Zu fremdenfeindlichen Äußerungen sowie Beleidigungen auf sexueller Basis ist es in einem Waldgebiet bei Bellheim gekommen, und zwar gegenüber einem 13-jährigen türkischen Mädchen, das von einer vierköpfigen Bande von Jugendlichen angepöbelt, geschlagen und- wie gesagt- auf sexueller Basis beleidigt worden ist. Durch das Anschlagen ihres Hundes konnten die Jugendlichen entkommen. Das Mädchen hat dann der Polizei mitgeteilt, dass dies nicht das erste Mal war, -dass Entsprechendes geschehen ist.
Das waren nur einmal zwei ganz aktuelle Beispiele aus dem heutigen Lagebericht, sodass wir feststellen können, dass das nicht irgendwo in der Republik ist, sondern in unserem- Bundesland.
Polizei und Verfassungsschutz unseres Landes setzen Schwerpunkte in der konsequenten und nachhaltigen Bekämpfung, aber auch in der Prävention von rechtsextremistisch, fremdenfeindlich und antisemitisch motivierten Straftaten. Wie die rasche Aufklärung des feigen Brandanschlags auf ein Asylbewerberheim am 16. Juli 2000 in Ludwigshafen zeigt, arbeiten wir mit Erfolg. Dies gilt auch für die raschen Ermittlungen der gebildeten Sonderkommission im Zusammenhang mit der Schändung jüdischer Friedhöfe oder bei der Verhinderung des provozierenden Auftretens von Skinheads bei Volks- und Weinfesten.
- Meine Damen und Herren, Polizei und Verfassungsschutz observieren, bevor es zu Auftritten von Skinheads und Neonazis kommt, unter Nutzung aller offenen und verdeckten Quellen. Sie können deshalb frühzeitig eingreifen. Diese Bemühungen im Vorfeld werden wir weiter intensivieren. Dabei werden Daten über bekannt auffällige Szenepersönlichkeiten verstärkt genutzt. Konzepte, wie sie aus der Fanüberwachung bekannt sind, können hierbei ebenfalls zur Anwendung gelangen.
Auf öffentlichen Plätzen in den lnnenstädten, in den öffentlichen Verkehrsmitteln und bei Großereignissen werden sofort Kontrollen durchgeführt, sobald sich auffällige Personen zeigen. An Treffpunkten der rechtsextremistischen Szene führt die Polizei regelmäßig Aufklärungsmaßnahmen und Razzien durch. Sie wird auch in Zukunft mit massivem Personaleinsatz bei rechtsextremistischen Veranstaltungen - zum Beispiel
Skinh~adkonzerten -Personen und ihre Fahrzeuge Oberprüfen und durchsuchen sowie Platzven.'l!eise und lngewahrsarilnahmen aussprechen, soweit die rechtlichen Möglichkeiten dies erlauben.
Zahlreiche Personen werden erkennungsdienstlich behandelt. Vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse habe. ich Polizei- und- Ordnungsbehörden des Landes erneut angewiesen, alle rechtlichen Möglichkeiten konsequent auszuschöpfen, um Aktionen von gewalttätigen Rechten zu unterbinden.
Dies war im Übrigen auch die Richtschnur für die polizeilichen_ Einsatzmaßnahmen anlässlich des 13. Todestages des
ehemaligen_Hitlerstellvertreters, Rudolf Heß; am- vergangenen Wochenende. Die Sicherheits- und Versammlungsbehörden arbeiten im Übrigen eng zusammen, um Veranstaltungen rechtsextremistis_cher Gruppierungen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern.
Darüber hinaus wird zurzeit geprüft, ob das Versammlungsrecht verschärft werden kann. Hierbei geht es nicht- morgen wird das in der Beant11vortung einer entsprechenden Mündlichen Anfrage noch einmal deutlich werde!) - um die Einschränkung der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes, sondern um eine Änderung des Gesetzes. Über die engagierte Arbeit der Polizei hinaus schöpft unser rheinland-pfälzischer Verfassungsschutz - Frau Grützmacher, _wenn es nach Ihnen gegangen wäre, würde er schon lange nicht mehr existieren
Personen und Strukturen der rechten Szene zu gewinnen. Der Verfassungsschutz hat die nachrichtendienstliche Beobachtung des Rechtsextremis':llusses kontinuierlich und lageangepasst verstärkt. Alle Mittel der geheimen Nachrichtenbeschaffung werden konsequent-eingesetzt. Zudem wird ein Hauptaugenmerk auf die Öffentlichkeitsarbeit unter dem Gesichtspunkt der Prävention gerichtet. Um die Arbeit des Verfassungsschutzes in diesem Bereich noch weiter intel)sivieren zu können, wird im Ministerium des lnnern und für Sport in aller Kürze ein eigenständiges Referat ,.Rechtsexi:remismus" eingerichtet werden. Aufgabe dieses neuen Referats wird es unter anderem sein, die Ermittlungen im Internet weiter zu intensivieren, die Vortragstätigkeit durch Informationsveranstaltungen- beispielsweise in Schulen- auszubauen und Hilfestellungen für die Kom111unen gerade im Zusam
menhang mit geplanten Demonstrationen der Rechtsradikalen zu erarbeiten. Die angeführten Beispiele belegen, dass die Landesregierung die Problematik des Rechtsextremismusses frühzeitig erkannt hat und ihr offensiv entgegentritt.
Lassen Sie mich zum Beleg wenigstens noch ein weiteres Beispiel nennen, das mir auch persönlich wichtig ist. Wir haben uns nicht gescheut, in einem langen und erbitterten Verwaltungsstreit mitder Partei ,.Die Republikaner" deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz als rechtmäßig durchzusetzen.
Die Landesregierung hat eine Reihe -von Sofortmaßnahmen veranlasst. Hierzu zählen neben dem bereits erwähnten
ventionsratsgegen Kriminalität auf Landesebene am 25. August- dieser wird zum einen die Aufgabe haben, die 63 schon bestehenden kriminalpräventiven Räte ?U vernetzen und zu unterstützen; eine der ihm zuarbeitenden interdisziplinär besetzten Arbeitsgruppen wird sich speziell mit der Gewaltprävention gegen Rechts befassen -, die Sensibilisierung. der
Kommunen für ~ofortmaßnahmen für die von rechtsextremistischer Gewalt Betroffenen, die Zusammenarbeit mit Fußballvereinen und Fanclubs, -die Integrationsprojekte für rechtsex-tremistische Jugendliche - beispielsweise über die Fritz-Walter-Stiftung -, die Förderung von Zivilcourage - das ist ein ganz wichtiger Punkt, Frau Abgeordnete Grützmacher, und nicht immer wieder nur der Ruf nach Geld und Finanzen - und bürgerschaftlichem Engagement über die Ehrenamtsinitiative des Ministerpräsidenten im Internet, der Einsatz bekannter Künstler im Rahmen der Aufklärungsarbeit an Schulen und anderen Einrichtungen, die Befassung des vom Ministerpräsidenten initiierten Gesprächskreises ,. Vermittler" mit der Thematik ,.Jugend und Rechtsextremismus", die Fort-setzung der Arbeitsmarktpolitik gegen Jugendarbeitslosigkeit, insbesondere durch die Kampagne ,.Jugend in Arbeit
ken, die Integration für sozial benachteiligte Jugendliche, die Intensivierung der Initiative der Landesregierung zur Beschleunigung von Verfahren zwischen Straftat und Verurteilung- dort, wo wir die Möglichkeiten haben, die uns auch die Strafprozessordnung gibt, soll der Tat unmittelbar auch die Verurteilung folgen -, die Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung mit dem Zentralrat der Juden im Rahmen der Aktion ,.Prominente gegen Rechts" und vieles andere mehr.
Ich gehe einmal davon aus, dass jeder, der hier im Saal sitzt, die NPD lieber vorgestern als übermorgen verboten sehen möchte.
Wir wissen allerdings, dass ein Verbot dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts standhalten muss, und dort sind- wie wir ebenfalls aus der Vergangenheit wissen - die Hürden sehr hoch. Ein Verbotsantrag sollte daher eingereicht werden, wenn nach sorgfältiger Prüfung mit einem erfolgreichen Ausgang beim Bundesveriassungsgericht gerechnet werden kann.
Meine Damen und Herren, über die vom Kabinett beschlossenen Sofortmaßnahmen hinaus gibt es eine Reihe von bewährten Maßnahmen und Programmen aller Ressorts zur Eindämmung des Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz mit Schwerpunkt im Jugendbereich. Dazu gehören beispielsweise Projekte zur Integration von Jugendlichen, gerade auch für Migranten, Unterstützung der Stelle.,jugendschutz.net" gegen rechtsexi:remistische Inhalte im Internet, die Herausgabe von Informationsbroschüren gegen rechts, die Beteiligung an der Kampagne.,Verständnis - Menschenwürde achten" gegen Fremdenhass sowie die Initiativen des ressortübergreifenden Arbeitskreises ,.Rechtsextremismus" der Landeszentrale für politische Bildung.
Dazu gehört aber auch_ die ins Leben gerufene Aktion.. Wer nichts tut, macht mit", mit der die Bürgerinnen und Bürger
Übrigens: Der Preis für Zivilcourage, den ich Ende des Monats erstmals verleihen werde, geht nicht zufällig auch an Menschen, die couragiert-skinheadübergriffe zu verhindern wussten. (Beifall der SPD, der F.D.P. und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Meine Damen und Herren, abschließend bleibt festzuhalten, dass die seit langem durchgeführten und jetzt initiierten neuen Maßnahmen allesamt einen wichtigen und dauerhaften Beitrag zur Bekämpfung des RechtseÄ"tremismus leisten. Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft in aller Regel eine lange und komplexe Vorgeschichte haben.
sieren. Studien zu diesem Thema zeigen, dass beispielsweise Faktoren wie wirtschaftliche Krisensituationen, individuelle Zukunftsängste und soziale Problemlagen eine wichtige Rolle beim Entstehen von Rechtsextremismus spielen. Diesen Ent
wicklungen muss mitaller Entschiedenheit begegnet werden. Langfristig kann dies durch eine erfolgreiche Wirtschafts-,
Meine Damen und Herren, die zwölfjährige Naziherrschaft und die Herrenrasseideologie ist nicht ohne Spuren zu hinterlassen auch 55 Jahre danach in einem kleineren Teil unserer Gesellschaft vorhanden, obwohl wir Deutschen nicht besserund nicht schlechter sind als andere Völker. Deshalb sind auch insbesondere die Familien gefordert.
Meine Damen und Herren, Kinder werden nicht als Nazis geboren. Eltern und Großeltern müssen ein Beispiel geben und ihre Kinder zu Weltoffenheit und zu Toleranz erziehen.
Meine Damen und Herren, nur so kann letztlich der Nährboden ausgetrocknet werden, auf dem Rechtsextremismus gedeiht.
Ich möchte mit dem schließen, was von dem Abgeordneten Mertes zu Beginn seiner Ausführungen gesagt worden ist -wir haben uns nicht abgesprochen -: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" -es steht in der Tat niCht da, die Wür
- de der Deutschen -, und dies steht als oberste Richtschnur über alt unserem Handeln. Für Gewalttäter wird es in Rhein
-land-Pfalz keine Toleranz geben. Der Rechtsextremismus wird auch künftig in Rheinland-Pfalz mit höchster Priorität
Meine Damenund Herren, ich darf Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Mitarbeiterinnen der Firma Seizer Bruchsal,
lautern und - schon traditionell - Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Landtagsseminar. Seien Sie alle herzlich begrüßt!