Protocol of the Session on August 27, 2020

Das betraf nur mich. – Bleiben Sie noch einen Moment sitzen. Sie sind gleich an der Reihe, Herr Kollege.

Wir arbeiten erst die Kurzintervention ab. Sie können sie vom Platz aus entgegennehmen, Herr Schnelle. Jetzt hat aber zunächst Frau Düker für 1 Minute und 30 Sekunden Zeit für die Kurzintervention. Bitte, Frau Düker.

Vor allen Dingen: kein Multitasking bei Männern. Männer können das bekanntlich ganz schlecht, Herr Präsident.

Ja, unumwunden muss ich in diesem Moment alles zugeben, was in diese Richtung geht; aber nur in diesem Moment. – Bitte, Frau Düker.

Vielen Dank. – Zunächst eine Feststellung, Herr Kollege, in Bezug auf die Leitentscheidung 2016: Dass wir in der Leitentscheidung 2016 ein Dorf, namentlich Holzweiler, aus dem Abbaugebiet herausgenommen haben, ändert nichts daran, dass es rechtlich ein völlig unzulässiger Umkehrschluss ist, dass damit das Abbaggern und die Restfördermenge für den Rest energiepolitisch ein für alle Mal festgestellt wurde. Dies ist rechtlich falsch. Das steht nicht in der Leitentscheidung.

Ganz im Gegenteil: In der Leitentscheidung wird noch einmal auf § 30 Landesplanungsgesetz verwiesen, in dem es heißt: „wenn die Grundannahmen … sich wesentlich ändern“. Das bedeutet, dass die Grundannahmen immer nur eine Momentaufnahme sind und dass dies zu einer Planüberprüfung führen muss. Mit Bezug auf die Leitentscheidung heißt das: Was das Bundesgesetz macht – eine energiepolitische Notwendigkeit darzustellen –, ist unzulässig und rechtlich nicht haltbar. – Das ist der erste Punkt.

Ihre Empathie für die Menschen in den Dörfern in allen Ehren! Aber Sie haben hier den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichts und der gesetzlichen Grundlage im Landesplanungsgesetz Folge zu leisten und die energiepolitische Notwendigkeit darzustellen.

Deswegen sehe ich auch in Ihrer Rede und auch bei dem, was bisher von der Landesregierung gekommen ist, keinerlei Begründung dafür, warum diese Dörfer im Jahr 2020, wo doch die Grundannahmen

von 2016 nicht mehr gelten, noch abgebaggert werden müssen.

Eine Abwägung verlangt bei Enteignung bzw. bei Grundabtretung, bei der Sie tief in Grundrechte eingreifen, auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2013.

Frau Düker.

Auch dem sind Sie hier heute in der Begründungspflicht nicht gerecht geworden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön. – Bitte schön, Herr Schnelle.

Dass sich die Grundannahmen geändert haben oder so etwas, ist ja alles auch im Prozess der Kohlekommission besprochen worden. Gerade da hat man auch eine Regelung gefunden und sich darauf eingelassen, zu sagen, dass die Umsiedlungen sozialverträglich gestaltet werden müssen und der Hambacher Forst erhalten wird.

Ich denke, da hat sich eine ganze Kommission …

(Monika Düker [GRÜNE]: Nein, hat sie nicht!)

Das ist dann eine andere Meinung.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Ich bin jedenfalls der Meinung, dass diese Feststellungen, die da im Rahmen eines großen gesellschaftlichen Kompromisses getroffen worden sind, jetzt so gelten und wir uns daran zu halten haben.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Sie haben sich damals für den Erhalt des Hambacher Forstes eingesetzt. Das ist in den Kompromiss hineingeschrieben worden – und der Erhalt der Dörfer eben nicht. Daran halten wir uns jetzt.

(Beifall von der CDU und der FDP – Monika Düker [GRÜNE]: Darin steht aber nichts von Abriss! Im Übrigen: Was Sie da machen, ist verfassungswidrig!)

Danke schön, Herr Schnelle. – Jetzt kündige ich den nächsten Redner an. Das ist Herr Kämmerling für die SPD-Fraktion. Lieber Kollege, vielen Dank für das Verständnis eben. Sie haben jetzt das Wort.

Danke schön, Herr Präsident. – Frau Kollegin Düker, ich habe es so in Erinnerung, dass es eine Leitentscheidung gab, die Sie

damals mitgetragen haben. Es gibt ja nun einmal auch Zwänge, wenn man in einer Regierung ist. Dann macht man vielleicht schon mal Dinge, von denen man nicht bei jedem Federstrich überzeugt ist, und schließt Kompromisse.

Im Anschluss – das will ich überhaupt nicht bewerten – haben sich in der Tat noch ein paar Dinge getan, und dann haben Sie das anders betrachtet.

Dann kam aber – darauf hat Kollege Schnelle hingewiesen – die breit aufgestellte Arbeit der Kohlekommission. Diese hat, jedenfalls meiner Auffassung nach, wiederum einen Kompromiss herbeigeführt.

Hier im Haus und an anderen Stellen habe ich es so verstanden, dass Sie, die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, daraufhin gesagt haben: Wir tragen den Kohlekompromiss mit.

Jetzt sind wir wieder ein paar Monate weiter, und Sie sagen: Leitentscheidung ist nicht mehr; Kohlekompromiss ist auch nicht mehr; Stilllegungspfad ist ebenfalls nicht mehr.

Da frage ich mich – und das fragen sich noch ein paar andere Menschen –, ob das noch etwas mit Zuverlässigkeit zu tun hat.

(Beifall von der CDU, der FDP und Michael Hübner [SPD])

Herr Kollege Kämmerling, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Klocke?

Ich gestatte immer Zwischenfragen. – Bitte schön.

Das ist nett. – Bitte schön, Herr Klocke.

Das ist freundlich, Kollege Kämmerling. – Sie sprachen gerade unsere Verlässlichkeit an.

Wir hatten es bei Plenarsitzungen öfter, dass von der Regierungsmehrheit hier und auch von Ihnen die Eins-zu-eins-Umsetzung eingefordert wurde.

Nun hatte ich das Vergnügen, kurz vor der Sommerpause die Befragung der Bundeskanzlerin, in der unser Bundestagsabgeordneter Oliver Krischer die Bundeskanzlerin nach der Umsetzung der Ergebnisse der Kohlekommission fragte, live auf Phoenix zu sehen.

Frau Merkel – Bundeskanzlerin, von Ihrer Partei in Berlin mitgetragen – sagte: Es wird keine Eins-zueins-Umsetzung der Kohlekommissionsergebnisse geben können. Wir werden einen Pfad des Ausstiegs

beschreiben, aber es wird keine Eins-zu-eins-Umsetzung der Ergebnisse geben.

Die Frage.

Wie stehen Sie denn zu den Ergebnissen der Kohlekommission? Das ist meine Frage an Sie und natürlich auch an die Partei, die Sie hier vertreten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich betrachte die Arbeit der Kohlekommission sowie deren Ergebnis als historisch. Da sind Gruppierungen, die sich inhaltlich durchaus vertieft verfeindet gegenübergestanden haben, an einen Tisch gekommen. Es gab einen langen Prozess. Das Ergebnis, das dabei herausgekommen ist, ist für mich maximal positiv, weil es jedenfalls die Chance beinhaltet, den Prozess zu befrieden.

Einzelne Dinge aus diesem Kompromiss wieder herauszuholen, finde ich nicht gut. Unabhängig davon, ob das der eine oder andere tut, ist mein Urteil insofern dasselbe.

Deswegen rufe ich Sie auf: Wenn Sie – wir tragen im Bundesland Nordrhein-Westfalen schließlich Verantwortung für drei Tagebaue, anliegende Kraftwerke, Menschen, die da wohnen, und Menschen, die sich für Wälder einsetzen – dafür sorgen wollen, dass hier Frieden einkehrt, dann tun Sie alles dafür – darum bitte ich Sie –, dass wir so nah wie möglich an dem Kompromiss der Kohlekommission bleiben.

(Beifall von Dr. Ralf Nolten [CDU])

Nun setze ich meine Rede fort. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert jetzt ein Abrissmoratorium für die Umsiedlungsorte im Umfeld des Tagebaus Garzweiler. Ich übersetze das einmal in einfache Sprache. Das bedeutet ja nichts anderes als eine Aufkündigung des vereinbarten Stilllegungspfades. Der Antrag ist nicht weniger als der Aufruf, den auf Bundesebene vereinbarten Kohleausstieg auf Landesebene aufzukündigen. Das finde ich nicht in Ordnung.

Wir blicken heute in der Debatte schon wieder zurück, anstatt nach vorne zu schauen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das finde ich nicht gut. Es wird der Sache vor Ort nicht gerecht.

Heute werden wieder Beschlüsse der Kommission „Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung“ infrage gestellt. Heute wird wieder der mühsam errungene gesellschaftliche Konsens zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung hinterfragt.

Ich komme jetzt einmal zu einigen Fakten, die der Antrag nach meiner Auffassung ausblendet, die aber enorm wichtig sind.