Der Ministerpräsident und der Verkehrsminister dieses Landes haben nicht nur heute Morgen erklärt, dass sie sich gegen die Kürzung der Regionalisierungsmittel mit aller Entschiedenheit einsetzen werden.
Dazu benötige ich keinen Beschluss. Frau Kollegin Thomas, es geht aber nicht, dass Sie mit Ihren Anträgen das Kabinett über den Bundesrat binden wollen.
Es tut mir Leid, es ist verfassungsrechtlich nicht möglich zu versuchen, das Kabinett über den Bundesrat zu binden, so wie Sie das mit diesem Antrag und mit vielen anderen Anträgen versuchen. Dem können wir nicht zustimmen.
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was hat das mit der Verfassung zu tun, wenn das Parlament einen Antrag beschließt?)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu dem Entschließungsantrag sage ich nur, dass das eine Frage des Parlaments ist. Deshalb will ich mich zu diesem Entschließungsantrag nicht lange äußern. Die Frage ist aber, wie die Legislative mit der Exekutive umgeht. Das ist auch die Frage, wo welche Rechte liegen. Das muss der Parlamentarier selbst entscheiden.
(Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Parlament darf die Landesregierung nicht mehr auffordern? Was soll das denn?)
Frau Thomas, ich habe nur gesagt, das ist eine Frage des Parlaments. Deshalb nehme ich dazu nicht Stellung.
Jetzt aber zum eigentlichen Antrag. Meine Damen und Herren, das Land Rheinland-Pfalz verfügt mit dem Rheinland-Pfalz-Takt über ein Vorzeigemodell im ÖPNV. Mit dem Rheinland-Pfalz-Takt wurde viel erreicht. Der Rheinland-Pfalz-Takt ist bundesweit bekannt und hat eine Vorbildfunktion.
Meine Damen und Herren, das ist wichtig im Zusammenhang mit der Qualität! Der Fahrzeugpark wurde fast komplett modernisiert. Weit über 100 Bahnhöfe wurden attraktiv gestaltet, und zwar auch mithilfe des Landes, obwohl das eigentlich nicht in der originären Zuständigkeit des Landes liegt. Da wir aber wissen, dass die Bahnhöfe in der Regel das Entree in die Gemeinden und Städte sind, haben wir das getan.
Meine Damen und Herren, dieses Erfolgsmodell will ich nicht mehr weiter strapazieren, weil es für sich spricht.
Eines der aktuellen Highlights des Rheinland-Pfalz-Takts ist sicherlich die Inbetriebnahme der S-Bahn RheinNeckar. Gerade dieses Projekt ist nicht nur ein Vorzeigeprojekt in Sachen Qualität, sondern die S-Bahn RheinNeckar fährt zu 98 % pünktlich. Das ist ein bundesweiter Spitzenwert.
Diese Fakten belegen, dass der öffentliche Verkehr in unserem Land im wahrsten Sinne des Wortes auf einer guten Spur ist. Trotzdem können wir uns nicht zurücklehnen und so tun, als ob nichts wäre. Das ständige Bemühen um eine bessere Qualität im SPNV bleibt eine Daueraufgabe. Mit dem Beispiel der ausgezeichneten Pünktlichkeit der S-Bahn Rhein-Neckar liegt ohne Zweifel die Messlatte hoch. Insbesondere Betriebsstörungen im Schienenverkehr können zu Verspätungen der Züge des SPNV und somit zu einer weniger guten Qualität führen.
Neben der Frage einer Vertragsstrafe gegenüber den Aufgabenträgern verursachen solche Ereignisse auch immer wieder Diskussionen über die Fahrgastrechte und die Frage, ob die Fahrgäste nicht zumindest Anspruch auf verbesserte Erstattungsregelungen beim Fahrpreis haben sollten.
Das gegenwärtig geltende Haftungsrecht im Anwendungsbereich des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und des Personenbeförderungsgesetzes schließen ein Einstehen für die Folgen einer Verspätung oder eines Fahrtausfalls seitens des Verkehrsunternehmers ausdrücklich aus.
Das ist mit Blick auf weitergehende Haftungsregelungen in anderen Wirtschaftsbereichen verständlicherweise nicht mehr so zeitgemäß. Vorrangig erscheint mir daher eine gesetzliche Haftungsregelung auf Bundesebene,
welche die Fahrgastrechte stärkt. Entsprechende Vorbereitungen sind schon angelaufen. Voraussetzung und zielführend ist ein bundesweit einheitliches Vorgehen.
Ich will es an einem Beispiel festmachen. Gerade für ein Land wie Rheinland-Pfalz spielen der Rhein-NeckarRaum und der Rhein-Main-Raum, also viele Grenzräume, und die Frage eine Riesenrolle, wie die Fahrgastrechte in den unterschiedlichen Bundesländern behandelt werden? Deshalb ist eine bundesrechtliche Lösung die beste.
Ein Regelwerk zur Stärkung der Fahrgastrechte müsste aus heutiger Sicht folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. eine angemessene Berücksichtigung der besonderen Störanfälligkeit von Massenverkehrsmitteln, 2. eine Haftung nur bei Verschulden und 3. die Vermeidung von Haftungsbürokratien.
Herr Dr. Gölter, Sie haben zu den Haftungsbürokratien einiges gesagt. Das Bundesverkehrsministerium hat zur Frage der „Kundenrechte im öffentlichen Personennahverkehr“ ein Gutachten in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse derzeit ausgewertet werden. Hierzu hat die neue Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt, dass nach dieser Auswertung die Entschädigungsansprüche der Reisenden verbindlich festgelegt werden sollen.
1. Aufgrund der notwendigen Ausnahmetatbestände, zum Beispiel höhere Gewalt, Suizid usw., sowie der Übergangssituation zwischen Nahverkehr und Fernverkehr werden Erstattungen im Schienenpersonennahverkehr aufgrund von Verspätungen zu einer sehr komplizierten und aufwändigen Angelegenheit im SPNV.
2. Für einen wesentlichen Teil insbesondere der gravierenden Verspätung, zum Beispiel Erdrutsch, Blitzeinschlag, Oberleitungsstörungen und Stellwerkschäden, ist nicht das SPNV-Eisenbahnverkehrsunternehmen, sondern das Eisenbahninfrastrukturunternehmen verantwortlich.
Das bedeutet zusammengefasst, dass die Einführung von weitgehenden Fahrgastrechten insbesondere hinsichtlich der Erstattungsansprüche zu höheren Kosten bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen führen werden. Dagegen dürften die Einnahmen aufgrund verbesserter Fahrgastrechte – wenn überhaupt – kaum zu steigern sein.
Ein steigender Aufwand bei den SPNV-Eisenbahnverkehrsunternehmen führt aber zwangsläufig entweder zur Erhöhung der Tarife oder zu einem erhöhten Zuschussbedarf, der durch die Aufgabenträger abzudecken wäre.
Während eine Erhöhung der Tarife einerseits infolge der Einführung von Fahrgastrechten wohl kaum begründbar sein wird, sind höhere Aufwendungen für die SPNVZweckverbände vor dem Hintergrund der derzeitigen finanziellen Situation kaum darstellbar. Das gilt umso
mehr vor dem Hintergrund der derzeit in der Diskussion befindlichen Kürzung bei den Regionalisierungsmitteln. Das muss man zur Kenntnis nehmen.
Daher müssen zusätzliche Verbesserungen der Fahrgastrechte, die zu erheblichen kostenintensiven Belastungen der Besteller führen, in jedem Fall sehr genau und intensiv geprüft werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auf das Schlichtungsmodell vor dem Hintergrund der fortgeschrittenen Zeit nicht mehr eingehen. Ich möchte nur noch einen Satz zu den Regionalisierungsmitteln sagen. Sie können sich darauf verlassen, dass Rheinland-Pfalz alles daransetzen wird, die hohe Qualität des RheinlandPfalz-Takts auf hohem Niveau zu halten. Dazu gehört verständlicherweise auch eine vernünftige Ausstattung mit Regionalisierungsmitteln. Das ist keine Frage. Ich sage noch einmal das, was ich heute Morgen gesagt habe: Ich bin einmal gespannt, wie sich am Schluss im Bundesrat – alles ist zustimmungspflichtig – die einzelnen Länder verhalten werden.
Frau Kollegin Kiltz, von daher gesehen kann man Ihren Antrag so nennen, wie Bert Brecht es gesagt hat: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
Eine Ausschussüberweisung wurde nicht beantragt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 14/4263 –. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Zur Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Marz das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Namen meiner Fraktion beantrage ich die namentliche Abstimmung über den Entschließungsantrag betreffend Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs sicherstellen – Regionalisierungsmittel für Rheinland-Pfalz erhalten – Drucksache 14/4731 –.