Bundesverbraucherminister Seehofer hat sofort gehandelt und ein 10-Punkte-Programm vorgestellt. Es gab auch vor ein paar Tagen eine Zusammenkunft zwischen dem Bund und einigen Ländern, bei der auch RheinlandPfalz dabei war.
Dabei hat man sich geeinigt, die Bedingungen für die Lebensmittelkontrolle zu verbessern, Dokumentations- und Informationsfluss zu verbessern, Meldepflichten auszuweiten, Strafrahmen besser auszuschöpfen und
Einiges davon haben wir in Rheinland-Pfalz seit Jahren angemahnt, zum Beispiel die Koordination mit anderen Bundesländern, zum Beispiel Information und Transparenz. Wir haben immer wieder gefordert, die Belange der Lebensmittelkontrolle ernster zu nehmen.
Im vorangegangenen Jahr haben wir uns in diesem Haus oft mit den Defiziten rheinland-pfälzischer Verbraucherpolitik im Lebensmittelbereich befassen müssen. Wir hätten erwartet, dass es nach diesen schweren Vorwürfen renommierter Verbraucherverbände endlich zu entsprechenden Maßnahmen kommen würde.
Das ist bisher nicht geschehen, im Gegenteil, die Landesregierung ist weiter abgetaucht. Also blieb uns nichts anderes übrig, als über eine Große Anfrage Informationen über die aktuellen Entwicklungen in der Lebensmittelkontrolle einzuholen, die notwendig zur Beurteilung der Problematik sind.
Die Antwort liegt erst sehr kurz vor, sodass wir sie nicht jetzt, sondern zum nächstmöglichen Zeitpunkt besprechen wollen. Nur so viel sei vorweggenommen: Es zeigt sich, dass die Landesregierung nur wenig Kenntnisse von der Situation der Lebensmittelkontrolle in den Städten und Kreisen hat. Das ist kein gutes Zeichen für die Arbeit der Landesregierung in Sachen des Verbraucherschutzes. (Heiterkeit bei der SPD)
Erstmals hat sich die rheinland-pfälzische Umweltministerin in einer Presseerklärung vor dem aktuellen Hintergrund des Fleischskandals überhaupt für verschärfte Lebensmittelkontrollen ausgesprochen. Wir wollen nun ganz konkret wissen, wie sich die Landesregierung das vorstellt.
Frau Ministerin, in Ihrer Pressemeldung wird der Eindruck erweckt, als ob alles so weitergehen kann wie bisher. Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus. Das zeigt die Große Anfrage bzw. die Antwort darauf schon bei einer ersten Auswertung.
Sie zeigt, dass nach wie vor die Kontrolluntersuchungen sehr unterschiedlich erfolgen, je nach Personalstärke und den unterschiedlichen Voraussetzungen, wie sie sich in den Kreisen und Städten darstellen.
Man sieht beispielsweise, dass allein die Büroarbeit einen erheblichen Teil der Arbeit in Anspruch nimmt und Zeit verschlingt, die am Ende einer Kontrolle, die notwendig ist, und einer Beratung verloren gehen.
Die aktuellen Vorgänge haben gezeigt, dass schwarze Schafe dort ihr Betätigungsfeld finden, wo es Lücken in der Kontrolle gibt und das zu erwartende Strafmaß nicht abschreckend wirkt.
Ich freue mich, auf der Zuschauertribüne Jusos aus der Südpfalz begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Frau Schäfer, zunächst werden Sie gestatten, dass ich Ihnen vehement widerspreche, was die Aufmerksamkeit und das Handeln der Landesregierung angehen. Ich werde das auch noch entsprechend erläutern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst sagen, dass ich es nicht für möglich gehalten hätte, dass es nach BSE, Nitrofen und anderen Skandalen noch eine Steigerung im Lebensmittelbereich geben könnte.
Was sich derzeit bei bestimmten Unternehmen auf dem Fleischmarkt abspielt, übertrifft, auch was die kriminelle Energie angeht, alles bisher Vorstellbare.
Bei dem aktuellen Fleischskandal in NordrheinWestfalen und Niedersachsen handelt es sich um überlagertes und nicht genießbares Fleisch, das in den Handel gekommen ist. Hierbei spielt es keine untergeordnete Rolle, ob der Verzehr des verdorbenen Fleisches gesundheitsgefährdend ist oder nicht.
Übrigens scheint mir die Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung neben der Profitmaximierung die einzige erkennbare Handlungsmaxime dieser Fleischmafiosi zu sein. Sie dürfen alles machen, es darf nur keinen gesundheitlichen Flurschaden geben.
Das ändert nichts an der Tatsache, dass diese kriminellen Machenschaften Ekel erregend und widerlich sind.
Mir stellt sich in dem Zusammenhang die Frage, ob es für diese vereinzelt auftretenden Verbrecher auf ihrem Weg zur Gewinnmaximierung im Umgang mit Lebensmitteln überhaupt keine Hemmschwelle mehr gibt.
Fest steht, dass dieses nicht mehr genießbare Fleisch in großen Mengen aus dem Ausland importiert wurde. Der Presse ist zu entnehmen, offenbar gibt es Großunternehmen, die sich auf den Kauf dieser Ekelprodukte spezialisiert haben.
Nach aktuellem Sachstand ist Rheinland-Pfalz noch nicht von diesem Skandal betroffen. Frau Schäfer, ich bitte Sie, jetzt zuzuhören. Das ist auch bei anderen Lebensmittelskandalen, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Ausmaß der Fall gewesen, sei es bei BSE, Dioxin oder Acrylamid. Die Lebensmittelüberwachung hat eine zentrale Bedeutung für die Landesregierung und funktioniert aufgrund der Organisationsstrukturen sehr gut.
Das Landesuntersuchungsamt wurde im vergangenen Jahr neu strukturiert. Es sind dort 340 Personen beschäftigt. Das Landesuntersuchungsamt wurde im Zuge der BSE-Entwicklung um 22 Personen erweitert. Dadurch wird in Rheinland-Pfalz einer guten Koordination und Information in der Lebensmittelüberwachung Rechnung getragen. Ziel ist es, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher darüber hinaus auch bundesweit direkt und umfassend informiert werden.
Wir können deshalb die Maßnahmen, die von Verbraucherminister Seehofer in dieser Woche angekündigt und von Ministerin Conrad nachdrücklich unterstützt wurden, nur begrüßen.
In diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass das von der rotgrünen Bundesregierung eingebrachte Verbraucherinformationsgesetz durch die CDU im Bundesrat mehrfach blockiert wurde. Sicherlich wären wir heute ansonsten einen großen Schritt weiter.
Allerdings werden wir in dieser Frage wie auch in der Vergangenheit bei den oben genannten Problemfällen angesichts der kriminellen Energie nie eine 100%ige Sicherheit garantieren können.
Hervorgehoben werden muss allerdings, dass diese Skandale aufgrund von Kontrollen aufgedeckt wurden. Das zeigt ganz klar, dass die Kontrollen funktionieren.
Ich möchte außerdem nachdrücklich darauf hinweisen, dass nicht alle seriösen Metzger und Schlachtereien, die es zurzeit sehr schwer haben, in einen Topf mit einigen kriminellen Unternehmen geworfen werden dürfen. Frau Schäfer hat auch darauf hingewiesen.
Den Verbraucherinnen und Verbrauchern kann nur empfohlen werden, sorgfältig bei einer Metzgerei ihres Vertrauens Fleisch und Geflügel einzukaufen. Nur so kann diesen Verbrechern das Handwerk gelegt werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Fleischskandal, der uns zurzeit jeden Morgen bei der Zeitungslektüre ziemlich unappetitlich aufstößt, macht einmal mehr deutlich, wo es in der Bundesrepublik Deutschland mangelt, bei der Lebensmittelkontrolle in den Ländern, auch in Rheinland-Pfalz – das wissen wir seit langem –, bei der Strafbewehrung und Strafverhängung, wenn es um Nachlässigkeit oder kriminelle Energie im Lebensmittelbereich geht, bei der Selbstverantwortung der Lebensmittelbranche und beim Einkaufsverhalten, das von der Kampagne „Geiz ist geil“ auch im Lebensmittelbereich diktiert wird.
Was können wir tun? Als verantwortliche Landespolitiker müssen wir die Defizite in der Lebensmittelkontrolle aufarbeiten. Frau Schäfer, wir kennen die Defizite nicht erst seit der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage, sondern seit der Beantwortung unserer Großen Anfrage im Herbst 2002,
als die Antwort der Landesregierung zu diesem Thema vorlag und wir unsere Auswertung vorgestellt hatten. Es wurde dabei mehr als deutlich – wie gesagt, es liegt seit mehr als zweieinhalb Jahren auf dem Tisch –, dass die Qualität der Lebensmittelkontrolle in den Kreisen und kreisfreien Städten ausgesprochen unterschiedlich ausgestattet ist, nur mit einer Gemeinsamkeit, alle unzureichend.