Wie am 30. November 2005 der designierte Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Herr Uhrlau, in einem Zeitungsinterview mitteilte, liegen auch der Bundesregierung keine Hinweise vor, dass deutsche Flughäfen für geheime US-Missionen benutzt worden sind.
Es gäbe Gerüchte, dass deutsche Flughäfen von der CIA als Drehscheibe für geheime Transporte mutmaßlicher Terroristen genutzt worden seien.
Ich habe im Zuge dieser öffentlichen Diskussion am 28. November an das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Ramstein die Bitte gerichtet, mich über die Gerüchte zu informieren, die in der Presse dargestellt worden sind. In einem weiteren Schreiben habe ich den Bundesaußenminister gebeten, mich über die von ihm gewonnenen Erkenntnisse in den USA zu informieren.
Das Hauptquartier der US-Streitkräfte hat gestern Abend mitgeteilt, dass es offiziell keine Stellungnahme abgeben dürfe. Dies würde über das Außenministerium erfolgen.
Im Zusammenhang mit dem USA-Besuch des deutschen Außenministers wurde bekannt, dass er die Problematik bei seiner amerikanischen Amtskollegin Condoleezza Rice angesprochen hat. Diese habe ihm zugesichert, dass sie zeitnah berichten und aufklären werde.
Die Staatsanwaltschaft Zweibrücken führt ein Ermittlungsverfahren gegen noch unbekannte Personen unter anderem wegen Freiheitsberaubung durch. Es besteht ein Anfangsverdacht dafür, dass der islamische Imam Abu Omar alias Hassan Mustafa Osama Nasr am 17. Februar 2003 von CIA-Agenten in Mailand entführt, zu dem amerikanischen Teil der Luftwaffenbasis von Aviano verbracht und von dort aus zunächst zur US-Air-Base in Ramstein ausgeflogen worden sein soll. Von dort soll er noch am selben Tag mit einem anderen Flugzeug nach Kairo weitertransportiert worden sein.
Wegen dieses Sachverhalts wird auch von der Staatsanwaltschaft Mailand ein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Dieses richtet sich gegen mehrere Beschuldigte, welche sämtlich US-Staatsangehörige sind. Gegen 19 Beschuldigte sind in Italien – so der hiesige Kenntnisstand – zwischenzeitlich Haftbefehle erwirkt worden.
Die Staatsanwaltschaft Zweibrücken hat ein Rechtshilfeersuchen an die Staatsanwaltschaft Mailand gerichtet. Die inzwischen vorliegende Antwort wird von der Staatsanwaltschaft Zweibrücken ausgewertet.
Das Hauptquartier der US-Luftstreitkräfte in Europa in Ramstein ist wegen dieser Vorfälle von der Staatsanwaltschaft Zweibrücken um Auskunft über den Sachverhalt gebeten worden. Soweit ich informiert bin, wird heute Morgen ein weiteres Gespräch, nämlich zwischen dem Rechtsvertreter aus Ramstein und der Staatsanwaltschaft Zweibrücken, stattfinden.
Die Landesregierung erwartet – sie hat das immer deutlich gemacht –, dass sich die Gaststreitkräfte in Rheinland-Pfalz an deutsches Recht halten.
Die Vereinigten Staaten von Amerika haben gemäß Artikel 2 des NATO-Truppenstatuts die Pflicht, die deutsche Rechtsordnung zu achten und sich jeder mit dem
Geiste dieses Abkommens nicht zu vereinbarenden Tätigkeit, insbesondere jeder politischen Tätigkeit im Aufnahmestaat, zu enthalten.
Die Nutzung des Geländes in Ramstein unterliegt nicht der Zuständigkeit der zivilen Luftfahrtbehörden. Die Überwachung des Luftraums in nationaler Zuständigkeit durch die Deutsche Flugsicherung dient lediglich der verkehrlichen Sicherheit. Durch die zivile Landesluftfahrtbehörde erfolgt insbesondere keine Prüfung, ob Einflug- oder Landerechte in Bezug auf die militärisch genutzten Anlagen bestehen. Die Erteilung solcher Rechte obliegt den Militärbehörden vor Ort.
Solange die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht abgeschlossen sind und kein Ergebnis vorliegt, geht die Landesregierung davon aus, dass die US-Streitkräfte den Flugplatz Ramstein nicht zu rechtswidrigen Aktivitäten genutzt haben. Dennoch wird die Landesregierung den Ausgang der Angelegenheit aufmerksam verfolgen.
Frau Thomas, ich möchte zu der Polemik noch ein paar Bemerkungen machen. Allein die Überschrift suggeriert, dass Sie fest der Meinung sind, dass alles so geschehen ist, wie Sie es möglicherweise gelesen haben. Sie hätten „Angebliche völkerrechtswidrige Aktivitäten des CIA“ schreiben müssen. Das hat mich gestört.
Sie haben der Landesregierung vorgeworfen, sie hätte kein Problembewusstsein. Die Landesregierung hat auf ihrem Weg immer wieder im Kontakt mit den Amerikanern gute Erfahrungen gemacht, dass das NATOTruppenstatut eingehalten wird. Ich habe das nicht zu kritisieren. Es gibt auch keine Versäumnisse der Landesregierung. Wo sollen diese sein? Das NATOTruppenstatut ist nicht von uns aus zu überprüfen, sondern ist eine Bundesangelegenheit.
Frau Grützmacher, ich nehme an, Sie haben damals einen Brief an Bundesaußenminister Fischer geschrieben und ihn gebeten, er möge auf seinem Weg Aufklärung über diese Flüge leisten. Ich halte die jetzige Diskussion für ziemlich verfrüht, sehr polemisch und auch in der Sache für nicht sehr weit tragend, da wir alle in Vermutungen agieren.
Ich möchte zitieren, was der Bundesaußenminister nach seiner Reise im Parlament gesagt hat: „Sicherlich ist noch in beunruhigender Weise unklar, was von den Medienberichten über die Gefangenentransporte und die geheimen Gefängnisse zu halten ist. Wir brauchen Aufklärung. Darin sind wir uns mit den europäischen Partnern einig. Ich habe aber nach den Gesprächen in Washington den Eindruck, dass das verstanden worden ist, und ich hoffe, dass die Antworten auf die europäischen Fragen zeitnah erfolgen und Klarheit schaffen. – Beifall bei der SPD und den Abgeordneten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.“
Meine Damen und Herren! Auf die von Herrn Dr. Altherr am Ende gestellte Frage, ob das Menschenrecht so, wie es formuliert ist und angewendet werden soll, heute noch taugt, werde ich gleich noch einmal eingehen.
Ich möchte vorher noch etwas zu unserer Kritik an der Landesregierung sagen. Diese richtet sich komplett an die Landesregierung. Nach den Ausführungen von Herrn Hohn muss ich anmerken, ich habe die FDP und deren Äußerungen im Bundestag und aus der Bundestagsfraktion im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen über die mutmaßlichen CIA-Verstöße und die Flüge gehört. Ich habe gesehen, mit welcher Vehemenz die FDP Rechtsstaatlichkeit eingefordert hat. Ich hätte mir gewünscht, dass diese Vehemenz auch dort von der FDP an den Tag gelegt würde, wo sie in Regierungsverantwortung steht und als Justizministerium zu einem frühen Zeitpunkt über die Ermittlungen in Zweibrücken erfahren hat. Sie hätten dann auch eine entsprechende Anfrage initiieren können.
Natürlich hätten Sie, Herr Bruch, oder ein anderer Vertreter der Landesregierung zu einem frühen Zeitpunkt bei den US-Behörden anfragen können, wie Sie es jetzt gemacht haben, und Entsprechendes in Richtung Bundesaußenministerium initiieren können.
Meine Damen und Herren von der FDP, wenn Sie in Regierungsverantwortung stehen, sollten Sie diese auch wahrnehmen.
Herr Dr. Altherr, jetzt komme ich zu Ihrer Frage, ob das heutige Recht noch taugt. Ich will auf eines hinweisen, weil ich die jetzt zitierte Einschätzung teile. Die Vertreter der GdP haben gesagt, für wie gefährlich sie die Praktiken der US-Sicherheitsbehörden halten. Sie sagen, die Gewerkschaft der Polizei befürchtet neue Terrorgefahren durch Berichte und Gerüchte über Folter, CIAGeheimflüge und geheime Gefängnisse. Dies wirke – so die GdP – wie ein Befeuerungsprogramm für die Islamisten in aller Welt und eine Selbstradikalisierung der Islamistenszene in einem ungeheuren Ausmaß.
Herr Altherr, genau das will ich Ihnen auf Ihre Frage antworten. Wenn es Terroristen schaffen, dass wir in der Terrorismusverhinderung rechtsstaatliche Mittel und Menschenrechte mit den Füßen treten und nicht beachten, haben sie schon einen Teil ihrer Ziele erreicht. Deswegen finden wir die Debatte auch zum heutigen Zeitpunkt so wichtig.
Ich will nahtlos anschließen. Sicher kann es nur so sein, dass die rechtsstaatlichen Grundsätze und die Menschenrechte der Maßstab sind, der stehen bleiben muss, wenn wir demokratische abendländische Werte in der Welt verteidigen wollen. Daran darf es überhaupt kein Vertun geben. Auch der Terrorismus darf uns nicht dazu verleiten, davon abzuweichen.
Frau Thomas, die Berichte in den Medien, ob in Amerika oder später in Europa, sind seit einer geraumen Zeit in der Welt. Ich finde es unselig, darüber in einer Art und Weise zu diskutieren, wer der Erste war, der sich wo vielleicht dafür eingesetzt hat, dass es staatliche Sanktionen usw. gibt. Das ist genau die Art der Diskussion, die Sie führen.
Es ist nun medial stärker in den Raum gekommen, und Sie sind parlamentarisch darauf gesprungen. Das will ich überhaupt nicht verurteilen. Ihre Vorwürfe gegen die Landesregierung, die Sie zu konstruieren versuchen, gehen vollkommen fehl. Das muss ganz deutlich gesagt werden.
Frau Thomas, insofern ist es sehr schade, dass Sie ein großes und wichtiges Thema für die Glaubwürdigkeit der westlichen Welt mit kleiner Münze der Parteipolitik verspielen.
Lassen Sie uns darum kämpfen, dass das, was als Verdacht im Raum steht, nicht passieren kann, und, wenn es passiert sein sollte, für die Zukunft vermieden wird. Hier sollten wir uns alle einig sein.
Frau Thomas, meine Aussage, ob das überkommene Recht noch taugt, um mit diesen Gefahren noch fertig zu werden, zielt darauf ab, dass natürlich nicht Menschenrechte und Grundrechte zur Disposition gestellt werden, sondern man muss sich fragen, ob die rechtsstaatlichen Instrumente, die unter anderen Gegebenheiten geschaffen worden sind, ausreichend sind, um auch solchen Gefahren zu begegnen. Das müssen wir diskutieren.
Ich darf Ihnen hier die „FAZ“ vom 29. November auszugsweise zitieren, wo genau die Diskussion zwischen den USA, das in der „Frankfurter Rundschau“ als altes Denken verzeichnet worden ist, und die Haltung der Europäer dargestellt wird. Da wird natürlich zu Recht gefragt – die Amerikaner haben ein neues Feindbild, also die Kategorie der feindlichen illegalen Kämpfer; das ist natürlich nicht unsere Einstellung zu diesem Problem, damit wird dieses Problem auch nicht gelöst; wir propagieren auch nicht Guantanamo als Erfolgsmodell im
Umgang mit solchen Terroristen; das ist völlig unstreitig –, ob der Rechtsstaat mit seiner bisherigen Rechtsetzung in der Lage ist, diesen neuen Gefahren entsprechend zu begegnen und vor allen Dingen auch den Schutz der Allgemeinheit, das ist das höherwertige Rechtsgut, mit seinem Recht zu gewährleisten.
Man muss davon ausgehen, Terroristen sind Mörder – das muss man ganz klar sagen –, die unschuldiges Leben in unsäglicher Weise – – –
Frau Thomas, ich habe Ihnen vorhin schon einmal gesagt – wenn Sie solche vehementen Angriffe jetzt starten –: Mich überrascht schon der Zeitpunkt Ihres Antrags und dass Sie nicht auch Vorwürfe an die alte Bundesregierung gerichtet haben. Darin sind Sie inkonsequent.
(Beifall bei der CDU – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das wird auch nicht besser, wenn Sie es noch einmal sagen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP lässt sich im Kampf um die Menschenrechte von niemandem übertreffen. Das ist die Grundlage unseres Denkens.