Protocol of the Session on September 15, 2005

(Beifall bei FDP und SPD)

Sie tun dies ohne jede Sensibilität für volkswirtschaftliche Schäden und ohne jede Unternehmensethik. Sie tun es einfach aus Gewinnsucht in einer besonders abstoßenden und verantwortungslosen Form.

(Beifall bei FDP und SPD – Frau Thomas, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geschehen noch Zeichen und Wunder!)

Sie haben doch gesehen, dass ich dem Kollegen Braun applaudiert habe. Was wahr ist, ist wahr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich könnte jetzt mit Gedanken über das Funktionieren oder Nichtfunktionieren des Marktes angesichts monopolartiger Strukturen bei den Energiekonzernen fortfahren. Ich will auch nicht über Möglichkeiten zur Reaktion spekulieren, die in den Händen des Bundeskartellamts liegen. Wir haben heute Morgen gehört, dass im Bereich des Gaspreises die ersten Klagen in Hamburg eingereicht wurden.

Meine Damen und Herren, die aktuelle Frage ist auf das Energiekonzept der FDP-Fraktion gerichtet. Die Antwort schließt die gegenwärtige Situation mit ein. Sie ist aber mehr darauf gerichtet, wie die strategische Ausrichtung der Energiepolitik beschaffen ist und welche Komponenten sie beinhaltet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine sichere, der Nachhaltigkeit verpflichtete und wettbewerbsfähige Energieversorgung ist für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz von existenzieller Bedeutung. Energie zu marktwirtschaftlichen und für Bürger und Unternehmen bezahlbaren Preisen schafft Arbeitsplätze, Wohlstand und die Qualität unseres Wirtschaftsstandorts.

Die Aufgabe des Staats liegt nach Auffassung unserer Fraktion darin, die Energieversorgung langfristig zu sichern sowie alle technischen, ökonomischen, ökologischen und politischen Optionen offen zu halten.

Meine Damen und Herren, die Energiepolitik bewegt sich in einem Zieldreieck. Sie muss zwischen den Forderungen der Versorgungssicherheit, der Wettbewerbsfähigkeit und der Umweltverträglichkeit abwägen. Diese Forderungen sind gleichzeitig der Prüfstein für die einzelnen Technikoptionen. Für die Versorgungssicherheit ist ein Energiemix die wesentliche Voraussetzung.

Herr Kollege Braun, eines muss ich anfügen. So einfach, wie Sie es sich machen, nämlich weg vom Öl und hin zu den regenerativen Energien, macht es sich die FDPFraktion mit ihrem Energieprogramm nicht.

(Beifall der FDP und der SPD)

In der Energiepolitik sieht die FDP-Landtagsfraktion die Aufgabe des Staats in der Schaffung von Rahmenbedingungen, welche die gleichrangigen Ziele Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit sowie Umwelt- und Sozialverträglichkeit gewährleisten.

Unsere Fraktion unterstützt eine Energiepolitik, die einen Betrag zum Umwelt- und Klimaschutz leistet. Wir bekennen uns ausdrücklich zum Kyoto-Protokoll. „Mehr erneuerbare Energien“ bedeutet für ein ländlich geprägtes und waldreiches Land wie Rheinland-Pfalz die Nutzung heimischer Ressourcen, d. h. insbesondere der Biomasse, der Geothermie, der Solarenergie und der Wasserkraft.

Herr Kollege Dr. Braun, ich spreche Sie als umweltpolitischen Sprecher Ihrer Fraktion an. Wir sind mit all diesen Themen der erneuerbaren Energien sehr vertraut. Wir waren gemeinsam in Larderello, wo wir festgestellt haben, dass dies in Rheinland-Pfalz nicht umsetzbar ist. Wir waren gemeinsam im Elsass, wo Versuchsanlagen in Geothermie laufen. Wir sind in Rheinland-Pfalz noch weit davon entfernt, dass die Geothermie wirtschaftlich funktioniert. Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir sind uns darüber einig, dass ein entsprechender Energiemix die Zukunft hat. Mit Sicherheit werden Biomasse

(Glocke des Präsidenten)

und auch dort, wo Wind weht, Windkraft ihre Berechtigung haben. Darauf werde ich im zweiten Teil näher eingehen.

Vielen Dank. (Beifall bei FDP und SPD)

Es spricht Herr Wirtschaftsminister Bauckhage.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst etwas Grundsätzliches. Es ist sehr merkwürdig, dass wir heute über dieses Thema in der Aktuellen Stunde diskutieren. Das kann man jederzeit tun. Man wird nur das Problem in einer Aktuellen Stunde keiner Lösung zuführen. Das ist sehr durchsichtig, aber ich habe das nicht zu bewerten.

Wir haben uns in einer der letzten Landtagssitzungen sehr breit über die Anträge unterhalten und die gesamten Chancen erörtert sowie die unterschiedlichen Positionen noch einmal darlegen können.

Herr Dr. Braun, ich gebe Ihnen und meinem Kollegen Hohn Recht. Was die Monopolisten derzeit betreiben und – Frau Mohr hat es gesagt – wie derzeit agiert wird, ist höchst bedenklich. Man muss nur sehen, aus welcher Struktur wir kommen. Wir kommen aus diesen Monopolstrukturen nicht heraus. Diese kann man nicht von jetzt auf gleich weltweit auflösen. Man muss auch sehen, wie wir in dieser Republik mit der Energie umgehen. Wir haben hier auch Monopolstrukturen. Das muss man zugeben. Hier lassen vier Große grüßen.

Sie haben sich mittlerweile die Märkte aufgeteilt. Es ist die Regulierungsbehörde neu eingerichtet worden. Sie bekommt noch einmal Kompetenzen.

Deshalb ist es ein Stück populistisch, von steigenden Preisen zu reden. Das ist so, aber in der derzeitigen Situation kann man das nicht kompensieren. Bei regenerativen Energien werden die Preise noch einmal steigen. Gleichwohl will ich den Energiemix. Dazu werde ich nachher noch etwas sagen.

Um es vorweg zu sagen: Es ist eine bekannte Tatsache, dass die fossilen Energieträger endlich sind. Es besteht jedenfalls kein Zweifel, dass wir die einseitige Abhängigkeit von begrenzten Energieressourcen verringern müssen. Dazu zählt verständlicherweise auch das Öl.

Die Landesregierung unterstützt zudem das KyotoKlimaschutzziel mit Nachdruck. Schauen wir uns einmal einige Fakten an, wenn wir im Landtag über das Thema „Weg vom Öl“ diskutieren.

Rheinland-Pfalz importiert rund 98 % der im Land gebrauchten Primärenergie. Primärenergie ist die ursprüngliche, nicht durch Menschen umgewandelte Energieform. Beispiele sind die fossilen Energieträger, Mineralöl, Kohle, regenerative Sonneneinstrahlung sowie die Geothermie. Wir verfügen damit nur über einen Bruchteil in Höhe von rund 2 % der im Land verbrauchten Primärenergiemenge. Diese 2 % stammen ganz überwiegend von erneuerbaren Energien. Die importierten 98 % sind überwiegend fossile Energieträger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, wo bleibt die Versorgungssicherheit, wenn Sie ein „Weg von fossilen Energieträgern“ verkünden? Mit populistischen Forderungen allein ist es nicht getan. Ich bin ausdrücklich für erneuerbare Energien, damit das klar ist.

(Beifall bei FDP und SPD)

Man muss die Fakten sehen. Es macht keinen Sinn, wenn ich jedem Wolkenkuckucksheim nachlaufe und damit die Leute draußen verunsichere, Herr Dr. Braun.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich muss doch versuchen, den Energieanteil zurückzudrängen, das heißt, die fossilen Energien zurückdrän

gen. Das kann man nur machen, wenn man das vernünftig anlegt. Das kann man nicht machen, indem man hier Debatten vom Zaun bricht.

Meine Damen und Herren, ich bin ausdrücklich für erneuerbare Energien. Sie sind eine wichtige Ergänzung der Energieversorgung, die wir nutzen und fördern. Wir benötigen einen breiten Energiemix mit erneuerbaren Energien und fossilen Energiequellen. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass wir beim derzeitigen Stand der Technik die fossilen Energieträger noch immer nicht ganz ersetzen können.

Die Landesregierung verfolgt eine ausgewogene Energiepolitik, bei der wir die drei Ziele, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz beachten. Im Übrigen ist das in der Koalitionsvereinbarung nachlesbar.

Angesichts des hohen Anteils von fossilen Energieträgern kommt der Energieeffizienz und der Energieeinsparung eine zentrale Bedeutung zu. Nur wenn wir den Verbrauch der fossilen Energieträger reduzieren, können wir auf mittlere Frist den Energiemix ausgewogener gestalten und wirkungsvoll damit der Umwelt dienen.

Das Wirtschaftsministerium unterstützt eine Reihe von Maßnahmen. Wir verfügen über ein Netz an kompetenten Einrichtungen im Land, die Unternehmen und Verbraucher bei der Energieeinsparung weiterhelfen. Dazu gehören die rheinland-pfälzische Energieagentur EOR sowie die Transferstelle für rationelle und regenerative Energiennutzung an der Fachhochschule in Bingen, nicht zuletzt die Verbraucherzentrale RheinlandPfalz.

Auf der Basis von Projekten zwischen EOR, dem Kreis und der Stadt Kaiserslautern sowie der Handwerkskammer der Pfalz entwickelt die EOR derzeit eine Gebäudetypologie für ganz Rheinland-Pfalz. Jeder Hauseigentümer kann dabei auf einen Blick erkennen, welchem Typ sein Haus nahe kommt und welche Einsparmaßnahmen in Betracht kommen.

Dem Altbaubereich mit seinem hohen Potenzial an Energieeinsparung messe ich dabei eine besondere Bedeutung zu. Meine Damen und Herren, um deutliche Anreize zu Energieeinsparmaßnahmen zu setzen, habe ich eine Energieeffizienzoffensive Altbau ins Leben gerufen, die in Kürze in Kraft treten wird. Ich werde selbstverständlich das Programm so anpassen, dass es keine Überlappungen hat.

Meine Damen und Herren, neben der Energieeinsparung und der Energieeffizienz fördern wir erneuerbare Energien überall dort, wo es für das Land zu Vorteilen bei vertretbaren Kosten führt. Die Biomasse beispielsweise ist eine Energiequelle, die in Rheinland-Pfalz als dem waldreichsten Bundesland Potenzial hat. Sie trägt zur rationalen und zur regionalen Wertschöpfung bei und ist grundlastfähig. Nicht jede regenerative Energie ist grundlastfähig. Ich habe kürzlich einen Aktionsplan „Biomasse“ aufgelegt, mit dem wir helfen, die Potenziale der Biomasse zu erschließen. Der Aktionsplan beinhaltet zwei Förderprogramme sowie eine Informationskampagne gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer

Rheinland-Pfalz und den Bauern- und Winzerverbänden des Landes. Im Rahmen der Informationskampagne wird am 24. November der Auftakt zu einer Reihe von regionalen Veranstaltungen führen. Man muss die Leute informieren, damit sie wissen, wo die Alternativen liegen und wie sie sind. Die Veranstaltungen werden jeweils auf die entsprechende Region zugeschnitten. Wir werden über die Themen „Biomasse“ und „Bioenergie“ informieren und den Informationsaustausch der Akteure vor Ort entsprechend befördern.

Gerade auch der Bioenergie und der Nutzung von Pflanzenöl als Treibstoff messen wir eine besondere Bedeutung bei. Das Land fördert etwa im Rahmen der Marktstrukturförderung Investitionen, die im Zusammenhang mit der Errichtung der Ölmühle in Zweibrücken/Niederauerbach erforderlich sind. Ziel des Projekts ist, die Ölsaatenproduktion aus der Westpfalz in der Region selbst zu verarbeiten und vor Ort abzusetzen.

Die Tiefengeothermie ist eine weitere erneuerbare Energiequelle mit Potenzial, wenn auch noch in einem frühen Stadium. Viele namhafte Unternehmen setzen sich mit den spezifischen Möglichkeiten dieser Energie auseinander. Etliche stehen mit eigenen Projekten in den Startlöchern. Leider ist Geothermie kein Geschenk zum Nulltarif. Der Kapitalbedarf und die Risiken sind heute noch beachtlich, was vielfach ein spürbares Entwicklungshemmnis darstellt. Auch in Zeiten knapper öffentlicher Haushaltsmittel bringen wir deshalb Fördermittel auf. Schließlich handelt es sich um Zukunftsinvestitionen in unser Land. Gerade die in Landau befindliche Bohrung wurde in diesem Sinn als Forschungs- und Entwicklungsvorhaben mit rund 450.000 Euro unterstützt. Wir verfolgen weiter den Ansatz, die Kapitalbeschaffung von Geothermieprojekten zu erleichtern. Das geschieht mit Blick auf noch vorhandene Realisierungsrisiken mit neuen Energien. Über die ISB haben wir daher ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 40 Millionen Euro für Investitionen in den Bereichen Technologie und Energie aufgelegt. Für Investitionen in innovative Energietechniken stehen bereits 20 Millionen Euro zur Verfügung.

Auch die anderen Ressorts haben aus ihrer jeweiligen Perspektive eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die sich positiv auf den Energieverbrauch und die Umwelt auswirken werden. Bei Gebäudesanierungen und bei Neubaumaßnahmen trägt die Landesregierung bei ihren eigenen Gebäuden dem Klimaschutz durch gezielte energetische Optimierung und Energieeinsparmaßnahmen konsequent Rechnung. Der Landesbetrieb Liegenschaft und Baubetreuung und die Hochschulen in Rheinland-Pfalz werden einem Energiecontrolling unterzogen. Dabei werden Energieverbräuche mit vorliegenden Kennwerten verglichen und gegebenenfalls energetische Optimierung zum Beispiel durch Austausch der Heizung vorgenommen.

Meine Damen und Herren, mit dem Programm „Neue Technologien in Umwelt und Förderung der interdisziplinären Forschung“ fördert das Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur Projekte und Kompetenzzentren an den rheinland-pfälzischen Hochschulen. Das Umweltressort hat einige Maßnah

men – meine Kollegin Conrad wird nachher dazu noch reden – auf den Weg gebracht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen noch eine Zahl nennen, damit wir wissen, wie stark die Landesregierung in erneuerbare Energien in den letzten Jahren gesetzt hat. Wir haben seit 1995 rund 35 Millionen Euro in erneuerbare Energien investiert. Wir investieren jetzt noch einmal neu. Von daher gesehen brauchen wir überhaupt keinen Nachholbedarf. Herr Dr. Braun, heute der Öffentlichkeit zu suggerieren, das Problem wäre von jetzt auf gleich zu lösen, ohne die Energiepreise erheblich zu verteuern, da täuscht man sich.

(Beifall bei FDP und SPD)

Man muss das alles ganz nüchtern sehen. Wir haben einen riesigen Erneuerungsbedarf der Kraftwerke, schätzungsweise – bei der letzten Wirtschaftsministerkonferenz habe ich das mit meinem Kollegen Clement besprochen – um 250 Milliarden Euro. Jetzt können Sie sich vorstellen – Sie können degressiv abschreiben, progressiv abschreiben, wie auch immer –, welche Sprünge das noch einmal bei den Energiepreisen gibt.

Die werden Sie nicht alle nach Ihrer – – –

(Zuruf des Abg. Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)