aber aus welchen Gründen auch immer nicht konnten, mit uns gehen. Sie sind herzlich eingeladen, sich am Kampf für Verbraucherrechte im Fleischbereich zu beteiligen.

Ich will noch einmal auf den Punkt mit dem Verbraucherverhalten und der „Geiz ist geil“-Geschichte kommen.

Ich zitiere Ihnen gern etwas aus der „TAZ“, die nicht jeder jeden Morgen hier liest, glaube ich. Da ist beschrieben worden, dass bei dem baden-württembergischen Unternehmen, das schon aufgefallen war, noch einmal nachkontrolliert wurde. Es lag wieder grün schillerndes Rindfleisch im Kühlwagen.

(Zuruf von der FDP: Grün?)

Das ist dann, wenn es nicht mehr so gut ist.

Dann wurde in der Branche herumgefragt. Dann gibt es das Zitat, das sehr bedenkenswert ist. Es wurde gesagt: „Der hat doch Dumpingpreise gemacht, da konnte kein anderer mithalten.“ – In der Hochsaison für Grillfleisch habe dieser Betrieb Schweinefleisch für 3 Euro das Kilo verkauft. Eine gute Metzgerei mit entsprechender Qualitätskontrolle hat dieses Fleisch für knapp 5 Euro eingekauft.

Wir finden dann dieses Fleisch für 3 Euro in marinierten Steaks, als Holzfällersteaks und sonstige Leckereien, in Kühltheken, die vielleicht noch Rotlicht angemacht ha

ben, damit alles ein bisschen appetitlicher aussieht. Wenn wir das dann kaufen, dann tragen wir Mitverantwortung. Deswegen brauchen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher das Recht zu erfahren, wo das Fleisch herkommt, wie alt es ist, wie es behandelt ist, wie die Tiere gefüttert wurden. Ich kann Ihnen einen guten Tipp geben, wie Sie sich als Verbraucherinnen und Verbraucher verantwortungsbewusst verhalten. Es gibt etliche Biohöfe in Rheinland-Pfalz oder auch regionale Erzeuger, die nicht unbedingt Bioware, aber gute konventionelle Ware erzeugen. Lassen Sie sich von denen vor Weihnachten ein 10-Kilo-Paket schicken, dann haben Sie alles, was Sie für die Weihnachtszeit brauchen, und gehen nicht das Risiko ein, Ekelfleisch auf den Tisch zu stellen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht nun Frau Staatsministerin Conrad.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung verurteilt die jüngst bekannt gewordenen Vorkommnisse in der Fleischwirtschaft aufs Schärfste. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass schwarze Schafe identifiziert werden und ihnen das Handwerk gelegt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich weise an dieser Stelle aber auch sehr deutlich den Versuch zurück, eine Verbindung zwischen der Situation der allgemeinen Lebensmittelkontrolle und diesen Vorkommnissen in der Fleischwirtschaft herzustellen. Ich will das auch kurz begründen. Man muss wissen, worüber man redet. Das Fleischhygienerecht und das Lebensmittelkontrollrecht ist voneinander zu unterscheiden. Wir haben zwar die Zuständigkeit bei den Kreisen und kreisfreien Städten, das heißt, bei den örtlichen Behörden, aber es sind bis auf das, was sich in der Theke befindet, unterschiedliche Berufs- und Qualifikationsvoraussetzungen notwendig, um die Kontrolle in diesen beiden Bereichen zu vollziehen.

Frau Abgeordnete Schäfer, ich sage das bewusst in Ihre Richtung, aber auch in Ihre Richtung, Frau Abgeordnete Kiltz, weil Sie versucht haben, hier Zusammenhänge herzustellen. Wir werden noch die Möglichkeit haben, die Beantwortung der Großen Anfrage zur Lebensmittelkontrollsituation hier zu besprechen. Das ist eine andere Frage, es handelt sich um andere Vorgänge; Sie haben nicht nach der Situation der Fleischkontrolle gefragt. Aber bitte, wenn Sie redlich sind und von der Sache etwas verstehen, müssen Sie tatsächlich Unterschiede machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auch bestätigen, dass die Kontrollen, die wir jetzt auch angeordnet haben, insbesondere in den Kühlhäusern oder auch in den Umpackzentren, bisher keine Befunde ergeben haben, dass wesentliche Verstöße gegen die Rechtsbestimmungen vorliegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist vollkommen klar, dass wir Konsequenzen ziehen und Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen gezogen werden müssen, die wir aus den jüngsten besonders negative Schlagzeilen machenden Vorkommnissen haben. Ich will hier insbesondere drei ansprechen.

Einmal hatten wir vor kurzem die Situation, dass Abfälle aus einem Schlachtbetrieb umdeklariert worden sind und über den Umweg über die Schweiz wieder in die Lebensmittelkette gelangt sind.

Wir hatten einen weiteren Fall gehabt, aus dem Kreis Cloppenburg, in dem Ware zurückgegeben worden ist – wohlgemerkt, weil sie nicht verkehrsfähig war –, wieder eingefroren wurde und später wieder als Frischware in den Verkehr gebracht worden ist.

Wir hatten vor kurzem den Fall gehabt, dass in Gelsenkirchen das Haltbarkeitsdatum überschritten worden ist und große Mengen – und zwar handelt es sich um 63 Tonnen Fleisch, 57 Tonnen Putenhackfleisch – wieder in der Lebensmittelkette aufgetaucht sind, 71 Tonnen zusätzlich in Hamburg und Niedersachsen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben bei all diesen Vorkommnissen unmittelbar nach Bekanntwerden – sei es aus der Presse – Anweisung zur verstärkten Kontrolle gerade der Fleischläger und auch der Umpackbetriebe gegeben. Wenn wir vor dem Hintergrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse Schlussfolgerungen ziehen, dann sind wir uns alle einig – ich bin auch dankbar, dass hier alle unisono diese Vorkommnisse auf Schärfste verurteilen –, dass hier Konsequenzen zu ziehen sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sie liegen vor allen Dingen in einem Bereich. Hier hat auch Frau Abgeordnete Elsner absolut Recht, dass wir verstärkt ein Informationsrecht und Informationspflichten bei den Behörden brauchen. Frau Schäfer, hier können Sie nicht davon ablenken, dass CDU und CSU jahrelang ein Verbraucherinformationsgesetz verhindert haben. Wir haben uns im Bundesrat dafür stark gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade ein Informationsrecht für die Bürgerinnen und Bürger hätte hier mehr Transparenz bedeutet, aber auch den Behörden die Chance gegeben, ihre Erkenntnisse über schwarze Schafe, insbesondere auch Wiederholungstäter oder solche, die schwer wiegende Verstöße begangen hatten, wirklich an die Öffentlichkeit zu geben. Das hätte auch den Abnehmerbetrieben geholfen, dass sie nämlich wissen, woher und von welcher Qualität tatsächlich ihre Bezugsquellen sind, und ihnen die Chance gegeben, sich anderer Vertriebswege zu bedienen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Erstens: Die Landesregierung drängt auf die rasche Einführung eines Verbraucherinformationsgesetzes mit den entsprechenden Konsequenzen, Rechte für Verbraucher, aber auch Rechte für die Behörden. Wenn wir es genau nehmen, schützt das jetzige Recht in ge

wisser Weise gerade solche Wiederholungstäter. Wir müssen aber bei der rechtlichen Ausgestaltung darauf achten, dass diejenigen, die ohne Verschulden oder ohne eigene Erkenntnisse verzehrsuntaugliche Ware in Verkehr bringen, das heißt, dass sie in dieser Situation quasi Opfer sind, nicht Nachteile haben und mit an den Pranger gestellt werden.

Zweitens: Wir wollen eine Ausweitung der Meldepflicht. Jeder Lebensmittelunternehmer, der mit Lebensmitteln beliefert wird, die nicht in Ordnung sind, muss dies den zuständigen Behörden melden, und zwar auch dann, wenn er sie wieder an den Lieferanten zurückgibt. Dies muss insbesondere für leicht verderbliche Lebensmittel gelten. Damit wird den Behörden die Möglichkeit gegeben, frühzeitig tätig zu werden.

Drittens: Wir brauchen eine bessere Rückverfolgung. Auch die Vertriebswege von Waren, die nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, müssen eindeutig rückverfolgbar sein. Dies setzt die Verbesserung der Kennzeichnung und der Dokumentation des Transports voraus. Auf diese Weise wird die Rückverfolgbarkeit gewährleistet und die Umdeklarierung und Verwendung als Lebensmittel zumindest erschwert.

Viertens: Wir halten auch eine Überprüfung des Strafmaßes für geboten, und zwar insbesondere in solchen Fällen, in denen mit krimineller Energie die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher gefährdet wird oder die Gefährdung billigend in Kauf genommen wird. Auch die Schwelle von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat ist zu überprüfen. Dies betrifft zum Beispiel den Umgang mit Wiederholungstätern. Die Forderung, wie sie auch Herr Seehofer erhoben hat, nach einer Bündelung der Verfahren bei einer Strafverfolgungsbehörde ist in Rheinland-Pfalz mit der Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Bad Kreuznach bereits umgesetzt.

Fünftens: Die Zusammenarbeit und gegenseitige Information zwischen den Lebensmittel- und Strafverfolgungsbehörden, zwischen Polizei und Zoll, soll noch enger geknüpft werden, respektive verbessert werden. Hierzu wird in Rheinland-Pfalz eine Abstimmung zwischen den Ressorts stattfinden.

Sechstens: Im Rahmen des europäischen Schnellwarnsystems – das wissen Sie – werden europaweit relevante Erkenntnisse über unsichere oder falsch deklarierte Lebensmittel an die Länder und die betroffenen Vollzugsbehörden weitergegeben. Um bereits im Vorfeld handeln zu können, müssen die Länder im Rahmen einer Informationsplattform Zugriff auch auf solche Erkenntnisse haben, die nicht von den Kriterien des europaweiten Schnellwarnsystems erfasst sind, um frühzeitig zu erkennen, ob Verstöße System haben oder von länderübergreifender Bedeutung sind.

Siebtens: Die Verpflichtung der Betriebe zur Eigenkontrolle muss konsequent umgesetzt – meine sehr verehrten Damen und Herren, natürlich ist das so – und durch die Behörden auch überwacht werden. In RheinlandPfalz sind hier die Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Wir werden mit Nachdruck weiterhin darauf drängen, dass dies wie in der Vergangenheit tatsächlich stattfindet.

Achtens: Wir begrüßen es sehr wohl, dass das Kartellrecht novelliert werden soll, damit der Verkauf von Lebensmitteln unter Einstandspreis nicht mehr möglich ist. Dies richtet sich vor allen Dingen an die Lebensmittelketten, die mit Lockangeboten unter Einstandspreis werben und damit Druck auf Lieferanten ausüben, Billigstware auf den Markt zu bringen.

Wir unterstützen auch die Aufklärung von Verbrauchern und Verbraucherinnen nach dem Motto „Qualität hat ihren Preis“. Wir lehnen aber eine Schuldzuweisung an Verbraucherinnen und Verbraucher oder Konsumentinnen und Konsumenten ab, oder dass sie mit diesen kriminellen Machenschaften in Zusammenhang gebracht werden. Das ist unverhältnismäßig und nicht angebracht und lenkt von dem ab, was tatsächlich passiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das waren wesentliche Punkte, die ich genannt habe, die insgesamt als Bündel umgesetzt die Situation verbessern helfen können. Mir kommt es dabei darauf an, zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch der weit überwiegenden Zahl der gewissenhaft arbeitenden Betriebe solche Praktiken soweit irgend möglich zu unterbinden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir waren an der Ausgestaltung und der Formulierung des 10-PunkteProgramms beteiligt. Wir werden uns deswegen für eine zügige Umsetzung dieses Maßnahmenpakets einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache.

Ich freue mich, noch Gäste im Landtag begrüßen zu können, und zwar Schülerinnen und Schüler der Pestalozzi-Schule Ingelheim, Mitglieder der SPD-Ortsvereine aus dem Kreis Birkenfeld und eine Berufsvorbereitungsgruppe des IB Simmern. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 31 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4490 – Dritte Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 14/4701 –